Protokoll der Sitzung vom 25.06.2015

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Elternwille!)

Herr Kollege Dr. Hahn, ob der Gesetzentwurf auch gut gemacht ist, das werde ich noch im Näheren erläutern. Ihr

Motiv ist sehr offensichtlich, und das darf Opposition auch tun: Sie fangen eine Stimmung ein. Das ist legitim und möglicherweise aus der Perspektive einer Opposition auch opportun. Es scheint, als wollten Sie mit diesem Schnellschuss eine Lex Frankfurt schaffen.

Politisch allerdings ist das nicht das, was wir als verantwortungsvolle und planvolle Politik bezeichnen.

(Manfred Pentz (CDU): Sehr richtig! – Zuruf des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, jedem Bildungspolitiker in diesem Hause ist es bewusst, dass im nächsten Jahr, im Jahr 2016, eine umfassende Novelle des Hessischen Schulgesetzes ansteht. Kollege Greilich, ich bin dafür dankbar, dass Sie darauf verwiesen haben, dass eine Änderung von § 70 im Sinne Ihres Gesetzentwurfs dann auch die §§ 12 und 77 betrifft; die müssten in dem Zuge dann nämlich auch mit angepackt werden.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nein!)

Aufgrund dieser Bestimmung darf die Auswahlentscheidung eines Schülers somit nicht, wie gefordert, von der Leistung in der Grundschule abhängig sein.

Abgesehen davon, frage ich einmal ketzerisch und losgelöst vom Gesetzentwurf: Im Mai-Plenum haben wir einen Gesetzentwurf von der SPD erhalten. Darin ging es um die Aufhebung des Verbots zur Neueinrichtung eigenständiger Oberstufengymnasien. Vier Wochen später kommen Sie jetzt mit einem Gesetzentwurf durch die Kurve

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Na, na, na!)

und wollen das Elternwahlrecht einschränken. Wie viele Gesetzentwürfe zum Hessischen Schulgesetz mit den dazugehörigen Anhörungen, zweiten und dritten Lesungen wollen wir denn in den kommenden Monaten noch einbringen und beraten? – Ich sage es nochmals: Nächstes Jahr steht die umfassende Novelle des Schulgesetzes an.

(Gerhard Merz (SPD): Wollen Sie die kontingentieren, oder was?)

Wie bitte?

(Gerhard Merz (SPD): Ob Sie die kontingentieren wollen!)

Nein, nein. Ich habe nur die Frage gestellt, und Sie haben mir keine Antwort gegeben, Herr Kollege.

(Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

Es stimmt, in Hessen ist am Ende der Elternwille entscheidend. Allerdings bezieht sich der Elternwunsch auf den Bildungsgang und nicht auf die entsprechende Schulform bzw. die Schule. Im Übrigen war das auch immer Konsens in diesem Haus.

Wenn ich einmal eine grundsätzliche Einschätzung geben darf: Sie brechen ein Stück weit schon mit Ihren Ministerinnen a. D.,

(Nicola Beer (FDP): Nein!)

der Kollegin Henzler und der Kollegin Beer. Denn in den Jahren von 2009 bis 2013 haben die keinerlei Anlass gesehen, Änderungen in diesem Bereich einzubringen. Insbesondere Sie, Frau Kollegin Beer, als Frankfurterin, haben in den zwei Jahren, in denen Sie die Verantwortung trugen, keine Initiative ergriffen,

(Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

um auf die im Wesentlichen auf Frankfurt bezogene, Frankfurt-spezifische Situation einzugehen. Im Übrigen gab es im Jahr 2012 im Staatlichen Schulamt schon eine Prognose, wonach die Schülerzahlen im Jahr 2017, was die Grundschulen betrifft, um 17 % höher liegen würden. Insofern war ein Ansturm auf die Gymnasien zu erwarten.

Stattdessen hat die FDP immer wieder deutlich gemacht – dazu zitiere ich einmal aus einer Presseerklärung vom 12. März 2012 –:

Wir haben in Hessen das freie Elternwahlrecht. Das ist aus Sicht von uns Liberalen auch gut so.

Weiter heißt es, es sei „ein großes Plus, dass alle Kinder Zugang zum Gymnasium bekommen können“. Am 16.08.2013 loben Sie Ihre Ministerin dafür, dass sie eine umfassende Schulvielfalt und -wahlfreiheit haben, die es Eltern ermöglicht, die geeignetste Schulform für ihre Kinder zu wählen.

Dann kommt der Widerspruch. Wir haben nämlich noch die Frankfurter FDP. Dort sagen Sie, dass Sie die grundsätzliche Wahlfreiheit über die gewünschte Schulform beschränken wollen, und andererseits fordern Sie im Römer eine Initiative zur Abschaffung der Schulbezirke zugunsten eines uneingeschränkten Elternwahlrechts für jede einzelne Schule. Ich kann das auch gerne zitieren.

(Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

Allerdings ist die Zeit knapp. Deswegen will ich mich auf eine Passage beschränken. Es heißt dort:

Den Eltern der Frankfurter Schülerinnen und Schülern soll somit die Möglichkeit eingeräumt werden, ihre Kinder dort beschulen zu lassen, wo sie das pädagogische Konzept der jeweiligen Schulen für angemessen halten.

(Zurufe der Abg. Nicola Beer und Wolfgang Grei- lich (FDP))

Im Landtag fordern Sie für den gewählten Bildungsgang die Eignung als Kriterium. – Herr Kollege Greilich, das passt nicht zusammen. Das sind Kehrtwendungen und Widersprüche.

(Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

Ich habe Ihnen das aus formalen Gründen dargelegt. Aber auch aus den eben beschriebenen politischen Gründen ist es nur schwer nachvollziehbar, was Sie jetzt eigentlich wollen.

Damit das abschließend auch nochmals klar wird: Wenn hier jemand ein klares Glaubensbekenntnis für die Gymnasien und die Bedeutung der Gymnasien abgibt,

(Manfred Pentz (CDU): So ist es!)

dann sind es wir als CDU und als GRÜNE.

(Beifall des Abg. Manfred Pentz (CDU) – Lachen bei der SPD)

Die Koalition steht unbedingt.

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Schade, echt schade! – Günter Rudolph (SPD): Der muss noch länger reden!)

Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. – Wir wissen die Arbeit dort wertzuschätzen, und wir werden auch weiterhin dafür Sorge tragen, dass die Gymnasien hervorragend mit qualifizierten Kolleginnen und Kollegen ausgestattet sein werden. Da wird es keine Zweifel geben.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. In diesem Sinne: Alles Gute und Glück auf.

(Beifall bei der CDU und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Vielen Dank, Herr Kollege Schwarz. – Für eine Kurzintervention hat sich Herr Kollege Greilich, FDP-Fraktion, noch einmal zu Wort gemeldet. Zwei Minuten Redezeit, Herr Kollege.

(Günter Rudolph (SPD): Jetzt einmal zur Sache!)

Kollege Schwarz, jetzt wird es in der Tat spannend, einmal zur Sache zu reden. Ich weiß nicht, ob Sie vielleicht nicht zugehört haben; Sie können es ja im Protokoll nachlesen. Sie sollten auch den Gesetzestext dazunehmen und einmal schauen, wie das zusammengehört.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Kollege Rudolph, ich glaube schon, dass der Kollege Schwarz das hinkriegt, wenn er sich anstrengt. Er mag es nachlesen, dann wird er sehen, was in § 77 und in § 70 Hessisches Schulgesetz steht. Gerne können wir uns auch draußen zusammensetzen und das in einem Privatissimum im Einzelnen durcharbeiten.

Das Entscheidende ist aber die Botschaft, die Sie hier gesetzt haben. Die Botschaft, die Sie gesetzt haben, lautet: Der CDU ist egal, was das mit der Eignung und mit der Leistung der einzelnen Schüler zu tun hat.

(Beifall bei der FDP)

Da sind wir in der Tat vollständig anderer Meinung. Wir sind der Meinung, dass die Eignung ein Kriterium – neben anderen – sein muss, wenn es darum geht, wer eine bestimmte Schule besuchen darf.