Protokoll der Sitzung vom 23.08.2018

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenigstens ganz kurz möchte ich dazu etwas sagen. Herr Kollege Schaus hat gerade eben von den Perspektiven gesprochen. Ich will hier feststellen, dass die Metropolregion in der Tat herausragende Perspektiven für die Menschen und für die Unternehmen hat. Wir haben in der Metropolregion großartige Entwicklungschancen. Insofern sollten wir uns nicht darüber beklagen, dass wir eine so leistungsstarke und herausragende Metropolregion haben.

Herr Kollege Weiß, die Tatsache, dass in diesem Plenarsaal während einer Anhörung über diese Fragen so unemotional gesprochen wurde, könnte auch damit zusammenhängen, dass man im Grunde genommen mit der Struktur insgesamt einigermaßen leben kann. Wenn ich sage „einigermaßen leben kann“, dann meine ich, dass es nicht nur 75 Kommunen gibt, sondern dass es mindestens 75.000 Interessen gibt, die wir in dieses Gesetz irgendwie hineinpacken müssen. Wenn die Debatte hier im Plenarsaal bei der Anhörung der Betroffenen unemotional war, dann ist das eher ein Ausweis dafür, dass wir eine ordentliche und gute Gesetzesgrundlage haben.

Herr Kollege Schaus, der Gebietszuschnitt ist im Grunde genommen nicht mehr angesprochen worden. Die Frage der Direktwahl ist ein Streit, der ebenfalls nicht mehr aufgenommen worden ist, spätestens seitdem die Kollegen in Niedersachsen in der vergangenen oder vorvergangenen Woche ein Gesetz in den dortigen Landtag eingebracht haben, die Direktwahl in Braunschweig wieder abzuschaffen. Für den Regionalverband scheint mir diese Debatte auch erledigt zu sein.

Wir haben die Maßstabsfragen, die besonders wichtig waren, noch mit aufgenommen und ansonsten eine pragmatische Weiterentwicklung für das Gesetz vorgesehen. Wir haben die Bereiche Wohnungsbau, Wohnbauflächen, Energie und Klimaschutz, Digitalisierung sowie Beschaffung von Trink- und Brauchwasser in die Zielsetzungen des Gesetzes mit aufgenommen. Ich glaube, das ist eine gute und ordentliche Weiterentwicklung, der wir nunmehr auch gemeinsam zustimmen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen.

Dann rufe ich zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucks. 19/6650 zu 19/6164 auf. Wer ihm seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen DIE LINKE und FDP. Wer enthält sich? – Das sind die Fraktion der SPD und die Abg. Öztürk. Damit ist der Gesetzentwurf zum Gesetz erhoben.

(Beifall bei der CDU)

Kolleginnen und Kollegen, ich rufe Tagesordnungspunkt 46 auf:

Antrag der Landesregierung betreffend Vierte Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan Hessen 2000 – Drucks. 19/6651 –

zusammen mit Tagesordnungspunkt 51:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend Ultranet: Schutz der Menschen sicherstellen, Landesentwicklungsplan ernst nehmen – Drucks. 19/6672 –

mit Tagesordnungspunkt 82:

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Landesregierung muss Kritik an Ultranet ernst nehmen – Drucks. 19/6710 –

sowie mit Tagesordnungspunkt 83:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Planung und Bau der Gleichstromtrasse Ultranet als Chance zur Verschwenkung der Bestandstrasse nutzen – Drucks. 19/6712 –

Das Wort hat Staatsminister Al-Wazir.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bringe jetzt die Plankarte zum Landesentwicklungsplan ein. Ich sage ausdrücklich dazu, dass ich danach aufhöre und dass dann erst einmal Herr Lenders seinen Antrag einbringen kann. Ich glaube, das ist die einzig vernünftige Reihenfolge, wie man diese beiden Punkte zusammenbringt.

Plankarte Landesentwicklungsplan. Im Rahmen der ersten Offenlegung zur dritten Änderung des LEP wurden die Planunterlagen allen Mitgliedern des Landtags zugeleitet. Diesen Unterlagen war auch der Entwurf der Plankarte beigefügt. Die Drucks. 19/6158 neu – dritte Änderung des LEP Hessen 2000 –, der der Landtag am 21. Juni zugestimmt hat, dokumentiert in der sogenannten Zusammenfassenden Erklärung die wesentlichen im Rahmen der Anhörung und Offenlegung eingegangenen Argumente. Die Zusammenfassende Erklärung zeigt zudem auf, welche Änderungen nach Abwägung aller eingegangenen Stellungnahmen am Plantext und an der Plankarte vorgenommen worden sind. Durch ein Versehen enthält sie diese aktualisierte, redaktionell überarbeitete Plankarte aber nicht. Um rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen, bitte ich Sie, heute noch formal der Plankarte als Bestandteil der dritten Änderung des LEP 2000 zuzustimmen. Formal ist das dann die vierte Änderung des LEP 2000. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Müller, FDPFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ehrlich gesagt, freut es mich, dass die Landesregierung vergessen hat, die Karte dem Landesentwicklungsplan beizufügen. Das ist zwar eher unangenehm für die Landesregierung, gibt uns aber die Gelegenheit, ein eng mit dem Thema verbundenes Anliegen noch einmal anzusprechen.

Auf der Karte zum Landesentwicklungsplan ist auch die Trasse zu Ultranet eingezeichnet. Man sieht dort sehr genau, wie eng und dicht die Trasse an der Wohnbebauung vorbeiführt. Das beschäftigt natürlich die Menschen, die davon betroffen sind, und zwar zu Recht.

Es gibt in Deutschland vier große Höchstspannungsleitungen, die sich in Planung bzw. im Bau befinden. Davon sollen drei in Erdverkabelung gebaut werden – dafür haben sich die Landesregierungen eingesetzt. Wir erinnern uns alle an den Widerstand, der aus Bayern gekommen ist. Das war in Hessen nicht der Fall. Hier soll deshalb die Leitung als Freileitung errichtet werden. Das sind die aktuellen Pläne. Es wird immer nur argumentiert: Wir brauchen Ultranet. – Das mag sein. Sie argumentieren mit erneuerbaren Energien. Ich sage ganz klar: Da wird Kohlestrom aus dem Ruhrgebiet nach Philippsburg transportiert.

Die Frage ist: Wie helfen wir den Menschen, die von dieser freien Leitung betroffen sind? Es geht auch um den Schutz der Bevölkerung. Der ist von den Auswirkungen der Stromtrassen schon betroffen. Gerade in Hessen ist das von besonderer Bedeutung, weil wir hier eine Hybridleitung haben. Hier wird auf eine vorhandene Wechselstromtrasse auch noch Gleichstrom aufgesetzt. Die Auswirkungen davon sind nicht bekannt. Auch das Bundesamt für Strahlenschutz kennt die Auswirkungen nicht, die das für die Menschen hat. Das sagt es auch. – Meine Damen und Herren, trotzdem soll es so geplant werden.

Man hört dann immer wieder, dass es um Bündelungswirkung gehe. Aber wenn auf der einen Seite die Bündelungswirkung und auf der anderen Seite der Schutz der Gesundheit der Menschen steht, dann ist doch klar, wie ich mich entscheide. Ich hoffe, dass auch für alle hier im Hause klar ist, wie man sich da entscheiden sollte.

(Beifall bei der FDP)

Ganz entscheidend ist auch die Regelung im Landesentwicklungsplan. Dort ist unter Punkt 5.3.4 als Ziel festgelegt – wir wissen alle, was ein Ziel bedeutet; davon kann nicht mehr abgewichen werden –, dass Höchstspannungsfreileitungen mit 400 m Abstand zur Wohnbebauung geplant werden müssen.

Aber, meine Damen und Herren, warum gilt das nicht für Ultranet? Für Ultranet muss das ja wohl auch gelten. Wenn es um den Schutz der Bürgerinnen und Bürger geht, kann da keine Ausnahme gemacht werden.

(Beifall bei der FDP)

Dann wird argumentiert, es werde im Bestand gebaut, was mitnichten der Fall ist. Das zeigt sich allein schon daran, dass im Moment ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt wird und dass die Bundesfachplanung läuft. Wenn aber der Landesentwicklungsplan gilt – und er gilt –, dann muss man sich doch dafür einsetzen, dass er umgesetzt und eingehalten wird. Aber bis jetzt habe ich da noch von keiner Aktivität der Landesregierung gehört.

Herr Al-Wazir wurde im „Morgenmagazin“ zu diesem Thema befragt. Er hat kein Wort dazu gesagt. Er hat immer nur gesagt: Ja, wir brauchen die Leitung. Ja, es gibt Widerstände; aber wir müssen mit den Menschen reden. – Kümmern Sie sich darum, dass die Widerstände abgebaut werden und dass die Regelungen eingehalten werden.

(Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das haben wir doch!)

Ich höre noch nichts davon. Wenn ich als Abgeordneter schon nichts davon höre und die Menschen vor Ort nichts davon hören, dann bekommt es nämlich keiner mit. Dann wird sich auch nichts ändern, Frau Dorn. Das ist doch das Problem.

(Beifall bei der FDP)

Die Bayern haben das nicht über irgendwelche Gespräche gemacht, sondern indem sie öffentlich deutlich gemacht haben, dass es einen Haufen Ärger gibt, wenn das nicht funktionieren wird. Davon bekomme ich hier in Hessen überhaupt nichts mit, außer dass es heißt: Wir brauchen die Leitung. – Das reicht nicht aus, wenn Sie etwas verändern wollen.

Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass der Landesentwicklungsplan ein Placebo ist. Man hat es einmal hineingeschrieben, und man hofft, es sieht keiner. Herr Kaufmann würde sagen: weiße Salbe. Hauptsache, es ist zur Beruhigung aufgeschrieben, und sonst passiert nichts.

Fangen Sie endlich an, sich dafür einzusetzen, dass sich an dieser Trassenführung etwas ändert, dass es eine Erdverkabelung gibt, dass es kleinräumige Trassenverschwenkungen gibt. All diese Punkte sind von den Bürgerinitiativen, von den Städten und Gemeinden und von den Landkreisen vor Ort aufgeschrieben und benannt worden. Tun Sie endlich etwas, werden Sie tätig, und setzen Sie sich dafür ein, dass das dann auch öffentlich bekannt wird und dass der Bundesnetzagentur Druck gemacht wird.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir haben jetzt einige Anträge vorliegen. Wir sind in unserem Antrag extra nicht auf alle Punkte eingegangen, sondern haben uns auf das konzentriert, worauf wir hier im Landtag Einfluss haben. Es gibt Diskussionen über eine linksrheinische Alternativtrasse. Es gibt aber auch erhebliche Zweifel, ob das ganze Projekt, so wie es ist, überhaupt rechtmäßig ist. So ist z. B. altes Kartenmaterial verwendet worden. Die Theißtalschule in Niedernhausen ist gar nicht in dem Kartenmaterial enthalten. Ich will Ihnen nicht sagen, was es bedeutet, wenn eine Schule in diesem Bereich liegt; über die Auswirkungen müsste man sich im Klaren sein. Mit alldem hat sich seitens der Landesregierung meiner Kenntnis nach bis jetzt niemand wirklich intensiv beschäftigt.

Wenn das die Landesregierung schon nicht tut, dann ist es wenigstens Zeit, dass der Hessische Landtag dies tut und sich heute klar positioniert. Wir haben einen entsprechenden Antrag eingebracht. Ich freue mich, dass auch die anderen Fraktionen tätig geworden sind und das Thema anscheinend auch noch irgendwie mitbekommen haben, auch wenn es kurz von knapp war und der Antrag vor – so glaube ich – etwa einer Stunde irgendwann eingegangen ist. Anscheinend gab es da ein paar Abstimmungsschwierigkeiten.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen bitte ich Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu, machen Sie der Bundesnetzagentur und Amprion Dampf, damit dort etwas passiert und damit die Menschen vor Ort entsprechende Linderung erfahren und die Lösungen gefunden werden. – Vielen Dank.

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Frau Kollegin Dorn für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt über die Stromtrasse Ultranet, und allein am Verlauf dieser Trasse kann man schon eine Menge erklären. Die Trasse beginnt an einer Umspannanlage in Osterath. Das ist in Nordrhein-Westfalen. Von dort kommt aber eine Trasse von Emden aus der Nordsee an. Das heißt, hier soll viel Windstrom transportiert werden. Sie läuft dann nach Philippsburg.

Philippsburg kennen Sie alle wegen des Atomkraftwerks. Manchmal vergisst man ja: Wir haben den Atomausstieg zwar erreicht, aber es laufen noch viele Atomkraftwerke. In Philippsburg läuft noch ein Atomkraftwerk. 2019 soll es auslaufen.

Genau dieser Verlauf der Trasse zeigt, warum wir den Netzausbau brauchen. Ich finde es sehr schade, dass mittlerweile die SPD an dieser Stelle immer mehr einknickt – zuerst bei SuedLink, jetzt auch bei Ultranet. Denn wenn wir die Energiewende zum Erfolg bringen wollen und wenn wir es schaffen wollen, dass wirklich alle Atomkraftwerke auch rechtzeitig vom Netz gehen, dann muss man auch zu den Punkten stehen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von der LINKEN, die dazugehören und für die ein bisschen schwieriger zu argumentieren ist, und das ist der Netzausbau.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf von der SPD)

Ich erinnere einmal alle hier im Saal an die Tage nach Fukushima. Wir als GRÜNE hätten das Unglück in Fukushima nicht gebraucht, um aus der Atomenergie auszusteigen, DIE LINKE auch nicht und die SPD auch nicht. Aber CDU und FDP haben dieses Unglück erst gebraucht. Ich kann mich noch sehr genau erinnern: Die FDP konnte gar nicht schnell genug aussteigen. Sie wollten unbedingt die Ersten mit der Presseerklärung sein. Dann kam der Energiegipfel. Da haben wir uns alle gemeinsam – damals auch die FDP – auf gemeinsame Ziele verständigt. Wer hat damals die Arbeitsgruppe für den Netzausbau geleitet? – Florian Rentsch, der damalige Wirtschaftsminister, hat diese Arbeitsgruppe geleitet.

Und welcher Grundsatz galt denn ganz zuoberst, liebe Kollegen der FDP, um was es beim Netzausbau geht? – Das ist das Prinzip NOVA – Netzoptimierung vor -verstärkung vor -ausbau.

Genau das passiert jetzt auch hier. Bei Ultranet gibt es nämlich eine Bestands-Wechselstromtrasse. Darauf soll jetzt entsprechend Ultranet geführt werden. Dieses Prinzip der Bundesregierung unterstützen wir. Nach diesem Prinzip macht die Bundesnetzagentur ihre Pläne.