Meine Damen und Herren, dem Wohnungsbau in Hessen droht der Kollaps. Der Geschäftsklimaindex in der Branche ist laut ifo Institut um minus 65 % gesunken. Das ist der schlechteste Wert seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1991. Die Baugenehmigungen brechen derzeit ein, ein Minus von 10 % im Jahr 2021.
Einen kleinen Augenblick, bitte. – Es ist noch sehr unruhig im Plenarsaal. Ich bitte um ein bisschen mehr Aufmerksamkeit für den Redner.
Vielen Dank. – Wer heute eine Baugenehmigung erhält, der baut in der aktuellen Situation noch lange keinen neuen Wohnraum. Vieles endet in der Schublade; denn die Preissteigerung, die Bauinflation, beides ist massiv: plus 13,8 % für Wohngebäude in Hessen, das ist die größte Preissteigerung seit 52 Jahren.
Dazu kommen Lieferprobleme und der allgegenwärtige Arbeitskräftemangel, und dann die Finanzierungskosten. Die Zinsen für zehnjährige Darlehen liegen mittlerweile bei über 4 %. Das ist eine Vervierfachung der Zinskosten innerhalb eines Jahres. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist eine toxische Mischung, und diese toxische Mischung würgt den Wohnungsmarkt in Hessen ab, Herr Staatssekretär.
Über viele Jahre hat die Politik immer und immer weiter in den Wohnungsmarkt eingegriffen. Sie waren da ganz vorne dran: bessere Standards bei der Energieeffizienz, mehr Schallschutz, Stellplätze, Gesetze, Verordnungen, Mieterschutz.
Keine einzige neue Wohnung wurde durch den grünen Eingriffsstaat geschaffen. Sie haben mit all der Regulierung, immer mehr Vorschriften, immer neuen Normen, nicht eine Wohnung geschaffen. Sie haben ein investitionsfeindliches Klima geschaffen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Diese Regulierungswut fällt Ihnen jetzt auf die Füße. Wir Freie Demokraten wollen den Wohnungsmarkt entfesseln. Wir setzen auf den privaten Wohnungsbau. Wir wollen bauen, bauen, bauen, und deswegen brauchen wir in Hessen einen Baubooster.
Einen Baubooster, Herr Kollege Frömmrich. – Wir wollen den Markt nutzen und bekämpfen den Markt nicht. Sie haben ihn totreguliert.
Sie haben immer nur den Mangel verwaltet. Wir wollen den Mangel beseitigen, weil wir der Auffassung sind, dass genug Wohnraum für alle geschaffen werden kann, und zwar nicht durch den Staat, nicht durch noch mehr Bürokratie, Kollege Schalauske, nicht durch noch mehr Vorgaben, sondern durch jeden einzelnen Bürger und jede einzelne Bürgerin, wenn man sie nur lässt.
Für uns Freie Demokraten ist der Fahrplan klar. Wir müssen schneller werden bei den Baugenehmigungen. Wir müssen die Handbremse lösen.
Deswegen schlagen wir eine Genehmigungsfiktion vor, und zwar nicht nur für die vereinfachten Verfahren, sondern generell. Wenn der Bauantrag vollständig vorliegt, dann hat die Behörde maximal zwei Monate Zeit. Wenn bis dahin nichts passiert, dann gilt das Bauvorhaben als genehmigt. Das wäre ein Fortschritt.
Lassen Sie uns doch in der Genehmigungspraxis mutiger sein. Lassen Sie uns eine eigene Gebäudeklasse für experimentelles Bauen in Hessen einführen,
statt wochenlang Unbedenklichkeitsgenehmigungen zu sortieren. Wir müssen schneller werden bei der Ausweisung neuen Baulands. Im Ballungsraum wird nicht alles durch Nachverdichtung möglich sein. Lieber Herr Staatssekretär, Ihr Minister ist so der „Typ Doppelhaushälfte“, wie er über sich selbst sagt. Warum gönnen Sie dann nicht anderen Menschen auch das Grundstück für so eine Doppelhaushälfte? Warum bauen Sie als GRÜNE immer wieder neue Hürden auf beim Bauland?
Ich sage Ihnen, der Frankfurter Bogen reicht nicht. Wir müssen bei der Baulandmobilisierung größer denken. Es braucht auch finanzielle Anreize für die Kommunen, die neues Bauland schaffen, und zwar nicht nur im Frankfurter Raum, sondern in ganz Hessen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der hessische Wohnungsmarkt muss wieder attraktiv werden für Investoren. Ich habe es eingangs gesagt: Ohne private Investitionen wird das nicht funktionieren. Deswegen brauchen wir Deregulierung. Wir haben ein sehr soziales Mietrecht in Deutschland. Deswegen brauchen wir keinen zusätzlichen hessischen Sonderweg. Daher gilt: weg mit der Mietpreisbremse, weg mit der Kappungsgrenze, weg mit dem Umwandlungsverbot. Herr Staatssekretär, es ist nämlich genau
das eingetreten, was wir vor Jahren vorhergesagt haben. Die Mietpreisbremse hat Investitionen ausgebremst, nicht aber die Mieten. Das ist das Entscheidende.
Der Staat ist selbst zum Kostentreiber geworden, und da müssen wir heran. Sand und Kies holen Sie von weit weg hierher, statt ihn in Hessen abzubauen. Dabei haben wir genügend Rohstoffe im eigenen Land.
Genauso der Rohstoff Holz, liebe Kolleginnen und Kollegen. Minister Al-Wazir hat vor einigen Wochen im Hessischen Landtag die Holzbauoffensive verkündet. Ja, Holz als Baustoff gewinnt an Bedeutung, auch im konstruktiven Bereich. Aber die hessischen Sägewerke beklagen aktuell einen Rohstoffmangel im waldreichsten Bundesland. Wie geht das denn, Herr Minister und Herr Staatssekretär?
Warum das so ist, das liegt auf der Hand. Ich kann Ihnen die Frage beantworten: weil die Ministerin, die hier sitzt, immer mehr staatlichen Forst aus der Bewirtschaftung herausnimmt. Soll das ökologisch sein? Das ist alles andere als ökologisch.
Dann wären wir bei dem Thema Erdaushub und Deponiekapazitäten. Kaum jemand im Rhein-Main-Gebiet kann sich noch einen Keller leisten. Die Bauwirtschaft beklagt diesen Missstand seit Jahren. All die Probleme, die ich Ihnen aufgezählt habe, müssen Sie angehen; denn das sind Kostentreiber in der Bauwirtschaft.
Herr Staatssekretär, ich will schon vorgreifen auf die Rede, die Ihnen Ihr Minister heute Morgen hingelegt hat. Ich kenne ja die Argumentationslinie: Der soziale Wohnungsbau in Hessen ist der große Tanker, den der Matrose Tarek Al-Wazir gedreht hat, wie er immer sagt. Herr Staatssekretär, schauen Sie sich doch einmal die Zahlen an. 85 % des Wohnungsbestandes in Hessen befinden sich in Privatbesitz. Die privaten Investitionen in den Wohnungsmarkt belaufen sich in Hessen im vergangenen Jahr auf über 7 Milliarden €. In Hessen haben wir knapp drei Millionen Wohnungen. Dagegen stehen Ihre 60.000 staatlich geförderten Wohnungen in Landesbesitz. Das sind die Größenverhältnisse.
Selbst wenn man die beiden letzten Jahre, die Sie immer wieder anführen, zusammenrechnet – lassen wir einmal die Vorjahre weg, als Wohnungen in staatlichem Besitz abgebaut wurden, verramscht wurden –, haben Sie am Ende ein Plus von 2.400 Wohnungen, für die Sie sich hier immer rühmen.
Sie bewegen sich im Promillebereich, und es ist schön für jeden Einzelnen, der sich solch eine Wohnung ergattern kann. Er hat unseren vollen Zuspruch. Aber am Ende ist und bleibt es Mangelverwaltung.
Der private Wohnungsbau ist entscheidend. Der private Wohnungsmarkt entscheidet, ob wir genügend Wohnraum haben und zu günstigen Preisen. Der Private entscheidet und nicht der Staat. Das ist der systemische Unterschied.
Der Tanker, von dem Ihr Chef immer spricht und den er angeblich gedreht hat, ist bestenfalls ein Schlauchboot.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der wirkliche Tanker, den es in Hessen zu drehen gilt, das ist der Wohnungsbau an sich. Den drehen Sie entweder, indem Sie private Investitionen ermöglichen und fördern, oder Sie drehen ihn gar nicht.