Lassen Sie es mich als dritten Punkt als Beleg ansprechen: Dann werden auf der anderen Seite die konsumtiven Ausgaben als das Problem des Landes nach oben geredet. – Ja, die konsumtiven Ausgaben müssen wir im Griff behalten. Aber warum steigen die konsumtiven Ausgaben in diesem Landeshaushalt im Jahre 2012? 60 % der Steigerung resultieren daraus, dass der Hochschulpakt 2020 Bundesmittel in zweistelliger Millionenhöhe zur Durchleitung an die Hochschulen vorsieht. Es müssen auch mehr Bundesmittel für den öffentlichen Personennahverkehr durchgeleitet werden.
Ich hätte gerne die Debatte in diesem Hause gesehen, wenn wir die Hinweise von Herrn Schmitt, die konsumtiven Ausgaben noch weiter zu beschneiden, so ernst genommen und deshalb die Bundesmittel für die Hochschulen nicht angenommen hätten. Diese Vorstellung ist doch absurd.
Dann kritisieren Sie bitte nicht, dass wir die Vorgabe nicht einhalten, wenn Sie der gleichen Auffassung sind.
Lassen Sie mich einen zweiten Hinweis geben. Herr Schmitt hat uns nun zum wiederholten Mal vorgetragen, dieser Haushalt verstoße gegen die Verfassung. Ich bin gespannt, ob Sie morgen früh den Mut haben, eine einstweilige Anordnung beim Hessischen Staatsgerichtshof zu beantragen,
damit uns dieser, ähnlich wie es Ihren Kollegen in Nordrhein-Westfalen gegangen ist, vor Beginn des neuen Haushaltsjahrs im Wege einer einstweiligen Anordnung die Ausführung dieses vermeintlich verfassungswidrigen Haushalts verbietet. Ich bin gespannt, ob Sie den Mut haben. Am Ende würde das sicher zur Klärung der Rechtslage beitragen.
Ich bin sehr gespannt, ob Sie den Staatsgerichtshof bitten wollen, sich über Weihnachten mit dieser Frage zu beschäftigen. Tun Sie das nicht, ist die Frage beantwortet, ob es hier wieder um Rhetorik ging oder um ernsthafte Befassung mit der Sache.
Lassen Sie mich noch einige Hinweise zu anderen Punkten in diesem Haushalt geben. Wenn wir über die Umsetzung der Schuldenbremse reden, über langfristige und mittelfristige Perspektiven, dann ist es angemessen, sich in einer dritten Lesung nicht nur darauf zu konzentrieren, ob die eine Haushaltsstelle zum Netzwerk gegen Gewalt mit 160.000 € mehr oder weniger dotiert ist, sondern man sollte durchaus auch den Blick darauf werfen, wie es weitergehen könnte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen vor riesigen Herausforderungen, die am Ende sehr starke monetäre Auswirkungen auf unseren Landeshaushalt haben können. Denken Sie an das, was wir auf europäischer Ebene erleben. Wenn wir hoffen, dass sich unsere Erwartungen realisieren, dass die Auswirkungen der Staatsschuldenkrise in ihren Rückwirkungen auf die Realwirtschaft nicht noch stärker werden, als das im Moment prognostiziert wird, dann wartet trotzdem auf uns das Einhalten der Versprechen, die wir auf der europäischen Ebene zu Recht von den anderen europäischen Partnern verlangen. Dazu gehört am Ende, dass sich alle Mitgliedstaaten – ich habe versucht, es im Haushaltsausschuss anzudeuten – verpflichten, in einer sehr überschaubaren, klaren Entscheidung in einer Frist von 20 Jahren die Verschuldung auf das nach den Maastricht-Kriterien zulässige Maß von 60 % des Bruttoinlandsproduktes zurückzuführen.
Wenn ich das für die Bundesrepublik Deutschland rekapituliere und nur relativ einfach rechne, dass wir im Moment eine Verschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt von etwas über 80 % haben, dann heißt das, dass wir ein Viertel unserer Schulden in 20 Jahren tilgen müssen. Jetzt wissen wir auch, dass der Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes und die genaue Auslegung der Maastricht-Kriterien diese Zahlenwerke ein wenig verschieben werden. Aber um das einfach herunterzurechnen: Ein Viertel unserer Schulden in 20 Jahren zu tilgen, hieße, unseren Haushalt jedes Jahr um 500 Millionen € weiter zu belasten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, da stecken die Herausforderungen der nächsten Haushaltsjahre in dramatischer Weise. Wir werden über manche Maßnahme zu diskutieren haben, die weit über das hinausgeht, was wir uns im Moment gemeinsam vorzustellen bereit sind.
Deshalb glaube ich, dass es, wenn man in einer Debatte zu einer dritten Lesung eines Haushalts den Blick in das nächste Jahr wirft, wo wir zu Beginn des Jahres gleich wieder den Weg zum Haushalt des Jahres 2013 zu beschreiten haben, durchaus angemessen ist, sich ein Stück mit diesen
Zahlen auseinanderzusetzen. Denn bei der Betrachtung dieser Herausforderungen ist manche Diskussion um 30 Millionen € Stellenbesetzungssperre rauf oder runter, so wichtig sie ist, am Ende in der Einordnung durchaus relativiert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir einen Hinweis zur Situation der kommunalen Finanzen. Ich glaube, das ist eine immanente Situation, die es immer geben wird, dass die kommunalen Interessen darauf gerichtet sind, möglichst viel vom Steuerkuchen abzubekommen, die Landesinteressen genauso und die des Bundes in gleicher Weise. Das ist ein völlig normaler Interessengegensatz, und es ist legitim, dass jede Seite versucht, für ihre Position, für ihre Interessen, für ihre Problemlagen zu werben.
Aber eines müssen wir zur Kenntnis nehmen: Während der Bund und die Länder in der Projektion, die wir jetzt in den Beratungen des Stabilitätsrats vor einigen Wochen gesehen haben, noch bis in das Jahr 2015/2016 selbst unter der Unterstellung der relativ optimistischen ökonomischen Prognosen mit einer defizitären Gesamtsituation rechnen müssen, wird der kommunale Finanzierungssaldo bereits ab dem Jahr 2012 wieder positiv sein. Das heißt, die Kommunen in ihrer Gesamtheit werden deutschlandweit einen Überschuss zwischen 1 und 2 Prozentpunkten im Jahr 2012 erzielen.
Ich bleibe bei meiner These: Wir haben ein kommunales Finanzierungsproblem. Wir haben ein Verteilungsproblem innerhalb der kommunalen Ebene. Das ist der zentrale Punkt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist in der Debatte sehr viel über sprudelnde Steuereinnahmen gesprochen worden. Ja, die Steuereinnahmen dieses Jahres werden signifikant besser sein, als wir es zu Beginn des Jahres unserer Haushaltsplanung zugrunde gelegt haben, zum Glück. Deshalb sind wir auch in der Lage, einen Teil dieser Steuermehreinnahmen über die vorgezogene Spitzabrechnung den Kommunen zur Verfügung zu stellen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir würden uns sehr darüber freuen, wenn die Steuerschätzung um 700 Millionen € höher ausfallen würde; aber ich bin mit meinen Prognosen in der Tat vorsichtig, wenn wir Mitte Dezember über das Jahresergebnis reden. Deshalb bleibe ich bei meiner These, man sollte ein hohes Maß an Vorsicht walten lassen und nicht schon vor Neujahr über exakte Zahlen reden.
Vielleicht fallen die Einnahmen ein bisschen höher aus. Aber wo kommen wir hinsichtlich der Höhe der Steuereinnahmen denn her? – Aus einem extrem tiefen Keller. Wenn wir die Steuererwartungen im Jahr 2008 für das Jahr 2011 mit dem vergleichen, was wir nun in der Kasse haben, dann stellen wir fest – ich habe es in diesem Jahr schon einmal vorgetragen –: Bund, Länder und Gemeinden erzielen trotz höherer Steuereinnahmen wahrscheinlich 50 Milliarden € weniger, als wir 2008 erwartet haben. Zu glauben, dass das Fehlen dieser 50 Milliarden € in den Haushalten nicht spürbar sein würde, ist eine Illusion. Deshalb haben im Moment alle staatlichen Ebenen gleichermaßen Probleme. Deshalb sagen die Kommunen im Moment zu Recht, dass sie erhebliche Finanzierungsprobleme haben. Mit der gleichen Berechtigung sagen das aber auch die Bundesländer und der Bund. Wir alle haben ein Unterfinanzierungsproblem für das Maß an Aufgaben
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. Wir werden nicht umhinkommen, auch in den kommenden Jahren zu versuchen, einen Spagat zu machen und einerseits die Gestaltung der Zukunft zu realisieren, Innovation zu ermöglichen und unsere Schwerpunkte gerade in der Bildung, bei Wissenschaft und Forschung aufrechtzuerhalten. Das tut der Haushalt für das Jahr 2012. Die Einrichtung eines Zukunftsfonds wird es ermöglichen, dass wir zwei zusätzliche Fraunhofer-Institute in Hessen ansiedeln, dass wir ein zusätzliches Max-Planck-Institut in Frankfurt generieren, dass wir das Strüngmann-Institut mit einem Stiftungsvermögen von wahrscheinlich 200 Millionen € nach Hessen ziehen. Das sind riesige Zukunftsinvestitionen. Das wird dieser Haushalt möglich machen. Er macht es aber nur deshalb möglich, weil wir eine Abkehr von alten Ritualen vollziehen, also kein Vermögen mehr zu veräußern, um bestimmte Dinge zu finanzieren, und trotzdem Schulden zu machen. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, Vermögen des Landes zu mobilisieren – aber nur, um an anderer Stelle politisch, ökonomisch und bildungsmäßig rentierliche Zukunftsinvestitionen zu ermöglichen. Das ist die Philosophie dieses Haushalts.
Der Spagat, auf der einen Seite Innovationen, Infrastrukturen und Maßnahmen zur Förderung des ökonomischen Wachstums zu finanzieren, auf der anderen Seite die Ausgaben im Griff zu behalten, ist die Aufgabe auch der nächsten Jahre. Wir werden den Konsolidierungskurs fortsetzen, der die Einhaltung der Schuldenbremse möglichst vor dem Jahr 2020 sicherstellt und die Zukunftsaufgaben, die wir uns gemeinsam vorgenommen haben, meistert. Das wird alles andere als einfach. Am Ende werden Sie als Parlamentarier in den nächsten Jahren manche Entscheidung zu treffen haben, von der Sie gehofft haben, dass sie Ihnen erspart bleibe. Aber gerade mit Blick über die deutschen Grenzen sehen wir, welche Risiken darin bestehen, das Phänomen öffentliche Verschuldung zu unterschätzen.
Dieser Haushalt reduziert die Nettoneuverschuldung um ein Drittel – ein riesiger Rückgang. Lassen Sie uns diesen Weg weitergehen, in klar definierten Schritten, wie es unsere Finanzplanung vorsieht, weg von der Nettoneuverschuldung, hin zu einem ausgeglichenen Haushalt. Das ist die sicherste Garantie dafür, das Risiko deutlich zu reduzieren, dass uns krisenhafte Situationen, wie wir sie im Moment leider erleben müssen, in Zukunft wieder erwischen. Das ist unsere Aufgabe für die nächsten Jahre.
Ich danke Ihnen herzlich für die Beratung des Haushaltsplanentwurfs. Herzlichen Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das ganze Jahr über an der Erarbeitung des Haushaltsplans beteiligt waren. Da ist eine tolle Arbeit geleistet worden. Herzlichen Dank dafür.
Dann kommen wir in dritter Lesung zur Abstimmung über den Gesetzentwurf zum Haushaltsplan 2012 in der Fassung der Beschlussempfehlung und des Zweiten Berichts des Haushaltsausschusses, Drucks. 18/5051 zu Drucks. 18/4670 zu Drucks. 18/4400.
Wer ist für die Annahme des Gesetzentwurfs in der von mir vorgetragenen Fassung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Zustimmung von CDU und FDP gegen die Stimmen der SPD, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE ist dieser Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen und wird damit zum Gesetz erhoben.
Wir kommen nun in dritter Lesung zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Finanzausgleichsänderungsgesetz 2012 in der Fassung der Beschlussempfehlung und des Zweiten Berichts des Haushaltsausschusses, Drucks. 18/5052 neu zu Drucks. 18/4671 zu Drucks. 18/4401.
Wer ist für die Annahme des Gesetzentwurfs in der soeben vorgetragenen Fassung? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Zustimmung der Fraktionen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der übrigen drei Fraktionen des Hauses ist der Gesetzentwurf angenommen und wird damit zum Gesetz erhoben.
Wir kommen jetzt zur Beschlussempfehlung und zu dem Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Landesregierung betreffend Finanzplan des Landes Hessen für die Jahre 2011 bis 2015, Drucks. 18/5053 zu Drucks. 18/4421.
Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Zustimmung der Fraktionen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE ist diese Beschlussempfehlung angenommen.
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Neonaziterror bekämpfen – Demokratie und Toleranz stärken – Drucks. 18/5039 –
Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Landesprogramm gegen Rechtsextremismus – Drucks. 18/5068 –
Das ist der Setzpunkt der Fraktion DIE LINKE. Redezeit: zehn Minuten pro Fraktion. Herr Schaus hat für die Fraktion DIE LINKE das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben das Thema Neonaziterror erneut auf die Tagesordnung gesetzt und einen Antrag mit dem Titel „Neonaziterror bekämpfen – Demokratie und Toleranz stärken“ mit unseren zentralen Forderungen eingebracht, weil wir es für notwendig erachten, über die Konsequenzen aus den Terroranschlägen weiterhin intensiv zu diskutieren.
Dieser Neonaziterror ist so unfassbar und so menschenverachtend, dass wir die Verpflichtung haben, es nicht bei Gedenkveranstaltungen zu belassen. Nicht nur, dass in
Deutschland – auch in Hessen – rechte Terroristen über ein Jahrzehnt lang ungehindert mindestens zehn Morde, zwei Bombenanschläge und 14 Banküberfälle mit Dutzenden weiterer Opfer verüben konnten, ist für DIE LINKE ein Skandal, sondern auch, dass das offenkundige Versagen der Sicherheitsbehörden, der Justiz und der Polizei nun heruntergespielt werden soll.
Seit 1990 sind in Deutschland mehr als 180 Menschen durch Neonazis umgebracht worden. Sie finden ihre Namen – leider geschwärzt, obwohl im Internet vollständig nachzulesen – im Anhang zu unserem Antrag. Es ist eine erschreckende Liste, die von der Zeitschrift „Stern“ und der Amadeu Antonio Stiftung zusammengestellt wurde. Die Internetseite trägt bezeichnenderweise die Überschrift: „Mut gegen rechte Gewalt“.
In den offiziellen Statistiken werden nur 47 Menschen als Opfer aufgeführt. Diese unterschiedlichen Zahlen werfen ebenso wie die nun erst bekannt gewordenen Verbrechen der Zwickauer Terrorzelle ein Schlaglicht darauf, wie blind und taub die Verfassungsschutzbehörden mindestens zwölf Jahre lang waren.