Protokoll der Sitzung vom 23.03.2023

Als Erste hat sich Frau Eisenhardt für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bezahlbare und saubere Energie, keine Armut, gute Arbeitsbedingungen, weniger Ungleichheit, Bekämpfung des Klimawandels – das sind beispielhaft fünf von 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Sie haben alle das Ziel, das Leben auf unserem Planeten für alle lebenswert zu machen. Oft bedingen sie sich gegenseitig: ohne gute Arbeitsbedingungen keine Gesundheit, ohne saubere Energie kein Klimaschutz, Wohlstand braucht gute Bildung.

Deshalb freue ich mich sehr – liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, Sie können sich mit mir freuen –, dass die Universität Kassel nun den offiziellen Startschuss für das Kassel Institute for Sustainability gegeben hat,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und verein- zelt CDU)

ein Forschungsinstitut, an dem mit 17 Professuren an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen geforscht wird, in Kooperation miteinander, interdisziplinär und mit der Einbringung der Stärken, die die Forschung und die Lehre an der Universität Kassel bereits haben.

Die Universität hat mit ihrem Strategieprozess nachhaltige Transformation zum Anker ihres Profils gemacht. Deshalb hat sie sich entschieden, Professuren aus dem 300-W-Stellen-Programm des Landes in das neue Institut einzubringen. Die ersten sechs Professuren des Instituts sind bereits besetzt, darunter auch drei von vier Kernprofessuren aus den Bereichen Natur, Technik, Kultur und Gesellschaft.

Dazu gehört auch der international gefragte Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano, der für seinen Ruf an die Universität Kassel von der Landesregierung ebenfalls eine LOEWE-Spitzenprofessur mit einer Förderung von 1,6 Millionen € für seine Forschung erhalten hat.

(Beifall Karin Müller (Kassel) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der Ruf zeigt, dass schon die Idee des Kassel Institute for Sustainability eine große Anziehungskraft für exzellente Wissenschaftler hat. Das zeigt, unsere Förderinstrumente unterstützen die Universitäten gezielt in ihrer freien und autonomen Entwicklung und Profilbildung.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und verein- zelt CDU)

Gerade in Forschungsbereichen, die konkrete Verbesserungen von Lebensbedingungen zum Ziel haben, ist ein gelingender Wissenstransfer wichtig, damit die Forschung auch in die Anwendung kommt. Das will das Institut nicht selbst leisten; denn in Kassel gibt es schon ein Ökosystem, das erfolgreich Transfer voranbringt, Start-ups unterstützt und Wissenschaftskommunikation betreibt. Hier setzt das Institut auf Kooperation. So kann das neue Kassel Institute for Sustainability auch positiv für die Region wirken. Wir sind gemeinsam mit vielen Akteuren in der Region überzeugt: Nordhessen bietet die besten Voraussetzungen für die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und verein- zelt CDU)

Mit dem neuen Institut und dem Forschungsgebiet der nachhaltigen Entwicklungsziele stärkt die Universität Kassel ihre internationale Ausrichtung. Zu den Forschungsfeldern gibt es zahlreiche internationale Anknüpfungspunkte. Das Institut will globale Dialoge und die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsziele anregen. Mit international ausgerichteten Studiengängen wird die Universität noch attraktiver für internationale Studierende.

Dem Kassel Institute for Sustainability geht es nicht nur um Forschung. Das neue Institut will für Theorie und Praxis von morgen ausbilden. Es soll sowohl Angebote für Vertiefungen für alle Studiengänge geben, aber auch Fachstudiengänge mit konkretem und fachübergreifendem Nachhaltigkeitsbezug, die originär am Institut angeboten werden, vom Bachelor bis zum Graduiertenkolleg, aber auch von Art bis Science, ein transdisziplinäres Curriculum. Das ist eine Vision.

Vor dem Mut, das auf den Weg zu bringen, habe ich großen Respekt. Das Akkreditierungswesen ist nicht immer für seinen Innovationscharakter bekannt. Ich bin aber davon überzeugt, dass sich der Kasseler Mut lohnen wird. In der Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen, im Niederreißen der im universitären System geschaffenen künstlichen Grenzen zwischen Geisteswissenschaft und Naturwissenschaft liegt so viel Potenzial für Innovation. Das ist es, was unsere Zeit braucht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und verein- zelt CDU)

Vor wenigen Wochen waren meine Kolleginnen Vanessa Gronemann, Kaja Kinkel und ich vor Ort am Institut, um uns ein Bild zu machen. Wir konnten uns überzeugen, dass

das neue Institut mutig und visionär ist und dass an den Stärken der Universität und der Region angeknüpft wird.

Das Kassel Institute for Sustainability hat das Potenzial, das Profil nachhaltiger Transformation der Universität und der Region auf nationalem und internationalem Niveau zu stärken und Innovation und Wissen für eine bessere Welt zu erforschen. Deshalb hat es unsere Unterstützung, und wir freuen uns auf das, was noch kommt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und verein- zelt CDU)

Vielen Dank, Frau Eisenhardt. – Für die AfD-Fraktion hat sich Herr Dr. Grobe zu Wort gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Erst gestern habe ich Ihnen erklärt, dass die Universität Kassel keine Erwähnung in den internationalen Ranglisten findet und dass es der Universität Kassel nicht zum Ruhme gereichen wird, wenn das Land Hessen dort nun ein Institut für Nachhaltigkeit aufbaut.

Warum das so ist, werde ich nun erklären. Dort soll nämlich künftig nach der Vorgabe der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen geforscht werden. Uns stellt sich die Frage, ob eine Forschung, die sich den Vorgaben einer internationalen Organisation, wie den Vereinten Nationen, unterwirft, mit dem Grundrecht nach Art. 5 des Grundgesetzes, d. h. der Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre, überhaupt noch in Einklang zu bringen ist.

(Beifall AfD)

Sie, meine Damen und Herren, beklagen sich doch immer wieder über Staaten wie Brasilien, Polen oder Ungarn, dass dort angeblich die Wissenschaftsfreiheit bedroht sei. Kehren Sie doch einfach einmal vor der eigenen Haustür; denn Sie sind es, die die Freiheit der Forschung mit diesen Auftragsarbeiten der Vereinten Nationen bedrohen, kein anderer. Mit Ihrer politischen Entscheidung, an der Universität Kassel auf der Grundlage der Ziele der Vereinten Nationen forschen zu lassen, reden Sie der Hochschule herein, was zu tun ist. Das ist das Gegenteil von Wissenschaftsfreiheit,

(Zuruf Nina Eisenhardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

zumal es sich bei den im Jahr 2015 festgelegten UN-Zielen laut einer Untersuchung der Universität Utrecht um einen großen UN-Selbstbetrug handelt. Denn die Welt ist diesen ambitionierten Zielen überhaupt nicht nähergekommen. Vielmehr gibt es nur wenige Hinweise darauf, dass die UN-Ziele zum Kampf gegen Klimawandel, Artensterben oder Ungleichheit beigetragen hätten. Vielmehr sind die eingetretenen Änderungen bereits lange vor Verabschiedung der Agenda 2030 eingeleitet worden.

Die Gründe liegen darin, dass sich einige der 17 Ziele widersprechen; denn ein „dauerhaftes Wirtschaftswachstum“ und „produktive Vollbeschäftigung“ stehen konträr zum Klimaschutz.

(Beifall AfD)

Außerdem lassen sich die vage formulierten Ziele nicht einfach so umsetzen; denn die Politik in den einzelnen Staaten ist viel komplexer. Das mussten übrigens die neuen deutschen Häuptlinge mit den gespaltenen Zungen, Habeck und Özdemir, auf harte Weise im Amazonasgebiet lernen. Unsere selbstverliebten Politikdarsteller wollten nämlich einerseits den Regenwald retten, haben sich aber andererseits wie Kolonialpolitiker im 19. Jahrhundert benommen; denn sie behandelten die Ureinwohner des Amazonas wie primitive Wilde, die offenbar noch nie Weiße gesehen hatten. Hier einige geistige Ergüsse dieser grünen Missionare: „Wir sind Minister in der deutschen Regierung – das ist so etwas wie euer Häuptling.“ – „Wir haben auch Farbe im Gesicht, aber die ist blau, nicht rot.“ – „Wir sind gekommen, um zu lernen. Für uns ist das sehr spannend, zu verstehen, wie ihr im Wald leben könnt und den Wald schützen könnt, weil in Deutschland vor 1.000 Jahren die Deutschen alle Bäume gefällt haben.“

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vor welchen Schrank sind Sie gelaufen?)

Nicht nur, dass das alles zum Fremdschämen ist, was diese dünnbrettbohrenden Minister dort absonderten, sondern es ist auch, um einmal im grün-linken Duktus zu bleiben, absolut rassistisch und menschenverachtend.

(Beifall AfD – Zurufe Torsten Felstehausen (DIE LINKE) und Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dass sich der Kinderbuchautor Habeck noch das Gesicht indigenengemäß anmalen ließ, ist nichts anderes als kulturelle Aneignung, oder nicht?

(Lukas Schauder (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind zum Fremdschämen!)

Bei dieser olivgrünen Doppelmoral müssen sich die Ureinwohner vorgekommen sein, als wären die spanischen Eroberer zurückgekehrt – etwas, was dort sicherlich nicht gut angekommen ist.

Aber nicht nur, dass die beiden Bessermenschen mit der Regierungsmaschine Tausende von Kilometern in den Regenwald geflogen sind und Unmengen an CO2 produziert haben:

(Torsten Felstehausen (DIE LINKE): Das ist eine Aktuelle Stunde, Herr Grobe! – Weitere Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE)

Sie holte auch die Realität ein; denn der dortige Gouverneur stellte klar, dass der Regenwald hinter den Bedürfnissen der Menschen anstehen müsse.

Übrigens hat der neue kommunistische Präsident Lula da Silva innerhalb von drei Monaten bereits mehr Regenwald abholzen lassen als sein angeblich böser rechter Vorgänger. Hier zeigt sich, dass viele Regierungen die UN-Ziele für ihre eigenen Zwecke nutzen, indem sie diese so interpretieren, wie sie es brauchen.

(Beifall AfD)

Aber auch hier herrscht bei den GRÜNEN nur Schweigen im Walde. Wir können nur hoffen, dass die grüne Muppet Show bald ein Ende findet und dass die grünen Weltverbesserer ein Einsehen haben und selbst zur Aufforstung in den Amazonas entschwinden.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vielleicht verschwinden Sie und Ihre braune Soße!)

Kommen wir zur Studie zurück: Danach verschlimmern die UN-Ziele die Lage mehr, statt sie zu verbessern. Hier wird nämlich „Greenwashing“ betrieben.

Meine Damen und Herren, wir brauchen keine globalisierte Gleichschaltung, weder auf internationaler Ebene noch an unseren Hochschulen. Wir brauchen nichts anderes als Freiheit – Freiheit von globalen Vorgaben und Freiheit des Denkens. Das wollen aber unsere links-grünen Weltverbesserer nicht. Das sehen wir gerade eindrucksvoll beim Verbrenner-Aus, beim AKW-Aus und beim Verbot des Einbaus von Gasheizungen. Sie können nichts anderes als Verbote. Glücklicherweise wacht der Bürger endlich auf.

(Beifall AfD – Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Danke, Herr Grobe. – Ich nehme zu Ihren Gunsten an, dass Sie mit „grüner Muppet Show“ nicht die Fraktion der GRÜNEN im Hessischen Landtag gemeint haben. Ansonsten wäre das nämlich eine Verächtlichmachung, die ich rügen müsste.

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Scheuch-Paschkewitz zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist gut, dass die Hessische Landesregierung die Nachhaltigkeitsforschung unterstützt. Es wäre aber noch besser, wenn sie deren Ergebnisse in ihrer Politik auch umsetzen würde.

Nur ein Beispiel: Seit Jahrzehnten wächst der Flächenverbrauch in Hessen schneller als die Bevölkerung: größere Wohnungen und Häuser, mehr Verkehrs- und Logistikflächen, und das alles auch noch sozial ungerecht verteilt. Wie die Zahlen zeigen, kann der Flächenkonsum nicht mehr ausgeglichen werden und muss gestoppt werden. Auf Dauer ist nur eine Netto-Null-Versiegelung nachhaltig, und die müssen wir so schnell wie möglich erreichen. Alles andere führt zu einer zugebauten Landschaft.

Das hatte die schwarz-gelbe Regierung bereits 2010 verstanden und eine schrittweise Absenkung der Neuinanspruchnahme von Flächen in den hessischen Nachhaltigkeitszielen verankert: Täglich nicht mehr als 2,5 ha sollten es ab 2020 sein. Die schwarz-grüne Landesregierung hat das nicht geschafft. Aber anstatt die Anstrengungen zur Erreichung des Ziels zu verstärken, hat Minister AlWazir mit der vierten Änderung des Landesentwicklungsplans das Nachhaltigkeitsziel aus schwarz-gelben Zeiten entsorgt. Erst 2030, also zehn Jahre später, soll dieser Wert erreicht werden.