Protokoll der Sitzung vom 25.09.2014

(Clemens Reif (CDU): Waren Sie da?)

Natürlich war ich da. Deshalb weiß ich auch, dass es stark geregnet hat.

Herr Al-Wazir, ich will Ihnen deutlich machen: Es ist wichtig, gerade beim Thema Energiewende mit den Bürgern im Dialog zu stehen. Herr Al-Wazir, Sie und viele in diesem Raum, die jetzt den Kopf schütteln und sich aufregen, haben immer wieder gesagt: Wir können die Energiewende nicht gegen die Bürger machen. Wir müssen die Bürger mitnehmen. Wir müssen die Bürger ernst nehmen.

Wenn es Ihnen nicht passt, dann ducken Sie sich weg. Dann verschwinden Sie von der Bildfläche und stellen sich nicht dem Konflikt.

Herr Al-Wazir, Sie sind jetzt nicht mehr der Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie sind jetzt Minister des Landes Hessen. Sie sind Minister aller Hessen, auch für die Hessen, deren Meinung Sie vielleicht nicht teilen und die auch nicht Ihre Meinung teilen. Sie haben sich auch um die Leute zu kümmern, die sich kritisch mit Ihrer Politik auseinandersetzen. Herr Al-Wazir, Sie müssen zu denen hingehen und sich daran messen lassen.

(Beifall bei der FDP)

Den Ministertitel nur beim Namen zu haben, reicht nicht. Man muss auch Minister sein. Man muss die Größe haben, sich Konflikten zu stellen. Die haben Sie nicht. Das kritisiere ich.

Ich hoffe, dass Sie mich nicht zwingen, noch mehr Aktuelle Stunden zu diesem Thema zu machen.

(Zuruf von der CDU: Aber gerne!)

Herr Al-Wazir, denn das würde deutlich machen, dass Sie hier, im Parlament, weit weg von den Bürgern unter dem Beifall Ihrer neuen Freunde von der CDU die großen Reden schwingen. Sie müssen aber auch die Kraft und die Stärke haben, zu den Bürgern zu gehen. Sie müssen sich den Bürgern und deren Kritik stellen. Denn das ist es, was einen Minister auszeichnet. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Als Nächster hat Herr Abg. Wagner, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der gestrigen Debatte hatten wir Angelina Jolie und Brad Pitt – heute müssen wir uns mit dem hessischen Don Quijote und seinem Kampf gegen Windmühlen begnügen. Welch ein Abstieg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der LINKEN – René Rock (FDP): Das spricht für Sie! Machen Sie nur so weiter!)

Herr Kollege Rock, die FDP hat beim Thema Windkraft offenkundig ein Trauma. Ich kann es auch gut verstehen, dass die FDP da ein Trauma hat.

(René Rock (FDP): Das spricht für Sie!)

Zum dritten Mal in dieser noch kurzen Legislaturperiode machen Sie das Thema Windkraft zum Gegenstand eines Setzpunktes oder einer Aktuellen Stunde. Bei diesem Thema scheinen Sie ein Trauma zu haben – und auch völlig zu Recht. Denn, Herr Kollege Rock, sämtliche grundsätzlichen Beschlüsse zum Ausbau der Windkraft in Hessen tragen die Unterschrift der FDP.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der LINKEN)

Der Ausbau der Windkraft in Hessen findet auf der Grundlage des Landesentwicklungsplans und der entsprechenden Änderung des Landesentwicklungsplans statt. Herr Kollege Rock, diese Änderung trägt die Unterschrift von Florian Rentsch, Mitglied der FDP und damals Wirtschaftsminister. Bei diesem Thema haben Sie ein Trauma.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Rock zu?

Bei einer Redezeit von fünf Minuten nicht.

(René Rock (FDP): Wie mutig!)

Herr Kollege Rock, die Wahrheit ist doch: Die hessische FDP hat sich um den Ausbau der Windkraft in Hessen verdient gemacht. Eigentlich müssten Windparks in Hessen den Namen „Florian Rentsch“ tragen. Meine Damen und Herren, das ist die Wahrheit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe der Abg. Janine Wissler und Her- mann Schaus (DIE LINKE))

Da das Gedächtnis der FDP so kurz ist, möchte ich es Ihnen vorlesen. Herr Kollege Rock, im Abschlussbericht des Energiegipfels, einberufen von Ministerpräsident Bouffier, 10. November 2011 – für die FDP vielleicht ein langer Zeitraum, für normale Menschen nicht –, steht unter der Überschrift „Windkraft“:

Der Energiegipfel kommt überein, dass ein großer Anteil an der zukünftigen Energiegewinnung durch Windenergie erfolgt.

Unterschrift darunter: Florian Rentsch. – Dann heißt es weiter:

Der Energiegipfel empfiehlt regionalplanerische Berücksichtigung in der Größenordnung von 2 % der Landesfläche.

Unterschrift: Florian Rentsch. – Herr Kollege Rock, dann steht in diesem Dokument noch, auch zum Thema Windkraft: „eine entscheidende Rolle für die Nutzung der Windkraft in Waldgebieten in Hessen“. Unterschrift: Florian Rentsch.

(Clemens Reif (CDU): Was nun, Herr Rock? – René Rock (FDP): Lesen Sie doch einmal den ganzen Bericht!)

Jetzt können Sie sagen, da hat der frühere – und heute wieder – Fraktionsvorsitzende der FDP einfach nur einmal etwas dahingeplappert. Aber da war er ja auch in Regierungsverantwortung.

(René Rock (FDP): Genau!)

Herr Kollege Rock, und was lesen wir in der Änderung des Landesentwicklungsplans unter der Überschrift „Planungsanlass“, 27. Juni 2013?

Die tragischen Ereignisse im japanischen Fukushima haben den Wandel in der deutschen Energiepolitik beschleunigt. Dies erfordert unter anderem auch im erheblichen Maße und kurzfristig Investitionen in den Ausbau von Anlagen zur Nutzung der Windenergie.

Unterzeichnet: Wiesbaden, 27. Juni 2013, der Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung Florian Rentsch.

Herr Kollege Rock, das ist gerade einmal ein Jahr her.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Clemens Reif (CDU): Wo ist Florian Rentsch? – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Er macht eine Sitzblockade!)

Ich kann und will der FDP keine Ratschläge geben. Ich möchte Ihnen nur etwas aus der „FAZ“ vom 7. September dieses Jahres vorlesen. Unter der Überschrift „Kein Markt mehr für die Marktpartei“ heißt es:

Auch Allensbach-Chefin Renate Köcher findet, dem Angebot der Partei fehle seit Langem der nötige Ernst. „Die FDP hatte zu viel Frivolität in ihrer politischen Kommunikation“, sagte Köcher. „Sie führte oft Wahlkämpfe unter dem Niveau des eigenen Wählerpotenzials.“ … „Mit Jux-Plakaten bekommt man keine Stimmen, sondern weckt nur den Zweifel an der eigenen Ernsthaftigkeit. Politik ist ja kein Kabarett.“

Herr Rock, Sie haben eindrucksvoll belegt, wie recht Frau Köcher hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Clemens Reif (CDU)). Einmal mehr bewahrheitet sich, was die Bürger schon immer über die FDP gesagt haben: Nur die FDP dreht sich schneller als ein Windrad. (Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Danke schön. – Als Nächster spricht Kollege Schaus, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer hätte das gedacht? Nach vielen Jahrzehnten intensiver Arbeit in den Parlamenten und an der Cocktailfront entdeckt die FDP die Chancen und Möglichkeiten der außerparlamentarischen Bewegungen.

(Timon Gremmels (SPD): Sie übt schon einmal!)

Nicht, dass Sie jetzt etwas falsch verstehen: Das soll keine Anspielung auf das Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag oder aus zehn Landtagen sein. Nein, ich meine damit deren Entdeckung der Windkraftgegner als Protestbewegung gegen die Obrigkeit. Wer hätte je gedacht, dass die FDP einmal zu Demonstrationen aufrufen würde oder dass der ehrenwerte Minister a. D. Florian Rentsch von einem Lautsprecherwagen – der in Demonstrantenkreisen liebevoll „Lauti“ genannt wird – die Massen mobilisieren möchte?

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein Lautsprecher war er aber schon immer!)

Nicht wahr, Herr Rock, Sie dürfen das gar nicht zugeben? Das ist ein ganz neues Politikgefühl – so auf der Straße gegen die Windkraftmonster zu wettern.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Sprechen wir einmal darüber, dass die FDP dem grünen Energieminister vorwirft, eine Windparkeröffnung aus Sorge davor abgesagt zu haben, auf Proteste zu stoßen – während dieser sagt, er habe abgesagt, weil für diesen Park widerrechtlich zu viel Wald gerodet worden sei. Hier steht Aussage gegen Aussage, und an dieser Diskussion und an der Interpretation der wahren Bewegründe des Ministers wollen wir uns eigentlich gar nicht weiter beteiligen.

(René Rock (FDP): Das ist aber ganz neu!)