Protokoll der Sitzung vom 26.11.2014

Ich glaube, in dem Moment, in dem wir hier über Haushalte und über die Einhaltung der Schuldenbremse reden, ist es leicht für die Opposition, zu sagen: Hier und hier würden wir noch mehr Geld ausgeben. – Wer aber an jeder Stelle sagt, es ginge noch mehr, hat am Ende ein Umsetzungsproblem. Daher sollten Sie sich bei Ihren Versprechungen ein wenig zurückhalten.

(Zurufe von der SPD)

Wir halten unsere Versprechen, versprechen deswegen aber auch nicht mehr als das, was möglich ist. Dafür stehen wir zu unseren Versprechen. Die Leute im Land wissen, dass sie sich auf unsere Aussagen verlassen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Jörg- Uwe Hahn (FDP) – Zurufe von der SPD)

Wir loben das Ehrenamt also nicht nur in Reden, sondern stellen auch die entsprechenden Weichen, damit das Ehrenamt gefördert wird. Wir sorgen vor, damit auch in Zukunft viele junge Menschen Freude daran haben, sich ehrenamtlich zu engagieren, und damit sie auch in Zukunft mit Freude einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten können. Wir betreiben damit Vorsorge, sodass hessische Gemeinden nicht in die gleiche Situation geraten wie die Gemeinde Friedrichstadt in Schleswig-Holstein.

Vor diesem Hintergrund noch einmal herzlichen Glückwunsch zu 50 Jahren Jugendfeuerwehr in Hessen und vielen Dank für ihre Arbeit, auf dass wir noch viele dieser Jubiläen feiern können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön. – Als Nächster spricht Kollege Schaus, DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gehe gern zu Veranstaltungen der Feuerwehr – nicht, weil sie so schöne rote Autos hat,

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU: Oh!)

sondern weil es darum geht, ihr für die Arbeit zu danken, die sie tagtäglich leistet. In der Tat kann man dem Abs. 5 im vorliegenden Antrag nur zustimmen, in dem es heißt:

Der Landtag bedankt sich für die Tätigkeit der über 72.500 Freiwilligen, die ehrenamtlich in freiwilligen Feuerwehren ihren Dienst für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Hessen leisten. … Die freiwilligen Feuerwehren haben eine zentrale Bedeutung im Brand- und Katastrophenschutz in Hessen.

Ich möchte aus meiner Sicht deutlich machen: Ohne die vielen Tausend Freiwilligen, die bei Bränden, bei Sturmschäden, bei Überflutungen, bei Unfällen auf Straßen, an Flüssen, in Industrieanlagen und in Wäldern nicht nur bereitstehen, sondern oft lebensrettend wirken, wäre ein Brand- und Katastrophenschutz gar nicht zu leisten. Deshalb gebührt all jenen, die dafür viel Freizeit und Einsatzbereitschaft aufbringen, unser aller Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dennoch gibt es nicht nur Grund zu ungetrübter Freude. Das Ehrenamt muss immer umfangreichere Aufgaben wahrnehmen, während ihm immer weniger Menschen und immer weniger Mittel zur Verfügung stehen. Deshalb macht es mich ärgerlich, dass der vorliegende Jubelantrag von CDU und GRÜNEN über all diese Probleme einfach hinweggeht. Noch mehr stört mich das Abfeiern der Landesregierung als dem großen Gönner aller Ehrenamtlichen. Das ist sie nämlich mitnichten.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Herr Bellino, ich will auf folgende Probleme hinweisen: Es gibt durchaus große Schwierigkeiten im freiwilligen Brand- und Katastrophenschutz, Nachwuchs zu gewinnen, und – die Vorredner haben das angesprochen – noch größere Schwierigkeiten, junge Erwachsene im Freiwilligendienst zu halten.

(Zuruf des Abg. Ismail Tipi (CDU))

Alle Arbeitgeber erwarten heute, dass junge Erwachsene flexibel auf Jobangebote reagieren, dass sie im Beruf alles geben. Wir wissen, dass viele Arbeitgeber leider wenig Verständnis aufbringen, wenn ihre Arbeitnehmer für Freiwilligendienste in Weiterbildung gehen oder am Arbeitsplatz kurzfristig fehlen.

Das ist zwar gesetzlich verbrieft, doch jeder weiß, die Realität in den Betrieben ist eine andere. Wer seinem Arbeitgeber sagt: „Ich brauche ein paar Tage im Monat extra frei, weil ich jetzt im Kreistag sitze“, oder: „Ich brauche ein paar Tage im Jahr frei für Feuerwehrübungen und Fortbildungen“, weiß, dass dieser nicht begeistert darauf reagieren wird – um es vorsichtig zu sagen.

Die Auswege, die gesucht werden – nicht nur bei der Feuerwehr –, z. B. auch andere Zielgruppen, etwa Frauen, verstärkt anzuwerben, sind durchaus erfolgreich. Dass jetzt insbesondere auf Migrantinnen und Migranten zugegangen wird, ist grundsätzlich zu unterstützen. Die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren sind – leider, sage ich – immer noch weit überwiegend Deutsche.

Aber da Migrantinnen und Migrantinnen im Berufsleben bekanntermaßen oft noch schlechter gestellt sind, muss man das Problem an den Wurzeln packen. Das aber heißt grundsätzlich und für alle, dass neben dem Beruf mehr Zeit für die Familie und das Ehrenamt sein muss. Genau das fehlt in Ihrem Antrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Um die ehrenamtliche Tätigkeit zu stärken, wäre es deshalb nur konsequent, wenn sich die Landesregierung für eine erhebliche Reduzierung der Wochenarbeitszeit aller Arbeitnehmer einsetzen würde.

(Zurufe von der CDU – Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Am besten fangen Sie damit gleich bei den Landesbediensteten an; denn deren 42-Stunden-Woche verhindert ebenfalls mehr ehrenamtliches Engagement.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Noch eine Sache fehlt in Ihrem Antrag: Auch Feuerwehren sind ein Ziel rechter Seilschaften, die sich auch dort einzunisten versuchen, um einzelne Wehren zu verändern.

(Armin Schwarz (CDU): Zu welchem Thema reden Sie eigentlich? Das ist völlig neben der Spur! – Weitere Zurufe von der CDU)

Ja, ich weiß, das passt nicht zu Ihrer Jubelstimmung und zu Ihrem Jubelantrag. Aber, meine Damen und Herren, Sie müssen es sich anhören.

(Judith Lannert (CDU): Das ist peinlich! – Armin Schwarz (CDU): Unterirdisch! – Weitere Zurufe von der CDU – Glockenzeichen der Präsidentin)

Herr Klee, warten Sie es doch ab. – Ich bin deshalb sehr froh über das klare Zeichen, das die Delegiertenversammlung der Jugendfeuerwehren – –

(Fortgesetzte Zurufe von der CDU)

Sie können einfach nicht zuhören. Für Sie fange ich noch einmal an. – Ich bin deshalb sehr froh über das klare Zeichen, das die Delegiertenversammlung der Jugendfeuerwehren im September in Bad Homburg setzte, indem sie sich für individuelle Vielfalt und Wertschätzung ausgesprochen und den Vorsitzenden des Fachausschusses Integration einstimmig wiedergewählt hat, der als Initiator der Kampagne „Unsere Welt ist bunt“ genau das Richtige macht, um rechten Seilschaften in der Jugendfeuerwehr entgegenzuwirken.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, Sie müssen immer erst zuhören, und dann können Sie randalieren.

(Zurufe von der CDU)

Rassismus hat in Hessen keinen Platz, bei niemandem und nirgendwo, auch nicht in der Feuerwehr. Auch das muss hier ausgesprochen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Auf andere Ärgernisse im Brand- und Katastrophenschutz möchte ich nur kurz hinweisen. Da wäre die nicht funktionierende und zehn Jahre zu spät erfolgte Einführung des Digitalfunks zu nennen: ein Millionengrab an Steuergeldern. Das ist ein echtes Trauerspiel und für die Hessische Landesregierung wahrlich kein Ruhmesblatt – um es vorsichtig zu sagen.

(Armin Schwarz (CDU): Ihre Rede ist ein Trauerspiel!)

Ähnliches gilt für die nach wie vor unterschiedliche Behandlung und Finanzierung ehrenamtlicher Arbeit. Meine Damen und Herren, da messen Sie mit unterschiedlichen Maßstäben.

(Manfred Pentz (CDU): Wo leben Sie eigentlich?)

Der sogenannte freiwillige Polizeidienst ist im Grunde nur eine schlecht bezahlte Hilfspolizei. Andere Ehrenamtliche, auch bei den Feuerwehren, müssen ohne jegliche Aufwandsentschädigung für ihren Freiwilligendienst auskommen. Auf diese ungerechte unterschiedliche Behandlung haben übrigens zahlreiche Feuerwehrleute in der Vergangenheit immer wieder hingewiesen.

Meine Damen und Herren, es ist ein bedenklicher Trend, immer mehr staatliche Aufgaben auf Ehrenamtliche abwälzen zu wollen. An diesem Punkt finde ich Ihren Antrag sogar ärgerlich. Sie erwecken damit den Eindruck, als gäbe es im Brand- und Katastrophenschutz keinerlei Probleme.

(Manfred Pentz (CDU): Was trauen Sie den Menschen zu? Eigentlich gar nichts, gell?)

Sie vereinnahmen die Feuerwehren in einer unverschämten Art und Weise.

(Beifall bei der LINKEN)

In drei Absätzen dieses Antrags geht es um nichts anderes, als dass die Landesregierung die Feuerwehr üppig mit Geld ausgestattet hat.

(Holger Bellino (CDU): Peinliche Rede! – Weitere Zurufe von der CDU)

Erstens ist der Betrag nicht üppig, und zweitens – Herr Bellino – ist dies nicht das Geld der Landesregierung, sondern es ist das Geld, das der Landtag im Haushalt zur Verfügung stellt. Wir alle sind für das verantwortlich, was die Feuerwehren und andere erhalten. Sie sind nicht allein dafür verantwortlich, und deshalb können Sie es auch nicht für sich reklamieren. Das ist der Punkt.