Protokoll der Sitzung vom 12.12.2017

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Die Haushaltspolitik der SPD – in der Generaldebatte geht es auch darum, was die Alternativen der Opposition sind – ist das Kontrastprogramm zu der seriösen Finanzpolitik dieser Regierung. Das Konzept der SPD lässt sich leicht zusammenfassen: mehr von allem.

Ich darf das hier einmal aufzählen, und ich bitte die Sozialdemokraten, es mir zu sagen, wenn irgendeine der Forde

rungen, die ich jetzt vortrage, nicht von ihnen in den vergangenen Monaten erhoben wurde: 1 Milliarde € mehr für den Kommunalen Finanzausgleich, 500 Millionen € mehr für den sozialen Wohnungsbau und 240 Millionen € mehr für die Beamtenbesoldung. 230 Millionen € würde der Verzicht auf die Erhöhung der Grunderwerbsteuer kosten, den die SPD fordert. 80 Millionen € würden die zusätzlichen Investitionen in die Infrastruktur kosten; 70 Millionen € würde es kosten, alle Grundschullehrerinnen und -lehrer nach A 13 zu bezahlen; und 45 Millionen € würde die Reduzierung der Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten kosten.

Die SPD hat bei keinem der Punkte widersprochen: alles Forderungen der Sozialdemokraten aus den letzten Monaten. Auf jedes erdenkliche Problem in unserem Land lautet die Antwort der Sozialdemokratie: mehr von allem. 2 Milliarden € macht allein das aus, was ich eben vorgetragen habe. „Mehr von allem“ ist das Konzept der Sozialdemokratie. Damit wir uns richtig verstehen: Natürlich sind wichtige Themen dabei. Natürlich müssen wir an diesen Themen arbeiten. Aber, meine Damen und Herren, wer allen alles verspricht, verspricht in Wirklichkeit niemandem etwas. Das ist die ganz einfache Conclusio.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wer jetzt genau zugehört hat, dem ist aufgefallen, dass ich eines – das ist letztendlich ein Wahlversprechen der SPD – gar nicht erwähnt habe. Die Sozialdemokraten in diesem Haus haben einen Gesetzentwurf mit Plänen für das vorgelegt, was sie bei der Kinderbetreuung verändern wollen. Dieser eine Gesetzentwurf kostet 720 Millionen €. Das ist keine Zahl, die wir GRÜNE uns ausgedacht haben; das steht im Gesetzentwurf der SPD. 720 Millionen € sind für ein einziges Vorhaben vorgesehen, neben den 2 Milliarden €, die Sie schon in all den anderen Bereichen ausgegeben haben.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Es geht ja auch nur um Kinderbetreuung!)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, selbst DIE LINKE fordert bei der Kinderbetreuung weniger als Sie, und das ist durchaus überraschend.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Was? – Michael Boddenberg (CDU): Das ist ja ein Super-GAU für DIE LINKE!)

Das ist durchaus überraschend, weil die Forderungen der Linkspartei normalerweise als „SPD-Forderung plus 10 %“ definiert sind. Wenn jetzt sogar DIE LINKE weniger fordert als die Sozialdemokratie, bedeutet das, Sie haben endgültig jeden Pfad einer realistischen und seriösen Politik verlassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Die Sozialdemokraten haben ihre Kitapläne selbst als – ich zitiere – „großen Wurf“ bezeichnet. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, ich glaube, der große Wurf wird für Sie zum Bumerang.

(Wolfgang Decker (SPD): Warum?)

„Warum?“, fragt der Kollege Decker. Es wird jetzt endgültig klar, was Ihr Prinzip ist: mehr von allem und allen alles versprechen.

Sie kümmern sich nicht um eine Prioritätensetzung. Sie geben 3 Milliarden € für Ihre Forderungen aus. Jeder weiß, und Sie wissen es hoffentlich auch, dass das nicht gehen wird, dass man solche Beträge im Landeshaushalt nicht innerhalb weniger Jahre umschichten kann. Wenn Sie das weiter behaupten, dann ist das Wählertäuschung mit Ansage. Das muss man auch ganz klar so benennen: Es ist Wählertäuschung mit Ansage.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie müssen sich jetzt wirklich einmal entscheiden. Wenn Sie Ihre Pläne zur Kitabetreuung – ich habe durchaus große Sympathie für eine Beitragsfreiheit für alle Eltern –, die allein 720 Millionen € kosten, durchsetzen wollen, dann muss die Sozialdemokratie jetzt den Mut und die Kraft haben, zu sagen, dass das ihre einzige Forderung für die nächste Legislaturperiode ist. Dann sind Sie in der Nähe einer glaubhaften Finanzpolitik, dann können wir darüber reden. Was aber nicht funktioniert, ist, dass Sie heute 720 Millionen € für die Kitabetreuung fordern, morgen fordern Sie 1 Milliarde € für den KFA, übermorgen fordern Sie 500 Millionen € für den Wohnungsbau, drei Tage später fordern Sie 250 Millionen € mehr für die Beamtenbesoldung, dann 230 Millionen € weniger aus der Grunderwerbsteuer und schließlich 80 Millionen € für die Infrastruktur.

So funktioniert das eben nicht. Wenn Sie glaubwürdig Politik machen wollen, dann sagen Sie: Ja, die Kitapläne stehen im Zentrum und alles andere nicht mehr. – Dann haben wir eine Basis für eine seriöse und eine vernünftige Auseinandersetzung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Worum es letztendlich geht, ist die Kraft zu einem Gesamtkonzept, und eben nicht, allen alles zu versprechen. Meine Damen und Herren, wenn ich bei dem schlüssigen Gesamtkonzept bin: Sollte es da nicht einmal einen Hessenplan geben? Einen großen Hessenplan, den die Sozialdemokratie angekündigt hat? Was ist denn eigentlich aus dem großen Hessenplan geworden?

(Präsident Norbert Kartmann übernimmt den Vor- sitz.)

Ich habe einen Artikel vom 25. November dieses Jahres aus dem „Wiesbadener Kurier“ von Christoph Cuntz mitgebracht. Die Überschrift lautet: „Der lange Weg zum neuen Hessenplan“. – Darin steht:

Auch Thorsten Schäfer-Gümbel … hat immer mal wieder von einer Neuauflage des Hessenplans geschwärmt. So hieß es im März 2011

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aha!)

in einem Medienbericht über seinen Besuch in Schotten: „Der SPD-Vorsitzende kündigte für 2012 einen Hessenplan an, in dem die soziale Gleichstellung und der berufliche Aufstieg Kernelemente seien.“

2011 ist der große Hessenplan erstmals urkundlich erwähnt. Heute sind wir sechs Jahre später. Sechs Jahre später, und es liegt immer noch kein kleiner oder großer oder überhaupt ein Hessenplan vor. Mit so einer Opposition führen wir gerne die Debatte darüber, wer hier tatkräftig

Politik macht. Sie haben in sechs Jahren nichts hinbekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Turgut Yüksel (SPD))

Dann wollen Sie über das Hessen von morgen sprechen. Der Hessenplan ist aber ein Instrument von gestern. Mit dem Großen Hessenplan hat Georg August Zinn, unbestritten einer der großen Ministerpräsidenten unseres Landes, in den Fünfziger- und Sechzigerjahren seine Politik beschrieben. Das waren aber eben die Fünfziger- und Sechzigerjahre des letzten Jahrhunderts. Meine Damen und Herren, wer das Hessen von morgen gestalten will, darf nicht auf die Instrumente von gestern setzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Während die Opposition noch einen Plan sucht, haben wir einen Plan, handeln wir entschlossen seit vier Jahren und mit diesem Doppelhaushalt. Wir haben einen klaren Kurs, wir setzen klare Prioritäten. Ich will Ihnen das an ein paar Bereichen beschreiben, in denen sich auch die Richtung der Politik geändert hat oder in denen wir uns deutlich von dem unterscheiden, was andere Fraktionen im Hessischen Landtag beschreiben.

Statt den Klimawandel zu ignorieren, setzt diese Koalition darauf, dass Hessen seiner Verantwortung für Klimaschutz, für Umweltschutz und für Naturschutz gerecht wird. Deswegen haben wir den integrierten Klimaschutzplan auf den Weg gebracht. Deshalb haben wir den Ökoaktionsplan. Deshalb haben wir uns schon lange, bevor das Thema Insektensterben in der breiten Bevölkerung angekommen ist, um dieses Thema gekümmert. Deswegen haben wir eine Umweltministerin, die all diese Bereiche endlich tatkräftig anpackt.

Weil diese Umweltministerin aus Herborn kommt, sagen wir: Mir freue sich, dass wir eine solche Umweltministerin haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Michael Boddenberg (CDU): Da gab es Szenenapplaus von Clemens Reif! – Clemens Reif (CDU): Sie müssen noch das R richtig rollen!)

Zweiter Punkt. Statt wie die FDP gegen Windmühlen zu kämpfen, hat mit und durch uns die Energiewende in Hessen endlich Fahrt aufgenommen.

(René Rock (FDP): Das ist 800 Jahre alt!)

Vor Kurzem haben wir in Hessen das eintausendste Windrad in Betrieb nehmen können. Wir sind dabei, die Regionalpläne anzupassen, damit das, was Florian Rentsch damals noch auf den Weg gebracht hat und von dem die FDP heute nichts mehr wissen will, nämlich 2 % der Landesfläche für Windenergie auszuweisen, auch umgesetzt wird. Und wir kümmern uns auch um Energieeffizienz.

Wir werden die Probleme nicht alleine in Hessen lösen können. Aber wir leisten einen wesentlichen Beitrag. Nur so kann eine verantwortliche Energiepolitik funktionieren, dass jeder an seinem oder ihren Ort seinen oder ihren Beitrag dazu leistet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dritter Punkt. Weil ich bei den Kolleginnen und Kollegen der FDP war: Statt wie früher Politik ausschließlich mit

dem Blick durch die Windschutzscheibe zu machen, wenn es um Verkehrspolitik geht, haben wir die Verkehrswende auf den Weg gebracht. All die Schienenbauprojekte, von denen frühere FDP-Verkehrsminister nur geredet haben, sind jetzt auf dem Weg. Die Regionaltangente wird geplant, und andere Projekte werden endlich auf den Weg gebracht. Wir haben eine Rekordförderung bei Bussen und Bahnen. Wir haben eine Rekordförderung beim Radverkehr. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wir haben auch eine Rekordförderung beim Straßenbau, weil wir wissen, dass alle Verkehrsträger ineinandergreifen müssen. Nur so können wir die Mobilitätsanforderungen der Gesellschaft bewältigen. Alles gehört zusammen. Wir haben das auf den Weg gebracht, und nicht diejenigen, die sonst immer glauben, sie hätten in der Verkehrspolitik die Weisheit mit Löffeln gefressen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vierte Feststellung. Statt ideologischer Zwangsbeglückung steht endlich Bildungs- und Chancengerechtigkeit im Mittelpunkt unserer Bildungspolitik. Ja, wir wollen, dass es an immer mehr Schulen mehr Zeit zum Lernen und mehr Zeit zur Förderung gibt. Deshalb haben wir die Mittel für das Ganztagsschulprogramm in einem Maß aufgestockt und bekommen jährlich so viele neue Stellen hinzu, wie es das in Hessen noch nie gegeben hat.

Wir wollen, dass wir in den Orten mit den größten Herausforderungen, mit der herausforderndsten Schülerschaft die besten Schulen haben. Deshalb machen wir die Lehrerzuweisung nach Sozialindex. Deshalb bringen wir 700 Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen genau an diese Schulen.

Meine Damen und Herren, wir wollen, dass Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam die Schule besuchen können. Deshalb schaffen wir dafür die Voraussetzungen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Fünfter Punkt. Statt die Konflikte früherer Jahre fortzusetzen, haben wir mit unserer Hochschul- und Forschungspolitik bundesweit Maßstäbe gesetzt. Es gibt kaum ein anderes Bundesland, das mit seinem Hochschulpakt den Hochschulen eine so dauerhafte und so verlässliche Finanzierung garantiert. Es gibt kaum ein anderes Bundesland, das das tut.

(René Rock (FDP): Wer war es vor 2003?)

Es gibt überhaupt kein anderes Bundesland, das beim Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte eine so weite Öffnung vorgenommen hat, wie wir das in Hessen getan haben. Weil es vorhin eine Rolle gespielt hat: Die Gleichwertigkeit von akademischer Ausbildung und von beruflicher Ausbildung – genau dafür ist das, was wir gemacht haben, ein Meilenstein. Jetzt gibt es an dieser Stelle im Bildungssystem keine Sackgassen mehr. Wer eine Lehre gemacht hat, kann später auch an die Hochschule gehen. Damit haben wir eine entscheidende Bildungshürde eingerissen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)