Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

(Unterbrechung von 13:34 bis 14:36 Uhr)

Wir fahren mit der Sitzung fort.

Noch eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Anpassung des Landesblindengelds in Hessen schnell umsetzen – Landesblindengeld als zusätzliche Unterstützung zum Bundesteilhabegesetz, Drucks. 19/5308. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 75 und kann, wenn dem nicht wider

sprochen wird, mit den Tagesordnungspunkten 14 und 54 zu diesem Thema aufgerufen werden.

Weiter eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend sichere, bezahlbare und nachhaltige Energieversorgung, Drucks. 19/5309. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 76 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit den Tagesordnungspunkten 35 und 73 zu diesem Thema aufgerufen werden. – So machen wir das.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 35 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend keine EEGSubventionen für neue Windenergieanlagen, Klimaschutz günstiger realisieren – Drucks. 19/4897 –

zusammen mit Tagesordnungspunkt 73:

Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Bürgerwille endlich achten – Windkraftausbau stoppen – Drucks. 19/5305 –

und Tagesordnungspunkt 76:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend sichere, bezahlbare und nachhaltige Energieversorgung – Drucks. 19/5309 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Als erster Redner spricht Kollege Rock von der FDP-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute das Thema Energiepolitik auf die Tagesordnung gesetzt. Sie kennen die Haltung der Freien Demokraten zur Energiepolitik, ganz speziell die Haltung zum Ausbau der Windkraft in unseren hessischen Wäldern. Diese Haltung ist eine besondere, weil wir die Einzigen im Hessischen Landtag sind, die das ablehnen. Sie wissen auch, dass wir hervorragende Argumente dafür haben, warum wir diese falsche Energiepolitik ablehnen.

(Beifall bei der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): Na ja! – Lachen der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will sie Ihnen noch einmal erläutern. Sie wissen, dass wir mittlerweile rund 30.000 Windkraftanlagen in Deutschland errichtet haben. Herr Wirtschaftsminister – Sie wissen, ich bin der Meinung, dass er das Thema Wirtschaft nicht im Fokus seiner Tätigkeit hat –, Sie haben es bejubelt, dass wir jetzt 1.000 Windkraftanlagen in Hessen errichtet haben. 80 % dieser Anlagen stehen in unseren Wäldern

(Klaus Dietz (CDU): Wo denn sonst?)

und zerstören unsere Landschaft und unsere Natur.

(Beifall bei der FDP)

Was bringen diese 30.000 Anlagen? – Wenn der Wind weht, wissen wir nicht, wohin mit dem Strom, und wenn der Wind nicht weht, müssen eben die Kohlekraftwerke wieder ran. Jedes weitere Windrad, das wir bauen – vor allem in Hessen –, verschlimmert nur die Situation.

Jetzt können Sie sagen: Wir machen das für den Klimaschutz. – Jeder, der die Feinheiten der Klimapolitik in Europa kennt, weiß, dass wir einen CO2-Deckel haben. Er weiß ganz genau, in Europa ist der CO2-Ausstoß gedeckelt. Daher tragen diese Anlagen europaweit nicht zu einer Verbesserung des Klimaschutzes bei. Alle Fachleute erklären uns immer: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, die grüne Energiepolitik in Deutschland, macht den Klimaschutz einfach nur teurer.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt hätte vielleicht irgendeiner argumentieren können: Es gibt in Deutschland 1 t weniger CO2-Ausstoß. – Sie wissen aber auch: Der CO2-Ausstoß in Deutschland stagniert; zum Teil steigt er sogar wieder.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wann denn?)

Das geschieht natürlich wegen der Systematik des EEG. Die effizientesten Gaskraftwerke gehen vom Netz, und der Braunkohleabbau läuft weiter. Sogar in Deutschland selbst erzielen Sie mit diesen irrsinnigen Subventionen von 25 Milliarden € real keinerlei Klimaschutzeffekte mehr. Darum: Diese Politik muss beendet werden.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das sind die Themen, die Sie von uns bereits kennen. Das ist die Position, die wir vertreten. Das wissen Sie.

Aber es gibt zwei weitere Aspekte, die ich heute ganz besonders in den Fokus stellen möchte. Der eine ist in einem Antrag niedergelegt, der Ihnen vorliegt. Dort ist eine Position dargelegt, die sich mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz beschäftigt, mit dieser Subventionsmaschine, die für die Fehlleitung von künftig 25 Milliarden € im Jahr verantwortlich ist.

Dieser Antrag ist im Kern nichts anderes als die Beschlussfassung der CDU in Hessen. Die CDU in Hessen hat beschlossen, sie möchte sich vom EEG verabschieden. Sie hat dafür gute Argumente, nämlich genau das, was ich eben vorgetragen habe. Jetzt ist es nun einmal so, dass es eine Personenidentität gibt. Ich will jetzt nicht von jedem einzelnen Abgeordneten sprechen, der vielleicht im Landesvorstand sitzt, aber der Landesvorsitzende der CDU Hessen ist auch Ministerpräsident des Landes Hessen.

(Michael Boddenberg (CDU): Ja!)

Ich habe gestern oder vorgestern in der Zeitung gelesen, er sei in Hessen auch der „Bestimmer“.

(Michael Boddenberg (CDU): Ja, das hat euch in der Debatte irgendwie gefallen!)

Herr Boddenberg, das hat uns gar nicht gefallen; wir fanden es in der Debatte, in der wir uns zurzeit befinden, eher ziemlich deplatziert. – Darum wollen wir heute erst einmal wissen, wenn Sie über diesen Antrag abstimmen: Ist die CDU in Hessen der „Bestimmer“, und wer ist Volker Bouffier? Ist er Landesvorsitzender und gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz, oder ist er Ministerpräsident des Landes Hessen und stimmt für die Beibehaltung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes? Da wir heute Morgen über die Glaubwürdigkeit von Politik gesprochen haben, muss man sich auch einmal an die eigene Nase fassen; denn man kann nicht als Landesvorsitzender dagegen sein, als Minis

terpräsident aber dafür. Was soll das? Was sollen diese Botschaften? – Sagen Sie, wofür Sie sind.

(Beifall bei der FDP)

Dann haben wir einen zweiten Bereich. Dieser geht auch in den Kernbereich hinein, der den Ministerpräsidenten direkt betrifft. Im letzten Wahlkampf hat die Energiepolitik, haben Windräder eine Rolle gespielt. Damals war noch nicht klar, dass Schwarz-Grün herauskommen würde. Damals habe ich mit Florian Rentsch und einer Bürgerinitiative vor dem Schlossplatz gestanden. Auch der heutige Innenminister Beuth war dabei und stand auf demselben Podest, auf dem auch ich stand. Der heutige Minister Beuth hat damals aus meiner Sicht sehr kluge Worte zur Windkraft gefunden.

(Minister Peter Beuth: Damals Generalsekretär!)

Er hat sie nämlich abgelehnt. Heute gehört er einer Regierung an, die die Windkraft durchsetzt, und zwar mit der hessischen Polizei, für die er heute die Verantwortung trägt.

(Beifall bei der FDP – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir sorgen für frischen Wind!)

Herr Beuth stand vor der Wahl vor dem Hessischen Landtag und sprach gegen Windkraftanlagen. Heute lässt er sie mit seiner Polizei durchsetzen. Das ist eine Erkenntnis, die man den Bürgerinnen und Bürgern nicht vorenthalten darf.

Ich will aber noch einmal zu dem Ministerpräsidenten kommen. Der Ministerpräsident des Landes Hessen hat vor der Wahl – –

(Wortmeldung des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ja, bitte, Herr Wagner, gern.

(Heiterkeit)

Oh, Entschuldigung, Frau Präsidentin.

Einen Moment, da habe ich auch noch etwas mitzureden. Aber Sie lassen Herrn Wagner die Zwischenfrage zu. – Bitte sehr.

Herr Rock, ist es denn nicht richtig, dass die Grundlagen für den Ausbau der Windkraftanlagen von Ihrem früheren Minister Florian Rentsch unterschrieben worden sind und dass Sie sich, wenn Sie hier anderen Wendigkeit vorwerfen, am ehesten einmal an Ihre eigene Nase fassen müssten?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Wagner, Sie wissen doch ganz genau, dass Sie diejenigen waren, die uns erklärt haben, das wäre noch viel zu schlimm; das werde die Energiewende verhindern. Fassen Sie sich doch einfach einmal an die eigene Nase. Wir haben unsere Lehren aus Fukushima gezogen. Wir haben uns

hierzu positioniert. Wir haben Parteitagsbeschlüsse getroffen. Wir haben auch klar gesagt: Das war ein Fehler. Das wollen wir so nicht mehr. – Wir haben uns neu aufgestellt; und das haben wir den Bürgerinnen und Bürgern zur Abstimmung gestellt. Dafür bekommen wir eben auch Stimmen. Bei uns weiß man, wofür wir heute stehen.

(Beifall bei der FDP)

Bei der CDU weiß ich nicht, wofür sie heute steht.