Protokoll der Sitzung vom 22.08.2018

Ich will nicht alles wiederholen, was sie gesagt haben. Ich will nur einen Punkt aufgreifen, der uns in der Tat beschäftigt hat, weil die Stellungnahmen in der Anhörung auch auf Problempunkte hingewiesen haben. Das ist die Frage der Beteiligung der niedergelassenen Ärzte bei der Leichenschau. Wir haben im Gesetzentwurf jetzt vorgesehen, dass jeder niedergelassene Arzt auf Verlangen zur Leichenschau verpflichtet ist. Dazu gab es durchaus kritische Stimmen in der Anhörung, auch mit teilweise sehr nachvollziehbaren Argumenten, wenn ich etwa an die Kassenärztliche Vereinigung oder an die Landesärztekammer denke.

Es gibt zwei wesentliche Punkte, über die man in diesem Zusammenhang immer wieder nachdenken muss. Das eine ist die Frage der ausreichenden Qualifikation niedergelassener Ärzte, die keine entsprechende Spezialausbildung haben. Das Zweite, was daran hängt, ist natürlich die Frage der nicht angemessenen Vergütung für diese Leistung, die dort abgefordert wird – darauf haben die Hausärzte hingewiesen.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben das alles zur Kenntnis genommen. Wir haben uns trotzdem entschieden, Ihrem Gesetzentwurf in der Fassung Ihres Änderungsantrags zuzustimmen, weil wir wahrgenommen haben: Sie haben in diesem Fall die Anregungen, die Hinweise aus den Anhörungen, soweit das vernünftig umsetzbar war, auch in Ihren Änderungsantrag aufgenommen.

Herr Minister, deshalb sollten Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen: Uns geht es hier nicht um Wahlkampf oder um irgendwelche Auseinandersetzungen, sondern wir haben manchmal abweichende Meinungen. Wenn wir abweichende Meinungen haben, dann nehmen wir uns auch das Recht heraus, unser Abstimmungsverhalten danach auszurichten. Lassen Sie es uns dann nicht vermiesen, uns im Zweifelsfall zu enthalten. Sie sollten da etwas weniger empfindlich reagieren – vielleicht ein bisschen souveräner – und nicht immer gleich alles als Majestätsbeleidigung wahrnehmen.

(Beifall bei der FDP)

Dann kommen wir hier zu einem konstruktiven Zusammengehen, zu einer konstruktiven Arbeit, wie z. B. bei diesem Gesetzentwurf zur Änderung des Friedhofs- und Bestattungsgesetzes. – Wir werden, um das abschließend zu wiederholen, sowohl Ihrem Änderungsantrag als auch Ihrem Gesetzentwurf in der dann geänderten Fassung zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Greilich. – Für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht nun Frau Kollegin Goldbach. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fand in einer Stellungnahme eine Überschrift ganz gut, nämlich in derjenigen des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. Sie haben geschrieben: Haben Tote eine Lobby? – Wir können alle gemeinsam in diesem Haus diese Frage klar mit Ja beantworten. Wir haben diese Lobby mit diesem Gesetzentwurf gestärkt.

Ein wichtiger Punkt war für uns die Einführung einer Möglichkeit für Kommunen, in ihrer Satzung zu bestimmen, dass nur solche Grabsteine aufgestellt werden dürfen, die nachweislich nicht aus Steinbrüchen stammen, in denen es Kinderarbeit gibt. Wir sind sehr froh, dass diese Möglichkeit jetzt geschaffen wurde; denn es war ausdrücklicher Wunsch einiger Kommunen, solche Satzungen bei sich zu verabschieden.

Ein ganz wesentlicher Punkt war die zweite Leichenschau. Hierzu möchte ich den Bund Deutscher Kriminalbeamter zitieren, der gesagt hat, das sei eine große Hilfe, um nachzuweisen, dass ein Mensch eines natürlichen Todes gestorben ist. Darüber hinaus hilft sie, sicherzustellen, dass wir weniger Fälle haben, in denen nicht natürliche Todesursachen festgestellt werden.

Ich möchte auf einen Punkt eingehen. Alle Änderungen, die wir im Änderungsantrag aufgrund der Auswertung der Anhörung aufgenommen haben, hat der Kollege Bauer sachlich zutreffend dargestellt. Aber es gab eine Anregung von Elterninitiativen sowie von der evangelischen und der katholischen Kirche, der zufolge wir auch für Kinder aus Schwangerschaftsabbrüchen und Frühgeburten mit einem Geburtsgewicht von unter 500 g eine Bestattungspflicht einführen sollten. Dieses Anliegen ist sehr nachvollziehbar, und es wäre wünschenswert.

Wir haben auch darüber geredet und nachgedacht. Diese Bestattungspflicht würde sämtliche Einrichtungen und Praxen betreffen, die Geburtshilfe leisten oder Abbrüche vornehmen. Wir haben aber in der Anhörung genau diese Einrichtungen und Praxen nicht angehört. Deswegen möchte ich als Ausblick sagen: Vorstellbar ist sicherlich, das noch zu regeln. Denn es handelt sich auch um eine ethische Frage. Aber das sollten wir dann in einer weiteren Anhörung, wenn wir noch einmal Änderungen an dem Gesetz vornehmen, mit der evangelischen und der katholischen Kirche sowie mit den Elterninitiativen gemeinsam besprechen und in Ruhe erörtern. Dies sollten wir in Abstimmung mit den Einrichtungen tun, die dann diese Pflicht am Ende zu tra

gen haben. Aber als Ausblick für die Zukunft wäre das vorstellbar.

Insgesamt und unterm Strich halten wir die Änderungen für eine klare Verbesserung für den Bereich Bestattung. Ich glaube, dass wir das heute alle gemeinsam guten Gewissens verabschieden können. – Danke sehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Gibt es von der Fraktion DIE LINKE eine Wortmeldung dazu?

(Wortmeldung des Abg. Hermann Schaus (DIE LIN- KE))

Doch.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Geben Sie sich einen Ruck, Herr Schaus! – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Wenn er so nett gebeten wird!)

Bitte geben Sie Ihre Wortmeldung, wenn möglich, etwas vorher ab. Bitte schön, Herr Schaus, Sie haben das Wort.

Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin, dass Sie mich angesprochen haben. Ich will nur wenige Sätze dazu sagen.

Wir hatten das Thema bereits sowohl in der Anhörung als auch in der ersten Lesung. Wir haben uns als LINKE zunächst sehr gefreut, dass die Frage der Verhinderung von Kinderarbeit bei der Produktion von Grabsteinen auf diesem Weg ins Gesetz aufgenommen wird. Bei genauerem Hinsehen – darauf hat der Kollege Franz schon hingewiesen – gibt es in § 6a, der neu eingeführt wird, so viele Ausnahmeregelungen, dass das letztlich ein Placebo ist. Darauf will ich ausdrücklich hinweisen. Es ist überhaupt keine Verhinderung von Kinderarbeit im Rahmen dieser gesetzlichen Bestimmung möglich.

Selbst wenn die Kommunen das in ihre Satzungen aufnähmen, hätten sie keine Handhabe, Kinderarbeit zu verhindern oder sie über diesen Weg zu bekämpfen. Das bedauern wir sehr; denn die Regelung, die noch im Jahr 2012 – ich habe schon in der ersten Lesung darauf hingewiesen – sowohl von SPD, LINKEN als auch GRÜNEN in dieses Gesetz aufgenommen werden sollte, war viel eindeutiger und klarer. Es wäre angesagt gewesen, eine Anleihe an dieser alten Formulierung zu nehmen, die in Drucks. 18/5764 nachzulesen ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen kann ich sagen: Wie auch immer diese sehr komplizierte und sehr lange Regelung zustande gekommen ist – ich kann mir lebhaft vorstellen, woher der Druck gekommen ist –, bescheinigt sich letztlich die Firma selbst, dass sie keine Kenntnisse darüber hat bzw. dass sie alles getan hat, um zu überprüfen, dass keine Kinderarbeit vorliegt. Das ist mir persönlich und unserer Fraktion zu wenig.

Zweitens. Wir haben im Ausschuss lange darüber diskutiert: In der Anhörung haben mich mehrere Vorträge sehr beeindruckt, insbesondere aber die Präsentation der Vertreterin des Vereins Sterngarten e. V. Wiesbaden.

Frau Goldbach, Sie haben es gerade angesprochen: Dass eine Regelung im Vorgriff auf eine Bundesregelung ins Gesetz aufgenommen wurde, begrüßen wir ausdrücklich. Aber es gibt damit trotzdem Probleme bei der Bestattung von Föten und Embryos, die vor der 24. Schwangerschaftswoche über 500 g wiegen – die gibt es auch – und bei denen dann eine Einzelbestattung vorgenommen werden müsste.

Der Verein hat – für mich nachvollziehbar – gefordert, den Bereich auszuweiten, dass in solchen Fällen auch eine gemeinsame Bestattung, die für die betroffenen Eltern vielleicht besser ist, möglich sein sollte. Nach der jetzigen Regelung ist diese 500-g-Grenze absolut; das ist klar. Das bedeutet – darauf will ich abschließend hinweisen –, dass, wenn Einzelbestattungen vorgenommen werden müssen, natürlich Fristen einzuhalten sind. Wir wissen, dass diese gemeinschaftlichen Bestattungen von Föten und Embryonen mit einem Gewicht von unter 500 g möglich sind. Jedoch finden diese nicht regelmäßig statt, sondern beispielsweise zweimal im Jahr in Wiesbaden.

Letztlich richte ich meinen Appell an die Kommunen, darüber nachzudenken, wie man in diesen speziellen Fällen mit den Gebühren umgeht. „Einzelbestattung“ heißt, dass auf die Eltern Kosten in Höhe von mehreren Tausend Euro zukommen, etwa für ein Grabmal, die Bestattungskosten und für alles, was damit zusammenhängt. Das Eltern in so einer speziellen Situation aufzubürden, ist aus meiner Sicht diskussionswürdig. Es ist auch berechtigt, an den Gesetzgeber heranzutreten und ihn zu bitten, Erleichterungen zu schaffen, die in diesen Situationen weiterhelfen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schaus. – Für die Landesregierung spricht nun Staatsminister Beuth. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte wenige Bemerkungen zu der Novelle machen. Der Schwerpunkt der Novelle liegt natürlich beim Verbot der Verwendung von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit. Dieses Verbot wurde auch in der Anhörung sehr positiv aufgenommen. Die Anhörung hat meines Erachtens eindrucksvoll gezeigt, dass es einen breiten gesellschaftlichen Konsens über die Ächtung von ausbeuterischer Kinderarbeit gibt. Der Gesetzentwurf nimmt dies für das Bestattungswesen auf.

Unser Ziel war es, ein möglichst effektives Verbot einzuführen. Das ist uns nach unserer Ansicht mit diesem Gesetzentwurf gelungen. Darüber hinaus steht es nunmehr in der Entscheidung der kommunalen Selbstverwaltung, damit umzugehen.

Meine Damen und Herren, darüber hinaus haben wir eine weitere Antwort auf eine essenzielle Frage gesetzlich verankert, indem wir eine Legaldefinition von „Leiche“ vorgenommen haben. Beim Kollegen Schaus ist das schon angeklungen. Wir haben uns nunmehr an den personenstandsrechtlichen Begriff gehalten, der auf der Bundesebene jetzt eingeführt wird, damit wir einen einheitlichen Rechtsbegriff und damit eine einheitliche Rechtsanwen

dung haben. Insofern ist das im Gesetz verankert mit den Folgen, die das natürlich hat, weil eine Leiche zu bestatten ist.

Meine Damen und Herren, darüber hinaus ist die Qualitätsverbesserung bei der zweiten Leichenschau angesprochen worden. Die Mitteilungspflichten bei einem nicht natürlichen Tod haben natürlich auch einen sicherheitspolitischen Hintergrund. Polizei und Staatsanwaltschaften sind für die Entscheidung zur Aufnahme von Ermittlungen darauf angewiesen, dass sie entsprechende Hinweise bekommen. Diese sind durch die neue Regelung im Gesetz so strukturiert, dass das entsprechend erfolgen kann.

Darüber hinaus haben wir das Thema „Bestattungsfrist für die Urnen“ aufgenommen. Es ist vorgetragen worden, dass die vorgesehene Sechswochenfrist zu kurz ist. Wir haben das in Form eines Änderungsantrags aufgenommen und auf neun Wochen verlängert. Ich finde, auch das ist ein vernünftiger Kompromiss, den wir im Anschluss an die Anhörung aufgenommen haben.

Insgesamt ist das ein guter Gesetzentwurf, der eine breite Zustimmung im Hause verdient. Ich würde mich freuen, wenn Sie dem zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Beuth. – Ich stelle fest, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor.

Deshalb lasse ich jetzt über den Gesetzentwurf abstimmen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD sowie Frau Kollegin Öztürk. Wer stimmt dagegen? – Niemand. Wer enthält sich? – Fraktion DIE LINKE. Somit ist dieser Gesetzentwurf in zweiter Lesung angenommen und zum Gesetz erhoben worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 47 auf:

Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und der FDP betreffend Behandlung von Petitionen bis zum Ende der Wahlperiode – Drucks. 19/6668 –

Es wurde vereinbart, dass keine Aussprache stattfindet.

Deshalb lasse ich jetzt über diesen Antrag abstimmen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SPD, DIE LINKE und Frau Kollegin Öztürk. Somit ist der Antrag einstimmig angenommen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 66 auf:

Beschlussempfehlungen der Ausschüsse zu Petitionen – Drucks. 19/6638 –

Hierzu teilt die Fraktion DIE LINKE mit, dass über die Petition Nr. 4545/19 getrennt abgestimmt werden soll.

Ich lasse über diese Beschlussempfehlung abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Fraktionen von CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD sowie Frau Kollegin Öztürk. Wer stimmt dage