Meine Damen und Herren, wir haben die Regionen früh in unsere Überlegungen einbezogen: die Landrätinnen und Landräte, die Bürgermeister, Forst- und Landwirtschaft und Naturschutz mit persönlichen Gesprächen und Informationsveranstaltungen und Wanderungen durch den Teil des künftigen Nationalen Naturmonuments. Es gibt eine große Bereitschaft, sich am Grünen Band zu beteiligen. Wir wollen die Chance aktiv aufgreifen mit Förderungen der Orte für die Erinnerungskultur und den Naturschutz.
Ein Novum ist, dass Hessen sich als erstes westdeutsches Bundesland in das Grüne Band einreihen wird. Darauf können wir auch stolz sein.
Wir schaffen damit ein Schutzgebiet, das uns mit Ländern vom Eismeer bis zum Schwarzen Meer quer durch Europa verbindet. Wir erinnern damit an die deutsche Wiedervereinigung und setzen damit auch ein Zeichen der Hoffnung über Hessen hinaus, ein Zeichen, das wir alle dringend brauchen in Europa in dieser Zeit. – Herzlichen Dank.
Frau Ministerin, herzlichen Dank. – Ich eröffne die Aussprache. Als Nächste spricht Frau Kollegin Heimer für die Fraktion DIE LINKE.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist immer wieder schön, vor allem für die Umweltministerin, wenn sie neue Naturschutzflächen ausweisen, einen Nationalpark erweitern oder die finanzielle Unterstützung eines Umweltprojekts verkünden kann. Das finden wir auch gut. Es ist nur die Frage, ob das reicht, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten.
So, wie sich unsere Naturräume in den letzten Jahrzehnten verändert haben, ist die Antwort: Nein. Der Erhaltungszustand vieler Naturschutzflächen ist schlecht, wie unsere Große Anfrage zur Bilanz der Biodiversitätsstrategie in Hessen offenbarte. Die Landesregierung ist noch weit davon entfernt, den Artenschwund auf Wiesen, Feldern und Äckern zu bremsen oder gar zu stoppen. Außer den von Frau Ministerin Hinz werbewirksam in Szene gesetzten Erfolgen bei einzelnen Arten hat sich der Erhaltungszustand fast aller Naturschutzflächen dramatisch verschlechtert: Insektensterben auch in den Naturschutzgebieten, Vogelsterben und jetzt Fischsterben.
Durch den Klimawandel kommen uns ganze Lebensraumtypen abhanden. Feuchtgebiete, sogar Flüsse wie die Nidda fallen zeitweise trocken. Hessen verfehlt alle selbst gesetzten Ziele im Arten- und Biotopschutz.
Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Über die historisch wichtige Bedeutung des Grünen Bandes hinaus ist der Flächenschutz innerhalb des europäischen Biotopverbundes absolut wichtig. Wir unterstützen beide Ziele ausdrücklich. Aber wenn wir in allen anderen Bereichen einfach wie gewohnt weitermachen, ist die Unterschutzstellung von Flächen, um die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu sichern, wie es im Gesetz heißt, eine absurde Idee. Das betrifft vor allem die Landwirtschaft, den Verkehr, die Gebäudenutzung, aber auch die Menge und Art unseres materiellen Konsums.
Seit Jahrzehnten werden diese drängenden Themen hier debattiert. Sie stehen in Reden, Pressemitteilungen und Plänen der aktuellen Regierung. Aber es gibt kaum Fortschritte bei der Umsetzung. Was ist aus der angekündigten Pestizidstrategie geworden? Was ist aus dem Ziel geworden, die Neuinanspruchnahme von Äckern, Grünland und Wald auf 2,5 ha pro Tag zu reduzieren? Wie ist der Fortschritt bei der energetischen Gebäudesanierung oder dem Gewässerschutz? Noch immer ist die Werra der salzigste Fluss Deutschlands.
Mit keinem Naturschutzprojekt der Welt lassen sich die negativen Wirkungen von Intensivlandwirtschaft, Flächenversiegelung, CO2-Freisetzung, Ressourcenverbrauch und Flussversalzung ausgleichen. Ohne den sozial-ökologischen Umbau all dieser Bereiche bleiben Naturschutzgebiete wie das Grüne Band Symbolpolitik.
Was man aber mindestens erwarten könnte, ist, dass die im Grünen Band versammelten Flächen wirklich dem Natur-, Umwelt- und Ressourcenschutz dienen. Aber was liefert da die grüne Ministerin ab? Außer in der Schutzzone I dürfen auf Ackerflächen und Wäldern der anderen Schutzzonen Düngemittel, Pflanzen- und Holzschutzmittel jeder Art verwendet werden. Um es noch einmal in Erinnerung zu rufen: Das waren die Forderungen der AfD und der FDP heute Vormittag.
Agrochemie aus der Intensivlandwirtschaft hat auf Naturschutzflächen nichts verloren. Es ist ein starkes Stück, dass Ministerin Hinz uns die planmäßige Vernichtung von Insekten auf Naturschutzflächen als Erfolg verkaufen will. Ich gebe Ihnen einmal Nachhilfe. In der Quedlinburger Erklärung zum Grünen Band des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN aus 2020 heißt es:
In ganz Europa verlieren wir durch intensive Landwirtschaft fruchtbare Böden und Artenvielfalt. Mit ihrem massiven Einsatz von Gülle und Pestiziden ist die industrialisierte Landwirtschaft zu einem der größten Treiber des Artensterbens geworden.
In Sachsen-Anhalt feiern es die GRÜNEN als Erfolg, dass im Grünen Band keine Pestizide mehr eingesetzt werden dürfen. In Hessen und Thüringen schafft es diese wichtige Forderung nicht ins Gesetz. Wenn Sie es mit dem Insektenschutz auch nur ansatzweise ernst meinen, müssen Sie den Einsatz von Pestiziden auch in hessischen Naturschutzgebieten untersagen.
Okay, dann komme ich zum Schluss. – Machen Sie sich ehrlich, und sagen Sie den Menschen, was wir machen müssen und was Sie tatsächlich umgesetzt haben. Bekennen Sie endlich Farbe. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Heimer. – Jetzt hat die Abg. Lena Arnoldt, CDU-Fraktion, das Wort. Lena, bitte.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich heute in meinem Wahlkreis, in meiner Heimat unterwegs bin, dann fahre ich so selbstverständlich
von Wanfried nach Treffurt, von Friedewald nach Bad Salzungen oder auch von Bad Sooden-Allendorf nach Lindewerra. Trotzdem habe ich immer noch den Gedanken: Hier war vor etwas über 30 Jahren eine praktisch unüberwindbare Grenze.
Dass zuerst die Menschen und dann auch die Politik diese Grenze eingerissen und unser Land wiedervereint haben, bleibt ein politisches Wunder, und es bleibt das vielleicht größte Glück, das unserer Heimat jemals zuteilwurde.
Die Erinnerung an Teilung und Trennung aufrechtzuerhalten und gerade jüngeren Generationen den Wert der Einigung und europäischen Integration ins Gedächtnis zu rufen und zu vermitteln, bleibt daher politische Aufgabe.
Wir wollen mit diesem Gesetz dabei mithelfen und einen Beitrag leisten, dass wir ein Band des Zusammenhalts, der Bewegung und des Austauschs schaffen, wo uns über 40 Jahre eine Grenze getrennt hat. Diese Aufgabe zu erfüllen, Erinnerung wachzuhalten, Begeisterung zu wecken und damit auch den Tourismus in der Region zu stärken, das ist ein Teil dessen, was dieses Gesetz leisten soll.
Gleichzeitig erfüllen wir einen weiteren, ganz wichtigen Zweck. Durch die Ausweisung eines bandartigen Naturmonuments schaffen wir einen wichtigen Beitrag zur Vernetzung von Biotopen. Es ist ein bemerkenswertes Zeichen und Signal, das man sich einmal vergegenwärtigen muss. Wo einst Flächen mit brachialsten Methoden freigehalten wurden, um im Zweifel fliehende Menschen besser erschießen zu können, ist die Natur zurückgekommen und hat auf der Asche dieser Tragödie einen wertvollen, fast einmaligen Lebensraum für eine Tier- und Pflanzenwelt geschaffen, die sonst kaum noch eine Nische und Heimat findet.
Es ist eine große Aufgabe. Wir schaffen hier mit dem Naturmonument das zweitgrößte Schutzgebiet Hessens nach
dem Nationalpark Kellerwald. Gleichzeitig ist es doch ganz anders als der Nationalpark. Wir wollen hier keine Strukturen verändern und zurückführen, sondern das Vorhandene erhalten. Diesem Ziel dient gerade auch die Zonierung.
Wo heute Naturschutzflächen sind, z. B. stillgelegte Staatswaldflächen, sichern wir diese mit dem Gesetz in Zone I und stellen sie unter strengen gesetzlichen Schutz. Wo heute z. B. FFH-Gebiete eine nachhaltige Grünlandbewirtschaftung oder einen besonderen Schutz der Wälder vorsehen, schaffen wir mit Zone II die Rahmenbedingungen, um diese Offenlandflächen zu erhalten oder Waldflächen zu pflegen und naturschutzfachlich aufzuwerten.
Wo schon zu Teilungszeiten und bis heute Ackerbau betrieben wurde, soll das in Zone III auch zukünftig so bleiben. Wir haben deshalb auch Wert darauf gelegt, dass hier ganz ausdrücklich geregelt wird, dass Pflanzenschutz und Düngung dieser Flächen weiterhin im Rahmen der guten fachlichen Praxis möglich sind. Das ist nicht nur eine Frage von Eigentumsrecht, sondern auch eine Verantwortung für die Sicherstellung der Ernährung und auch der Lebensmittelversorgung.
Wo der Bergbau von Kali + Salz die Grenzregion geprägt hat, bleibt diese Nutzung vollumfänglich möglich; denn auch K+S gehört untrennbar zur historischen Geschichte dieser Region. Wo der Erhalt und die Aufwertung der Flächen besondere Maßnahmen erfordern, wollen wir diese auf dem Weg der freiwilligen Kooperation und auch des Vertragsnaturschutzes weiter umsetzen. Das ist der erfolgreiche hessische Weg: Kooperation statt Konfrontation. Deshalb haben wir diesen Vorrang ganz deutlich ins Gesetz aufgenommen und dazu als Sicherheitsnetz eine klare Regelung für Entschädigung und Erschwernisausgleich.
Brauchen wir für die Sicherung der Naturschutzinteressen punktuell doch eine Beschränkung des Eigentums oder wird eine land- und forstwirtschaftliche Nutzung durch dieses Gesetz maßgeblich eingeschränkt oder erschwert, haben die Eigentümer oder die Pächter einen Anspruch auf Ausgleich.
Ich glaube, die Landesregierung hat die Initiative sehr gut ergriffen und einen wunderbaren Vorschlag gemacht. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss und bin optimistisch, dass wir eine gute und eine wichtige Aktivität für meine Heimat und für die osthessische Grenzregion entfalten können.
Liebe Lena Arnoldt, vielen Dank. – Jetzt spricht Frau Abg. Wiebke Knell für die FDP-Fraktion. Wiebke, auf geht es.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Grüne Band entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze ist zweifellos ein einzigartiges Projekt. Das Grüne Band ist Teil der Erinnerungskultur. Denn es erinnert an die Teilung Deutschlands und die damit verbundenen Folgen. Es geht
Das Grüne Band ist auch das erste gesamtdeutsche Naturschutzprojekt. Die Erhaltung der wertvollen Naturwälder und die Erhaltung der Erinnerungskultur unterstützen wir als Freie Demokraten ganz ausdrücklich.
Die Umsetzung dieses Vorhabens stößt aber völlig zu Recht auch auf Kritik. Es gibt einerseits Kritik am Verfahren. Das Verfahren ist politisch stillos. Das Verfahren ist auch ein Schlag in das Gesicht der betroffenen Flächeneigentümer.
Wir, die Parlamentarier, haben den Gesetzentwurf am vergangenen Mittwochabend per Eilausfertigung erhalten. Mit Kartenmaterial sind das 499 Seiten. Das allein schon ist unsäglich.
Sie haben für die Regierungsanhörung eine kurze Frist gewählt. Es waren wiederum nur vier Wochen. Das geschieht dann auch gerne in den Ferien oder während der Haupterntezeit. Das hat im Umweltministerium mittlerweile System. Ich muss das wirklich in jeder Rede kritisieren. Das weiß jeder. Das war auch bei der Jagdverordnung wieder so. Bei der Düngeverordnung wird es am kommenden Wochenende auch wieder so sein.
Aber der eigentliche Skandal ist Folgendes: Mit dem Gesetz werden weitgehende Einschränkungen für die landund forstwirtschaftlichen Flächen beschlossen werden. In Zone I werden die Forstwirtschaft und die Jagd vollständig verboten. Die betroffenen Waldbesitzer wissen davon noch gar nichts. Die haben Sie nämlich nicht informiert.