Protokoll der Sitzung vom 24.11.2016

Alle anderen 15 sagen: Nein, das wird nichts, so geht es gerade einmal nicht. – Das müsste doch ein Stück weit ein Denkanstoß in die Richtung sein, ob Sie da in der richtigen Spur sind.

Vielleicht kann man damit dem wichtigen Aspekt der Lehrerfortbildung doch noch einmal den richtigen Anstrich verleihen. Sie gehen von falschen Tatsachen aus. Die Verbesserung der Fortbildung in Hessen machen wir permanent. Herr Kultusminister, ich glaube, das können wir feststellen. Diejenigen, die sich damit intensiv befassen, können das einfach nur bestätigen.

Der Unterrichtsausfall, den Sie hier konstatieren, findet in Hessen faktisch nicht statt. Wir haben 105 %. Seitdem wir erfolgreiche Bildungspolitik machen, gibt es keinen Unterrichtsausfall mehr. Darüber wird auch nicht in den Kollegien und schon gar nicht bei den Eltern diskutiert.

Sie gehen von 350.000 Stunden aus. Sie müssen schlicht und ergreifend die Fakten zusammenzählen und einfach einmal beschreiben, welche unterschiedlichen Arbeitsmöglichkeiten es gibt. Es gibt Teilzeitbeschäftigte. Es gibt Ganztagsangebote. Es gibt Freistellungen. Es gibt die Schulleitungen, die ein hohes Maß an Verantwortung dafür tragen, dass kein Unterrichtsausfall stattfindet.

Herr Kollege Greilich, Ihre von mir sehr geschätzte Ehefrau ist doch Schulleiterin. Ich gehe davon aus, dass sie auch verantwortungsbewusst mit dem Thema Genehmigung der Fortbildungen umgeht. Das ist geübte Praxis, gut und richtig.

Sehr geehrte Kollegen, sehr geehrte Kolleginnen, ich möchte hier noch einmal etwas sehr deutlich unterstreichen. Wir hatten ein Zerrbild, das heute zum Glück auch von den Vorrednern wieder geradegerückt wurde. Die Lehrerinnen und Lehrer in Hessen leisten vorzügliche Arbeit. Sie arbeiten über das von Ihnen erwartete Maß hinaus. Sie haben eine Vielzahl an zusätzlichen Aufgaben, die sie freiwillig übernehmen. Dazu zählen die Klassenfahrten.

Sie haben aber auch ein Pflichtprogramm jenseits des Unterrichts. Das sind die Konferenzen, das Schreiben des Schulprogramms, die Teilnahme an Facharbeitskreisen. Es gibt politische Vorgaben wie die Inklusion, Ganztagsschulen oder die Beschulung der Flüchtlinge. Es gibt die Elternarbeit.

Ihr Gesetzentwurf suggeriert, dass die Lehrer den Unterricht systematisch schwänzen. Diesem Bild möchte ich sehr deutlich entgegentreten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich komme dann noch einmal auf die Lebenswirklichkeit der Fortbildung zurück. Schauen Sie sich einmal die Palette der Anbieter an, wer dort alles unterwegs ist. Das ist ein Querschnitt der Gesellschaft. Das ist ein Querschnitt bei den Anbietern. Das sind Kirchen, Verbände und Unternehmer. Es sind alle dabei.

Da muss man sich die Fragen stellen: Wann können sie das Personal vorhalten? Wann stehen die Räumlichkeiten zur Verfügung? Wie organisieren wir das Ganze?

Dann ergibt sich einfach aus der Lebenswirklichkeit, dass man das Ganze nicht nur am Abend nach 17:30 Uhr oder in den Schulferien machen kann. Vielmehr muss man da flexibel agieren. Die Schulleitungen müssen flexibel reagieren, damit die hochwertigen Fortbildungen von ihren Kolleginnen und Kollegen besucht werden können.

Ihnen scheint das ein Herzensanliegen zu sein. Ich habe das während der ersten Lesung schon einmal gesagt. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie Ihre Kultusministerin, Frau Kollegin Henzler, mit der ich am Montag dieser Woche noch ein sehr freundliches Gespräch geführt habe, oder Frau Kollegin Beer in die entsprechende Richtung angestachelt hätten, als Sie noch das Haus geführt haben, um dort initiativ zu werden. Das war Ihnen damals nicht so wichtig.

Insofern kann ich Ihren Vorstoß, der mit 15 : 1 glatt durchgefallen ist, im Grunde genommen nur mit einem gewissen Bedauern begleiten.

Weil Sie gesagt haben, es seien nur die Lehrerverbände, die dagegen argumentiert haben, möchte ich einmal aus der schriftlichen Stellungnahme der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände zitieren. Da heißt es:

… generelle und vereinfachende „Muss“-Regelungen – wie etwa eine Regelfortbildungszeit in den Schulferien – [würden] zu kurz bzw. zu eng greifen, nicht zuletzt aufgrund des zunehmenden Ganztagsschulbetriebs und durch lediglich teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte.

Das sind genau die Aspekte, auf die ich eben noch einmal abgezielt habe. Das wird auch von der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände entsprechend dokumentiert und mit einem Ausrufezeichen versehen.

Die Mitglieder der CDU-Fraktion lehnen Ihren Gesetzentwurf ab. Wir haben vorzügliche Kolleginnen und Kollegen. Sie machen vorzügliche Arbeit. Sie werden auch vorzüglich fortgebildet. Weil das gut und vernünftig ist, werden wir das bei einer 105-prozentigen Lehrerversorgung an den hessischen Schulen auch weiterhin so machen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das Wort hat der Kultusminister, Prof. Dr. Lorz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion kann es nicht lassen, das Thema der Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer während der Unterrichtszeit noch einmal hochzuziehen. Sie zieht dafür alle parlamentarischen Register, was nicht zu kritisieren ist. Es gab mündliche Fragen und Kleine Anfragen. Jetzt behandeln wir zum zweiten Mal diesen Gesetzentwurf.

Man könnte wirklich meinen, die Teilnahme der Lehrkräfte an Fortbildungen sei eines der größten bildungspolitischen Probleme dieses Landes, und die Lehrerinnen und Lehrer würden massenhaft aus ihren Klassen flüchten, um es sich dann in Fortbildungsseminaren gemütlich zu machen. Die Anhörung zu diesem Gesetzentwurf hat in aller Klarheit gezeigt, dass das nicht der Fall ist. Praktisch niemand erkennt die Notwendigkeit oder den Sinn einer gesetzlichen Änderung an dieser Stelle.

Lieber Herr Greilich, deswegen kann ich Ihnen nur den altbekannten Ratschlag geben: Von einem Pferd, das man zu Tode geritten hat, sollte man absteigen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Das haben schon die Indianer gesagt!)

Ich will nur für das Protokoll noch einmal hinterlegen, welches die entscheidenden Kritikpunkte an diesem Gesetzentwurf sind.

Erstens. Ja, die Berechnungen sind falsch. Das hat Herr Abg. Greilich am 22. Juni 2016 eigentlich schon selbst in diesem Haus anerkannt. Die Definitionsgrenze für die Ab

grenzung des Unterrichts von der unterrichtsfreien Zeit am Nachmittag soll bei 14 Uhr verlaufen. Das ist eine typisierende Betrachtung, die in Zeiten zunehmender Ganztagsangebote sowieso an Wert verliert.

Aber sie hat natürlich zur Folge, dass alle Fortbildungsveranstaltungen, die vor 14 Uhr beginnen, als Veranstaltungen in der Unterrichtszeit gewertet werden, auch wenn tatsächlich kein Unterricht ausfällt. Beispielsweise kann das sein, wenn Lehrkräfte, die in Teilzeit arbeiten, Vormittage, an denen sie sowieso nicht unterrichten, für eine Fortbildung einsetzen.

Lieber Herr Greilich, Sie haben sich vorhin auf Adam Riese und Eva Zwerg bezogen. In Anknüpfung an diese Redensart möchte ich Ihnen sagen: Ihre Eva Zwerg muss ein Milchmädchen gewesen sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich beziehe mich auf die Redensart ohne Urteil über ihre Korrektheit.

Zweitens. In Hessen finden jährlich etwa 8.000 Fortbildungen statt. Ein nicht unwesentlicher Teil davon wird von freien Anbietern durchgeführt. Alles, was ich höre, gerade auch vonseiten der Eltern, in den Verbänden und in diesem Hause, ist: Es müsste zu allen möglichen Themen eigentlich noch viel mehr geben. – Wir arbeiten auch daran, das Fortbildungsprogramm noch weiter auszubauen.

Meine Damen und Herren, dafür braucht man aber Räume und Referenten, unabhängig von den Planungen der individuellen Lehrkräfte. Es ist einfach nicht möglich, ein so großes und weiter wachsendes Angebot an Fort- und Weiterbildung ausschließlich in den Ferien und am Wochenende vorzusehen.

Drittens. Schon heute wählen Lehrkräfte im Interesse ihrer Schülerinnen und Schüler nach Möglichkeit Termine, die ihre Unterrichtsverpflichtung nicht berühren. Ich möchte Ihnen ein ganz prominentes Beispiel aus der Praxis nennen. Es gab im September 2016 einen Fortbildungstag „Deutsch als Zweitsprache“. Das war ein kompletter Samstag. Die Lehrkräfte haben uns die Tür eingerannt. Es waren Hunderte da, die ihren Samstag geopfert haben, um diese spannende Fortbildung mitzumachen. Das hatten wir auch schon im Jahr zuvor. Wir werden das auch wiederholen – ich bin davon überzeugt, mit derselben Resonanz. Daran sieht man: Am Engagement unserer Lehrerinnen und Lehrer liegt es wirklich nicht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn doch einmal unvermeidbar ist, dass Unterrichtsstunden tangiert sind, dann werden in den Schulen sinnvolle Vertretungsregelungen praktiziert. Das wird durch die Schulleitungen gewährleistet; denn die müssen und können auch nur dann ihren Lehrkräften eine Dienstbefreiung gewähren, wenn dienstliche Erfordernisse – und das ist in erster Linie der Unterricht – nicht entgegenstehen. So steht es im Gesetz, und dem ist von Gesetzes wegen nichts hinzuzufügen.

Meine Damen und Herren, was ich aber hinzufügen will, ist eine Prämisse, von der wir in der Tat ausgehen. Ich glaube, der entscheidende Unterschied zur FDP an diesem Punkt ist, dass sie nicht von dieser Prämisse ausgeht. Wir glauben daran, dass Lehrkräfte mit ihrer Verpflichtung zur

beruflichen Weiterentwicklung in Absprache mit ihrer Schulleitung und gegebenenfalls dem Personalrat sehr verantwortungsvoll umgehen, um so wenig Stundenausfall wie möglich zu produzieren. Ich fand es sehr beruhigend, von denjenigen, die vor Ort die Verantwortung dafür tragen, nämlich beispielsweise vom Interessenverband Hessischer Schulleiterinnen und Schulleiter, diese Prämisse ausdrücklich bestätigt zu bekommen.

Meine Damen und Herren, wir sollten ein bisschen mehr Vertrauen zu unseren Lehrerinnen und Lehrern haben und sie in ihrer Professionalität als autonome Entscheidungsträger, auch in Bezug auf die Wahrnehmung von Fortbildungen, wertschätzen und unterstützen.

Es erstaunt mich schon, dass ausgerechnet Abg. Greilich, der doch noch gestern hier ein so flammendes Plädoyer gegen die Gängelung und für die Selbstständigkeit von Schulen gehalten hat,

(Gerhard Merz (SPD): Ja!)

in diesem Punkt jetzt plötzlich als Kontrollfreak agiert, der nicht nur jede Dienstbefreiung im Qualifizierungsportfolio der jeweiligen Lehrkraft vermerkt sehen möchte, sondern auch die Schulleitungen und ultimativ die Lehrkräfteakademie zur Überprüfung einspannen will – was für ein bürokratischer Aufwand, um hier sozusagen im Idealfall jede Dienstbefreiung en détail und am besten zweimal nachprüfen zu können. Das ist umso bemerkenswerter, als das die einzige Neuerung in dem vorliegenden Gesetzentwurf ist. Alle anderen Änderungsvorschläge in diesem Entwurf bestehen ausschließlich darin, Querverweise in das Lehrerbildungsgesetz einzufügen, und zwar auf genau die Vorschrift, die das heute schon regelt und die nach Ansicht der FDP doch eigentlich unzureichend ist.

Meine Damen und Herren, ein Gesetz soll also verbessert werden, indem man auf eine Vorschrift, die bereits existiert, einfach noch viermal zusätzlich verweist. Gut, das hat Herr Abg. Greilich natürlich auch gesehen – dafür ist er ein viel zu guter Jurist –, und deswegen hat er gesagt: Na ja, das muss aber auch in den Köpfen ankommen. – Ich weiß jetzt nicht, was in den Köpfen der Lehrerinnen und Lehrer ankommt, wenn man lediglich noch viermal den Paragrafen des Gesetzes – wohlgemerkt: als Ziffer – zitiert, den sie eigentlich sowieso kennen müssten. Wir haben vorhin schon von diesem Pult gehört, dass die Wiederholung bekanntlich die Mutter der Pädagogik ist – dass sie aber auch die Mutter der Juristerei ist, das wäre mir, offen gestanden, neu.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein, meine Damen und Herren, das ist einfach nur Symbolpolitik. Das haben unsere Lehrerinnen und Lehrer nicht verdient. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit kann ich die zweite Lesung abschließen, und wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf in zweiter Lesung zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die

FDP-Fraktion. Wer ist dagegen? – Das ist der Rest des Hauses. Das ist immerhin ein starker Rest. Damit stelle ich fest, dass der Gesetzentwurf abgelehnt worden ist.

Meine Damen und Herren, damit kommen wir zum Tagesordnungspunkt 40:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Hessisches Denkmalschutzgesetz (HDSchG) – Drucks. 19/ 4096 zu Drucks. 19/3570 –