Protokoll der Sitzung vom 22.11.2017

Deswegen erwarten wir eine Kurskorrektur und einen Personalaufbau. Wir werden in Bezug auf Ingenieure und Techniker Anträge zum Haushalt stellen, um am Ende den Personalstand auch bei Hessen Mobil zu erhöhen.

Die Antwort des grünen Verkehrsministers, nämlich auf den ÖPNV auszuweichen, insbesondere auf den schienengebundenen Personennahverkehr, ist im Grunde nicht falsch, jenseits der grundsätzlichen Richtigkeit aber mit Problemen verbunden, weil wir längst wissen, dass die Kapazitätsengpässe auf den Strecken, insbesondere in den Ballungsräumen, inzwischen so groß sind, dass sie regelmäßig zu Verspätungen und Ausfällen führen. Das derzeitige Infrastruktursystem ist schlicht und einfach nicht mehr in der Lage, genügend Kapazitäten vorzuhalten, um diese Mengen an Menschen von A nach B zu bringen.

(Beifall bei der SPD)

Die Projekte Landesticket und Schülerticket werden das Problem, wenn alle das Angebot annehmen, in diesem Kontext weiter verschärfen. Die meisten Akteure erklären hinter vorgehaltener Hand, dass sie hoffen, dass dieses Angebot nicht von allen wahrgenommen wird, weil sie nicht wissen, wie das kapazitätstechnisch insbesondere auf den Strecken im Rhein-Main-Gebiet, aber nicht nur dort, überhaupt abgewickelt werden kann – unabhängig davon, dass wir in anderen Regionen des Landes überhaupt kein hinreichendes Angebot haben. Deswegen erwarten wir auch von Ihnen klare Stellungnahmen dazu, welche Ausbaupläne Sie für die nächsten Jahre eigentlich haben, jenseits davon, dass Sie das eine oder andere Projekt aus dem Verkehrswegeplan medienwirksam immer und immer wieder neu inszenieren.

Ich will an dieser Stelle ausdrücklich einen Punkt aufnehmen, den die FDP in den vergangenen Jahren immer wieder stark hervorgehoben hat – zu Recht, wie ich finde. Die Planungszeiten sind zu lang; auch die Bauzeiten sind zu lang. Dies findet seine Begründung sowohl darin, dass der Personalabbau der letzten Jahre massive Auswirkungen auf die Umsetzungsfähigkeit von Projekten hat, als auch in der Kompliziertheit der Verfahren. Ich glaube, dass wir eine Planungsbeschleunigung brauchen und dass das Mittel zur Erreichung dieses Ziels vor allem eine frühere Beteiligung der Betroffenen, der Bürgerinnen und Bürger, ist, weil mehr Transparenz am Anfang Klagerisiken und Konflikte am Ende mindert und so zur Planungsbeschleunigung beiträgt.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Roland Koch wollte Hessen bis zum Jahre 2015 staufrei machen. Jetzt schreiben wir das Jahr 2017, und auf vielen unserer Straßen lautet das Motto immer noch: stehen, damit es weitergeht. Aus dem Programm „Staufreies Hessen 2015“ ist mit etwas grüner Rhetorik das Programm „Mobiles Hessen 2020“ geworden. Gebracht hat das aber noch nicht sehr viel. Ich will dabei ausdrücklich anerkennen, dass es der Verkehrsminister in seiner dreieinhalbjährigen Amtszeit in dieser Regierung sicherlich nicht einfach hatte angesichts der Belastungen, die er aus den Vorgängerregierungen, insbesondere aus Ihren Reihen, zu übernehmen hatte. Am Ende muss man aber auch in dieser Konstellation irgendwann zu Entscheidungen kommen. Wir sind jedenfalls der Auffassung, dass die Zeit des Aussitzens vorbei ist.

Ich komme zum Ende, weil ich sehe, dass die Redezeit abgelaufen ist. – Aus unserer Sicht ist es zwingend notwen

dig, dass endlich ein Konzept erkennbar wird, mit dem alle Verkehrsträger verzahnt werden, das eine nahtlose Mobilitätskette aufbaut, das den Veränderungen im individuellen Mobilitätsverhalten endlich Rechnung trägt und am Ende allen Hessen ein Mobilitätsversprechen gibt. Alle Menschen haben ein Recht auf Mobilität – und zwar eine sichere, überall verfügbare, nachhaltige und bezahlbare. Diese Aufgabe wird uns in den nächsten Jahren weiter beschäftigen. Ich bin sehr gespannt, was die Landesregierung zu diesem Thema heute beizutragen hat.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Kolleginnen und Kollegen! Ich darf auf der Tribüne Herrn Dekan Albrecht begrüßen, der heute Morgen die Andacht im Hessischen Landtag gehalten hat. Herzlich willkommen.

(Beifall)

Wenn ich schon beim Begrüßen bin: Ich begrüße auch unseren ehemaligen Kollegen Stephan.

(Beifall)

Als Nächste hat Kollegin Müller von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! So einfach, wie die Überschrift Ihres Antrags war – das haben Sie eben selbst gesagt –, waren auch Ihre Botschaften, Herr SchäferGümbel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Sie leben noch im Gestern und formulieren überhaupt keine Ideen für die Mobilität der Zukunft. Sie reden von Staus, Sie reden von Straßen, Sie reden von Beton, aber nicht von einer intelligenten Mobilitätspolitik des 21. Jahrhunderts.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Günter Rudolph (SPD): Machen Sie es doch mal! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wenn Sie ausnahmsweise zuhören würden, dann könnten Sie vielleicht auch etwas wahrnehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich wundere mich schon: Die SPD hat bei der FriedrichEbert-Stiftung eine Studie in Auftrag gegeben. Die Stiftung hat die Studie erstellt – es ist eine wirklich gute Studie – und hat sie auf drei Konferenzen vorgetragen. Die Handlungsempfehlungen, die in dieser Studie stehen, richten sich hauptsächlich an die Kommunen und an den Bund. Wer dort die Verantwortung trägt und etwas tun könnte, wissen Sie genau.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist eine Frage, die noch zu klären ist!)

Das Mantra, dass immer alle anderen zuständig sind, nur Sie von der SPD nicht, kann ich, ehrlich gesagt, nicht mehr hören.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Hessen gewährleistet Mobilität für alle. Der Verkehrsminister hat direkt nach den Sommerferien eine Regierungserklärung gehalten. Das war Ihnen nicht recht – das weiß ich –, weil Sie lieber über die Schulen diskutiert hätten. Vielleicht haben Sie deshalb auch nicht zugehört. Ich sage Ihnen daher noch einmal den Titel der Regierungserklärung: „Schnell – und klimafreundlich ans Ziel. Hessen wird Vorreiter zukunftsfähiger Mobilität“. – Das ist unser Plan.

(Zurufe von der SPD)

Im Gegensatz zu Ihnen haben wir einen Plan.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Diesen Plan setzen wir um. Sie haben sich mit Ihren neuen Freunden von der FDP sogar noch darüber lustig gemacht, dass die Landesregierung nun zu Fuß gehen oder Fahrrad fahren will, und gesagt, dass die Probleme dieses Landes dadurch nicht gelöst würden.

(Zurufe von der SPD)

Ihre Antwort lautet: mehr Geld für den Straßenbau, mehr Personal, kürzere Planungszeiten und mehr Bürgerbeteiligung. Damit machen Sie es sich etwas zu einfach.

(Gerhard Merz (SPD): Wenn man im Zug nach Jamaika fährt, dann kommt so etwas dabei heraus! – Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Herr Merz, zu dem „Zug nach Jamaika“: Die SPD sagt einen Tag nach der Wahl, dass die Große Koalition abgewählt ist und sie keine Verantwortung übernehmen will. Überlegen Sie einmal, ob es vielleicht an der Politik der SPD gelegen hat und nicht nur an der Großen Koalition.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, es gibt einen Sanierungsstau, und ja, es fehlen Ingenieure für die Planung. Ja, die Planungen dauern zu lange – besonders für die Infrastruktur. Aber ich habe es Ihnen eben schon einmal gesagt: Sie müssten sich auch die Frage stellen, wer das Planungsrecht ändern kann. So trivial ist es nämlich nicht. Wenn wir Naturschutz und Umweltschutz berücksichtigen wollen – was wir wollen –, dann muss man an die Änderungen des Planungsrechts sehr sensibel herangehen. Das erfolgt auf Bundesebene. Dazu hatten Sie die Gelegenheit, und vielleicht haben Sie sie irgendwann einmal wieder.

(Manfred Pentz (CDU): Besser nicht!)

Wir wollen einen schnelleren Ausbau der Schieneninfrastruktur. Dass sich in diesem Bereich seit Beginn der schwarz-grünen Landesregierung etwas getan hat, hätten auch Sie zur Kenntnis nehmen können, wenn Sie gewollt hätten. Die großen Schieneninfrastrukturprojekte Hanau – Würzburg/Fulda und Frankfurt – Mannheim nehmen endlich Fahrt auf.

(Norbert Schmitt (SPD): Wie bitte? Frankfurt – Mannheim nimmt Fahrt auf? – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Es gibt schon seit mehreren Jahren einen breit angelegten Bürgerdialog zu Hanau – Würzburg/Fulda, in dem das

Verfahren transparent dargestellt wird. Den hätten Sie zur Kenntnis nehmen können.

(Unruhe – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schön, dass die SPD-Fraktion Spaß hat, aber ich würde die Rednerin gerne verstehen! – Michael Boddenberg (CDU): Machen Sie ohne die SPD weiter! – Weitere Zurufe)

Erst gestern wurde eine Werbekampagne für die Projekte im Rhein-Main-Gebiet vorgestellt – auch dabei unterstützt diese Landesregierung –: Die Nordmainische S-Bahn geht voran; die Regionaltangente West geht nach jahrelangem Stillstand voran; Gateway Gardens wird gebaut; auch Frankfurt-West – Bad Vilbel geht jetzt sozusagen ans Gleis. Ich denke, das sind gute Nachrichten, die Sie zur Kenntnis nehmen könnten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

In den nächsten Jahren werden 12 Milliarden € in die Schieneninfrastruktur in Hessen gesteckt, davon ist 1 Milliarde € Landesgeld – von Stillstand keine Spur. All Ihre Behauptungen sind hilflose Versuche, überhaupt noch einmal vorzukommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf von der SPD)

Auch beim Straßenbau setzen wir kontinuierlich auf Sanierung vor Neubau. Immerhin haben Sie bemerkt: Wir investieren so viel in den Straßenbau wie nie. 2018 sind es rund 110 Millionen €, und 2019 sind es 120 Millionen €. Klar kann man – wie in allen Politikbereichen – sagen: Es ist zu wenig, es muss mehr sein. – Aber das Geld kann nicht gedruckt werden.

(Gerhard Merz (SPD): Doch, das kann man schon! – Zurufe von der CDU: Aha! – Manfred Pentz (CDU): Das ist die Idee der SPD! – Heiterkeit – Glockenzeichen der Präsidentin)

Ich kann mich erinnern, dass auch Sie für die Schuldenbremse waren. – Die fehlenden Ingenieure sind nicht nur ein hessisches Thema, aber auch hier handelt die Landesregierung. Aktuell werden die Stellen aufgebaut, und der Verkehrsminister sucht sogar in Griechenland Ingenieure.

Den ÖPNV haben wir mit der Finanzierungsvereinbarung bis 2021 gestärkt. Die Verkehrsverbünde erhalten 4 Milliarden €. Auf Druck der Landesregierung wurden die Regionalisierungsmittel im Bund erhöht. Auch da – das haben wir hier mehrmals erörtert – haben wir Ihren Druck vermisst. Das Land nimmt erstmals wieder Landesmittel in die Hand. Ebenfalls stehen Mittel aus dem KFA zur Verfügung. Das könnte man einmal zur Kenntnis nehmen. Das Ergebnis dieser Maßnahmen können Sie beim Fahrplanwechsel 2017/18 selbst zur Kenntnis nehmen. Die nordhessischen Abgeordneten können dann z. B. donnerstagabends länger im Plenum bleiben, weil sie auch nach 22 Uhr noch nach Hause kommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)