Wenn wir über die Qualität von Lehre und Forschung reden, müssen wir in erster Linie auch über die Finanzierung reden. Da sorgen sich die Hochschulen für angewandte Wissenschaften derzeit besonders über die Fortschreibung der Mittel aus dem Hochschulpakt 2020, der aus Mitteln des Bundes und der Länder finanziert wird. Der relative Anteil der Hochschulpakt-2020-Mittel liegt bei den Hochschulen für angewandte Wissenschaften höher als an den Universitäten, zum Teil bei 30 % des Budgets, deswegen auch das treffende Bild der Präsidenten – Herr May hat es bereits zitiert –, dass die Präsidenten der Hochschulen für angewandte Wissenschaften ein bisschen das Gefühl haben, man rast auf eine Wand zu, und es ist noch nicht ganz klar, wann das Tor gebaut wird, das die Hochschulen durch diese Wand hindurchleitet.
Eine verstetigte und verlässliche Finanzierung der Hochschulen ist deshalb notwendig, damit der Bund mit dem Auslaufen des Hochschulpakts 2020 nicht vollkommen aus der Studienplatzfinanzierung aussteigt und sich nicht vollkommen daraus zurückzieht.
Ich denke, dass der Hochschulpakt 2020 ebenso wie seine Vorgänger seit dem Jahr 2007 einen ganz entscheidenden Geburtsfehler hat: Man geht von kurzfristig steigenden Studierendenzahlen aus, einem „Studierendenberg“, auch infolge der doppelten Abiturjahrgänge. Man wollte immer den Versuch machen, diesen kurzfristigen „Studierendenberg“ in irgendeiner Form zu untertunneln. Es handelt sich also um ein zeitlich begrenztes Programm zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger.
Aber die Realität und vor allem auch die Prognosen haben gezeigt, dass die Studienanfängerzahlen nicht zurückgehen, sondern wir damit rechnen müssen, dass wir langfristig hohe Studierendenzahlen haben. Das ist eigentlich auch politisch gewünscht; denn man möchte eine Erhöhung der Studierendenquote, und wir haben es auch mit einer höheren Studierneigung zu tun.
Deshalb ist grundsätzlich das Problem: Es werden kurzfristige Pakte ausgehandelt, die nicht verlässlich langfristig die Finanzierung sichern. Diese zeitlich begrenzten Hochschulpakte bieten dann auch keine dauerhafte Verlässlichkeit für Studienplätze und gute Studienbedingungen.
In dem Fall reicht es aber auch nicht aus, einfach zu einer Verstetigung des Hochschulpakts zu kommen; denn auch diese finanziellen Mittel sind deutlich zu gering bemessen. Der Hochschulpakt ist unterfinanziert. Er deckt nicht den Bedarf – er zementiert leider ein schlechtes Betreuungsverhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden.
Diese Unterfinanzierung hat zur Folge, dass Hochschulen mehr und mehr um Drittmittel konkurrieren müssen, auch die Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Wir stehen dem wachsenden Einsatz von Drittmitteln ohnehin kritisch gegenüber. Aber eine Unterfinanzierung sorgt natürlich geradezu für eine Abhängigkeit von Drittmitteln. Des
halb finde ich, wenn es zu einer Neuverhandlung des Hochschulpakts kommt, ist das zuerst einmal das, was man zugrunde legen müsste; langfristig werden nämlich die Studierendenzahlen höher sein als in der Vergangenheit. Deswegen sollte man von den kurzfristigen Planungen wegkommen, die Mittel verstetigen und die Mittel pro Studienplatz so ausfinanzieren, dass sie bedarfsdeckend sind. Das Problem bei kurzfristigen Pakten ist, dass sie kurzfristige Planungsmöglichkeiten und dann auch kurzfristige Arbeitsverhältnisse nach sich ziehen.
Da bin ich noch einmal bei dem Punkt „Hochschulen als Arbeitgeber“. Wir merken natürlich auch an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften, dass wir hier die Schwierigkeit haben, dass es auch Probleme mit Verbeamtungen und damit gibt, Mitarbeitern langfristig Perspektiven anzubieten, wenn man nicht langfristig planen kann. Natürlich wissen wir, dass die Gehälter in der Industrie oder in der Wirtschaft um einiges höher liegen als an den staatlichen Hochschulen, gerade im Bereich der Ingenieurwissenschaften oder Ähnlichem. Aber die staatlichen Hochschulen hatten zumindest in der Vergangenheit eine andere Möglichkeit, sodass sie zumindest eine Sicherheit durch die Verbeamtung anbieten konnten.
Da haben wir jetzt ein Problem, und da reichen auch 171 zusätzliche Stellenhülsen für W-2-Professuren nicht aus, sondern die Präsidenten haben uns in der letzten Woche anschaulich geschildert, dass sie diesbezüglich ein Problem haben, ihre Mitarbeiter auch langfristig an die Hochschule zu binden und diese Planungssicherheit zu geben.
Statt der Exzellenzinitiative, die auf Bundesebene gerade beschlossen wurde, muss der Hochschulpakt 2020 deshalb über die Zeitgrenze 2020 hinaus ausgeweitet werden. Die tatsächlichen durchschnittlichen Kosten eines Studiums müssen dem zugrunde liegen. Die Lehre ist eine dauerhafte Aufgabe. Deswegen muss sie dauerhaft finanziert sein. Die Hochschulfinanzierung ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern.
Vielleicht noch kurz zu dem Exzellenzprogramm, das wir auf Landesebene haben, dem sogenannten LOEWE-Programm. Wir haben diese Exzellenzinitiativen vor allem deshalb immer sehr kritisch gesehen und sehen sie weiterhin kritisch, weil sie Eliteförderung sind. Wir haben sie aber auch deshalb kritisch gesehen, weil gerade aus dem LOEWE-Programm die Fachhochschulen aus der Exzellenzinitiative größtenteils außen vor sind, aber die Kunsthochschulen z. B. komplett außen vor sind. Diese haben also überhaupt nichts von der Initiative.
Herr Minister, ich finde, was in dem Antrag fehlt, an dem Sie sicher beratend beteiligt waren, ist wirklich jede Form von Vision dessen, wo wir eigentlich hin wollen. Ich finde, dass gerade die Hochschulen für angewandte Wissenschaften eine sehr wichtige gesellschaftliche Aufgabe haben und auch zusätzliche gesellschaftliche Aufgaben übernehmen könnten.
Wenn wir z. B. über die Akademisierung von Berufen im Bereich der Pflege und der Erziehung reden – Herr Grumbach hat es schon angesprochen –, geht es um die Frage der Qualifikation, aber es geht auch um die Frage von Gehaltsniveaus. Es kann doch nicht sein, dass Menschen, die als Erzieherin oder Erzieher oder in der Pflege arbeiten, so jämmerlich schlecht verdienen, dass sie kaum über die Runden kommen. Ich glaube, dass die Akademisierung solcher Berufe auch einen Beitrag dazu leisten kann, dass diese Berufe endlich den gesellschaftlichen Stellenwert haben, der ihnen eigentlich zusteht. Da können die Hochschulen für angewandte Wissenschaften auch eine wichtige Rolle spielen.
Wir brauchen deswegen eine ausgewogene verlässliche Finanzierung, und wir brauchen eine Debatte darüber, wie wir die Hochschullandschaft in Hessen weiterentwickeln, insbesondere auch die Hochschulen für angewandte Wissenschaften. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Als Diplomingenieur für Verfahrenstechnik, der seinen Abschluss vor über elf Jahren an der damaligen Fachhochschule Frankfurt am Main erreicht hat, habe ich für meine Fraktion diesen Redebeitrag gern übernommen. Aus eigener Erfahrung weiß ich um den Wert und die Qualität der bisherigen Fachhochschulen und der heutigen Hochschulen für angewandte Wissenschaften. In den letzten eineinhalb Jahrzehnten hat sich in der Hochschullandschaft insgesamt viel getan, und sie hat sich in eine sehr positive Richtung entwickelt.
Die Ausbildung von Wissenschaftlern und Fachkräften sowie eine hoch qualifizierte Forschung sind wichtige Faktoren, mit denen die Hochschulen zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit unseres Bundeslands beitragen. Die Innovationsleistungen der Hochschulen entscheiden über die erfolgreiche Entwicklung unserer Wirtschaft. Sie schaffen damit neue, moderne Arbeitsplätze und sichern letztlich unseren Wohlstand. Um die Qualität der hessischen Forschung und Lehre sicherzustellen, bedarf es finanziell und personell gut ausgestatteter Hochschulen, an denen die jungen Menschen ein optimales Umfeld vorfinden.
In Hessen ist festzustellen: Die Hochschullandschaft ist hervorragend aufgestellt. Wir verfügen über erstklassige Universitäten, und auch unsere Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Darmstadt, Fulda, Frankfurt am Main, Mittelhessen und Rhein-Main mit den Standorten Wiesbaden und Rüsselsheim liegen im bundesdeutschen Vergleich im Spitzenfeld.
Das ist in erster Linie eine enorme Leistung der Hochschulen selbst, der Bediensteten, der Wissenschaftler und der Studierenden. Aber auch die Landespolitik hat ihren maßgeblichen Anteil daran. In den letzten eineinhalb Jahrzehnten, unter Führung der Union, wurden die Rahmenbe
dingungen so gesetzt, dass diese Erfolge auch möglich wurden. Wir sind der Überzeugung, dass das beste Mittel zur Stärkung der Innovationsfähigkeit unseres Landes gut ausgestattete und attraktive Hochschulen sind.
Deshalb gilt unser besonderes Augenmerk der Sicherung ihrer Zukunftsfähigkeit. Zwei Meilensteine auf diesem Wege sind in dieser Legislaturperiode verabschiedet worden. Mit dem im März 2015 unterzeichneten Hessischen Hochschulpakt 2016 – 2020 wurden die Grundbedingungen der Hochschulentwicklung in Bezug auf die Qualifizierung und Finanzierung abgesteckt. In intensiver Diskussion mit allen hessischen Hochschulen konnte ein gemeinsames Ziel erreicht werden. Mit 1,1 Milliarden € Grundbudget, über 250 Millionen € Erfolgsbudget und rund 250 Millionen € für zweckbezogene Verwendung wurde der höchste Betrag bereitgestellt, den es für Hochschulen je in unserem Bundesland gab.
Zudem haben wir in der zweiten Jahreshälfte 2015 eine Änderung des Hochschulgesetzes beschlossen, die in ihrer Modernität vorbildlich war. Das neue Hochschulgesetz beinhaltet unter anderem die Stärkung der Hochschulautonomie, verlässliche Perspektiven für Nachwuchswissenschaftler, Zugangserleichterungen für Studierende sowie eine transparentere Mittelverwendung. Diese neuen Regelungen ermöglichen entscheidende Verbesserungen für alle Hochschulen, insbesondere auch für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften.
Ich möchte an dieser Stelle dem hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst Boris Rhein und seinem Staatssekretär Ingmar Jung sowie deren Vorgängern herzlich dafür danken, dass sie dem Thema der Stärkung unserer Hochschulen immer Priorität zugewiesen, sich beim Finanzminister dafür eingesetzt und dadurch die jetzige sowie die in den letzten Jahren stattfindende positive Entwicklung ermöglicht haben.
Ein besonderes Augenmerk lag und liegt bei der Förderung der Hochschullandschaft auf den Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Wir sind der Ansicht, dass diese Hochschulen eine größere Bedeutung und damit eine größere Verantwortung in der hessischen Hochschullandschaft einnehmen können. Mittlerweile liegt der Anteil der Studierenden an den HAWs bereits bei 30 %; und die Zahl der Studierenden hat sich in den letzten zehn Jahren von über 40.000 auf über 65.000 gesteigert. Mit der besonderen Förderung der HAWs tragen wir der Entwicklung Rechnung, dass diese früheren Fachhochschulen einen großen Beitrag zur wissenschaftlichen Forschung leisten, was gerade im anwendungsorientierten, praxisnahen Bereich insbesondere auch für viele kleine und mittlere Unternehmen in Hessen von großer Bedeutung ist.
Zudem bieten gerade die HAWs mit ihren praxisorientierten Studiengängen eine hohe Durchlässigkeit für Studierende, die nicht sofort nach der Schule mit einem Studium beginnen, sondern zunächst eine Lehre absolvieren, vielleicht sogar einen Meisterbrief erlangen. Zu dieser höheren Durchlässigkeit gehören auch die Möglichkeiten dualer und berufsbegleitender Studiengänge, von denen Studierende wie Unternehmen profitieren und die damit einen direkten Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs leisten.
Ich erwähne an dieser Stelle exemplarisch das Modell StudiumPlus der Technischen Hochschule Mittelhessen, die damit akademische Bildung in Nicht-Hochschulstädten ermöglicht und der Wirtschaft im ländlichen Raum eine Option zur Fachkräftesicherung bietet.
Meine Damen und Herren, in Anerkennung der Forschungsleistung der HAWs – es ist schon mehrfach angesprochen worden – wurde jüngst für ausgewählte, besonders forschungsstarke Studiengänge ein eigenes Promotionsrecht eingeführt. Bisher war eine Promotion nur in Zusammenarbeit mit einer Universität möglich, was an einigen Hochschulen für angewandte Wissenschaften reibungslos praktiziert wurde, an anderen jedoch nicht. Die kooperativen Promotionsverfahren sind weiterhin möglich und werden auch gefördert. Aber durch das eigene Promotionsrecht wurde ein erweiterter Spielraum geschaffen, der die HAWs in ihrer Attraktivität für Wissenschaftler stärken wird. Frau Beer, dieser Sonderweg wird natürlich auch evaluiert. Es ist zunächst einmal ein Weg, und dann werden wir sehen, wie sich das weiter entwickelt.
Zudem wurde ein eigenes Forschungsbudget von 4,5 Millionen € pro HAW eingerichtet, bei dem die Hochschule selbst entscheiden kann, wofür es verwendet wird. Die Stellenhülsen für W-2-Professuren wurden bereits erwähnt. Wir haben natürlich auch die Frage der zukünftigen Personalgewinnung im Blick. Auch der Neu- und Umbau der Gebäude zur Schaffung adäquater Räumlichkeiten für Forschung und Lehre wurde unterstützt. Es wurden 20 bis 35 Millionen € pro Hochschule für angewandte Wissenschaften aus dem HEUREKA-Programm bereitgestellt; auch aus dem Hochschulpakt zwischen Bund und Ländern sind zweistellige Millionenbeträge pro Hochschule zu erwarten. Herr Grumbach, das sind nicht irgendwelche kleinen Budgets, sondern das kann sich absolut sehen lassen.
Wegen ihrer hohen Leistungsfähigkeit sind die Hochschulen für angewandte Wissenschaften attraktive Studienorte für zahlreiche junge Menschen geworden, was sich in weiter steigenden Studierendenzahlen ausdrückt. Wir können derzeit die Früchte der konsequenten Politik der Hessischen Landesregierung zur Stärkung der Hochschulen ernten. Aber es ist uns natürlich klar, dass wir uns auf diesen Erfolgen nicht ausruhen dürfen. Eine lebendige Hochschullandschaft ist ständig in Bewegung, und die Veränderungen müssen dementsprechend von der Politik begleitet werden. Wir haben uns daher vorgenommen, die bisher erreichten Schritte abzusichern, die Qualität der Hochschulen für angewandte Wissenschaften weiter zu stärken und insbesondere die Planungssicherheit über die nächsten Jahre hinaus sicherzustellen. So viel zu der Kritik, die unter anderem von Frau Beer und Herrn Grumbach angesprochen wurde.
Wir setzen uns im Bund dafür ein, dass die Mittel des Hochschulpakts zwischen Bund und Ländern auch nach 2020 weiterhin zur Verfügung stehen. Das Programm HEUREKA II ist für die Zeiten nach 2020 ausgelegt. Durch die Fortsetzung der Kampagne „Forschung für die Praxis“ stehen weitere 2,5 Millionen € bis 2020 für praxisnahe Forschungsprojekte zur Verfügung, wodurch die Vernetzung der HAWs mit der Wirtschaft gesteigert wird. Das
Programm LOEWE zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung bleibt zentraler Bestandteil der hessischen Forschungspolitik. Dort arbeiten bekanntermaßen Universitäten häufig mit HAWs zusammen; 80 Millionen € jährlich werden insgesamt für die Hochschulen bereitgestellt.
Meine Damen und Herren, ich danke unserem Koalitionspartner, dass mit diesem Setzpunkt die erfolgreichen Hochschulpolitik des Landes Hessen wieder einmal in den Mittelpunkt einer Debatte gestellt werden kann. Die Wettbewerbsfähigkeit der hessischen Hochschulen insgesamt wurde in den letzten Jahren weiter gesteigert; und unsere hessischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften sind und bleiben attraktive Angebote für Studierende und Forschung sowie für die Unternehmen, die von den Leistungen der Hochschulen profitieren.
Wir haben Planungssicherheit geschaffen; und wir werden diese Planungssicherheit auch über das Jahr 2020 hinaus ausweiten. Ich stelle abschließend fest: Der Wissenschaftsund Forschungsstandort Hessen ist fit für die Zukunft, und die Koalition aus CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird entschlossen dafür arbeiten, dass das auch so bleibt. – Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag, den die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier vorgelegt haben, bezeichnet wirklich eindrucksvoll die Erfolgsgeschichte, die eine Hochschulart hinter sich hat, die noch nicht einmal 45 Jahre alt ist.