Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren, liebe Frauen! Ich möchte gleich auf das Zitat von Kästner mit einem Zitat von Hesse antworten:
Ich glaube, das ist genau der Punkt. Der Ton, in dem Sie hier über Kommunalpolitik reden, verwundert schon sehr.
Es scheint so zu sein, dass Sie sich in lähmender Gewöhnung befinden, nämlich der lähmenden Gewöhnung in der Opposition, der einfach nichts mehr einfällt, die keine neuen Konzepte hat.
Sie benutzen eine Sprache – das muss man sich einmal vorstellen: Sie sagen, die Kommunalaufsicht würde den Kommunen auf den Hals gehetzt. Was ist das für ein Bild, das Sie da beschreiben?
Schauen wir uns doch einmal einen Kreis an, in dem die Kommunalaufsicht für die Gemeinden ist. Da sitzen mehrere Mitarbeiter – den Bürgermeistern und Gemeinden sehr persönlich bekannt –,
die in einer sehr kollegialen Art und Weise zusammenarbeiten. Hunde auf den Hals hetzen? – Davon kann wohl überhaupt keine Rede sein.
Herr van Ooyen, Sie sagten, wir hätten einmal gesagt, wir brauchten eine grundlegende Reform der Finanzen. Das ist richtig. Frau Enslin, meine Kollegin von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, hat einmal gesagt, dass die Gemeinden chronisch unterfinanziert seien. Auch das ist richtig, auch
das bleibt richtig. Aber die Frage ist doch, wie wir damit umgehen. Als damals der Schutzschirm kam, waren wir sehr kritisch. Ich war damals Kommunalpolitikerin, viele von uns auch.
Ich bin es noch. – Die Landtagsfraktion war damals in der Opposition. Also haben wir das sehr kritisch betrachtet. Wir haben gesagt: Was macht das Land da? – Auch misstrauisch, klar, vor allem: Das Land will dafür etwas von uns in der Kommune bekommen.
Mein Kreis, wo ich im Parlament sitze, ist auch ein Schutzschirmkreis. Wir haben uns das einmal genauer angeschaut. Heute akzeptiere ich, dass das ein richtiger Schritt war, auch deshalb, weil das nicht der einzige Schritt war. Denn begleitend in dieser Zeit, 2012, gab es die Konjunkturpakete von Bund und Land Hessen.
Das ist ganz wesentlich dafür. Es ging nicht nur darum, die Kommunen zu entschulden, sie von ihren über längere Zeit angehäuften Schulden zu befreien, sondern es ging auch darum, die dringend notwendigen Investitionen zu machen. Dabei haben Land und Bund geholfen – ein ganz wesentlicher Faktor.
Gerade für die Kreise war es so wichtig. Es gibt in vielen anderen Bundesländern auch solche Entschuldungshilfen für die Kommunen. Aber ganz wichtig war in Hessen, dass auch die Kreise an dem Programm teilnehmen konnten. Dadurch, dass sie außer der Jagdsteuer keine eigenen Steuern erheben können und die Grenzen der Kreisumlage einfach schon erreicht waren, ist es gerade für die Kreise ganz wichtig. Auf der anderen Seite war der Investitionsbedarf besonders in Schulen groß. Das war zusammen mit dem Konjunkturpaket genau der richtige Schritt.
Der Kollege von der CDU hat schon die Zahlen festgestellt. Das will ich jetzt nicht wiederholen. Die Ergebnisse sind sehr gut. Die Kommunen, die an dem Programm teilgenommen haben, haben noch deutlich größere Einsparungen erzielt, als mit ihnen ursprünglich vereinbart war. Punkt – das ist so.
Jetzt kommen wir zur generellen Lage in den Kommunen und zu den Kommunalfinanzen. Wir arbeiten an der Reform des Kommunalen Finanzausgleichs. Das ist für mich der wesentliche Punkt. Es ist nicht so, dass wir GRÜNE hier stehen und sagen: Haha, jetzt sind wir mit in der Regierung, jetzt machen wir einmal alles anders.
Unsere grundlegende Überzeugung, dass nämlich die Kommunen eine bedarfsgerechte Finanzausstattung brauchen, ist absolut geblieben. Aber wir sind jetzt mit der CDU in einer Regierungskoalition, und wir können das umsetzen. Das ist das Schöne dabei. Ich glaube, das ist gleichzeitig Ihr Problem.
Liebe Kollegen, es ist ein harter Knochen, an dem Sie zu kauen haben. Aber es tut mir leid, das muss dann wohl so bleiben.
Zur FDP möchte ich sagen, auch Ihre Sprache verwundert: Peitsche auspacken. – Das muss man sich vorstellen: Die Kommunalaufsicht hetzt die Hunde, und die Landesregierung packt die Peitsche aus. Wo sind wir hier eigentlich?
Bei der FDP kann nun von lähmender Gewöhnung an die Opposition keine Rede sein. Sie fremdelt eher noch mit dieser Rolle. Deshalb glaube ich, das haben wir der Tatsache zu verdanken, dass sie im Wesentlichen den Antrag der Regierungskoalition abgeschrieben und darunter noch einen kritischen Satz gesetzt hat. Nun, da kann man nur sagen: Es sei ihnen gegönnt.
Wir sind insgesamt auf einem guten und auf einem richtigen Weg. Der Kommunale Schutzschirm war zusammen mit den Konjunkturpaketen sehr, sehr wichtig und entscheidend, um die Kommunen voranzubringen. Der nächste Schritt ist die neue Reform des Kommunalen Finanzausgleichs. Das werden wir erfolgreich und in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen hinbekommen. Ich freue mich schon darauf.
Ich wollte gerade sagen, es ist von Frau Kollegin Alex, wenn ich das richtig sehe. Ich zitiere es jetzt nicht, weil es von meiner Redezeit abgeht. Das ist dann auch schlecht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin! Wir diskutieren in der Tat das zweite Mal innerhalb dieser Plenarwoche über die Frage der kommunalen Finanzen
mit unterschiedlichen Blickwinkeln. Aber ich glaube, wenn man sich auf die Frage des Kommunalen Schutzschirms konzentriert, sich einmal in die Erwartungs- und Diskussionslage zurückversetzt, als wir im parlamentarischen Bereich diese Institution diskutiert haben – ich bin Frau Kollegin Goldbach sehr dankbar, die damalige Gemütslage auch der kommunalen Familie bei der Betrachtung des geplanten Instruments noch einmal betont zu haben –, mit welcher Verve der eine oder andere Kollege aus dem Hessischen Landtag durchs Land gezogen ist und versucht hat, Kommunen davon zu überzeugen, das Angebot nicht anzunehmen: Welchen Erfolg hat das gehabt?
Immerhin, bei sechs von 106 Kommunen ist es durchgeschlagen. Alle anderen 100 Kommunen haben das Angebot
dass der Versuch mit einer Kombination aus klaren strukturellen Vorgaben einer Verabredung – wer fast 50 % seiner Verbindlichkeiten abgenommen und sie auf einen Fonds des Landes übertragen bekommt, muss wiederum in eigener Verantwortung entscheiden, wie er im Gegenzug ein Konzept verabschiedet – im Laufe dieses Jahrzehnts zur strukturellen Null bei den Defiziten führen wird.
Das war natürlich immer eine Diskussion auch von Instrumenten. Es ist nicht so gewesen, dass Instrumente der Kommunalaufsicht bei diesen Diskussionen gar keine Rolle gespielt haben. Die Rahmenbedingungen waren immer klar. Insofern ist das, was jetzt als Herbsterlass auf dem Tisch liegt, auf genau der gleichen Linie dessen, was wir beim Kommunalen Schutzschirm verabredet haben.
Wenn Sie auch einmal anschauen, welche Kommunen am Ende von dem Angebot Gebrauch gemacht haben, respektive an welche sich das Angebot gerichtet hat, weil sie einen bestimmten Kennzahlenset von Defizitkriterien erfüllt haben, dann werden Sie feststellen, dass es nicht ausschließlich Kommunen waren, die eine strukturelle Finanzschwäche aufweisen. Das wäre Voraussetzung für die hier vertretene These, dass es den Kommunen so schlecht ginge, dass wir ihnen mit dem Schutzschirm helfen mussten, sei ausschließlich Bund, Land, Europa oder wem auch immer zu verdanken, weil man den Kommunen zu wenig Geld gebe.
Diese These hält einer empirischen Überprüfung nicht stand, denn sonst wären es nur die Armen-Schlucker-Kommunen gewesen, die die Kriterien für den Schutzschirm erfüllt hätten. Wenn man genau hinschaut, hätten wir, wenn wir das nicht ausgeschlossen haben, unter den Kriterien sogar vier Kommunen gehabt, die abundant sind, d. h. weit überdurchschnittliche Steuereinnahmen haben.
Unter denen mit den höchsten Pro-Kopf-Verschuldungen waren überproportional Kommunen mit sehr hoher Einnahmebasis. Das heißt doch in der Konsequenz, dass die gern vertretene These, den Kommunen in Summe gehe es schlecht, jedenfalls einer differenzierten Betrachtung nicht standhält.