Protokoll der Sitzung vom 26.05.2015

Neben dieser überwiegend monetären Förderung unterstützt die Landesregierung den Spitzensport auch durch Hilfestellungen unter anderem bei der Einbürgerung von Spitzensportlern, bei der Anerkennung von Leistungszentren und bei vielen anderen den Spitzensport begleitenden Maßnahmen.

(Minister Stefan Grüttner: Großartig!)

Zusatzfrage, Herr Abg. Klee.

Herr Minister, ist davon auszugehen, dass Sie bei den Haushaltsanmeldungen für das Jahr 2016 die Sportförderung in gleicher Weise fortführen wollen? Das wäre für die vielen Institutionen wichtig, die Sie genannt haben. Ich bin mit einer kurzen, prägnanten Antwort einverstanden.

Herr Sportminister.

Herr Abgeordneter, das habe ich genau so vor.

Gibt es weitere Zusatzfragen? – Das ist nicht der Fall. Wir schließen die Fragestunde.

(Die Frage 297 und die Antwort der Landesregie- rung sind als Anlage beigefügt. Die Fragen 290 bis 296 sollen auf Wunsch der Fragestellerin und der Fragesteller in der nächsten Fragestunde beantwortet werden.)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Regierungserklärung der Hessischen Ministerin der Justiz betreffend „Prävention rechnet sich – Hessen begrüßt den 20. Deutschen Präventionstag in Frankfurt am Main“

Die vereinbarte Redezeit der Fraktionen beträgt 20 Minuten. Ich erteile Frau Justizministerin Kühne-Hörmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir über die Bekämpfung von Kriminalität sprechen, müssen wir uns immer eines vor Augen führen: Die beste Art, Kriminalität zu bekämpfen, ist, sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Das ist der Gedanke der Kriminalprävention.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau deshalb ist Prävention außerordentlich wichtig. Dass die Prävention einmal fest in der gesellschaftlichen und politischen Arbeit verankert sein und ein Präventionstag ganze Kongresshallen füllen würde, war vor 20 Jahren unvorstellbar.

Es muss zuallererst den vielen Haupt- und Ehrenamtlichen im Präventionsbereich gedankt werden, die mit ihrer täglichen engagierten Arbeit zu einem gesellschaftlichen Umdenken beigetragen haben, sei es in den kommunalen Präventionsräten, in den Sportvereinen oder bei den Trägern der Opfer- und Täterhilfe. Ich danke allen herzlich, die in den letzten Jahren ihr Herzblut in die Präventionsarbeit gesteckt haben; denn Prävention ist der beste Opferschutz.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte Ihnen heute die hessischen Maßnahmen der Prävention näherbringen, und zwar gerade in den Feldern der Kriminalität, die uns aktuell besonders beschäftigen. Dabei denke ich zuallererst an extremistische Straftäter, die ihre Religion als Rechtfertigung missbrauchen. Daneben sind es aber auch Kriminalitätsbereiche, mit denen wir uns schon länger beschäftigen – wie mit der Jugendkriminalität, der häuslichen Gewalt, dem Stalking oder auch der Kinderpornografie. Es ist nicht zuletzt die Kriminalität im Internet, die eine immer größere Herausforderung für uns alle darstellt.

Wenn wir über diese Kriminalitätsfelder sprechen, müssen wir in erster Linie an den Schutz der Opfer und an die Hilfe denken, die wir den betroffenen Opfern zukommen lassen müssen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In allen genannten Kriminalitätsbereichen gibt es wirksame präventive Lösungsstrategien, die im Lauf der Jahre erarbeitet worden sind und die wir als Mitglieder der Landesregierung weiterentwickeln und voranbringen. Der Kriminalitätsbereich, der uns derzeit am meisten beschäftigt, ist der islamistische Terrorismus. Die Gräuel- und Gewalttaten des sogenannten Islamischen Staats sind abscheulich und menschenverachtend. Sie schockieren uns alle zutiefst.

Zu Recht hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im September letzten Jahres gerade die Herkunftsländer extremistischer Straftäter in die Pflicht genommen, tätig zu werden. Ich selbst habe bereits seit Längerem gefordert, dass an dieser Stelle auch das Strafrecht verschärft werden muss, um damit eine Ausreise „in den Dschihad“ möglichst zu verhindern.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Bundesjustizminister hat nach langem Zögern einen Gesetzentwurf vorgelegt, der inzwischen von Bundestag und Bundesrat mit großer Mehrheit beschlossen worden ist.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie können es nicht lassen!)

Bereits aufgrund der aktuellen Rechtslage – z. B. werden allein in Hessen derzeit 111 Ermittlungsverfahren gegen über 140 Beschuldigte geführt – und nach der neuen Rechtslage – Fachleute rechnen mit mindestens doppelt so vielen Verfahren – ist absehbar, dass in den nächsten Jahren eine noch nicht da gewesene Anzahl radikalisierter Straftäter in den Vollzugsanstalten inhaftiert sein wird.

Wenn wir also nicht wollen, dass wir in wenigen Jahren über „tickende Zeitbomben“ durch entlassene, immer noch radikalisierte Straftäter diskutieren, dann müssen wir die Zeit nutzen, um uns intensiv um diesen Personenkreis bereits jetzt und in der Haft zu kümmern.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In den deutschen Justizvollzugsanstalten werden schon viele einzelne Maßnahmen ergriffen, um ein straffreies Leben nach der Haftzeit zu ermöglichen. Wir bieten den Gefangenen Bildung, Ausbildung, Anti-Gewalt-Training, reli

giöse und psychologische Betreuung und viele andere Maßnahmen an, um optimale Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Menschen nach ihrer Haft Perspektiven haben und wieder Anschluss an die Gesellschaft finden.

Vor allem aber müssen wir dafür sorgen, dass sie nicht wieder Täter werden und dass es keine weiteren Opfer gibt. Deshalb wird die Landesregierung die Resozialisierung auch explizit als Vollzugsziel in die hessischen Vollzugsgesetze aufnehmen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf werden wir in Kürze in den Landtag einbringen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Zu den Resozialisierungs- und Präventionsmaßnahmen im Vollzug gehören auch solche, die das Ziel haben, radikale Einstellungen zu ändern. Im letzten Jahr haben wir in der Justizvollzugsanstalt in Wiesbaden ein solches Projekt mit großem Erfolg begonnen. Deshalb hat Hessen im Bundesrat aktuell den Vorschlag eingebracht, ein bundesweites Netzwerk gegen religiös motivierten Extremismus im Vollzug zu errichten. Der Vorteil einer bundesweiten Konzentration der Expertise liegt darin, dass so an einem zentralen Standort Informationen zusammenfließen und BestPractice-Methoden wissenschaftlich evaluiert werden können.

Nur wenn sich Bund und Länder intensiv austauschen und deshalb in den Ländern passgenaue Angebote gemacht werden können, stellen wir die Wirksamkeit solcher Maßnahmen dauerhaft auch in der Fläche sicher. Die auf diese Weise erworbenen Kenntnisse – etwa über Rekrutierungsmethoden oder potenzielle Anschlagsziele – könnten zudem allen Sicherheitsbehörden zur Verfügung stehen und so einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Sicherheitslage in Deutschland leisten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich werden wir nicht alle radikalisierten Straftäter mit solchen Maßnahmen erreichen können. Fahrlässig wäre es aber, es gar nicht erst zu versuchen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das von mir vorgeschlagene bundesweite Netzwerk gegen Radikalisierungstendenzen im Vollzug ist ein wichtiger Baustein unserer Präventionsmaßnahmen. Darüber hinaus gibt es in Hessen seit dem Jahr 1992 aber auch ein strukturelles Gesamtkonzept für die Präventionsarbeit.

Wir wissen, dass der Begriff Kriminalprävention über das eigentliche System der Strafjustiz deutlich hinausgeht. Es müssen gerade das Vorfeld der Kriminalität und außerstrafrechtliche Maßnahmen einbezogen werden. Eine effektive Kriminalprävention kann deshalb niemals allein durch den Staat und seine Sicherheitsorgane geleistet werden. Kriminalprävention ist vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie bedarf der Initiative und des ehrenamtlichen Engagements der Bürgerinnen und Bürger. Nur wenn alle Kräfte zusammenwirken, wenn neben die Arbeit von Justiz und Polizei auch zivilgesellschaftliches Engagement tritt, kann es gelingen, Kriminalität zu verhindern.

(Beifall des Ministers Axel Wintermeyer)

Erfolgreiche Präventionsarbeit muss also ressortübergreifend und bürgerbeteiligend sein sowie außerdem die fakti

schen Gegebenheiten vor Ort berücksichtigen. Für den Bürger ist die Bedrohung durch Kriminalität in seinem eigenen Umfeld am größten und am stärksten spürbar.

Zugleich gibt es auf der lokalen Ebene das meiste Wissen über das, was zur Vorbeugung praktisch getan werden kann. Auf der lokalen Ebene gelingt es uns auch am besten, die Akteure zusammenzubringen, nämlich kommunale Ordnungsbehörden, Polizei, Sozialbehörden, Kirchen, Verbände und Vertreter der Zivilgesellschaft. Indem alle Betroffenen beteiligt und ihre Sorgen ernst genommen werden, kann zugleich auch das subjektive Sicherheitsgefühl – das ist das, was uns alle am meisten bewegt – wesentlich verbessert werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Prävention kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie den manchmal engen Rahmen der Justiz- und Innenpolitik verlässt und ihrerseits Einfluss auf alle Verantwortlichen in der Gesellschaft nimmt.

An der Bewältigung dieser Aufgabe arbeitet der im Justizressort angesiedelte Landespräventionsrat seit 1992 mit großem Erfolg. Im Landespräventionsrat arbeiten nicht nur Polizei und Justiz, sondern auch Experten für Bildung, soziale Fragen, Jugend sowie Vertreter der Wissenschaft und der Kommunen in verschiedenen Arbeitsgruppen zusammen. Außerdem unterstützt der Landespräventionsrat die so wichtige Präventionsarbeit vor Ort und berät bei der Umsetzung von Präventionskonzepten auf kommunaler Ebene.

In Hessen gibt es inzwischen 177 kommunale Gremien und Zusammenschlüsse sowie darüber hinaus eine Vielzahl einzelner Präventionsprojekte. Ich freue mich über jedes Gremium und jedes Projekt, das neu hinzukommt.

Diese Arbeit trägt Früchte: Wir haben uns um die Ausrichtung des größten europäischen Kongresses für Kriminalprävention beworben, und es war nicht leicht, den Zuschlag zu erhalten. Deshalb freue ich mich darüber, dass der 20. Deutsche Präventionstag in diesem Jahr in Frankfurt am Main stattfinden wird. Es werden mehrere Tausend Teilnehmende, über 300 Referenten sowie mehr als 200 ausstellende Institutionen erwartet. Die Schirmherrschaft hat dankenswerterweise unser Ministerpräsident Volker Bouffier übernommen.

Der Deutsche Präventionstag steht unter dem Motto „Prävention rechnet sich“. Dass Prävention sich rechnet, kann auch an den Beispielen der eingangs erwähnten Kriminalitätsfelder belegt werden, nämlich an den Beispielen der Jugendkriminalität, der häuslichen Gewalt, des Stalkings sowie der Kinderpornografie und der Internetkriminalität.

Zum Thema Jugendkriminalität. Die Jugendkriminalität geht zurück; das ist besonders erfreulich. In den letzten Erhebungen konnten wir im Bereich der Jugendkriminalität sogar einen Rückgang der Verurteilungen um mehr als das Doppelte im Vergleich zum Rückgang bei der allgemeinen Kriminalität in Hessen verzeichnen. Diese Entwicklung kann man allenfalls teilweise mit dem demografischen Wandel erklären. Forscht man nach den tieferen Ursachen, wird schnell klar, dass sich hier das Ergebnis nachhaltiger Präventionsarbeit zeigt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Viele der hessischen Projekte habe ich selbst besucht und mich vor Ort davon überzeugen können, dass dort wertvolle Arbeit geleistet wird. Ein Beispiel hierfür sind die sogenannten Teen Courts. Dieses Projekt beruht auf der Erkenntnis, dass sich jugendliche Täter eher vom Unrecht ihrer Tat überzeugen lassen, wenn sie darüber mit anderen Jugendlichen sprechen. Denn Jugendliche haben untereinander oft einen leichteren Zugang zur Person des anderen und zu dessen Motiven für die Tat. Als Konsequenz können die Teen Courts z. B. eine Entschuldigung beim Opfer, das Ableisten gemeinnütziger Arbeit oder einen HandyEntzug vereinbaren. Vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen in Wiesbaden und in Limburg habe ich eine Umsetzung des Projekts auch in Südhessen angestoßen.

Ein strafrechtliches Einschreiten ist bei Jugendlichen besonders dann erfolgreich, wenn die staatlichen Akteure wie Jugendhilfe, Schule, Polizei und Justiz sich abstimmen. Nur auf diese Weise können entstehende „kriminelle Karrieren“ möglichst schnell und nachhaltig beendet werden. Denn kriminelles Verhalten ist oft mit einer Suchtproblematik, fehlender Schul- oder Berufsausbildung oder Überschuldung verbunden. Sind solche Probleme vorhanden, müssen den jungen Menschen auch Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden.