Protokoll der Sitzung vom 31.03.2022

Mit unseren 14 Universitäten, Hochschulen für angewandte Wissenschaft und Kunsthochschulen sowie den nicht staatlichen und privaten Hochschulen bietet sich jungen Menschen ein attraktives Angebot, um den individuellen Karriereweg anzugehen, was sich auch regen Zuspruchs erfreut. Wir haben das Thema der Aufwüchse bei den Studentenzahlen hier schon mehrfach debattiert. Der Trend ist letztendlich ungebrochen; wir konnten an den letzten Zahlen ablesen, dass es einen leichten Rückgang gibt. Aber nach wie vor ist es bei jungen Menschen sehr beliebt, eine akademische Karriere einzuschlagen. Daraus erwächst Verantwortung – Verantwortung für diese Koalition, für die Landesregierung –, die Hochschulen so auszustatten, dass sie mit diesen Zahlen bestmöglich umgehen können.

Gleichzeitig will ich an dieser Stelle den Werbeblock einlegen: Wir haben auch eine sehr attraktive Möglichkeit dualer beruflicher Ausbildungen, und das muss man jungen Menschen auch immer wieder mit auf den Weg geben. Die Frage ist: Gibt es auch noch andere Wege? Auch da sind wir in Hessen vorn, beispielsweise später, nach einer Berufsausbildung, doch noch ein Studium aufzunehmen. Das ist ein Beispiel dafür, wie hessische Hochschulpolitik funktioniert und den Menschen auch dient.

(Beifall CDU)

Wir haben über die ganzen Jahre einen enormen Aufwuchs der Zahlen bei Studentinnen und Studenten gehabt. Es ist eine enorme Herausforderung, dem auch finanziell nachzukommen, und der stellt sich diese Landesregierung mit

den sie tragenden Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir wollen den bewährten Rahmen der Autonomie erhalten und dabei finanziell, rechtlich und organisatorisch richtige Rahmenbedingungen erhalten.

Ich danke ausdrücklich den Hochschulgemeinden mit den Präsidentinnen und Präsidenten an der Spitze, dass sie bei all den Herausforderungen, die immer wieder aufs Neue auf sie einprasseln – in den letzten zwei Jahren war es Corona –, versuchen mussten, den Betrieb aufrechtzuerhalten, junge Menschen bei der Stange zu halten und Brüche in ihrem Karriereweg möglichst zu vermeiden. Hier wurden unglaubliche Anstrengungen unternommen; und jetzt ist es die Ukraine.

Frau Deißler, wir haben uns in der letzten Woche im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst auf einen Berichtsantrag Ihrer Fraktion hin mit dem Thema Ukraine beschäftigt und dabei festgestellt, dass es natürlich ein laufender Prozess ist.

Dieser Krieg ist jetzt fünf Wochen alt. Wir alle hoffen, dass diese schrecklichen Bilder irgendwo einmal ein Ende finden. Wir sehen gleichzeitig, dass immer neue Menschen zu uns kommen. Aber bis die ankommen, dauert das noch ein bisschen. Das Ministerium kann doch nicht anordnen: „An dieser Hochschule macht ihr es so, an jener so“, weil jede Hochschule anders ist und weil die Interessenlagen der Ukrainer, die ankommen, möglicherweise ganz unterschiedlich sind.

Frau Ministerin Dorn hat uns auch in Kenntnis gesetzt, dass sie uns stetig zu dem Thema informieren wird, dass wir weitere Updates bekommen. Dann werden wir in den nächsten Wochen auch ein klareres Bild erhalten. Aber jetzt sozusagen schon zu verlangen, dass die Hochschulen dafür sorgen müssen, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer an den Hochschulen ankommen: Diesen Bedingungen stellen sich die Hochschulen, aber mit einer gewissen zeitlichen Spanne; denn erst einmal müssen die Menschen hier überhaupt ankommen.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, im Rahmen der Regierungserklärung zur hessischen Hochschulstrategie haben wir hier im letzten Jahr sehr umfangreich debattiert. Es ging um die Mischung aus bewährten Instrumenten und Weiterentwicklungsprogrammen und -ansätzen. Da ging es auch um die Frage des Strategieprozesses, nämlich, dass sich die Hochschulen selbst gefragt haben: Wo wollen wir hin? Wo geht unser Weg hin? Daraus hat sich viel Positives entwickelt. Es sind Potenziale entdeckt worden, die es jetzt zu heben gilt. Das haben wir flankiert mit unserem Hochschulpakt 2021 bis 2025 mit einem Rekordvolumen von 11,5 Milliarden €.

Es war immer klar: Es gibt Zielvereinbarungen; sie sind aufgesetzt auf die Strategie. Jede Hochschule schaut auf ihr eigenes Feld und versucht dann, daraus ihre Potenziale zu heben. Daraus ist etwas entstanden, wovon man sagen muss: Damit kann man wirklich arbeiten. – Es gibt das Centrum für Hochschulentwicklung. Die stehen nicht im Verdacht, irgendein Parteibuch zu haben. Die haben die Frage, wie wir es hier in Hessen machen, als „wissenschaftlichen Quantensprung“ bezeichnet. Das ist doch ein Urteil, das man wirklich einmal gerne zur Kenntnis nehmen darf.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gleichzeitig haben wir natürlich ein sich ständig veränderndes System. Das ist eine enorme Herausforderung. Der Ruf nach mehr, mehr, mehr ist aus der Opposition heraus leicht zu bewerkstelligen. Wir müssen das aber auch finanziell abbilden. – Der Finanzminister sitzt hier. Ich sage an der Stelle herzlichen Dank dafür, dass wir im Bereich Wissenschaft und Kunst am Ende des Tages doch immer wieder zu guten Ergebnissen kommen.

Wir haben auch ein sehr gutes Verhandlungsergebnis bei den Zielvereinbarungen erreicht. Ich glaube, es gibt dort eine Zufriedenheit, die man mittlerweile auch an den Hochschulen spürt – natürlich mit immer wieder neuen Herausforderungen. Aber für das Verhandlungsergebnis, das in großer Einigkeit erzielt wurde, danke ich ausdrücklich Staatsministerin Dorn und Staatssekretärin Asar. Das war nicht einfach. Da ist sehr viel Zeit investiert worden, um am Ende des Tages zu einem Ergebnis zu kommen, wovon wir sagen können: Ja, unsere Hochschulen entwickeln sich weiter nach vorn. Die Herausforderungen, die wir haben, werden gemeinsam gelöst. – Ja, in der Tat: 2025 ist noch eine Zeit lang hin.

Aber genauso verhält es sich mit dem Beispiel, das Frau Kula genannt hat und das die Universität Marburg betrifft. Genau daran sieht man, warum es Sinn macht, individuell zu fragen: Wo steht ihr denn? Steht ihr beim Beschäftigungsverhältnis hier oder da? – Dann werden entsprechende Vereinbarungen getroffen. Das ist auch gut so.

Deshalb sind wir hier auf einem sehr guten Weg, um den Hochschulpakt jetzt erfolgreich weiter auszugestalten. – Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion bitte ich nun Frau Dr. Sommer nach vorn.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Grobe, Ihre Verachtung für das weibliche Geschlecht,

(Dr. Frank Grobe (AfD): Das ist doch gar nicht wahr!)

vor allem für Führungsfrauen – heute für Frau Ministerin Dorn –, kann man nicht so stehen lassen.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Rolf Kahnt (fraktionslos))

Das ist sexistisch, das ist unsäglich, das ist menschenverachtend. Wie schön, dass Sie sich hier mit jedem Beitrag immer wieder disqualifizieren.

(Zuruf Dr. Frank Grobe (AfD))

Da kann ich Frau Kula nur recht geben. Das scheint wohl nicht therapierbar zu sein.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Rolf Kahnt (fraktionslos))

Jetzt aber zu dem Pakt. Die Verstetigung und Dynamisierung waren richtig. Das gibt Planungssicherheit und Verlässlichkeit – da waren wir uns einig. Aber mit der Verstetigung der Mittel war die Erwartung verbunden, dass

Hochschulen entfristen, dass Dauerstellen geschaffen werden, dass Daueraufgaben auf Dauerstellen erledigt werden können. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, für uns bleibt der Grundsatz bestehen: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben gute, verlässliche Perspektiven verdient.

(Beifall SPD und Elisabeth Kula (DIE LINKE))

Deswegen begrüßen wir auch die konkreten Ziele, die vereinbart wurden. Aber das war überfällig. Das hat übrigens auch der Hessische Rechnungshof in seinen Bemerkungen bemängelt. Das heißt, Sie kamen eigentlich nicht mehr drum herum, Ihnen wurde die Pistole auf die Brust gesetzt, um Konkretisierung vorzunehmen. Das Zeugnis dazu finden Sie in Drucks. 20/3822. Da titelte der Rechnungshof treffend: „Hochschulpakt-Mittel im Sparstrumpf!“, und das fiel gar nicht gut aus: mangelnde Zielbeschreibung, fehlende Anreize, fehlende Sanktionen. Ihre Zielvereinbarung als „Quantensprung“ zu bezeichnen, ist deswegen etwas too much.

Sie wenden sich von den Absichtserklärungen Ihrer Amtsvorgänger Rhein und Kühne-Hörmann ab, hin zu festen, verbindlichen Zielen. Das haben Sie beschlossen, das begrüßen wir. Aber Sie entfernen sich – in Schulnoten gesprochen – nur langsam von einem Mangelhaft und erfüllen weiterhin nicht alle Anforderungen. Denn neben konkreten Zielen und überprüfbaren Kennzahlen braucht es ein geeignetes Controlling sowie eine standardisierte Berichterstattung. Auch das hat Ihnen der Rechnungshof in das Hausaufgabenheft geschrieben. Der Wissenschaftsrat nennt dazu auch seine Parameter. Inwiefern Sie das geregelt haben oder regeln wollen, ist bislang noch ein bisschen unklar. Vielleicht sagt die Frau Ministerin heute etwas dazu.

Sie alle kennen das schlechte Abschneiden Hessens im Rahmen des Uni-Barometers; das haben wir heute schon gehört. Wir sind auf dem vorletzten Platz, wir liegen bei der Betreuungsrelation 8,2 % unter dem Bundesdurchschnitt. Das sah nicht gut aus. Wir sind daher sehr gespannt und hoffen sehr, dass mit dem Pakt die Entfristung und eine Verbesserung der Betreuungsrelation einhergehen. Denn es wird höchste Zeit, dass Hessen nicht mehr Schlusslicht ist, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD und Lisa Deißler (Freie Demokraten))

Auch wurde nicht nur durch das Uni-Barometer, sondern auch durch den Hessischen Rechnungshof ganz deutlich gemacht, dass die Betreuungsrelation zu schlecht ist. Die neue Vereinbarung zum Hochschulpakt geht in die richtige Richtung. Aber ich sage es noch einmal: Es kommt auf die Umsetzung an, die bisher scheinbar noch ein kleines Pflänzchen ist. Deswegen geht da auf jeden Fall mehr, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Ich kann nur raten: Schauen Sie noch einmal in die Bemerkung zu dem Einzelplan, in der Drucksache steht es drin. Dort wird auf die unterschiedlichen Berechnungsmodelle, auf Vorgaben für eine standardisierte Berichterstattung und auf eine einheitliche Berechnung des Personals und der Betreuungsrelationen hingewiesen. Das ist wichtig. Zudem wird auch auf das Rücklagenmanagement zur Verwendung der Mittel eingegangen. Das fehlt bisher; also bleibt noch einiges zu tun.

Wir können deswegen in dieses Quantensprung-Lob nicht mit einstimmen. Aber der Anfang wurde gemacht. Konkre

te Ziele wurden vereinbart. Der Hochschulpakt muss jetzt endlich zu einem echten Entfristungspakt führen. Denn nur mit Investitionen in entfristete Beschäftigungsverhältnisse und gute Arbeitsverhältnisse werden Kontinuität, gute Betreuungsrelationen und damit natürlich auch Qualität in Forschung und Lehre ermöglicht. Deswegen freuen wir uns, wenn Sie jetzt mehr Gas geben und die PS auf die Straße bringen. – Herzlichen Dank.

(Beifall SPD)

Für die Landesregierung erteile ich nun Frau Dorn das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem Abschluss der Zielvereinbarungen ist uns ein Systemwechsel gelungen. Wir setzen auf Mut zur Profilbildung, auf konkrete, überprüfbare Ziele. Das Zitat „wissenschaftlicher Quantensprung“ ist jetzt schon zweimal gefallen. Das ist wieder ein Superlativ. – Herr Kollege Dr. Grobe, vielleicht können Sie von einem männlichen Experten mehr akzeptieren; denn tatsächlich ist dies das Zitat von Herrn Ulrich Müller vom Centrum für Hochschulentwicklung.

(Zuruf Dr. Frank Grobe (AfD))

Ich bin sehr stolz, dass wir diese besondere Auszeichnung erhalten haben. Denn wir haben sehr viele Anstrengungen unternommen, um ein neues System in diese Zielvereinbarungen hineinzubringen.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Weg, den wir hier gemeinsam mit den Hochschulen einschlagen, setzt wirklich Mut voraus – Mut, eigene Schwächen zu benennen, Mut, das eigene Profil zu schärfen, und Mut, sich auf konkrete Ziele verpflichten zu lassen. Frau Kollegin Kula, da setzen wir auf konkrete Ziele und Verbindlichkeit. Erstmalig wird auch das Erreichen des Ziels prämiert. Insofern ist das weit mehr als eine reine Selbstverpflichtung. Wir sorgen hier wirklich in ganz wichtigen Bereichen für Verbesserungen, für attraktive Beschäftigungsbedingungen, für die Verbesserung in der Lehre, für mehr Bildungsgerechtigkeit.

Ich sehe diesen Widerspruch zum Leistungsprinzip – wie es dem Weltbild der AfD entspricht – nicht. Ich bin sehr froh darüber, dass die große Mehrheit hier im Hause diesen Widerspruch auch nicht sieht. Denn tatsächlich setzen wir auf die Entfaltung der Potenziale von allen Menschen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir das brauchen – für diese Gesellschaft, für die Welt voller Krisen und Herausforderungen. Insofern ist es sehr wichtig, genau an dieser Stelle in Bildungsgerechtigkeit zu investieren.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Einzelnen. Wir wollen attraktive Beschäftigungsbedingungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Hochschulen. Dazu gehört die Sicherheit. Das wollen wir übrigens gemeinsam mit den Hochschulen, weil es ein Problem ist, wenn sich junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Vertrag zu Vertrag hangeln. Ich finde, das hat diese Bewegung „Wir sind Hanna!“ sehr deutlich

zum Ausdruck gebracht. Gerade die Postdoc-Phase ist hier im Fokus.

Wir haben gemeinsam mit den Hochschulen vereinbart, dass wir die Anzahl der im Bereich des wissenschaftlich-künstlerischen Personals dauerhaft Beschäftigten insgesamt um 30 % im Vergleich zum Jahr 2018 steigern wollen. Das ist eine Riesenanstrengung vonseiten der Hochschulen. Das war auch nicht einfach zu verhandeln.