Protokoll der Sitzung vom 25.03.2015

Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Metropolregion Rhein-Main, die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main ist ein Erfolgsmodell. Sie ist der kontinentale europäische Finanzplatz, sie ist die infrastrukturelle Drehscheibe sowohl bezüglich des Internets als auch bezüglich des Autoverkehrs – das Frankfurter Kreuz ist eines der größten Autobahnkreuze in Europa –, sie ist die Drehscheibe bezüglich des Schienen- und Flugverkehrs.

Das heißt, alles, was in Kontinentaleuropa und darüber hinaus verbunden werden kann, verbunden werden muss, kann über Frankfurt am Main, kann über diese Region verbunden werden. Frankfurt ist die vierte europäische Hauptstadt. Nach Brüssel, nach Straßburg, nach Luxemburg ist nunmehr Frankfurt zusammen mit der Rhein-Main-Region das vierte europäische Kraftzentrum: mit der Europäischen Zentralbank, mit der europäischen Bankenaufsicht, auch mit der Versicherungsaufsicht, der EIOPA, das wird häufig vergessen. Wenn Sie ein bisschen weiter südlich nach Darmstadt schauen, kann man sehen, sie ist auch eines der Technologiezentren der Europäischen Union, nicht nur – aber auch – im Raumfahrtsektor.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, deshalb wiederhole ich: Die Region Rhein-Main, die Region Frankfurt/Rhein-Main ist ein Erfolgsmodell. Deshalb bin ich ganz bei der Äußerung des Kollegen Boddenberg. Ich will sie nur etwas polemischer formulieren: Hände weg von großen Strukturreformen für diese Region. Das hat diese Region nicht nötig. Das behindert diese Region sogar.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich finde, man kann zu der Motivation dieses Antrags stehen, wie man will. Ich bin hinsichtlich der Einschätzung, warum dieser Antrag eingebracht wurde, sehr nahe bei

Mechthild Harting. Nur, liebe Freunde von den Sozialdemokraten, was hat eure Oberbürgermeister Herrn Feldmann und Herrn Schneider geritten, eine derartige öffentliche Äußerung zu machen? Was ist die Motivation dazu?

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Als Sohn eines Offenbachers freue ich mich zwar, dass die Offenbacher und die Frankfurter endlich einmal etwas zusammen machen. Das finde ich wirklich klasse.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Nur bin ich als Bad Vilbeler strikt dagegen, dass die Verschwisterung der ewig streitenden Offenbacher und Frankfurter auf Kosten der Region Rhein-Main geschehen soll.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Das ist doch die Motivation des Feldmann-Schneider-Papiers gewesen: Wir wollen jetzt bestimmen, was im Rest der Region passiert. – Nein, das kann man in dieser Region nicht machen, und das wird diese Region auch nicht mit sich machen lassen. Also Hände weg von diesen scheinbar großen Strukturänderungen. Lassen wir die Polyzentrik so, wie sie ist, und bauen wir sie aus.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin sehr dankbar, dass ein bisschen geschichtliche Aufklärungsarbeit von den Medien – insbesondere von Mechthild Harting, aber auch von anderen – geleistet worden ist, die festgestellt haben, dass wir im Jahr 2000 schon einmal einen entsprechenden Vorschlag des Hessischen Städteund Gemeindebundes zur Diskussion vorgelegt bekommen hatten. Ich muss gestehen, ich hatte es vergessen. Vielleicht hatte ich es auch verdrängt. In diesem Papier spricht sich der Städte- und Gemeindebund, ähnlich wie die zwei Oberbürgermeister Feldmann und Schneider, für insgesamt fünf Regionalkreise aus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein bisschen mein Vorwurf an den Antrag von CDU und GRÜNEN: Darin steht, die Rhein-Main-Region sei wichtig für Deutschland und Europa; da fehlt, sie ist wichtig für Hessen. Jetzt meint man, man könne Hessen in fünf Regionalkreise aufteilen, und einer der Regionalkreise solle die Region Rhein-Main sein.

(Zurufe der Abg. Holger Bellino (CDU) und Florian Rentsch (FDP))

Da scheint mir das Machtverhältnis, die Balance of Power, in unserem Bundesland aber vollkommen aus der Ordnung zu geraten. Deshalb wird dieser Vorschlag des Hessischen Städte- und Gemeindebundes, jetzt aufgefrischt und ein bisschen von Feldmann und Schneider verändert, die Zustimmung der Freien Demokraten nicht und niemals finden.

(Beifall bei der FDP)

Er wird sie auch deshalb nicht und niemals finden, weil wir uns dagegen aussprechen, dass nun endlich zusammengewachsene Strukturen in den Landkreisen wieder auseinandergerissen werden. Ich habe das am Wochenende mit dem direkt gewählten Bürgermeister von Steinbach, meinem Parteifreund Dr. Stefan Naas, einmal an dem Hochtaunuskreis und an dem Wetteraukreis durchexerziert: In dem Modell Feldmann-Schneider wird eine Trennung vorge

nommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Glashütten weniger wichtig, oder ist Usingen weniger wichtig als Steinbach oder Bad Vilbel?

(Holger Bellino (CDU): Wichtiger!)

Ich bedanke mich für den Zwischenruf des betroffenen direkt gewählten Abgeordneten, es sei wichtiger. Das ist es natürlich auch nicht, lieber Herr Bellino. – Aber es ist genauso wichtig. Deshalb darf man die Landkreise nicht auseinanderreißen. Sie sind Anfang der Siebzigerjahre so gebildet worden. Es war ein langer Prozess. Ich kann Ihnen das anhand der Wetterau beschreiben. Deshalb muss es jetzt nicht wieder zu einer Diskussion darüber kommen, ob das nun getrennt wird.

Aber: ab in die Zukunft. Dazu gibt der Antrag von CDU und GRÜNEN einige Hinweise. Da steht z. B., dass die Landesregierung aufgefordert wird, beispielsweise den Ausbau und Erhalt der Mobilitätsinfrastruktur zu unterstützen. Liebe Kollegen von CDU und GRÜNEN, es ist nötig, dass Sie dies in Ihren Antrag schreiben; denn das, was die Landesregierung mit den Erweiterungsprogrammen der Fraport AG macht, ist alles andere als hilfreich, sondern eine Behinderung des Ausbaus der Mobilitätsinfrastruktur in diesem Lande.

(Michael Boddenberg (CDU): Sehr verantwortungsvoll ist das!)

Lassen Sie es einfach bleiben, jemanden, der eine Baugenehmigung hat, noch einmal zu fragen, ob er sich diese Baugenehmigung tatsächlich leisten kann. Das machen Sie mit Privaten nicht, das würden Sie mit mir als Häuslebauer nicht machen.

(Florian Rentsch (FDP): Das weiß man nicht!)

Hier soll ein Unternehmen behindert werden. Das ist genau kontraproduktiv für die Entwicklung unserer Region. Die Schwarzen und die GRÜNEN haben es gemerkt, und sie schreiben es auch in ihren Antrag.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Außerdem ist die Art, wie vom stellvertretenden Ministerpräsidenten und Wirtschaftsminister mit dem Bankenplatz umgegangen wird, eine Behinderung für diese Region. In der „Börsen-Zeitung“ vom 4. März 2015 erschien ein Beitrag von ihm zum Thema Finanztransaktionssteuer. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Landesregierung, ich dachte, dass es bisher in diesem Hause und über die Landesregierung – ich sage einmal Bouffier eins und Bouffier zwei – hinaus immer Konsens gewesen ist, dass noch dazu kommt,

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

dass es keine negativen Folgen für Kleinanleger und keine negativen Folgen für die reale Wirtschaft geben darf. Ich habe den Beitrag von Herrn Al-Wazir zweimal, dreimal, viermal durchgelesen – kein Wort dazu. Wieso belastet diese Landesregierung derzeit den Bankenplatz Frankfurt am Main, indem die Diskussion über die Finanztransaktionssteuer wieder oben angestellt wird?

(Beifall bei der FDP)

Das ist doch kontraproduktiv. Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Ich schließe noch nicht einmal mehr die Vermeidung negativer Folgen für die Kleinanleger und für die Realwirtschaft aus. Was für eine Politik soll das sein?

Nächste Bemerkung: zur IBA. Ich kann mich noch sehr gut an diese Diskussion erinnern. Ich kann mich auch daran sehr gut erinnern, dass Thorsten Schäfer-Gümbel damals gemeinsam mit Nicola Beer das Heft des Handelns in die Hand genommen hat.

(Florian Rentsch (FDP): Ich auch!)

Ich kann mich insbesondere auch daran sehr gut erinnern, woher der Gegenwind gekommen ist. Es ist ja schön, dass wir heute wieder darüber diskutieren. Nur: Wenn die IBA in einem von der CDU als großer Fraktion getragenen Antrag als eine Chance dargestellt wird, möchte ich ganz höflich daran erinnern, dass Nicola Beer trotz ihres Überzeugungstalents vor einigen Jahren dabei gescheitert ist, die Union zu überzeugen, dass die IBA eine Chance für diese Region ist.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Ich drücke es bewusst sehr diplomatisch aus: Auch Nicola Beer mit ihrem Charme ist damit gescheitert, dass die IBA in der Rhein-Main-Region eine entsprechende Chance bekommt.

Vierte Bemerkung. Ich vermisse in diesem Antrag eindeutig Äußerungen zum Thema polyzentrischer Wettbewerb. Das vermisse ich deshalb, weil wir die Kommunen insbesondere durch die kommunalaufsichtlichen Regeln, die Herr Innenminister Peter Beuth aufgestellt hat, nunmehr zwingen, in eine Begradigung der Unterschiede im Steuerwettbewerb zu kommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer den Polyzentrismus in dieser Region ernst nimmt, muss ihn auch unterstützen; und er kann ihn nur durch Wettbewerbsmöglichkeiten unterstützen. Ziehen Sie diese Novellierungswünsche und Auflagen, die der Innenminister gemacht hat, zurück. Das wird der Region eher eine positive Entwicklung geben, als wenn Sie es andersherum stricken.

(Beifall bei der FDP)

Kollege Hahn, bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich darf mich deshalb für die Freien Demokraten bedanken, dass wir diese Diskussion noch einmal führen, dass Herr Feldmann und Herr Schneider merken: Die Region ist viel zu selbstbewusst, als dass sie sich von Frankfurt und Offenbach gemeinsam eingemeinden ließe. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Kollegin Wissler, DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch ich möchte zu Beginn feststellen – das ist auch im Antrag erwähnt –: Ja, das Rhein-Main-Gebiet steht wirtschaftlich vergleichsweise gut da, wenn man sich die Zahlen anschaut. Aber das heißt im Umkehrschluss natürlich nicht,

dass es dort allen Menschen gut geht. Darauf möchte ich später, im Laufe meiner Rede, noch einmal eingehen.

Zunächst einmal begrüßen wir es, wenn die Kommunen in der Region zusammenarbeiten, statt zueinander in Konkurrenz zu stehen und sich so gegenseitig zu schwächen. Gerade der Regionale Flächennutzungsplan ist durchaus ein wirksames Instrument, um eine sinnvolle Entwicklung der Region sicherzustellen, z. B. die Ausweisung ständig neuer Gewerbegebiete auf der grünen Wiese zu begrenzen, damit die Innenstädte zu schützen und eine sozial-ökologisch sinnvolle Lenkung zu ermöglichen.

Wünschenswert wäre aus unserer Sicht aber auch eine Zusammenarbeit und Vereinheitlichung beispielsweise der Gewerbesteuerhebesätze, um das gegenseitige Abwerben lukrativer Unternehmen zu beenden und so eine verlässliche Einnahmequelle für die Kommunen sicherzustellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Gerade im Falle Frankfurts mit seinen eng gezogenen Stadtgrenzen sind weiter gehende interkommunale Absprachen und Regelungen sinnvoll und können auf jeden Fall noch weiter gehen.