Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Ein stummer Frühling wäre ein Frühling ohne Vögel, ohne Insekten. „Stummer Frühling“ steht insbesondere für den Verlust von Vogel- und Insektenarten.

Vor über einem Jahr haben Bundestagsabgeordnete vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Kleine Anfrage „Stummer Frühling – Verlust von Vogelarten“ eingebracht. Vor über einem Jahr hat die grüne Bundestagsfraktion eine Veranstaltung „Stummer Frühling ante portas – Was tun gegen das dramatische Insektensterben?“ abgehalten.

Nun, ein Jahr später, wird daraus ein grüner Setzpunkt in Hessen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ein Quatsch!)

Das kommt passend – ein halbes Jahr vor der Landtagswahl in Hessen.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hä?)

Deutschland hat sich bereits in verschiedenen Abkommen verpflichtet, das Artensterben und den Rückgang der Vogelpopulation im Besonderen zu stoppen. Dennoch ist die Vogelpopulation deutschlandweit und in Hessen stark rückläufig.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was hat die Bundesumweltministerin denn gemacht?)

In den vergangenen 30 Jahren hat sie sich halbiert.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Fragen Sie die SPD-Bundesumweltministerin!)

Der Rückgang der Vogelpopulation bildet die Entwicklung zahlreicher weiterer Arten in der Landschaft ab

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da war die SPD-Bundesumweltministerin unterwegs!)

und weist auf die Naturzerstörung insgesamt hin.

Insekten sind die artenreichste Gruppe der Organismen und machen 70 % aller Tierarten in Deutschland aus. Meistens ungesehen und unbekannt leisten sie wertvolle Arbeit. Bodenlebewesen tragen dazu bei, unsere Böden fruchtbar zu halten oder vor Degradation zu schützen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ah ja!)

Vielleicht lernen Sie auch etwas Neues, anstatt einfach nur hier reinzublubbern und aufs Handy zu schauen. Das wäre ein Anfang.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe nur gefragt, was Ihre Bundesumweltministerin gemacht hat! – Weitere Zurufe – Glockenzeichen der Präsidentin)

In den vergangenen 30 Jahren hat sie sich halbiert.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sind Sie wach geworden? – Prima.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Peinlich! – Zurufe von der CDU: Oh!)

Der Rückgang der Vogelpopulation bildet die Entwicklung zahlreicher weiterer Arten in der Landschaft ab und weist auf die Naturzerstörung insgesamt hin.

Insekten sind die artenreichste Gruppe der Organismen und machen 70 % aller Tierarten in Deutschland aus. Bodenlebewesen tragen dazu bei, unsere Böden fruchtbar zu halten oder vor Degradation zu schützen. Bienen, Wildbienen und Schmetterlinge sind zuständig für die Bestäubung von Pflanzen. Vier Fünftel der bei uns heimischen Nutz- und Wildpflanzen sind auf ihre Arbeit angewiesen.

Aktuelle Studien belegen, dass die Biomasse der Fluginsekten seit den 1990er-Jahren selbst in Schutzgebieten um 75 % abgenommen hat. Der Rückgang der Insekten hat

weitreichende Folgen für Böden, Bestäubung und gesamte Ökosysteme. Es zeichnet sich keine Entspannung ab. Die Bestandsabnahme vieler Insektenarten wird sich fortsetzen – auch in Hessen.

Einen Einfluss auf die Bestandsentwicklung von Insekten haben neben Pestiziden auch andere Faktoren wie Habitatverlust, Fragmentierung der Landwirtschaft, Umweltverschmutzung, invasive Arten oder der Klimawandel. Ernsthafte Maßnahmen für den Artenschutz fehlen in Hessen. Die hessischen Biodiversitätsziele werden weit verfehlt. Dies wird durch einen Lob-Antrag nicht verbessert. Freundlich zu Insekten zu sein wird nicht ausreichen, um den Rückgang zu verlangsamen oder sogar aufzuhalten. Dazu gehören weit mehr als Blühstreifen und Förderprogramme mit EU-Geldern.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist denn Ihr Programm?)

Die entsprechenden Finanzmittel stammten zu weniger als 30 % vom Land Hessen. Über 40 % waren Mittel der EU, und über 30 % waren Mittel des Bundes.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. – Die Landesmittel wurden von 2016 bis 2017 sogar reduziert.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie war das mit der Bundesumweltministerin?)

Die bisherigen Ansätze für eine umweltverträgliche Landwirtschaftspolitik wie das Greening und Blühstreifen zeigen keine nennenswerte Wirkung. Das Insektensterben hat sich insbesondere in den letzten zehn Jahren beschleunigt. Um das Ausmaß des Problems überhaupt zu erfassen, müsste es ein gezieltes Langzeitmonitoring geben.

(Beifall des Abg. Turgut Yüksel (SPD))

Dieses existiert jedoch in Hessen nicht.

Valide Zahlen zum Insektensterben möchte die Regierungskoalition eher nicht haben. Am 27. April 2018 stimmen die Vertreter der EU-Mitgliedstaaten über einen Vorschlag der Europäischen Kommission zum Umgang mit bienengiftigen Pestiziden ab, den sogenannten Neonicotinoiden.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Glyphosat habt ihr noch mal verlängert, oder?)

Drei Wirkstoffe dieser Pestizidgruppe sollen für den Gebrauch im Freiland verboten werden. Die Bundeslandwirtschaftsministerin wird diesen Vorschlag unterstützen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das letzte Mal habt ihr der Verlängerung zugestimmt!)

Ein Beistand durch die Hessische Landesregierung zwei Tage vor der Abstimmung ist schlicht überflüssig.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Schaden, den Neonicotinoide anrichten, ist wissenschaftlich vielfältig belegt. Zuletzt hat die EU-Risikobe

wertungsbehörde die Risiken für drei Neonicotinoide bestätigt. Klar ist aber auch: Das Verbot von drei Wirkstoffen reicht nicht, vor allem dann nicht, wenn bereits neue Neonicotinoide der Zulassung harren.

Wir brauchen ein Verbot für alle Neonicotinoide und wirkungsähnliche Stoffe. Neue Zulassungen dürfen nicht erfolgen. Hierzu hätte ich eine klare Haltung ohne jegliche Einschränkung im Antrag erwartet.

(Beifall bei der SPD)

Für einen wirksamen Schutz der Artenvielfalt sind Feldwege und Wegränder von großer Bedeutung. Dies gilt insbesondere für Insekten wie Schmetterlinge, Wildbienen und Käfer. Wege und Wegränder sind wertvoller Lebensraum für mehrere Hundert Pflanzenarten und über 1.000 Tierarten.

Wir fordern die Landesregierung auf, entschiedener gegen den unrechtmäßigen Umbruch von Feldwegen und Wegrändern vorzugehen. Immer wieder kommt es vor, dass in Hessen diese wichtigen Lebensräume für gefährdete Tierund Pflanzenarten umgepflügt oder mit Pestiziden gespritzt und gedüngt werden. Die öffentliche Förderung für rechtswidrig genutzte Flächen muss unterbunden werden.

(Beifall bei der SPD)

Eine Sofortmaßnahme wäre das unverzügliche Verbot des Breitbandgiftes Glyphosat,

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

das sämtliche Wildpflanzen auf den Äckern beseitigt und damit den Insekten die Lebensgrundlage nimmt, sodass auch die Vögel kein Futter mehr finden.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Löber, erst informieren!)