Wenn die LINKEN am Solidaritätstag der Schutzschleife Angriffe auf Einsatzkräfte und gesellschaftliche Fehlentwicklungen der Polizei zuschreiben wollen, und wenn Frau Kula gestern meinte, ziviler Ungehorsam sei keine Gewalt,
dann gefährden wir damit nicht nur unsere innere Sicherheit, sondern in Anlehnung an meine Eingangsworte auch unsere Freiheit. ± Herzlichen Dank.
(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ± Torsten Felstehausen (DIE LINKE): Lesen Sie einmal die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts durch!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Herausforderungen fr die Sicherheitsbeh|rden waren in den vergangenen Jahren sehr hoch, und sie werden im kommenden Jahr auch nicht kleiner werden. Wir haben die Corona-Krise und den Dannenr|der Forst gehabt; wir hatten etliche Herausforderungen. Wir hatten die Chatgruppen; wir hatten die Aufl|sung des SEK. Es ist wirklich eine turbulente Zeit, die die Polizei hinter sich hat; und die Herausforderungen, die jetzt vor uns liegen, sind nicht viel kleiner, weil wir im kommenden Jahr, angesichts der gesamten Sicherheitslage, vor Herausforderungen stehen, die die Sicherheitsbeh|rden mit uns zusammen werden bewältigen mssen.
Deswegen brauchen wir eine starke Polizei; wir brauchen einen starken Katastrophenschutz sowie einen starken Brandschutz, also starke Feuerwehren, die vor Ort helfen, vielleicht auch im Winter, wo weitere Herausforderungen vor uns liegen k|nnen. Darauf mssen wir uns vorbereiten, und das macht der Katastrophenschutz in Hessen. In diesem Bereich sind wir gut aufgestellt.
Aber ich glaube, dass wir im Bereich der Polizei, neben den vielen tatkräftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die wir dort haben und die täglich fr unsere Sicherheit sorgen, einen weiteren Impuls brauchen, um ein bisschen positiven Schwung hineinzubringen; denn dieser fehlt. Keiner von uns, auch nicht aus der Opposition, m|chte behaupten, dass wir bei der Polizei schlecht aufgestellt sind, was die Strukturen anbelangt. Wir haben neue Stellen, wir haben Stellenhebungen; das ist richtig. Ich glaube aber, dass Impulse fehlen. Es fehlt eine gute Grundstimmung auch innerhalb der Polizei. Die Polizei muss spren, dass sie das Vertrauen, den Rckhalt des Hessischen Landtags, des Ministeriums und des Ministers hat. Das ist in den letzten Jahren ab und an aufgrund der ungeschickten Kommunikation der Hausspitze ein wenig infrage gestellt gewesen.
Deswegen ist es besonders bedenklich, wenn man sieht, dass wir gerade im Innenressort zunehmend Gesetzentwrfe haben, wo infrage steht, ob sie verfassungskonform sind. Wir hatten die Beamtenbesoldung; dazu haben wir schon das Urteil: Sie ist verfassungswidrig. ± Ja, Jrgen Fr|mmrich, es ist ein Vorlagebeschluss, keine Frage, aber es ist schon sehr eindeutig, was dort drinsteht. Wir haben zur H|MS, der Hochschule fr |ffentliches Management und Sicherheit, eine Klage einreichen mssen, weil auch dort die Strukturen nicht so sind, dass wir mit gutem Gewissen sagen k|nnen, das ist verfassungskonform. Ich glaube auch, dass wir mit der Klage erfolgreich sein werden. Wir haben auch dagegen Klage einreichen mssen, dass die LKA-Spitze mit einem politischen Beamten besetzt werden soll.
Wir haben leider weitere Klagen vor uns, so nicht noch Vernunft Einzug halten wird, was im Bereich der Sicherheitsgesetze noch m|glich ist. Darauf hoffen wir; doch was in Sachen anlassloser Videoberwachung geplant ist, ohne weiter zu berprfen, ob wir eine Gefährdungslage haben oder nicht, und im Gesetzentwurf steht, der im Moment noch im Beratungsgang ist, ist nicht verfassungskonform. Auch hiergegen werden wir vorgehen mssen.
Wir haben im Moment ebenfalls einen Verfahrensgang in Bezug auf das Verfassungsschutzgesetz. Aufgrund vieler Fragestellungen in Urteilen aus Bayern, wo schon gesagt wurde, dass es verfassungswidrig ist, mssen auch in Hessen entsprechende Regelungen berarbeitet werden. Das zeigt, dass vor dem Innenministerium ein Haufen Aufgaben liegen, dass fr die Politik insgesamt ein Haufen Herausforderungen bestehen und dass die Polizei dringend endlich wieder das Vertrauen braucht, dass die Vorgaben, die sie gemacht bekommt, auch so sind, dass sie danach arbeiten kann und darf, statt immer befrchten zu mssen, dass es neue Probleme und Herausforderungen gibt und sie auf einer unsicheren Rechtsgrundlage arbeitet.
Deswegen mssen wir dringend dazu kommen, verlässliche, gute und vernnftige Gesetzentwrfe zu bekommen, um das Vertrauen in unseren Rechtsstaat zu festigen. Das ist der Hintergrund des Ganzen. Diese Klagen sind ein Problem; denn, wenn sie scheitern ± wir hatten auch noch das Sonderverm|gen, das auch gescheitert ist ±, schmälert das das Vertrauen in unsere Landesregierung, dass sie rechtsstaatskonform arbeitet und die Verfassung auch wirklich in jeder Hinsicht achtet. Das Vertrauen schwindet mit jeder Niederlage vor Gericht.
Ich will aber gar nicht nur alles schlechtreden. Wir haben in den Bereichen Katastrophenschutz und Brandschutz in Hessen eine hervorragende Aufstellung. Da stellen wir seit Jahren viel Geld bereit. Herr Minister, genauso wie im Bereich Sport ist unsere Zustimmung auch im Bereich Brand- und Katastrophenschutz hoch. Wenn wir diese Bereiche einzeln abstimmen wrden, das will ich Ihnen ganz deutlich sagen, wrden wir diesem Teil des Einzelplans 03 zustimmen.
Ja, das sage ich ganz deutlich, weil da Einigkeit besteht. Sie k|nnen jederzeit bei der Vergabe von Bescheiden die Opposition loben, dass sie das mitträgt und untersttzt.
(Jrgen Fr|mmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mittragen wrde heien: mitstimmen! ± Gegenruf René Rock (Freie Demokraten): Ihr seid aber kleinlich!)
Es ist mir ganz wichtig, das an der Stelle noch einmal hervorzuheben. Wir haben im Bereich Katastrophenschutz die Ausstattung mit Fahrzeugen, aber auch die ganze Infrastruktur. Da ist auch die moralische Untersttzung vorhanden, die ich mir bei der Polizei an mancher Stelle wnschen wrde. Das funktioniert an der Stelle sehr gut.
Das Gleiche gilt auch fr die Vereinsf|rderung und fr die Sportvereine. Die Vereine haben gerade in dieser Krisenzeit mit Gaspreisen, die sich verdoppelt und verdreifacht haben, mit Strompreisen, die sich verdoppelt und verdreifacht haben, bei der Unterhaltung ihrer vereinseigenen Anlagen ein Riesenproblem. Sie k|nnen sich hier sowohl auf den Bund als auch auf das Land verlassen. Da hält die Politik zusammen. Das ist auch eine wichtige Grundstruktur in unserer Gesellschaft fr den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Deswegen ist es auch wichtig, dass wir hier mehr Mittel und mehr Gelder bereitstellen. Dafr einen ganz herzlichen Dank.
Bei der Polizei ist zu begren, dass die Stellenhebungen enthalten sind, nicht nur fr 2023, sondern auch fr 2024. Insgesamt, das m|chte ich hier einmal festhalten, ist es schon kritisch zu betrachten, dass so ein Doppelhaushalt gemacht wird. Bei den Stellenhebungen ist es noch in Ordnung, das passt. Aber im Bereich der anderen Stellen, sei es bei den Regierungspräsidien oder bei anderen, k|nnen wir heute doch gar nicht fr in zwei Jahren planen. Das ist eine echte Herausforderung. Da kann man sagen, dass man das ber einen Nachtragshaushalt macht. Es ist aber immer schlecht, es so zu regeln. Insofern sollte man wirklich berlegen, ob das fr die Zukunft ein Modell ist, das man weiter pflegen sollte.
Wir haben aber auch einen ganzen Haufen offener Forderungen. Da haben wir als Freie Demokraten immer den Ansatz gewählt, auch eigene Vorschläge zu unterbreiten. Erst krzlich haben wir beantragt, dass wir die Polizei modern ausstatten wollen. Fr uns geh|rt zu einer modernen Polizei auch dazu, dass alle modernen Einsatzmittel verfgbar sind. Dazu geh|ren auch Taser, sogenannte Distanzelektroimpulsgeräte. Wir glauben, dass es ein milderes Mittel ist, in einer Gefährdungslage mit einem Taser ausgestattet und nicht zwingend auf den Einsatz einer Schusswaffe angewiesen zu sein.
Eine Schusswaffe ist immer gefahrgeneigt, jemanden auch t|dlich zu verletzen. Das Risiko dabei ist unendlich viel gr|er als beim Einsatz eines Tasers. Das geh|rt fr uns zu einer modernen Polizei, genauso wie es in Rheinland-Pfalz unter einem SPD-Innenminister und in Nordrhein-Westfalen unter einem CDU-Innenminister der Fall ist, dass auch die hessische Polizei knftig mit Tasern ausgestattet wird.
Wir wollen darber hinaus endlich auch weiter vorankommen bei der Umsetzung des Schutzes der Polizeibeamten, aber auch der Mitarbeiter im |ffentlichen Dienst vor Angriffen Dritter. Wir haben diese Zwei-Säulen-Strategie, die ich seit drei Jahren jedes Mal bringe, auch in der Haushaltsdebatte. Wir k|nnten fr 3,5 Millionen ¼ ein flächendeckendes Konzept auf den Weg bringen, mit dem wir schnell und konsequent Gewalt gegen |ffentliche Bedienstete, gegen Einsatzkräfte, gegen Rettungskräfte bekämpfen k|nnten, indem wir bei der Polizei Gruppen schaffen, die das gesondert bearbeiten, und auch bei der Staatsanwaltschaft eine entsprechende Stelle schaffen, die sich ausschlielich damit beschäftigt. Damit k|nnten wir schnell und konsequent Straftaten verfolgen.
Wir k|nnen auch darber diskutieren, ob wir Strafen erh|hen. Wichtiger ist es ± die Strafe steht am Ende des Verfahrens ±, dass es schnell und konsequent zur Anzeige dieser Delikte kommt.
Als Freie Demokraten wollen wir darber hinaus eine Einsatzreserve auch fr die Polizei, um genau das, was Kollegin Hofmann auch schon angesprochen hat, zu schaffen, nämlich eine Kompensation der Ausfälle, die durch das Lebensarbeitszeitkonto, wenn jemand ein Jahr frher geht, durch Elternzeit oder auch durch Krankheitsfälle entstehen. Diese Ausfälle mssen kompensiert werden. Das kann nicht aus der Substanz heraus geschafft werden. Wir haben jetzt schon ein solches Unma an Überstunden, eine
solche Belastung innerhalb der hessischen Polizei, dass wir dringend eine zusätzliche Einheit brauchen, die als Einsatzreserve einspringen kann.
Meine Damen und Herren, wir mssen die Attraktivität des |ffentlichen Dienstes steigern. Da sind wir uns alle einig. Es fehlt aber an der einen oder der anderen Stelle. Die Beamtenbesoldung wurde angesprochen. Das, was Sie jetzt mit zwei mal 3 % machen, sind erste Schritte. Es ist aber eben nicht das, was erforderlich ist. Das macht die nächste Landesregierung. Sie haben es verbockt. Die anderen sollen es ausbaden. Das ist etwas, was nicht geht, und deswegen muss auch eigentlich in diesem Haushalt deutlich mehr passieren, zumindest muss die 4-%-Forderung des DGB umgesetzt werden.
Wir brauchen auch Wohnraum fr Anwärter. Auch das ist ein altes Thema. Auch hier ist die Landesregierung mit keinem Schritt weitergekommen.
Wir haben einen Gesetzentwurf eingebracht, um mobiles Arbeiten zu vereinfachen und zu erm|glichen. Sie haben ihn schlicht abgelehnt. Das hat auch Auswirkungen auf die Polizei. Das ist auch in der Anh|rung deutlich geworden. Und wir brauchen endlich mehr Schwung bei der Digitalisierung. Auch hier ist brigens das Innenministerium zuständig fr die Verwaltungsdigitalisierung. Auch hier ist nichts bis gar nichts passiert, und es ist noch viel zu tun.
Deswegen, meine Damen und Herren ± ich komme zum Schluss ±: Ja, wir haben tatkräftige Polizeibeamte. Einen herzlichen Dank an sie alle fr ihren Einsatz rund um die Uhr fr uns in Hessen.
Das Innenministerium, diese Koalition, der Innenminister haben noch einen Haufen Hausaufgaben, um Hessen wirklich auch fr die Zukunft sicher aufzustellen. ± Vielen Dank.
Vielen Dank. ± Die Fraktion DIE LINKE hat sich die Redezeit zum Einzelplan 03 aufgeteilt. Zunächst darf ich Herrn Felstehausen das Wort erteilen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es erschreckt, was wir heute Morgen ber die Ticker zur Kenntnis nehmen zu den Durchsuchungen in der Reichsbrger-, AfD-, Querdenkerszene. Aber sind wir doch einmal ehrlich: Überrascht uns das wirklich?
(Andreas Lichert (AfD): Sie mit dem militanten Linksextremismus! ± Gegenruf Elisabeth Kula (DIE LINKE): Jetzt reicht es aber mal! ± Zuruf AfD: Wir haben mit Reichsbrgern nichts zu tun! Unfassbar!)