Protokoll der Sitzung vom 30.03.2022

(Stephan Grüger (SPD): Das ist klar definiert!)

Die Zahlen zeigen, dass das in Hessen auch sinnvoll gewesen wäre. Der Kernpunkt aber scheint zu sein, dass Sie, Herr Ministerpräsident Bouffier, dieses Werkzeug nicht bedienen wollen. Sie behaupten, die Hürden seien hoch und diffus.

Folgt man aber den gesetzlichen Argumentationslinien – schauen Sie sich § 32 an –, dann werden die Länder ermächtigt, Verordnungen zu erlassen, und mit § 28a und c können Sie sehr wohl rechtssichere strengere Regeln beschließen.

(Stephan Grüger (SPD): So ist es!)

Sie müssen es aber selbst tun, ohne dass Sie dem Bund die Verantwortung zuschieben können. Daran scheint die Hessische Landesregierung kein Interesse zu haben,

(Zuruf CDU)

weil vielleicht solche Maßnahmen nicht auf Gegenliebe stoßen. Stattdessen spielen Sie lieber Opposition in der Regierung, zeigen mit dem Finger auf den Bund, obwohl Sie nun als Land dran sind, diese Instrumente zu nutzen.

Diese folgen der Verhältnismäßigkeit, dem legitimen Zweck der Sachdienlichkeit. Die Hotspot-Regeln sind bewusst so formuliert wie von den Ländern erst einmal gefordert. Ich habe mich deswegen auch sehr über die Berichterstattung gestern im hr und heute in der „FAZ“ gefreut, die erkennt, dass von Herrn Minister Klose keine Vorschläge kommen und dass es sich die Landesregierung zu einfach macht.

(Beifall SPD und Freie Demokraten – Zuruf CDU: Das sind doch Ammenmärchen!)

Andere Länder haben bereits angekündigt, dass sie die pandemische Lage feststellen wollen. Dass Sie die feststellen möchten, davon haben wir bisher nichts gehört.

(Stephan Grüger (SPD): Die haben sich in die Büsche geschlagen!)

Wir würden es aber sehr begrüßen, dass auch Hessen diesen Weg mit dem Parlament geht. Es liegt an Ihnen, an der schwarz-grünen Landesregierung, die zentralen Maßnahmen zum Schutz jeder Einzelnen, jedes Einzelnen durch die notwendigen Instrumente, die Sie zur Hand haben, auszuschöpfen und ein Leben mit Corona zu ermöglichen.

Sich hierhin zu stellen, Attacken auf Berlin zu fahren, Opposition in der Regierung zu spielen, zeugt nicht von Verantwortung und der von Ihnen immer wieder vorgetragenen Besonnenheit. Vielmehr zeigt das, dass die CDU ihren Machtverlust in Berlin offensichtlich nicht verkraftet und die hessischen GRÜNEN als gespaltene Geister ihre eigenen Kollegen in Berlin scheinbar schmähen.

(Frank Diefenbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die hat keine Ahnung!)

Das haben wir zu Anfang gehört, das werden wir gleich zum Ende der Debatte hören.

Ich komme zum Schluss. Bitte nutzen Sie den Gestaltungsraum, den wir jetzt haben. Nutzen Sie ihn entschieden, und übernehmen Sie Verantwortung. – Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Herr Staatsminister Al-Wazir möchte sprechen. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Kollegin Dr. Sommer, ich habe mich gemeldet, weil Sie gerade gesagt habe, es gäbe keine Maskenpflicht im ÖPNV. Das stimmt nicht.

(Dr. Daniela Sommer (SPD): Das habe ich nicht gesagt!)

Doch, das haben Sie gerade hier gesagt.

(Zuruf BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wörtlich!)

Sie haben gerade wörtlich hier gesagt, das hätten wir ja machen können. Das haben wir gemacht. Was wir nicht

mehr vorgeben können, weil es das Bundesgesetz nicht mehr hergibt, ist eine FFP2-Maske.

(Manfred Pentz (CDU): So ist es!)

Wir haben eine Verordnung beschlossen, die besagt, dass auch ab Samstag eine Maskenpflicht im ÖPNV herrscht – eine medizinische Maske –, und wir empfehlen eine FFP2Maske.

(Gerald Kummer (SPD): Das hat sie überhaupt nicht behauptet!)

Bitte schauen Sie in die Verordnung; dann sehen Sie das. – Vielen Dank.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Jetzt hat Frau Kollegin Anders das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Rede war eigentlich ganz friedlich eingestellt, aber die Stimmung hier peitscht alles noch einmal ein bisschen auf.

Angesichts dessen, dass wir so viele an COVID erkrankte Kolleginnen und Kollegen wie noch nie hier in unserem Hause haben, dass wir Inzidenzen haben, die so hoch sind, wie wir sie noch nie hatten, dass die Normalstationen in den Krankenhäusern mittlerweile mehr als belastet sind – die Welle, die angeblich schon im Februar gebrochen werden sollte, ist noch nicht gebrochen –, dass immer mehr Menschen an dem Virus sterben, sich daran infizieren und an den Langzeitfolgen leiden, wird sehr deutlich: Diese Pandemie ist noch nicht vorbei.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Dennoch hält der Bund daran fest, die Regelungen deutlich zu lockern. Schon Anfang März war deutlich, dass die 3G-Regel bei bestimmten Veranstaltungen in Innenräumen wieder gilt. Interessanterweise blieb eines aus, nämlich der gewünschte Effekt, dass im Einzelhandel mehr konsumiert wird oder wieder mehr Besucherinnen und Besucher kommen. Siehe da: Die Theater wurden nicht voll, die Kinos erst recht nicht.

(Zuruf: Keine Superfilme!)

Das zeigt eben, dass es die Menschen eher abgeschreckt hat, sich bei solch hohen Inzidenzen in eine Gefahr zu begeben. Das zeigt auch, dass Bürgerinnen und Bürger sehr bewusst mit der Verantwortung umgehen und sich und andere Menschen schützen wollen.

Jetzt sollen auch die Masken fallen. Das bedeutet noch mehr Eigenverantwortung für jeden Einzelnen. Der Herr Minister hat ausgeführt, wo überall noch eine Maskenpflicht angeordnet werden kann. Das machen wir in Hessen. Es ist natürlich auch wichtig, dass neben der Maskenpflicht auch eine Testpflicht an bestimmten Stellen erhalten bleibt. Dennoch kann man nur sagen, dass gerade die Maskenpflicht eines der sehr effektiven Mittel ist und bleibt.

Herr Pürsün, Sie haben gesagt, dass all unsere Maßnahmen bisher völlig ohne Evidenz wären. Das stimmt schlichtweg nicht. Das Masketragen, insbesondere das FFP2-Maske-Tragen ist evidenzbasiert, und man kann deutlich sehen, welche Unterschiede es zwischen einer FFP2-Maske, einer medizinischen Maske und gar keiner Maske gibt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Frau Kollegin Anders, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abg. Kula?

(Kathrin Anders (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja!)

Vielen Dank, Frau Anders. – Ich stimme Ihnen vollkommen zu mit dem, was Sie gerade gesagt haben, dass das Tragen von Masken total nützlich und sinnvoll ist, gerade gegen Omikron. Warum schafft die Landesregierung dann die Masken in der Schule, also die Maskenpflicht auf den Gängen in den Schulen ab? Denn, wenn das so wichtig ist, warum dann nicht auch in den Schulen?

(Tobias Eckert (SPD): Sehr gute Frage!)

Weil es das Gesetz nicht hergibt. Das ist die einfache Antwort.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Auch wenn es der beste Schutz für sich selbst und für andere ist; das gibt das Gesetz nicht her.

(Zuruf SPD: Das haben Sie doch alles schon ge- sagt!)

Ich kann für diese Koalition vielleicht so viel sagen: Wir hätten uns deutlich bessere Durchgriffsmöglichkeiten gewünscht. Nicht erst, wenn die Hütte brennt, brauchen wir den Feuerlöscher und die Feuerwehr. Wir brauchen die Feuerwehr schon weitaus früher. Da stimmen auch alle Länderchefs und -chefinnen mit den Hessen überein. Das ist bei allen gleich.

Ich denke, dass diese Lockerungen deutlich zu früh kommen. Das zeigt auch eine aktuelle forsa-Umfrage. Da sagen nämlich 65 % der Befragten, dass eine Maskenpflicht sinnvoll sei, dass sie gut sei, wenn sie in den Innenräumen stattfinde. Das macht doch sehr deutlich, dass Bürgerinnen und Bürger sich ihrer Verantwortung für sich und für andere sehr bewusst sind. Es sind nur 11 %, die die Abschaffung einer Maskenpflicht im Innenraum befürworten.

Wenn die Regeln fallen, muss die Eigenverantwortung steigen. Mir erschließt es sich nicht, wie eine Maskenpflicht mit einem Freiheitsentzug gleichgesetzt werden kann. Ich glaube, es ist wichtig, eine Maske zu tragen, um vulnerable Gruppen zu schützen, um die Inzidenzen zu senken, um das sehr belastete Gesundheitssystem nicht noch weiter zu belasten. Ich glaube, das ist gelebte Solidarität und kein Freiheitsentzug.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)