Protokoll der Sitzung vom 23.05.2018

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmitt. – Herr Kollege Bauer, Sie hätten die Möglichkeit zur Erwiderung. – Sie verzichten darauf.

(Zurufe von der SPD)

Dann rufe ich Herrn Kollegen Hahn auf. Sie haben die Möglichkeit, das Wort zu ergreifen. Bitte schön, ich gebe Ihnen gerne das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Schmitt, ich habe vor, jetzt über den Gesetzentwurf der SPD zu reden. Sie haben eben ausschließlich über den Gesetzentwurf von CDU, GRÜNEN und FDP geredet. Das machen wir morgen, das machen wir Stück für Stück. Jetzt reden wir einmal über den SPD-Gesetzentwurf.

Ja, Herr Kollege Rudolph, Sie haben recht. Die Begründung, warum es diesen Gesetzentwurf der SPD heute und hier gibt, lautet, es bestehe Handlungsbedarf. Ihr Agieren würde ein bisschen überzeugender sein, lieber Herr Kollege Rudolph, liebe Freunde der Sozialdemokratie, wenn Sie diese Erkenntnis nicht erst in der vorvergangenen Woche bekommen hätten. Es wäre ein bisschen überzeugender, wenn sich die Sozialdemokratie in den letzten Jahren, vor allem im letzten Jahr, einmal kreativ mit dem Thema Straßenbeiträge auseinandergesetzt hätte. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, das haben Sie im Hessischen Landtag nicht.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Sie haben nichts zu dem Thema Straßenbeiträge gemacht. Wir haben heute noch einmal unsere Datenbank abgefragt. Die einzigen Aktivitäten in den Jahren 2016 und 2017 sind zwei Kleine Anfragen, aber Vorsicht an der Bahnsteigkante: nicht von der Sozialdemokratie, sondern von der FDP.

Wir haben in zwei Kleinen Anfragen von Herrn Kollegen Lenders, einmal am 15.08.2016 und einmal am 13.02.2017 beantwortet, das Thema wiederkehrende Beiträge und das Thema Straßenbeiträge auf die Tagesordnung des Landtags gesetzt. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der SPD, es ist doch erkennbar, dass Sie mit Ihrem Gesetzentwurf, den wir jetzt zu beraten haben, versuchen, noch hinterherzulaufen.

(Torsten Warnecke (SPD): Vorneweg!)

Sie haben erkannt, dass es ein Thema gibt, das in unserer Bevölkerung ein Thema ist, bei dem Sie als Landtagsfraktion schlicht und ergreifend geschlafen haben. Das ist Ihr Problem.

(Beifall bei der FDP und der CDU sowie bei Abge- ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt suchen Sie den Ausgang für Helden und beschimpfen die anderen. Das ist immer einfacher.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie sich doch bitte einmal daran erinnern, wie Sie in den letzten Jahren agiert haben. Es gab einen Gesetzentwurf der Sozialdemokratie in der 18. Wahlperiode, Drucks. 18/4389. Da war in keinster Weise die Rede von Abschaffung der Straßenbeiträge. Sie wollten damit ein neues System aufsetzen.

(Zuruf des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Herr Warnecke, ich würde sagen: Ruhe an der Front. Ich habe gleich noch Zitate von Ihnen. – Sie haben sich dann in der Debatte, über die wir schon häufig diskutiert haben, zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und FDP, Drucks. 18/5453 im März 2012 beteiligt.

Sie waren diejenigen, die immer noch ein bisschen mehr in das Thema wiederkehrende Abrechnungen hinein wollten. Es gab kein einziges Wort darüber, dass es sich um eine Existenzbedrohung handelt, dass es ein falscher Ansatz ist, wie Herr Rudolph eben gesagt hat. Nein, im Gegenteil, Sie

haben sich noch mehr, noch intensiver, als das damals die Regierungsfraktionen von Union und FDP getan haben, auf die wiederkehrenden Leistungen gestürzt. Wie glaubwürdig ist Ihr Verhalten eigentlich heute?

(Beifall bei der FDP, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da ich das freundschaftliche Verhältnis zu den Kollegen der Sozialdemokratie nicht zu sehr belasten will und auch nicht darf, zitiere ich jetzt nicht Herrn Rudolph. Aber ich empfehle einmal, das Protokoll vom 20. November 2012 herauszusuchen.

(Zuruf des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Da wurde das letzte Mal intensiv über das Thema diskutiert. Kein einziges Wort darüber, dass es sich um Existenzbedrohung handelt, dass es der falsche Ansatz ist, dass es unsozial ist. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD wollte eine noch verschärftere Lösung haben, als es die Schwarzen und die Blau-Gelben beschlossen haben. – So viel zu Ihrem Thema Glaubwürdigkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU sowie bei Abge- ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Lieber Herr Warnecke, ich gebe zu, ich habe den Redebeitrag für heute ganz anders vorgehabt. Aber der Beitrag des Kollegen Rudolph gestern in der zweiten Lesung des gemeinsamen Gesetzentwurfs hat mich dazu motiviert, noch einmal ins Archiv zu gehen. Ich bedanke mich bei meinen Mitarbeitern, dass sie mit mir ins Archiv gegangen sind.

Was macht denn da z. B. der Kollege Warnecke? – Er fährt durch Nordhessen, das haben wir einem Beitrag der SPD aus Neustadt entnommen. Sie kennen bestimmt Ihren Genossen Reiner Bieker, der mit großer Freude berichtet, dass der Kollege Warnecke aus dem Landtag da gewesen sei, im Dezember 2015, und dafür geworben habe, dass es doch endlich auch in Neustadt wiederkehrende Straßenbeiträge geben solle.

Kein Wort davon an die Genossinnen und Genossen vor Ort, dass es unsozial sei, abgeschafft werden müsse und existenzbedrohend sei – kein einziges Wort davon. Wie glaubwürdig meinen Sie eigentlich, dieses Thema noch vertreten zu können?

(Beifall bei der FDP, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Den größten Ärger bei mir hat die Teilmenge des Beitrags des Kollegen Rudolph vom gestrigen Tage gebracht, als er von der armen Oma in Niederaula sprach und von dem älteren Ehepaar in Sontra, die alle Opfer der Politik dieser Regierung – nein, der Änderung von „können“ auf „sollen“ im Jahr 2013 – geworden seien. Kollege Rudolph hat so getan, als seien sie ein Opfer der Tätigkeit des Landtags geworden, die er gerade erst vor vier, fünf Jahren unternommen hat. – Lieber Herr Kollege, ein Blick ins Internet zeigt, Niederaula hat das letzte Mal die Straßenbeitragssatzung am 30. Juni 2010 verändert. Also nichts mit „jetzt“, sondern früher. Sontra hat es am 15. Dezember 2009 getan. Also nichts mit „jetzt“, sondern schon lange her.

Ich meine deshalb, dass die anscheinend große Mehrheit dieses Hauses klug beraten ist, erstens festzustellen, dass die Sozialdemokraten ihre Meinung zu 100 % geändert haben. Das steht Ihnen zu – aber bitte nicht mit der Sozialplatte unterlegen, die Sie jetzt unterlegen zu müssen meinen.

Zum Zweiten bin ich ganz beim Kollegen Bauer: Der Gesetzentwurf, der gestern zur Vorbereitung der dritten Lesung im Haushalts- und im Innenausschuss beschlossen worden ist, ist ein guter Kompromiss.

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

Er wird gedeckt von den Wünschen der IHK und vieler anderer. Dass einige Bürgermeisterinnen und Bürgermeister meinen, am besten solle es so bleiben, wie es ist, das ist deren Problem, weil sie vor Ort leider nur selten eine Entscheidungsfreudigkeit haben. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Für eine Kurzintervention hat sich Herr Kollege Warnecke von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Sie haben zwei Minuten Redezeit, Herr Kollege.

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schade, Herr Hahn, dass Sie nie bei einer dieser Veranstaltungen dabei waren, sehr schade.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie hätten dort eine Menge lernen können, insbesondere von der Diskussion, die die Bürgerinnen und Bürger dort pflegen.

Wissen Sie, wo das Ganze sehr schnell endet? – Nicht bei den sogenannten Anliegerbeiträgen, nicht bei den sogenannten wiederkehrenden Beiträgen, sondern bei der Frage, ob man das nicht per se über Steuern finanzieren kann.

Der ursprüngliche, von der Sozialdemokratie eingebrachte Vorschlag, der leider durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verworfen wurde – nämlich eine gesamte Kommune zu einem Abrechungsbezirk erklären zu können, das war der Ausgangspunkt der Sozialdemokratie –, ist durch die vielen Abrechungsbezirke und die daraus entstehenden Probleme – und diese Beträge werden in kleineren Ortsteilen nicht kleiner als das, was hier in Rede steht – konterkariert.

Wenn die Sozialdemokratie erkennt, dass es durch die Einführung und durch die deutliche Steigerung von bislang nicht in entsprechenden Kommunen erhobenen Beiträgen – Hohenroda ist so ein Beispiel, weil Sie sagen, es gebe keine – dazu kommt, dass die Bürgerinnen und Bürger unter dem Gerechtigkeitsaspekt, den Sie ja so thematisieren, und dem Aspekt der Freiheit, die Sie ja auch thematisieren, sagen, wir können darauf verzichten, aber unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten sagen, darauf kann man am Ende doch nicht verzichten, weil Leute schon gezahlt haben, und wenn sie sich Gedanken macht, wie man diese Frage grundsätzlich regelt: Ich finde, das ist eine Frage, die auch Sie, Herr Dr. Hahn durchaus aufgreifen könnten.

Ich komme zum letzten Punkt. Insbesondere bei Gemeindestraßen – es bleibt ja eine Gemeindestraße – bleibt nach wie vor sehr viel Geld bei der Kommune hängen, und es bleibt demzufolge auch eine Menge an Entscheidungen, die die Kommunen zu treffen haben, hängen. Es ist am Ende nicht so, wie hier ständig unterstellt wird, dass das Land jetzt vorschreiben will, was die Kommune zu tun hat und wie sie es zu tun hat, sondern es geht darum, den Beitragsteil, den die Bürgerinnen und Bürger gezahlt haben, durch Landesmittel zu ersetzen. Übrigens ist das etwas, was bei Kreisstraßen durchaus auch mit GVFG-Mitteln passiert. Da müsste man einmal erklären, warum die Kreisstraße, die wir als Kommune mit unserer Kreisumlage mit bezahlt haben, etwas Besseres ist als die Gemeindestraße. Warum soll es denn da kein Landesgeld in dem notwendigen Umfang geben?

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten bei den Argumenten einmal ein bisschen abschichten und am Ende sagen, es geht hier um den Beitrag der Bürgerinnen und Bürger, nicht mehr und nicht weniger. Nichts anderes wird in diesen Veranstaltungen dargestellt. – Ich danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Warnecke. – Herr Kollege Hahn, Sie hätten die Möglichkeit einer Erwiderung. – Sie verzichten darauf.

(Zuruf)

Dann nehme ich den nächsten Redner dran. Herr Kollege Schaus von der LINKEN, bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der vergangenen Woche hat die SPD einen Gesetzentwurf vorgelegt, der ebenso wie unser Gesetzentwurf von Januar 2018 nun auch die vollständige Abschaffung der Straßenbeiträge vorsieht.

Wir begrüßen es sehr, dass nun auch die SPD – besser spät als nie – die Sorgen und Nöte der vielen Menschen ernst nimmt, die zum Teil mit hohen Straßenbeiträgen belastet werden, und sich nun auch den Argumenten der mittlerweile über 40 Bürgerinitiativen zur Abschaffung der Strabs anschließt.

Gleichwohl hätte es diesen Gesetzentwurf dazu nicht extra gebraucht. Bereits seit Januar dieses Jahres liegt unser Gesetzentwurf vor, der auch schon in einer Anhörung vielseitig unterstützt wurde, in dem wir exakt die gleichen Forderungen erhoben haben.

Dies sind erstens die vollständige Streichung der Ausbaubeiträge aus dem Kommunalabgabengesetz, zweitens, die Unzulässigkeit von Straßenbeiträgen zum Um- und Ausbau von Verkehrsanlagen auch in die HGO festzuschrei