Wir reden ber den Einzelplan 03. Herr Felstehausen hat das Wort. Ich bitte, dass die Zwischenrufe eingestellt werden und dass Herr Felstehausen jetzt das Wort hat.
Vielen Dank fr die klaren Worte, Frau Präsidentin. ± Seit Jahren ist das, was dort in der Szene zu beobachten ist, in |ffentlichen Recherchenetzwerken nachzulesen. Es darf uns doch nicht verwundern, was sich da zusammengebraut hat.
Wir haben dazu eine Vielzahl an Kleinen Anfragen an den Innenminister gestellt: zu Querdenkern, zu den Reichsbrgern, zu der Bewaffnung von AfD und Preppern.
Wenn wir dann abgewartet haben, was der Innenminister dazu erzählt, kam in der Regel Fehlanzeige. Es ist doch klar, was sich dort entwickelt. Das Erschrecken darber kann doch nur ein Stck weit vorgetäuscht sein.
Wenn ich lese, gegen wen dort heute die Manahmen laufen, dann stelle ich fest, es sind Soldaten, Kommandeure, Richterinnen und Richter, Bundestags- oder Ex-Bundestagsangeh|rige der AfD ± Sie mssen sich das anh|ren, es tut mir leid ±,
es sind aber auch Ärzte, es sind Polizistinnen und Polizisten, es sind Rechtsanwälte, es sind Piloten. Wenn man sich das anschaut, wäre es vielleicht einmal ein Grund, ber die sogenannte Extremismustheorie nachzudenken. Denn das Problem, das wir haben, scheint doch in der Mitte dieser Gesellschaft zu sitzen.
Es bleiben tatsächlich viele offene Fragen, zu denen der Innenminister heute noch nichts gesagt hat: Warum wurde denn eigentlich so lange zugesehen, weggesehen und abgewartet? Ich hätte auch die Frage, das mssen wir einmal im Obleutegespräch diskutieren, warum diese Razzien seit Tagen in Telegram-Channeln diskutiert worden sind.
Zu alldem erklärt sich der Innenminister nicht. Deutlich auskunftsfreudiger ist das BKA. Wenn ich mir das Presseportal anschaue: Heute Morgen stehen dort deutlich mehr Informationen als das, was der Innenminister hier im Parlament zu berichten hat, und das finde ich tatsächlich ein Armutszeugnis.
Auch nach den heutigen Durchsuchungen bleibe ich bei meiner Aussage: Dieser Innenminister gefährdet die innere Sicherheit.
Denn spätestens mit der Ankndigung seiner Abdankung sind bei ihm offensichtlich alle rechtsstaatlichen Schranken gefallen: Video-Totalberwachung ohne Kontrolle des Datenschutzes,
KI-Fahndungssoftware, betrieben auf den Seychellen, Präventivhaft fr Klimaschtzer und eine durch nichts zu rechtfertigende inflationäre Ausweitung des Begriffs Terrorismus.
Meine Damen und Herren, spätestens jetzt wäre es die Aufgabe der GRÜNEN gewesen, die Notbremse zu ziehen. Aber der Koalitionsfrieden scheint Ihnen wichtiger zu sein als die Brgerrechte.
Fr den Innenminister scheint jeder Widerspruch staatsfeindlich zu sein, ob im Amt oder auf der Strae. Widersprechende Beh|rdenleitungen ersetzt die Hessische Landesregierung durch politische Beamte.
Dem Protest auf der Strae soll mit Videoberwachung, Tasern, Präventivhaft und einer immer weiter militarisierten Polizei begegnet werden ± nach dem Motto: alles Terroristen.
Aber es gibt auch durchaus Sachen, die wir anerkennen m|chten. Sie sind auch schon angesprochen worden. Anerkennen m|chten wir die Mittel fr die Umsetzung der Reformvorschläge der Expertinnen- und Expertenkommission. 49 neue Stellen in der H|MS, bei der Polizei und im Ministerium. Das ist ± das will ich ausdrcklich sagen ± zu begren. Aber es ist eben auch bitter notwendig.
Ob dies aber bei einer solchen Fehler- und Fhrungskultur des Innenministers helfen wird, da habe ich berechtigte Fragezeichen. Von einer 360-Grad-Feedback-Kultur, von einem Dialog auf Augenh|he sind Sie meilenweit entfernt. So wundert es auch nicht, dass es Schwarz-Grn nicht gelingt, die Aufgabe des Brger- und Polizeibeauftragten zu besetzen. Da k|nnten Sie auch versuchen, die Stelle des Beraters oder der Beraterin fr veganes Essen im Schlachthof zu besetzen.
Die ans Licht gekommenen Skandale bei der Polizei ± Stichworte: NSU 2.0, illegale Abfragen auf Polizeicomputern, rechtsextreme Chatgruppen, ein unsäglicher Korpsgeist, eine Kultur des Wegschauens, des Sich-gegenseitigDeckens und Vertuschens ± werden das Erbe dieses Innenministers sein. Hier hilft auch nicht mehr Geld. Hier kann nur ein neuer Innenminister helfen.
Sie planen Mehrausgaben in H|he von 2,8 Millionen ¼ fr den Ausbau der Videoberwachung. Angesichts der von
Ihnen in der HSOG-Reform geplanten massiven Ausweitung der Überwachung ist das nicht verwunderlich. Es ist trotzdem grundfalsch.
Meine Damen und Herren, es ist grundfalsch; denn Sie wollen Flughäfen, Personenbahnh|fe, Sportstätten, Einkaufszentren, Packstationen ± habe ich irgendetwas vergessen, vielleicht wird die Liste noch länger ± zuknftig anlasslos berwachen k|nnen. Da sage ich nur: Big Brother lässt gren. ± Aber ich verspreche Ihnen: Dies wird bei uns und bei vielen Menschen in Hessen auf einen entschiedenen Widerstand treffen.
Beim Verfassungsschutz planen Sie fnf neue Stellen fr die Bekämpfung des Rechtsextremismus und fr IT-Experten. Ja, dass das Landesamt fr Verfassungsschutz insbesondere im Bereich des Rechtsextremismus einen riesigen Nachholbedarf hat, ist unbestritten. Allerdings ist das Problem beim Landesamt fr Verfassungsschutz deutlich gr|er als bei der Polizei. Während bei der Polizei zur Problembehebung Reformen vielleicht helfen k|nnten, sind wir uns als LINKE sicher: Beim Landesamt fr Verfassungsschutz helfen keine Reformen mehr. Das Landesamt fr Verfassungsschutz hat kein Problem, das Landesamt fr Verfassungsschutz i s t das Problem.
Deshalb fordern wir die Aufl|sung dieses Amtes. Wir fordern als Ersatz dafr eine unabhängige Beobachtungsstelle fr Autoritarismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Wir werden dies auch mit entsprechenden Haushaltsanträgen unterlegen.
Danke sch|n fr den Hinweis. ± Meine Damen und Herren, mit ursächlich fr die Skandale ist auch die strukturell herbeigefhrte Überforderung der eingesetzten Polizistinnen und Polizisten. Durch ein stetig wachsendes Aufgabenspektrum kommt es zu immer mehr Überstunden, die nicht abgebaut werden k|nnen. Zeit und Geld fr dringende Reflexion, fr Supervision oder fr Schulungen bleiben ohnehin nicht. Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Sicherheitsbeh|rden ist fr das Gelingen aber dringend notwendig. Reformen mssen auch an dieser Stelle angesetzt werden.
Dabei geht es fr uns als LINKE hauptsächlich um zwei Aspekte: um die Arbeitszeit und die Bezahlung bzw. die Besoldung. Die Probleme der Überlastung und zu niedriger Bezahlung treffen nicht nur Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Es ist ein ressortbergreifendes, ein strukturelles Problem, vor dem die Hessische Landesregierung ihre Augen verschliet.
Die 41-Stunden-Woche fr Landesbeamte ist im Bundesvergleich einmalig hoch. Es sind eben diese Arbeitsbedingungen, die zu Frust und Ersch|pfung beitragen. Da helfen auch keine Imagekampagnen. Wenn wir das ändern wol
len, dann brauchen wir nicht nur Sonntagsreden, Applaus und warmen Dank. Wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen, und daher werden wir auch in diesem Jahr den Antrag stellen, die Regelarbeitszeit fr Beamtinnen und Beamte auf 40 Stunden zu senken, natrlich bei vollem Personalausgleich.
Wir haben in diesem Haus schon viel ber die verfassungswidrige Besoldung unserer Beamtinnen und Beamten diskutiert. Dass Sie hier einen Haushalt vorlegen, in dem die Besoldung zwar h|her, aber immer noch verfassungswidrig ist, das ist aus unserer Sicht skandal|s. Eine solche Landesregierung haben die hessischen Beamtinnen und Beamten nicht verdient.
Meine Damen und Herren, ich komme mit noch einem Aspekt zum Schluss. Auch in Zeiten von Krise und sozialer Unsicherheit haben Sie nicht den Mut, auf die hessischen Brgerinnen und Brger zuzugehen. Es wird wieder einmal DIE LINKE sein, die den Antrag stellt, endlich auch in Hessen die ungerechten Straenausbaubeiträge abzuschaffen und so einen jahrzehntelangen Konflikt mit Tausenden von gebeutelten Anwohnerinnen und Anwohnern zu befrieden.