Protokoll der Sitzung vom 23.11.2017

Herr Schalauske hat mich einfach provoziert, weil er mindestens siebenmal in seiner Rede auf eine Gesellschaft – ich glaube, es ist eine einzige Gesellschaft; aber das müsste der Kollege Kaufmann aktuell noch besser wissen als ich; zu meiner Zeit jedenfalls war es eine einzige Gesellschaft – der Fraport AG auf Malta hingewiesen hat. Das haben Sie siebenmal vorgetragen, es ist trotzdem nur eine.

Sie haben damit das Bild untermauern wollen, dass Sie der Landesregierung und uns allen nicht glauben, dass wir es ernst meinen mit der Bekämpfung der ungerechten Verteilung von Steuereinnahmen. Wissen Sie, lieber Herr Schalauske, da hat mich irgendetwas geritten, und ich habe bei Google eingegeben „SED-Vermögen“.

(Manfred Pentz (CDU): Oh! – Lachen des Abg. Jan Schalauske (DIE LINKE))

Ich habe einfach einmal bei Google eingegeben „SED-Vermögen“. Und ich will Ihnen jetzt nur fünf Überschriften, und zwar die ersten, aus Google vorlesen. – Das darf ich auch – da muss ich den Präsidenten gar nicht fragen –, weil sich die Geschäftsordnung nämlich schon lange geändert hat.

Die erste ist – MDR –:

Das verschwundene SED-Vermögen – 6 Milliarden Ostmark und etliche Immobilien.

(Manfred Pentz (CDU): Aha!)

Die zweite – Wikipedia –:

Vermögen von Parteien und Massenorganisationen der DDR: … Die SED/PDS gründete nach dem Sonderparteitag … Das ursprüngliche Vermögen der SED zum Stichtag betrug 6,2 Milliarden DDRMark; rund 2,8 Milliarden davon als Barvermögen, 3,3 Milliarden in Immobilien.

Jetzt robben wir uns an die Istzeit heran, damit Ihnen das so richtig peinlich wird, was Sie hier vorgetragen haben.

(Zuruf des Abg. Jan Schalauske (DIE LINKE))

31. März 2010, „Die Welt“:

Ist es ein später Triumph, dass ein Züricher Gericht die Bank Austria verurteilt hat, 230 Millionen € verstecktes SED-Vermögen an Deutschland zu zahlen?

(Manfred Pentz (CDU): Ei, ei, ei! – Weitere Zurufe)

Jetzt nehmen wir noch die letzte Meldung; die ist vom 24. November 2014:

Seit Herbst versucht die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, vor dem Züricher Bezirksgericht 135 Millionen € verschlepptes SED-Vermögen zu bergen.

(Zurufe von der CDU: Oioioi!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jedem von Ihnen hier im Raum nehme ich ab, dass Sie es ernst meinen mit Steuergerechtigkeit – den LINKEN aber nicht.

(Beifall bei der FDP, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen des Abg. Jan Schalaus- ke (DIE LINKE))

Den LINKEN aber nicht. Das ist ja an Pharisäerhaftigkeit nicht mehr zu überbieten, sich hierhin zu stellen – –

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Das geht von meiner Redezeit ab.

(Heiterkeit)

Ich wollte auch zu euch noch etwas sagen. Deshalb vielen Dank.

(Zurufe)

Es ist an Bigotterie, an Pharisäerhaftigkeit nicht mehr zu überbieten, Herr Schalauske, so zu tun, als hätten Sie eine weiße Weste. Sie – klein- und großgeschrieben – haben offensichtlich keine weiße Weste. Deswegen treten Sie hier bitte so nicht auf.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass es Ihren Kollegen peinlich ist, was Sie gesagt haben, merken Sie ja daran, dass Sie jetzt hier Einzelkämpfer geworden sind. Denn das ist wirklich viel zu sehr mit der Realität nicht in Einklang zu bringen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kommt davon, wenn man erstens Google beherrscht und zweitens eine solche Steilvorlage bekommen hat, wie sie der Kollege Schalauske eben gegeben hat.

(Unruhe)

Zum Inhalt. Es ist doch allen hier im Raum bekannt – das haben, glaube ich, schon drei oder vier Kollegen gesagt –, Steuergerechtigkeit ist etwas ganz Wichtiges. Es kann nicht sein, dass der Bäckermeister in Bad Vilbel, lieber Tobias Utter, oder auch in Kassel ordentlich seine Steuern zahlt, aber internationale Konzerne durch legale oder auch durch illegale Finanzkonstruktionen es schaffen, ihre echte Steuerlast praktisch auf null zu senken.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, auch das ist schon gesagt worden: Da müssen wir nicht in die weite Welt nach Panama reisen und müssen das auch nicht in ein anderes Land in der Karibik machen, sondern wir können nach Irland gehen, wir können in die Niederlande gehen, wir können in Gebiete gehen, die eindeutig zur Europäischen Union gehören. Deshalb sind wir als Liberale im Hessischen Landtag, aber auch unsere freidemokratischen Kollegen im Europäischen Parlament verärgert darüber, dass erst ab 2020 die Lösungen in Kraft treten, die tatsächlich eine entsprechende Verfolgung von derartigen Dingen zulassen. Das hätte man früher machen können.

(Beifall bei der FDP)

Es war meine Parteifreundin, die liberale Wettbewerbskommissarin, Frau Margrethe Vestager, die das jetzt auf anderem Wege versucht in die Hand zu nehmen. – Schöne Grüße an Irland, meine sehr verehrten Damen und Herren. So geht es halt nicht, und da muss man dann auch handeln und sich nicht auf 2020 vertagen.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Torsten War- necke (SPD))

Wir müssen es auch schaffen, dass der Wanderzirkus aufhört. Das ist vielleicht manchem von Ihnen aufgefallen: Erst war es in der Nähe, dann wurde das aufgedeckt, und jetzt wandert man immer weiter. Aber das Ergebnis ist immer dasselbe: Diejenigen, die auch hier in Deutschland, in Europa Steuern zu zahlen hätten, zahlen sie nicht, weil sie Schlupflöcher finden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das passt einem Freidemokraten nicht. Wir möchten einen starken Staat ha

ben, der finanziell auch ausgestattet ist und der gerecht die Steuern von seinen Bürgerinnen und Bürgern und von seinen Unternehmen einzieht und sich hier nicht durch Ungerechtigkeit auszeichnet.

(Beifall des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Lieber Kollege Norbert Schmitt, wir können uns ewig darüber streiten – ich hätte es auch nicht gesagt, wenn Sie jetzt nicht wieder begonnen hätten mit der Schweiz –: Wir brauchen keine Kavallerie.

(Torsten Warnecke (SPD): Hat er auch nicht gesagt!)

Und seitdem wir in Dillenburg keine Hengste mehr haben, können wir auch keine mehr aufstellen.

(Allgemeine Heiterkeit – Beifall bei der FDP)

Das ist nicht mehr möglich. Das schaffen wir nicht mehr. Die müssten wir zukaufen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Aber ich bin der festen Überzeugung, die Schweiz hat reagiert wegen des politischen Drucks und auch wegen der entsprechenden Verträge, die von der damaligen schwarzgelben Bundesregierung geschickt worden sind. Also keine Kavallerie, sondern politischen Druck aufbauen.

Dann lassen Sie mich Ihnen zum Abschluss sagen – ich will gar nicht meine zehn Minuten ausnutzen –: Es gibt eine ganz einfache Methode – Wolfgang Kubicki hat die auch schon vor Wochen, vor Monaten, ich glaube, vor eineinhalb Jahren vorgeschlagen –, wie wir in Deutschland die Großen – seien es nun die Googles, die Nikes, die Apples, die Starbucks’ – bekommen können: In allen Fällen, in denen wir in Deutschland wissen, dass irgendwo auf der Welt Erträge steuerfrei von diesen Unternehmen kassiert werden, verweigert der deutsche Fiskus schlicht den Abzug der Betriebsausgaben.

(Beifall des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Da ich an dem Nicken merke, dass einige Kollegen, die auch Freiberufler oder Selbstständige sind, wissen, das tut weh, ist das eine Maßnahme. Ich wundere mich darüber, dass das in den letzten vier Jahren von der Großen Koalition nicht umgesetzt worden ist.

(Beifall bei der FDP)

Langer Rede kurzer Sinn: Wir lassen uns niemals wieder von den LINKEN etwas zum Thema Steuergerechtigkeit sagen. Die sollen erst einmal all das abliefern, was ihnen nicht gehört.