Protokoll der Sitzung vom 22.09.2022

Ja, der Eurofighter hat bis jetzt gefehlt, der fehlt mir tatsächlich. – In Ihren Finanzierungsansätzen lässt die Kreativität zu wünschen übrig. Vielleicht können Sie da auch einmal etwas Neues bringen.

(Zurufe DIE LINKE)

Da Sie anscheinend selbst nicht genau wissen, wie Sie Ihre Vorhaben finanzieren wollen, scheint es für Sie auch ausreichend zu sein, vermeintlich einfache Lösungen zu präsentieren. Seit der Begriff der Übergewinnsteuer kursiert – das ist mein Eindruck –, scheinen Sie sich nahezu für diese Idee zu begeistern; denn schließlich kann man damit anscheinend alles finanzieren.

Aber jetzt wollen wir einmal zur Sache kommen. Dass Ihre Fraktion es mit der Wirtschaft nicht so hat, ist ja kein Geheimnis. Deswegen vielleicht ein, zwei Fakten zu Ihren Finanzierungswünschen.

Zum einen scheinen Sie zu vergessen, dass der Staat durch höhere Gewinne von Unternehmen bereits jetzt profitiert. Vielleicht haben Sie auch schon einmal von der Gewerbesteuer und von der Umsatzsteuer bzw. der Mehrwertsteuer gehört.

Zum anderen ist es nahezu unmöglich, zu bestimmen, was denn der Übergewinn eines Unternehmens eigentlich ist. Das müssten Sie an der Stelle vielleicht noch erklären.

(Beifall CDU und Freie Demokraten – Zuruf DIE LINKE)

Definitionsgemäß betrifft das alle Gewinne, die vom Normalen abweichen. Aber um überhaupt zu definieren, was denn das Normale ist, was der normale Gewinn ist, brauchen wir auch wieder ein Referenzjahr.

(Elisabeth Kula (DIE LINKE): Andere Länder machen es auch!)

In Summe ist Ihre Argumentation, Ihr Finanzierungsvorschlag doch etwas auf dünnem Eis aufgebaut.

(Beifall CDU – Zuruf Dr. Stefan Naas (Freie Demo- kraten))

Ja, Herr Kollege Naas, wir haben uns gestern auch lieb gehabt, vielen Dank für das Kompliment.

(Heiterkeit und Zurufe)

Ich will jetzt nicht noch weiter auf Ihr etwas schwieriges Finanzierungsmodell eingehen.

Sie möchten am liebsten alles kostenlos anbieten, ohne sich über die nachhaltige Finanzierung Gedanken zu machen. Wir hatten bereits gestern über das Thema gesprochen, und wir waren uns eigentlich zumindest in großen Teilen darüber einig, dass ein attraktiver ÖPNV jetzt nicht ausschließlich davon abhängt, dass er kostenlos oder nichts wert ist, sondern wir sind uns schon darüber einig – zumindest in großen Teilen –, dass ein attraktiver ÖPNV eben auch kostet.

Wir beschäftigen uns auch schon seit Langem mit dem Thema des Ausbaus der Mobilitätsangebote. Wir haben hier in Hessen diverse Flatrate-Tickets am Start. Wir haben über die Hälfte der Hessinnen und Hessen mit einem Flatrate-Ticket ausgestattet; das wurde heute Morgen angesprochen, es wurde gestern schon gesagt. Es ist also nicht so, dass da nichts passieren würde.

Wir wollen diese Angebote natürlich auch in Zukunft weiter ausbauen, selbstverständlich. Deswegen begrüßen wir es auch, dass nach diesem langen Hin und Her, das wir jetzt erlebt haben, die Bundesregierung nun ein Nachfolgeticket für das 9-€-Ticket beschlossen hat. Aber – das ist ganz klar – hier muss der Bund auch seiner Verantwortung nachkommen. Es braucht eine realistische Finanzierung, die nicht nur darauf aus ist, einmalig die kurzfristig gestiegenen Energiepreise abzufedern, sondern die auch den Ausbau eines qualitativen Angebots ermöglicht; denn – auch das wurde angesprochen – die ländlichen Räume, das sind die Räume, die von dem 9-€-Ticket am wenigsten profitiert haben, weil dort der Bus eben nur im Stundenoder Dreistundentakt vorbeikommt, an der Milchkanne auf dem flachen Land.

(Zuruf Torsten Felstehausen (DIE LINKE))

Dafür muss die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag stehende Erhöhung der Regionalisierungsmittel schnellstmöglich auf den Weg bringen, damit wir diese Investition auch in diesem Bereich tätigen können.

(Zuruf Tobias Eckert (SPD))

Das Land Hessen gibt diese auch zu 100 % an die Aufgabenträger weiter und darüber hinaus mit 124 Millionen € auch wesentliche eigene finanzielle Mittel für die Finanzierung des ÖPNV.

Meine Damen und Herren, in Ihrem Antrag bringen Sie keine realistische Idee über die Finanzierung Ihrer Vorhaben. Sie fokussieren sich fast ausschließlich auf die preisliche Attraktivität des ÖPNV und scheinen dort, wo Sie über den Ausbau sprechen, nicht über die Zuständigkeiten informiert zu sein; das lese ich aus Ihrem Antrag so heraus.

Deswegen werden wir Ihren Antrag leider ablehnen müssen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tobias Eckert (SPD): „Leider“, ausnahmsweise! – Weitere Zurufe)

Danke, Herr Bamberger. – Für die AfD-Fraktion erteile ich Herrn Gagel das Wort.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Ich hatte gedacht, der Kollege von der FDP sei vor mir dran, er hatte auch vor mir abgegeben. Aber bezüglich des Antrags der LINKEN stelle ich hier fest, dass überfüllte Züge und Bahnsteige und eine künstlich erhöhte Reisetätigkeit die Seiteneffekte des 9-€-Tickets waren.

Darüber hinaus ist unstrittig, liebe Fraktion auf der linken Seite, dass mit dem 9-€-Ticket 2,5 Milliarden € Steuergeld in einem einmaligen Strohfeuer verbrannt wurden – das habe ich bereits gestern gesagt –,

(Beifall AfD)

die nach unserer Auffassung an anderer Stelle mit Sicherheit hätten effektiver eingesetzt werden können.

Zudem muss man feststellen, dass die Gewöhnung an Dauersubventionen sowohl für die Verbünde als auch für die Nutzer Begehrlichkeiten weckt. Das sieht man jetzt an der Diskussion, die Prinzipien über Bord zu werfen, die jahrzehntelang in diesem Land praktiziert wurden.

(Beifall AfD)

Es ist das Prinzip, dass auch der ÖPNV eine möglichst hohe Deckungsquote durch Fahrgeldeinnahmen erbringen soll, damit die Investitionsfähigkeit und das Führen eines Verkehrsverbundes auf betriebswirtschaftlicher Grundlage möglich sind. Darüber hinaus – das steht außer Frage – belastet jeder Euro mehr an Subventionen für den ÖPNV unseren hessischen Haushalt.

(Beifall AfD)

Ministerpräsident Rhein hat gerade erst am Montagmorgen im Frühstücksfernsehen deutlich klargemacht, dass die Schuldenbremse weiterhin gilt. Jeden Euro Schulden, der heute aufgenommen wird, muss eine zukünftige Generation zurückzahlen. So sagte es Ministerpräsident Rhein am Montagmorgen.

Deswegen ist es so, dass gerade deshalb, weil erhöhte Subventionen den ÖPNV selbst schwächen und darüber hinaus den hessischen Haushalt belasten, ein 9-€-Ticket keine wirklich gute Idee für die Zukunft sein kann, weil es nicht preisgerecht an den Markt kommt.

(Beifall AfD)

Neben der Tatsache, dass ein 9-€-Ticket auch wettbewerbsverzerrend wirkt – man denke nur an Anbieter wie Flixbus –, kann diese Art einer Fast-Vollsubvention auf gar keinen Fall das Mittel sein, um einen starken zukunftsfähigen ÖPNV zu gestalten und gleichzeitig einen gesunden Staatshaushalt vorzulegen.

(Beifall AfD)

Die Corona-Krise hat gezeigt, welche Löcher eine Nutzerzurückhaltung in die Kalkulation der Verbünde reißt, die dann durch Haushaltsmittel aufgefüllt werden mussten – Stichwort: Sondervermögen.

Ich habe in Erinnerung, dass dies allein für das Jahr 2020 250 Millionen € waren. Jede Landesregierung muss also, wenn sie es ernst meint mit soliden Staatsfinanzen und es ebenso ernst meint mit einem starken, zukunftsfähigen und investitionskräftigen ÖPNV, jede Art von HöherSubvention ablehnen.

(Beifall AfD)

Einige ÖPNV-Nutzer haben während der Zeit des 9-€-Tickets dem ÖPNV den Rücken gekehrt. Andere kehren ihm jetzt den Rücken, weil sie sagen: Ich kaufe doch keine Monatskarte für 100 €, wenn sie doch eigentlich nur 9 € wert ist.

(Lachen bei der SPD – Zuruf SPD: In welcher Welt leben Sie eigentlich? – Gegenruf Robert Lambrou (AfD))

Ob der ÖPNV durch das 9-€-Ticket also dauerhaft mehr Nutzer erhält, steht für mich ganz klar in den Sternen. Nur dann, wenn man diese extrem weitreichende Subvention dauerhaft fortführen würde, wie es die LINKEN hier in ihrem Antrag fordern, würde man vielleicht die Mitnahmeeffekte sehen, die aber bei Weitem nicht die hohen Subventionen mit all den negativen Nebenwirkungen rechtfertigen.

(Beifall AfD)

Besitzer von Monats- und Netzkarten, die bislang für einen guten ÖPNV gutes Geld bezahlt haben, erwarten Qualität. Dass die Qualität bei den Nebeneffekten des 9-€-Tickets gelitten hat, ist selbsterklärend. Und dass die Qualität bei einer Fortsetzung weiter extrem leidet, liegt doch auf der Hand.

(Beifall AfD – Zuruf DIE LINKE)

Dass die Nachfolgepartei der SED, die für ihre Errungenschaften des real existierenden Sozialismus – wie Mangelwirtschaft, unterdrückte Bürger, das gelenkte DDR-Staatsfernsehen, Zwang und Bevormundung, Ausblendung der Realität und schließlich Haft und Folter für politisch Andersdenkende – heute einen Antrag mit dem Titel „Freie Fahrt für freie … Bürger“ einbringt, ist dagegen ein Hohn.

(Beifall AfD)

Er blendet, genauso wie es in der DDR der Fall war, Realitäten aus und will nur Ideologie umsetzen.

(Beifall AfD)