Protokoll der Sitzung vom 23.03.2023

(Beifall DIE LINKE und Heike Hofmann (Weiter- stadt) (SPD))

Sie sind aber nur – das muss man natürlich auch sagen – der deutliche Ausdruck eines allgemeinen Problems im Umgang mit Flüchtlingen, was in den sogenannten Parteien der politischen Mitte leider fast schon zum guten Ton gehört. Das muss man hier auch in dieser Deutlichkeit so sagen; denn, geht es dem Land schlecht, schiebt man halt ein paar Flüchtlinge ab. So einfach macht man es sich eben. Das jüngste groteske Beispiel ist jetzt der Vorstoß der Bundesinnenministerin der Ampelkoalition, Nancy Faeser. Sie lässt jetzt überprüfen, wie man Abschiebungen von sogenannten Straftätern nach Afghanistan ermöglichen kann.

(Robert Lambrou (AfD): Hört, hört!)

Abgesehen davon, dass Abschiebungen in lebensbedrohliche Situationen völkerrechtswidrig sind, frage ich mich auch, mit wem sie die Vereinbarungen und Verhandlungen

bezüglich der Modalitäten der Abschiebungen führen will. Etwa mit der Regierung, die sie eigentlich gar nicht als legitime Regierung anerkennt?

Dann frage ich mich noch: Was soll das immer mit diesem Scheinargument, Straftäter abzuschieben? Haben wir denn kein funktionierendes Justizsystem mehr,

(Jan Schalauske (DIE LINKE): Rechtsstaat!)

das sich straffälliger Menschen annehmen und sie einer gerechten Strafe zuführen könnte?

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich einen Satz von Frau Käßmann zitieren, den sie vor nunmehr 13 Jahren gesagt hat: „Nichts ist gut in Afghanistan.“ Dieser Satz gilt heute noch mehr als je zuvor.

(Beifall DIE LINKE)

Drei Viertel der Bevölkerung sind für ihr Überleben auf humanitäre Hilfe angewiesen. Millionen Menschen sind akut von einer Hungersnot bedroht. Die gesundheitliche Situation der Menschen ist in einem desolaten Zustand.

Seit Jahrhunderten ist Afghanistan ein Spielball imperialistischer Mächte. Bis die afghanische Bevölkerung diese davonjagen konnte, hatten die Invasoren das Land schon in Schutt und Asche gelegt.

Frau Kollegin Sönmez, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Jedes Mal waren sie auf sich selbst gestellt, um ein halbwegs lebensfreundliches Land wiederaufzubauen. Am Ende wollte es keiner gewesen sein. Jetzt, da eine Handvoll Menschen Hoffnung auf ein friedvolles Leben hat, wollen Sie sich dieser Verantwortung entziehen, meine Herren der AfD. So einfach kann man es sich nicht machen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE – Robert Lambrou (AfD): Das sind alles Pullfaktoren! Wo ist die Grenze Ihrer Humanität? Die Kommunen können nicht mehr!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Sönmez.

Meine Damen und Herren, wir pflegen eine sehr liberale Debattenkultur bei den Aktuellen Stunden. Ich habe aber eine herzliche Bitte. Zwischenrufe sind sehr gut. Wenn Zwischenrufe intelligent sind, ist es noch besser. Ich habe aber die herzliche Bitte, nicht ständig in eine Kommunikation einzutreten. Das kann man draußen oder auf dem Golfplatz oder sonst irgendwo machen, Kollege Lambrou. Das ist mir ganz egal. Das ist meine herzliche Bitte; denn das stört den Redner, egal welcher Partei. Das geht an alle Fraktionen. Ich will das ganz ausdrücklich sagen. Wir wollen den Redner doch nicht stören, sondern wir wollen hören, was er sagt.

Jetzt kommt der Kollege Hering, CDU-Fraktion. Wir wollen einmal hören, was er sagt. Bitte sehr.

(Manfred Pentz (CDU): Jetzt kommt Substanz!)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren auf der Besuchertribüne!

Den Zuzug von Migrantinnen und Migranten und Flüchtlingen sehen wir im Lichte von Humanität und Ordnung.

So heißt es im schwarz-grünen Koalitionsvertrag. Das ist eine klare Antwort auf diese Aktuelle Stunde und den Dringlichen Antrag der AfD-Fraktion.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir stehen weiterhin zu unserer humanitären Verpflichtung. Wir sehen Not und Bedrängnis und die große Sorge der hier lebenden Menschen um ihre Angehörigen in Afghanistan.

Neben Humanität stehen wir auch für Ordnung, Ordnung auch im Sinne von Verlässlichkeit innerhalb unserer Koalition und Treue zum schwarz-grünen Koalitionsvertrag, der ein Aufnahmeprogramm für besonders vulnerable Gruppen vorsieht. Dem kommen wir jetzt nach im Umfang von 1.000 Schutzsuchenden.

Die hier lebenden Angehörigen – wir haben es schon von Frau Hofmann und von Frau Sönmez gehört – leisten für fünf Jahre Verpflichtungserklärungen zum Lebensunterhalt. Von „unkontrollierter Massenmigration“, wie unter Punkt 2 Ihres Antrags formuliert, kann keine Rede sein.

(Robert Lambrou (AfD): Das schafft aber Pullfaktoren!)

Ich bin noch nicht fertig, Herr Lambrou. – Was dagegen ungeregelte Zuwanderung betrifft, werde ich nicht müde, gegen solche Fälle immer wieder klares und konsequentes Staatshandeln zu fordern.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andreas Lichert (AfD): Weshalb hat die CDU in der Bundesregierung das nicht getan?)

Somit werden wir uns nicht von der AfD treiben lassen. Schon gar nicht werden wir uns „thematisch jagen“ lassen, wie Herr Herrmann vorgestern in Richtung Regierung formulierte. Beim Blick in Ihre Reihen habe ich ohnehin den Eindruck, dass sich Ihr Jagen eher auf die eigenen Fraktionsmitglieder konzentriert.

(Vereinzelte Heiterkeit – Beifall CDU und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Was wird nach solchen Kraftsprüchen und solcher Politik am Ende noch von Ihrer Fraktion übrig bleiben?

Das Fatale in der Migrationsdebatte ist aber, dass Destruktives nicht nur von rechts kommt, sondern auch die LINKEN zur Destabilisierung beitragen

(Manfred Pentz (CDU): So ist es!)

und in Kauf nehmen, dass der Rückhalt unserer Gesellschaft für die Aufnahme von Flüchtlingen schwindet. Deutschland verdient Dank für die enormen Leistungen bei der Aufnahme und Versorgung und Integration geflüchteter Menschen.

(Beifall CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deutschland verdient aber auch Anerkennung dafür, beispielgebend zu sein in ganz Europa in allen Bereichen der Flüchtlingshilfe. Ganz vorne sind wir dabei von 2015 bis zum heutigen Tag. Das kann auf Dauer nur geleistet werden, wenn auch andere Staaten in die Pflicht genommen werden und wenn Menschen ohne Bleibeperspektive Deutschland wieder verlassen.

(Vereinzelter Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Regelrecht verblendet und staatszersetzend ist der Vorwurf der LINKEN, Ministerpräsident Boris Rhein würde mit der Forderung nach einer Abschiebeoffensive am rechten Rand fischen.

(Zuruf CDU: Unerhört! – Weitere Zurufe)

Ja, staatszersetzend. Sie hebeln alles aus und machen mundtot, was Ihnen nicht passt. Das ist gefährlich.

Und die SPD in diesem Hause? Die hauptverantwortliche Innenministerin im Bund stellen Sie.

(Zuruf Heike Hofmann (Weiterstadt) (SPD))

Sie schreiben auf Ihrer Homepage in diesem Zusammenhang:

Populismus von Boris Rhein gefährdet den Zusammenhalt in Hessen.

(Manfred Pentz (CDU): Unfassbar!)

Das Gegenteil ist der Fall. Boris Rhein sorgt sich um Leistungsfähigkeit und gesellschaftlichen Rückhalt und Zusammenhalt.

(Beifall CDU)

Sie beide von der LINKEN und von der SPD ignorieren voll und ganz, dass sich seine Forderung nach einer Abschiebeoffensive 1 : 1 im Koalitionsvertrag Ihrer Ampel wiederfindet. Sie setzen aber nicht um, was Sie vertraglich für so wichtig gehalten haben.

(Zurufe – Glockenzeichen)