Ich glaube, wir legen Ihnen am Ende etwas vor, was wir machen könnten. Wir geben Ihnen ja sogar eine Alternative.
Nein. – Denn wir sagen Ihnen, wie wir das dann regeln wollen, und zwar im Großen und Ganzen, was die Frage der Wahlkreisreform angeht. Es wird externen Sachverstand und Diskussionen geben. Der Landeswahlleiter, der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs, die Statistikbehörde und Abgeordnete aus dem Hessischen Landtag werden beteiligt sein.
Natürlich werden das Abgeordnete aus dem Hessischen Landtag sein, die die Fraktionen benennen werden. Ansonsten würde das keinen Sinn machen. Wir wollen eine überparteiliche Lösung schaffen. Dafür soll das da sein.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist schon ein bisschen komisch! Entschuldigung, das ist so wichtig! Warum man dann so dazwischenruft!)
Wir haben viele Anzuhörende gehabt. Die Vertreterinnen und Vertreter aller Gemeinden, die eingeladen waren, haben das eine oder andere daran kritisiert. Sie haben gesagt: „Wir hätten es gerne so“, oder: „Macht es doch lieber anders.“ – Wenn wir noch Vertreterinnen und Vertreter zehn weiterer Gemeinden eingeladen hätten, hätten die uns wahrscheinlich auch erzählt, dass das so gerade nicht geht, weil es sie betrifft.
Das ist eine schwierige und komplexe Sache. In Richtung der SPD-Fraktion sage ich: Sie haben immer das Beispiel Nieste gebracht. Das es das Beispiel Nieste ist, kann man nachvollziehen. Denn dort hat sich der Bürgermeister dazu geäußert. Es ist im Übrigen ein Bürgermeister der SPD. Er hat auch einen Vorschlag gemacht.
Ich frage: Ist der Vorschlag, den der Bürgermeister der Gemeinde Nieste, SPD, gemacht hat, der Vorschlag der SPD? Denn der sagt nämlich, dass wir aus dem geteilten Wahlkreis Hersfeld-Rotenburg und Werra-Meißner-Kreis alle Wähler aus dem Werra-Meißner-Kreis dem Wahlkreis Werra-Meißner zuordnen sollen und alle Wähler aus dem Teil Hersfeld-Rotenburg dem Wahlkreis Hersfeld-Rotenburg zuordnen sollen. Dann könnte man dort einen Wahlkreis auflösen.
Herr Kollege Rudolph, Sie sollten sich einmal die demografische Entwicklung anschauen. Das würde bedeuten, dass dieser Wahlkreis wahrscheinlich in den Main-KinzigKreis, in den Wetteraukreis oder irgendwo nach Südhessen wandern würde. Denn das entspricht der demografischen Entwicklung. Schlagen die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dieses Hauses vor, dass wir in Nordhessen einen Wahlkreis dichtmachen und ihn nach Südhessen verlagern? Herr Kollege Rudolph, diese Frage müssen Sie hier einmal beantworten.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss meiner Rede. – Man sollte sich das noch einmal genauer anschauen. Wir haben es mit einer schwierigen Situation zu tun. Das ist keine Frage. Das Thema ist sehr emotionalisiert. Ich kann das auch verstehen. Die Kolleginnen und Kollegen der großen Parteien sind da deutlich mehr betroffen, als das bei denen der kleineren Parteien der Fall ist. Es ist verständlich, dass das intensiv diskutiert wird.
Wir legen Ihnen eine minimalinvasive Lösung vor. So hat es Kollege Bauer ausgedrückt. Wir haben Ihnen einen Vorschlag gemacht, wie wir das Problem in der nächsten Wahlperiode angehen wollen. Wir haben ein demografisches Problem. Wir haben einen Wandel. Die Menschen ziehen vom ländlichen Raum in die Ballungsräume. Dem müssen wir irgendwann gerecht werden.
Ich glaube, dass wir mit dem Gesetzentwurf ein vernünftiges Angebot machen, wie wir die nächste Landtagswahl durchführen können. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung unterstützt den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und auch den Änderungsantrag, der heute dazu eingebracht wurde.
Es wurden von den Bürgermeistern und den Vertretern der Kommunen viele Argumente ausgetauscht – es gab viele Emotionen –, die aber letztendlich an diesem ganzen Verfahren eigentlich nicht beteiligt sind. Denn das ist eine Angelegenheit des Hessischen Landtags. Es ist eine Angelegenheit, die Sie alle, die 110 Abgeordneten, angeht.
Hier wurde kritisiert, dass die Vorschläge, die gemacht wurden, alle völlig falsch seien. Ich finde, dann steht man schon in der Not, einen eigenen Vorschlag zu machen. Der fehlt allerdings. Das hat Herr Kollege Frömmrich gerade schon gesagt.
Ich will zum Landtagswahlgesetz ein paar Bemerkungen machen, die Ihnen zeigen sollen, dass wir uns im Rahmen dessen bewegen, was für die Landtagswahl im Jahr 2018 am Ende wichtig ist. Es gibt keine ausdrücklichen Vorgaben für die Zusammensetzung der Wahlkreise. Es gibt Rahmenbedingungen, auf die ich gleich zurückkommen werde.
Es gibt Rechtsprechung dazu. In der Rechtsprechung hat sich ein Interventionswert von 25 % Über- oder Unterschreitung in einem Wahlkreis gegenüber dem durchschnittlichen Wahlkreis entwickelt. Das hat sich sozusagen aus der Rechtsprechung heraus entwickelt.
Herr Kollege Rudolph, uns hilft das Urteil des Staatsgerichtshofs aus dem Jahr 2006 nicht. Denn mittlerweile hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2012 all diese Fragen ziemlich eindeutig beantwortet.
Der Bundesgesetzgeber hat im Bundeswahlgesetz entsprechende Veränderungen vorgenommen, an denen wir uns orientieren können, weil wir keine eigenen unmittelbaren Maßstäbe haben. Diese Maßstäbe haben wir angelegt. Der Gesetzgeber hat in der Tat einen gewissen Gestaltungsspielraum. Der wird am Ende von Ihnen hier auszuschöpfen sein.
Alles in allem will ich hier auch deutlich sagen: Das ist die Angelegenheit der Abgeordneten. Es geht um die 110 Mandate und um die Frage des Zuschnitts der Wahlkreise.
Wenn wir die Rechtsprechung und die Rahmenbedingungen heranziehen, die in Deutschland für die Zusammenstellung der Wahlkreise herrschen, dann kommen wir zu dem Ergebnis, dass wir in acht Wahlkreisen einen entsprechenden Anpassungsbedarf haben. Dieser Anpassungsbedarf folgt, wie ich finde, den Maßstäben ziemlich korrekt, die uns von der Rechtsprechung vorgegeben wurden.
Wir haben die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren zu beachten. Die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren ermitteln wir mit der amtlichen Statistik. Wir legen die amtliche Statistik für das zugrunde, was in unseren Gesetzen vorgesehen ist.
Das wurde gerade schon erläutert. Es ist bedauerlich, dass wir aufgrund der bundesweiten Umstellung auf die Zahlen
des 31. Dezember 2015 zurückgreifen müssen. Das sind die letzten amtlichen Zahlen, die uns vorliegen. Damit sind es auch die aktuellsten Zahlen, die wir haben und die wir diesem Gesetzentwurf zugrunde legen können.
Das Wählerverzeichnis ist keine amtliche Statistik. Man kann das Wählerverzeichnis der Bundestagswahl hier natürlich anführen. Man kann natürlich auch darstellen, dass 9.700 Auslandswahlberechtigte in den Wahlkreisen vorhanden sind, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. In der Tat, das stimmt. Das ist keine amtliche Statistik. Das ist die zufällige Zusammensetzung der wahlberechtigten Bevölkerung für die Bundestagswahl. Herr Kollege Frömmrich hat gesagt, es gebe da noch ein paar andere Voraussetzungen, die zu berücksichtigen seien. Es ist die zufällige Zusammensetzung am 22. September dieses Jahres.
Es gibt noch weitere Unterschiede beim Wahlrecht, die sich auch nicht groß auswirken. Wir können aber die Wahlberechtigten für die Landtagswahl auf der Basis der Wahlberechtigten für die Bundestagswahl am 22. September 2017 immer nur annäherungsweise ermitteln. Damit ist das eine untaugliche Grundlage. Wir können dann nur auf die amtliche Statistik zurückgreifen. Sie stammt nun einmal vom 31. Dezember 2015. Das können wir im Moment nicht ändern.
Ich sage noch eines: Den Gesetzentwurf der Fraktionen und den ganzen Vorlauf dazu sollten Sie bitte ein bisschen mit berücksichtigen. Sie haben das Schreiben vom April 2017 schon angesprochen. Der Gesetzentwurf ist vom 19. September 2017. Das Wählerverzeichnis ist am 22. September 2017, also drei Tage später, öffentlich gewesen. Insofern bitte ich da um Verständnis. Selbst wenn man es heranziehen könnte, wäre es in der Vorbereitung überhaupt nicht möglich gewesen, es heranzuziehen.
Lassen Sie mich das noch einmal von einer anderen Warte beleuchten. Wir alle wissen, dass im Jahr 2005 eine Änderung des Landtagswahlgesetzes stattgefunden hat. Ich konnte das jetzt in der Kürze der Zeit nicht prüfen. Denn das ist mir eben erst aufgegangen. Im Jahr 2005 hat man wahrscheinlich die Zahlen vom 31. Dezember 2004 zugrunde gelegt, wenn es die damals schon gab. Vielleicht waren es auch die vom 31. Dezember 2003. Jedenfalls stammten sie aus der amtlichen Statistik.
Wir haben im Jahr 2005 im Hessischen Landtag ein Landtagswahlgesetz verabschiedet und die Wahlkreise zugeschnitten. Zur Landtagswahl selbst waren dann noch drei Jahre Zeit. Hier von veralteten Zahlen und einem Vorgang zu sprechen, der völlig ungewöhnlich sei, ist meiner Ansicht nach völlig absurd. Das ist ein willkürlich gegriffenes, weil gerade populäres Argument. Ich finde, das darf man einer solchen Wahlrechtsänderung nicht zugrunde legen.
Wir haben regionale Besonderheiten zu berücksichtigen. Wir haben die historischen Verwaltungsgrenzen – das ist schon angesprochen worden – und die Landkreisgrenzen zu beachten gehabt. Wir haben gesagt: Wir wollen einen minimalinvasiven Eingriff machen und so wenig wie möglich verändern, weil es in der Tat ein erheblicher Eingriff
in die Zusammensetzung der Wahlkreise insgesamt ist. Deshalb haben wir gesagt: minimale Lösung. Wir haben vor allem eines gesagt – da will ich Herrn Kollegen Frömmrich gerne noch einmal zitieren, der hier die Vorschläge des Bürgermeisters von Nieste dargestellt hat –: Wissen Sie, was wir dem Gesetzentwurf zugrunde gelegt haben?
Wir haben vor allem darauf geachtet, dass die parlamentarische Vertretung Nordhessens hier im Hessischen Landtag gewahrt bleibt. Wir sind nämlich nicht hingegangen und haben gesagt: „Wir nehmen an der bevölkerungsschwächsten Stelle einfach einmal einen Wahlkreis heraus und fügen ihn der bevölkerungsstärksten hinzu“, sondern wir haben gesagt: Nordhessen muss in diesem Hessischen Landtag einen entsprechenden Raum haben.
Meine Damen und Herren, ich finde die Kritik, vor allem die Kritik der Manipulation, ziemlich maßlos. Alle hier im Hause wissen, dass das personalisierte Mehrheitswahlrecht vor allem dazu führt, dass das Zweitstimmenergebnis für die Zusammensetzung dieses Hessischen Landtags ausschlaggebend ist. Das heißt, von einer Manipulation dieser Landtagswahl kann gar keine Rede sein.
Aber ich will vor allem noch einmal darauf zurückkommen, dass das Thema der Manipulation, wie ich finde, in einer zweifelhaften Art und Weise hier angebracht worden ist, indem man hingeht und sagt: Wir schauen einmal auf die Wahlergebnisse, die es vor ein paar Jahren gegeben hat. Wie würde sich das entsprechend verändern? – Ich finde, diese Frage verbietet sich schon. Oder gar die Vereinnahmung: Ein Kollege hat sich nicht entblödet, in der Zeitung von einer „roten Gemeinde“ zu schreiben, die von einem Wahlkreis in den anderen verlagert worden ist.
(Manfred Pentz (CDU): Das ist ja unglaublich! – Norbert Schmitt (SPD): Das hat doch Herr Bauer gesagt!)
Meine Damen und Herren, das ist doch absurd. Es ist respektlos gegenüber den Wählerinnen und Wählern. Lassen Sie das doch einfach beiseite. Es verunsichert nur, und es ist in dem Wahlgesetz an keiner einzigen Stelle nachweisbar, dass hier ein manipulativer Eingriff erfolgen sollte oder erfolgen wird.