Protokoll der Sitzung vom 31.03.2022

Konzernen, kommt es sogar zur sinnvollen Konzentration der Arbeiten an wenigen ausgesuchten Standorten.

Wir erkennen die Anstrengungen einer tiefgreifenden Reorganisation zu einer neuen Ausrichtung der Steuerverwaltung durchaus an. Die noch in der Implementierung befindliche interne und externe Digitalisierung macht es sicherlich notwendig, auch die Gebäude, die Infrastruktur und die Standorte kritisch zu betrachten. Der Zugang und die Kommunikation der Verwaltung mit den Bürgern und den Firmen haben sich verstärkt geändert und werden sich verstärkt ändern.

Die Verlagerung einzelner Funktionen in bestimmte zentrale Standorte in der Peripherie mit einer geänderten Konzentration der Aufgaben und Vorgänge kann dabei aus den verschiedensten, aber eben aus zweitrangigen Gründen auch für die Gewinnung qualifizierter Arbeitnehmer sicherlich von Vorteil sein.

Es ist eigentlich ein Armutszeugnis, dass wir die Verwaltung in diese ländlichen Gebiete verlegen müssen; denn die Industrie ist abgewandert. Das waren die Fehler Ihrer Industriepolitik.

(Beifall AfD)

Die Regionalisierung an sich darf aber nicht zum Selbstzweck werden – so könnte man den Titel des Antrags leider deuten –; entsprechende Maßnahmen sollten nicht auf Kosten der Funktionalität durchgeführt werden. Die Miet- und Eigentumsverhältnisse einer ganzen Reihe von heute noch belegten Immobilien sind sehr kompliziert – sicherlich nicht zuletzt aufgrund der noch immer nicht in Gänze offengelegten Leo-Immobiliengeschäfte –, auch was die Laufzeiten der Verträge, die Vermarktung und die anderweitige Verwendung betrifft. Hierbei werden sicherlich Kompromisse notwendig sein, um die zukünftigen Strukturen in ihrer Funktionalität nicht unnötig zu belasten. Eine detaillierte Darstellung der hier zu tragenden Folgen für den Haushalt liegt dem Landtag bisher nicht vor.

Bevor die Regierung den Verkauf von anderen Immobilien und Liegenschaften anfasst, sollte sie die umfangreichen Auswirkungen der sich nicht zuletzt infolge der Corona-Pandemie schnell verändernden Arbeitsbedingungen evaluieren. Wir denken hierbei an die sogenannten HessenBüros, die im Raum Limburg und Fürth entstehen, als Beispiel für andere Standorte – durchaus positiv.

Wir wünschen der Finanzverwaltung viel Erfolg, wie es bei uns die Regel ist.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Herr Abg. Heidkamp. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt die Abg. Kalveram das Wort.

Um die Zeit, bis sie am Redepult ist, ein bisschen zu verkürzen, möchte ich Ihnen mitteilen, dass der Abg. Marius Weiß heute ganztägig entschuldigt ist.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Aktuelle Stunde der CDU ist weder eine Stunde, noch ist sie aktuell. Ich verstehe, dass Sie in diesen Tagen an den verstorbenen Finanzminister Dr. Schäfer er

innern möchten, gestern mit der Deutschland-Rente, heute mit der Strukturreform. Beides sind von ihm angestoßene Projekte. Das ist verständlich, aber es ist eben kein aktueller Anlass.

Dabei gibt es zurzeit mehr als genug aktuelle Anlässe – auch in der Finanzverwaltung. Im April, der morgen beginnt, sollte beispielsweise der Erlass des Finanzministeriums fertig evaluiert sein, der die Urlaubs- und Freistellungsregelung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der hessischen Finanzverwaltung neu gestaltet.

Sie erinnern sich vielleicht an dieses Pilotprojekt, an diesen „Ehrenamtsverhinderungserlass“, mit dem der Zentralabteilungsleiter mit Rückendeckung des Ministers versucht, die gewerkschaftliche Betätigung der Bediensteten auszubremsen. Wie geht es damit eigentlich weiter? Das zu erklären, wäre einmal ein aktueller Anlass und ganz dringend notwendig.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Ziel, die Arbeit zu den Menschen in die ländlichen Regionen zu bringen, teilen wir. Den Weg, den das hessische Finanzministerium eingeschlagen hat, halten wir jedoch für falsch, und wir bezweifeln auch weiterhin, dass die hessische Steuerverwaltung am Ende der Strukturreform effizient aufgestellt sein wird.

Es gibt Finanzämter im ländlichen Raum, die profitieren. Aber insgesamt gesehen, ist die Verlagerung der Finanzbehörden lediglich eine Umverteilung. Allein dadurch entstehen eben noch keine neuen Arbeitsplätze.

(Michael Ruhl (CDU): Darum geht es gar nicht!)

Die Reform wirft jede Menge Fragen auf, die Sie stets einfach zur Seite wischen. Handelt es sich bei den Stellen, die in den ländlichen Raum verlagert werden, eigentlich um wertige Stellen? Die Bankprüfungen und die großen Konzernbetriebsprüfungen bleiben in der Stadt. Das sind aber gerade die Bereiche, in denen es große Personalentwicklungsmöglichkeiten gibt – auch für den gehobenen und mittleren Dienst.

Teil der Reform ist auch die Fusion der Finanzämter in Frankfurt, Wiesbaden, Offenbach und Kassel. Die so entstehenden Megaämter sind nicht per se unproblematisch. Es gibt bei jedem fusionierten Standort eine Zentralabteilung, eine innere Abteilung und eine Stabsstelle. Was heißt das denn für die Arbeitsebenen und für die produktive Ebene? Sind dafür überhaupt noch genug Leute da? Die Stimmung in den Finanzämtern ist, wie man hört, jedenfalls ausgesprochen schlecht.

(Michael Ruhl (CDU): Da hören wir etwas ganz anderes!)

Sie haben mit dieser Strukturreform ein unnötiges Durcheinander in den Finanzbehörden geschaffen, das die Arbeitserledigung hemmt und die Mitarbeiterzufriedenheit negativ beeinträchtigt.

(Zuruf CDU: Ei, ei, ei!)

Diese Reform führt bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Unsicherheit, Angst, Unmut und teils zu ganz offenem Widerstand.

(Widerspruch CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Genau das artikulieren diese auch. Sie müssten nur einmal zuhören.

(Beifall SPD und Jan Schalauske (DIE LINKE))

Was ist denn mit den Tarif-Auszubildenden? Gibt es für sie ein echtes Konzept? Wie ich höre, gibt es da vor allem eine große Fluktuation.

Die Zentralisierung der Grundsteuerbewertungsstellen sehen wir mehr als nur skeptisch, und wir halten auch die Anzahl der für diese Aufgabe neu eingestellten Mitarbeiter für viel zu gering. Hessen läuft auf ein ganz großes Grundsteuerchaos zu.

(Beifall SPD)

Sie sehen, dass sich das Thema für eine schwarz-grüne Selbstbeweihräucherung wahrlich nicht eignet.

(Zuruf CDU: Doch!)

Nein.

(Zuruf CDU: Doch!)

Nein.

(Heiterkeit)

Aber auch wir möchten die Arbeit zu den Menschen bringen. Wir wünschen uns eine echte Stärkung des ländlichen Raums mit echten Heimatbüros, durch die sich die Finanzbehörden mit den Kommunen besser verzahnen können.

Das gilt zum einen räumlich, weil es in den ländlichen Kommunen viel gewerblichen Leerstand gibt, und es gilt inhaltlich, beispielsweise bei der Umsetzung der neuen Grundsteuer. Von einer effektiv aufgestellten Steuerverwaltung ist Hessen auch nach fünf Jahren Reform nach wie vor weit entfernt. Das wäre dann wiederum ein aktuelles Thema. – Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und Jan Schalauske (DIE LINKE))

Vielen Dank, Frau Abg. Kalveram. – Für die Fraktion der Freien Demokraten hat jetzt die Abg. Schardt-Sauer das Wort.

(Die Rednerin hustet.)

Entschuldigung.

(Zuruf)

Ja, genau, das Thema ist so sperrig.

(Minister Michael Boddenberg: Staubig!)

Das haben Sie gesagt, Herr Minister, dass das staubig ist. Ich dachte, es wäre topaktuell.

Werte Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Die Aktuelle Stunde wurde beantragt, weil das eben diese Rituale sind, dass sich die Unionsfraktion für die Strukturreform der Landesregierung loben lassen will. Der Kollege hat eben ziemlich getreulich – er versucht den tieferen Sinn dieser Aktuellen Stunde zu finden – diese Pressemitteilung des HMdF wiedergegeben. Über die Frage, was alles gemacht wurde, wurde vom Kollegen sehr gut vorgetragen.

Es wurden Arbeitsplätze im ländlichen Raum geschaffen. Es wurde dezentralisiert, und gleichzeitig wurden Doppelstrukturen zusammengelegt.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kollegen, ich verstehe Sie ja, ich verstehe auch die Landesregierung und insbesondere diesen Finanzminister, dass er so ruhige beständige Themen in den momentanen Zeiten sehr genießt und die Ruhe bevorzugt.