Noch einmal: Wir halten eine derartige Trassenplanung grundsätzlich nicht für sinnvoll, weil sich das Stromnetz an der Art der Erzeugung von Energie orientieren muss. Deswegen gehen wir gerne mit Ihnen auf jedes Podium und argumentieren gemeinsam für den Ausbau der Windenergie. Von diesem Trassenprojekt sind wir aber nicht überzeugt, und das bleibt auch so.
Deshalb ist es das Problem, dass das Ultranet-Projekt so ein bisschen sinnbildlich ist auch für die Änderungen des Landesentwicklungsplans. Statt einer mutigen Vision für die Zukunft wird mit schlechten Krücken und Pflastern mühsam der Status quo erhalten. Deshalb ist der Landesentwicklungsplan einfach nicht zeitgemäß, und er wird auch durch die letzten Änderungen nicht besser. Es ändert auch nichts, wenn man das Ganze auf eine Landkarte zeichnet. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich habe ich gedacht, das ist der letzte Tagesordnungspunkt nach drei vergleichsweise anstrengenden Tagen, da streiten wir uns nicht mehr. Jetzt muss ich aber doch noch ein bisschen ausholen, weil manche Sachen nicht gehen, Herr Weiß.
Ich werde gleich noch etwas zu Ultranet sagen. Sie stellen sich hierhin und sagen, wir hätten die Abstandsregeln zu den Stromtrassen in den Landesentwicklungsplan aufgenommen, weil wir eine geheime, versteckte Agenda hätten, um Siedlungsflächen zu verhindern. Hierzu darf ich Ihnen etwas aus der Drucks. 19/967 vorlesen. Das war ein Antrag, den die SPD-Fraktion zu Beginn der Legislaturperiode eingebracht hat:
Die Landesregierung wird aufgefordert, umgehend den Landesentwicklungsplan dahin gehend zu ändern, dass, analog zu Niedersachsen, eine landesplanungsrechtliche Festlegung hinsichtlich der Mindestabstände von Stromtrassen zu Wohnhäusern und Wohngebieten getroffen wird.
In den Landesentwicklungsplan Hessen ist daher umgehend eine mit der Verordnung über das Landesraumordnungsprogramm Niedersachsen vergleichbare Regelung aufzunehmen. Dort heißt es unter Punkt 4.2.7 Satz 6 ff.: „Trassen für neu zu errichtende Hochspannungsfreileitungen sind so zu planen, dass die Hochspannungsfreileitungen einen Abstand von mindestens 400 m zu Wohngebieten einhalten können.“
Jetzt passen Sie einmal auf. Es wird noch viel doller. Das ist ein Antrag der Abg. Gremmels, Frankenberger, Barth, Eckert, Faeser, Grüger, Hofmeyer, Lotz, Müller, (Schwalmstadt) , Dr. Neuschäfer, Rudolph, Warnecke, Waschke und Weiß.
Wir haben diesen Antrag damals abgelehnt und gesagt, dass wir im Laufe dieser Legislaturperiode den Landesentwicklungsplan ändern und das aufnehmen werden. Genau das haben wir gemacht.
Herr Kollege Weiß, nicht das Land Hessen legt den Bedarf für den Stromnetzausbau fest. Vielmehr gibt es einen Bundesbedarfsplan. Ich erinnere Sie daran, dass dieser von der Großen Koalition in Berlin beschlossen worden ist. Teil davon ist doch die SPD, oder?
Ich will an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich sagen: Wir haben überall viele unterschiedliche Konflikte. Wenn wir am Ende der Tage aber zu unseren eigenen Zielen, zu dem, was wir selbst beantragt haben, nicht mehr stehen, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Politik im Ansehen der Bürgerinnen und Bürger sinkt.
Manchmal sieht man ja den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Warum machen wir das eigentlich? Ich habe doch keinen Spaß daran, zu sagen: Infrastrukturerfordernisse, ICE-Trasse im Main-Kinzig-Kreis, Ultranet im RheingauTaunus-Kreis oder in den betroffenen Kreisen insgesamt. Ich könnte auch von vielen Debatten erzählen, die wir über Windkraft im Vogelsberg führen. Warum machen wir das?
Wir machen das, weil sich das Land einmal gemeinsam auf den Weg der Energiewende begeben hat. Man kann darüber streiten, ob das alles notwendig ist. Aber wir müssen zunächst einmal festhalten, dass wir das alle gemeinsam beschlossen haben. Wir wollten die Atomkraftwerke abschalten. Danach müssen wir sukzessive auch die Kohlekraftwerke abschalten.
An dieser Stelle einmal generell zum Netzausbau: Wenn man ein System umbaut, bei dem es bisher 500 große Erzeuger gab, die regelmäßig produziert haben, und wenn man das erweitert auf 2 Millionen Erzeuger, die volatiler produzieren, dann ist es eigentlich logisch, dass man eine größere Vernetzung braucht, damit das System stabil bleibt. Das müsste zunächst einmal unstrittig sein.
Es ist auch klar, dass wir aus verschiedenen Gründen starke Industrien in Süddeutschland haben. Denken Sie beispielsweise an die BASF. Denken Sie an die großen Industrieblöcke in Baden-Württemberg oder in Bayern. Im Süden Deutschlands haben wir einen relativ hohen Verbrauch. An der Küste weht nun einmal der Wind mehr, auf See erst recht. Deshalb haben wir in Norddeutschland eine relativ große Windenergieerzeugung. Das ist Fakt.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Das müsste eigentlich erst einmal unstrittig sein. Wir bauen ja auch die erneuerbaren Energien in Hessen aus, damit wir nicht noch mehr Ausbaubedarf bei den Netzen haben. Wir haben aber jetzt schon 6 GW Offshorewindkraft. In den nächsten Jahren sollen noch 10 GW hinzukommen.
Im letzten Jahr haben wir 1,4 Milliarden € ausgegeben, bzw. die Netzbetreiber haben dieses Geld ausgegeben, und die Verbraucherinnen und Verbraucher haben das bezahlt, und zwar für sogenannte Redispatch-Maßnahmen. Das heißt, Windkraft abregeln im Norden, Ölkraftwerke hochfahren in Österreich, um das Netz irgendwie stabil zu machen, weil die Nord-Süd-Leitungen fehlen.
Diese 1,4 Milliarden € werden übrigens von den Gegnern der Energiewende immer benutzt, um die Energiewende zu diskreditieren. Deswegen ist das aus Sicht der FDP lo
An dieser Stelle will ich sagen, dass wir am Ende in einer Situation sind, in der wir uns entscheiden müssen, ob und wie wir das hinbekommen. – Das einmal generell.
Manche vergessen oft, dass wir noch sieben laufende Atomkraftwerke in Deutschland haben. Der Schwerpunkt liegt in Süddeutschland. Ein Atomkraftwerk steht übrigens in Philippsburg. Das ist der Endpunkt von Ultranet.
Deswegen sage ich an dieser Stelle sehr deutlich: Wir müssen die bestehenden Netze ertüchtigen mit Leiterseilen, mit Freileitungsmonitoring usw., weil die Gleichstromleitungen bis zum Jahr 2022 nicht fertig werden. Das wissen wir aufgrund der bisherigen Verzögerungen schon jetzt.
Ich möchte nicht – darauf kann ich Ihnen jetzt schon eine Wette anbieten –, dass im Jahr 2020 die CSU in Bayern, die nach allen Regeln der Kunst den Netzausbau verzögert hat, sagt: Jetzt müssen die Atomkraftwerke länger laufen, weil wir keinen Strom haben. – Das müssen Sie ebenfalls mit bedenken. Schließlich haben wir uns einmal gemeinsam auf den Weg hin zur Energiewende gemacht.
Wir entscheiden nicht über den Trassenverlauf bei Ultranet. Das macht die Bundesnetzagentur. Das machen die Vorhabenträger, das machen also Amprion und TransnetBW. Wir sind aber in dem Sinne beteiligt, dass wir Stellung genommen haben. Ich persönlich bin überzeugt davon, dass wir diese Leitung brauchen. Den Bedarf muss man im Verfahren aber noch einmal nachweisen. Wenn der Vorhabenträger den Bedarf nicht nachweisen kann, wird jeder gewinnen, der dagegen klagt. Das ist Teil des Verfahrens.
Deswegen sage ich an dieser Stelle sehr deutlich: Wir haben Stellung genommen. Und wir sehen an diesem Punkt eine Chance auch für die Region.
Egal wie Sie Netze ausbauen, Sie haben immer ein Problem. Als Freileitungen geplant wurden, als SuedLink noch als Freileitung geplant war – die Nordhessen und auch die Osthessen erinnern sich –, was war da nur los? Stichwort: Monstertrassen. Freileitungen treffen also auf Widerstand.
Dann kam die Erdverkabelung ins Spiel. Ich empfehle Ihnen einen Blick in Richtung Projekt SuedOstLink. In der Magdeburger Börde gibt es zahlreiche Gemeinden, die nun auf einer Freileitung bestehen, weil sie sagen, dass die Erdverkabelung schlecht für die Struktur des Bodens sei. Der Bauernverband ist total dagegen. Also auch Erdverkabelung ist nicht ohne.
Übrigens: Bei Erdverkabelungen wird nach ganz anderen Kriterien gesucht, wo man das macht, als bei Freileitungen. Deshalb sind wir jetzt von SuedLink – der ursprünglichen Vorzugstrasse – nicht mehr betroffen, weil die Trasse, geologisch gesehen, besser durch Thüringen gebaut wird. Aber noch einmal: Da wird nach ganz anderen Kriterien gesucht und ausgewählt.
Viele haben dann gedacht, eine Hybridleitung wäre an dieser Stelle gut; denn man muss weder in die Bodenstruktur eingreifen noch irgendwo neue Freileitung durch die Landschaft schlagen. Inzwischen haben wir auch an der Stelle eine Diskussion.
Ich sage Ihnen hierzu – das ist der Punkt, zu dem wir uns geäußert haben –: Wir haben die Bundesnetzagentur aufge
fordert, im Verfahren einen möglichst breiten Korridor zu wählen, damit wir die Möglichkeit haben, zu verschwenken. Die zurzeit bestehende Hochspannungsleitung, die 380-kV-Leitung, wurde vor Ewigkeiten von der Preußen Elektra gebaut.
Zur Wahrheit gehört auch – Stichwort: Abstandsregeln –, dass sich die Wohnbebauung an die Trasse „herangerobbt“ hat.
Wir sehen jetzt eine riesige Chance. Wenn wir die Gleichstromleitung auf der Wechselstromleitung mitführen, dann haben wir die Chance, die Wechselstromleitung von der Wohnbebauung abzurücken. Diese Chance haben wir aber nur dann, wenn es eine Hybridleitung wird. Wenn man sich mit der Forderung nach einer Erdverkabelung durchsetzt, dann wird nach völlig anderen Kriterien gesucht. Dann bleibt die Wechselstromleitung dort, wo sie ist. Das muss jeder wissen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in unserer Stellungnahme wird die Bundesnetzagentur außerdem aufgefordert, auf die Bedenken einzugehen und alle Möglichkeiten zu nutzen, von der Trasse abzurücken. Ich bitte an dieser Stelle darum, dass wir ernsthaft miteinander diskutieren, dass wir die Bedenken der Bevölkerung ernst nehmen, dass wir am Ende aber genau überlegen. Wenn man nämlich bestimmte Sachen fordert und die auch bekommt, passieren möglicherweise andere Dinge, die man gar nicht wollte. Deshalb gilt in allen Punkten und stets: Bedenke das Ende.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Al-Wazir, Sie scheuen doch sonst die Öffentlichkeit nicht. Das kann man Ihnen wirklich nicht vorwerfen. Aber warum kennt kein Mensch im Hause diese Stellungnahme – abgesehen vielleicht von den Regierungsfraktionen, aber zumindest niemand von der Opposition? Warum haben Sie zu dieser Stellungnahme nicht eine Pressemeldung herausgegeben oder eine Pressekonferenz einberufen und verlautbaren lassen, was Sie fordern?
Das hätten Sie machen können, um ein bisschen Druck auf die Bundesnetzagentur und auf die Bundesregierung aufzubauen, etwas im Interesse der Anwohnerinnen und Anwohner zu ändern. Nichts haben wir davon gehört. Wir kennen die Stellungnahme bis heute nicht. Vor eineinhalb Stunden haben wir einen Antrag vorgelegt bekommen, in dem steht, wir sollen diese Stellungnahme begrüßen. Wir kennen die Stellungnahme gar nicht, Herr Al-Wazir. Sie handeln überheblich.
Obwohl ich Ihre Herangehensweise durchaus teile: Man muss sich sehr genau überlegen, was man fordert. Aber man muss es mit Druck machen. Die bayerische Landesregierung hat sich schon vor zwei oder drei Jahren gegen eine Freileitung starkgemacht. In Bayern ist die Planung von Erdverkabelungen mittlerweile längst auf dem Weg. Wir sind gerade erst dabei, das zu tun. Wo haben Sie sich so lange versteckt? Was ist denn passiert? Wir werfen Ihnen vor, dass Sie erst jetzt kommen und sagen: Wir wollen beides, eine Hybridleitung und verschwenken.