Protokoll der Sitzung vom 25.05.2023

(Tobias Eckert (SPD): Ich weiß!)

Haben Sie diese Langfassung gelesen? – Dann sagen Sie mir bitte, an welcher Stelle sich die Methodik für Hessen von der Methodik des Nationalen Wohlfahrtsindex unterscheidet. Wenn Sie mir darauf eine Antwort geben können, können wir weiterreden.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie dann aber merken, wenn Sie es wirklich lesen, dass Sie sich da vergaloppiert haben, finde ich, Sie müssen sich nicht bei mir entschuldigen – das ist egal, das gehört zu meiner Jobbeschreibung dazu –, aber dann sollten Sie einen Brief an die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schreiben, dass Sie es jetzt gelesen und sich geirrt haben; das wäre angebracht.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Noch einmal: Wohlstand bedeutet mehr als Wirtschaftswachstum. Natürlich ist das Bruttoinlandsprodukt eine wesentliche Kennziffer für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes; das ist völlig klar. Deswegen ist auch klar, dass das BIP auf keinen Fall ersetzt werden soll. Aber das BIP zeigt eben nicht alles; denn es gibt gute wirtschaftliche Entwicklungen von bestimmten Ländern, die vielleicht trotzdem nicht dazu beitragen, dass es in diesen Ländern allen gut geht.

Denken Sie beispielsweise an das Bruttoinlandsprodukt der Golfstaaten und an das Durchschnittseinkommen in diesen Ländern. Beides ist sehr hoch. Aber das heißt noch lange nicht, dass das etwas bringt, wenn man sich als Arbeiter aus Indien auf der Baustelle eines WM-Stadions verdingt. Insofern ist klar: Das BIP allein zeigt eben nicht alles.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dirk Bamberger (CDU))

Deswegen ist es wichtig, zusätzlich zu schauen, welche Indikatoren es darüber hinaus gibt.

Übrigens, Herr Kollege Naas: Bildung gehört dazu. Die Frage, wie viele Schülerinnen und Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen, gehört dazu. Auch das zeigt die Qualität einer Gesellschaft. Genau das wird beim BIP nicht gemessen, aber solche Sachen werden beim Regionalen Wohlfahrtsindex betrachtet. Deswegen ist es gut, dass wir jetzt für Hessen einen haben.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist klar – das ist schon genannt worden –: Bestimmte Ereignisse erhöhen das BIP. Ein Autounfall oder eine Massenkarambolage auf der Autobahn wird dafür sorgen, dass Leute ins Krankenhaus kommen und dass Autos repariert werden. Das erhöht das BIP, bringt aber niemandem etwas. An so einer Stelle können Sie sehen, dass das eher wohlfahrtsmindernd ist.

Wenn wir zusätzlich beispielsweise die Fragen von Digitalisierung, Umweltqualität und Lebensqualität sehen, bekommt man einen breiteren Blick, ob es in einem Land gut ist oder nicht. Ich finde, nur, weil Sie sich darüber ärgern, dass es in Hessen besser geworden ist, können Sie doch nicht die Wissenschaft infrage stellen. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben seit 2013 eine Steigerung der Wohlfahrt in Hessen – in diesem Gesamtblick. Das ist eine gute Nachricht. Natürlich ist klar: Das bestätigt uns auch in der Politik, die wir gemacht haben. Aber noch einmal: Es gab keinerlei Vorgaben. Wenn es andersherum gewesen wäre, hätten wir uns überlegen müssen, ob wir etwas verändern müssen. Ich sage auch nicht, dass wir in einem perfekten Zustand leben, sondern wir haben weiterhin viel zu tun. Aber natürlich ist klar, dass wir alles dafür tun müssen, dass es Menschen gut geht, dass alle Menschen in Hessen bestmögliche Chancen auf Bildung haben, dass alle Menschen in Hessen die Chance auf ein gutes Leben haben und dass wir auch Ungleichheit verringern wollen. Denn, wenn Teile der Gesellschaft abgehängt sind, dann kann vielleicht das Durchschnittseinkommen hoch sein, dann kann vielleicht das BIP hoch sein, aber das tut einer Gesellschaft trotzdem nicht gut.

Deswegen kann ich Ihnen allen nur noch einmal raten: Schauen Sie in den Regionalen Wohlfahrtsindex. Schauen Sie sich an, wo wir bei den unterschiedlichen Parametern liegen. Vielleicht gibt Ihnen das noch ein paar Anregungen, in welchen Bereichen wir aktiver werden müssen. Lassen Sie uns bitte über die Sache reden. Es wäre am Ende für die Zukunft Hessens angemessener, sich so mit einer solchen Frage zu beschäftigen, als einfach nur zu sagen: Die Ergebnisse passen uns nicht. Da müssen die Wissenschaftler gekauft worden sein. – Was ist denn das für eine Haltung, die dahintersteht?

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Staatsminister Al-Wazir, ich darf Sie kurz an die vereinbarte Redezeit erinnern.

Genau, ich komme zum Schluss, bin auch schon am Schluss. – Also noch einmal. Ich empfehle Ihnen allen: Schauen Sie sich einmal den Regionalen Wohlfahrtsindex Hessen an. Das wird am Ende allen weiterhelfen. – Vielen Dank.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Al-Wazir. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Damit ist die Aktuelle Stunde der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN abgehalten.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 79:

Antrag Aktuelle Stunde Fraktion der CDU Personalpolitik aus dem Satirehandbuch – Hessische SPD-Landesvorsitzende und Bundesinnenministerin Faeser muss den ehemaligen BSI-Präsidenten Schönbohm rehabilitieren! – Drucks. 20/11110 –

Als Erster hat der Abg. Müller das Wort.

Hier steht: „zwei Minuten“?

Es sind aber fünf.

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Aktuelle Stunde zur Abberufung von Herrn Schönbohm: Was hat das mit uns hier in Hessen zu tun?

(Christiane Böhm (DIE LINKE): Nichts!)

Viel, wenn nicht alles. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, wir sind der Meinung: Machen Sie das alles an Ihren eigenen Ansprüchen geltend, oder richten Sie es nach Ihrer eigenen Moralbetrachtung aus. Denken Sie an das zurück, was Sie uns in den letzten Jahren alles vorgehalten haben. Als es um Beamtenrechte, um die Veränderung nach dem Landesbeamtengesetz ging, hätte es lauter nicht sein können. Lauter waren die Vorwürfe nicht mehr vorstellbar. Es ging schlichtweg nur darum, dass eine gesetzliche Regelung zur Definition eingeführt worden ist. In Berlin wird schlicht und einfach nach einem Satiremagazin gehandelt, ohne dass man prüft, ohne dass man fragt, ohne dass man mit dem Betroffenen überhaupt einmal redet. Es wird schlichtweg panisch gehandelt.

(Beifall CDU)

Deshalb ist es wichtig für Hessen. Deshalb ist es deutlich für Hessen; denn, wenn man sich dafür interessiert, Hessische Ministerpräsidentin zu werden, dann muss man sich die Fragen stellen: Wie reagiert man denn, wenn es schwierig wird? Wie reagiert man, wenn der Wind gegen

einen läuft? Wie reagiert man, wenn das Land geführt werden muss? Das, glaube ich, macht deutlich, dass das jedenfalls nicht funktioniert.

(Beifall CDU und Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, kein Mensch ist fehlerfrei, auch wir nicht. Wichtig ist doch aber, Fehlerkultur als eigenen Anspruch zu haben.

(Marius Weiß (SPD): Da ist die hessische CDU ganz führend! – Weitere Zurufe SPD)

Wer ungeprüft wegen Satire einen der wichtigsten Beamten der deutschen Sicherheitsagentur in einer Phase aus dem Amt enthebt, in der wir geradezu bedroht werden, der handelt nicht sinnvoll. Der handelt vor allen Dingen nicht nach der eigenen Betrachtungsweise.

(Beifall CDU und Robert Lambrou (AfD))

Derjenige kann Hessen dann auch nicht weiter führen. Das ist der Anspruch, an dem wir uns orientieren müssen. Die Sprachlosigkeit Ihrer Spitzenkandidatin zu Rechtsproblemen im eigenen Parteibereich spricht da Bände. Erinnern wir uns an Ihre eigene Empörung, wenn auch nur der Geruch eines Fehlverhaltens bei Ministern oder Abgeordneten der Union im Raume hing. Bei eigenen Problemen legen Sie immer und immer wieder ein Schweigegelübde ab.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, lauter als beim Thema Beamtenbesoldung bei der Polizei – ich habe es gesagt – ging es kaum noch. Was macht eigentlich Ihre Spitzenkandidatin mit der Bundespolizei: Mittelkürzung, keine versprochene Besoldungsanpassung – im Gegenteil, man kürzt die Mittel um 15 % und landet beim Niveau von 2017.

(Marius Weiß (SPD): Die hessischen Polizisten wären froh, wenn sie das verdienen würden, was die Bundespolizisten verdienen!)

Jedenfalls die Mittel im Verantwortungsbereich des hessischen Innenministers sind inzwischen 25 % höher angesiedelt als 2017.

(Beifall CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der eigene Vermieter der Spitzenkandidatin wird sprungbefördert, bekommt 3.500 € mehr im Monat: keine Reaktion, keine Frage, keine Problematik, das ist ja alles normal. – Sie schweigen in Hessen immer zu so etwas, wenn es um den eigenen Laden geht.

Zur Ankündigung, dass Hass und Hetze nicht mehr möglich sein sollen, ist nichts passiert. Es sind keine Fake News und keine Gruppen bei Telegram verhindert worden. Ihr Anspruch: Schweigen, Ruhe. – Wie ist das mit den seltsamen Anweisungen, aktive Maßnahmen gegen Spionageabwehr zugunsten der Überwachung Rechtsextremer zurückzufahren? Es ist in Ordnung, dass man Rechtsextreme überwacht; aber man entdeckt dann die Spione im eigenen Haus nicht mehr. Das muss man wissen. Sicherheit ist eine Architektur, die umfassend ist. Auch da gilt: Schweigen, Ruhe, Stille. – Hier in Hessen wird geschwiegen zu Posts, möglichem strafbewehrten Verhalten Einzelner, und es gab kein Wort zu Feldmann. Ich habe jedenfalls keines gehört – nichts. Das ist Ihr eigener Anspruch, zu den eigenen Fehlern grundsätzlich niemals etwas zu sagen? Wir glauben, so kann man ein Land nicht führen.

(Beifall CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch einmal zu diesem Vorgang. Das muss man sich deutlich machen. Da gibt es einen Satiriker, der eine Behauptung aufstellt – eine einfache Behauptung, die einen Menschen schlicht und einfach persönlich diskreditiert –, und die Reaktion ist, wie gesehen: Man nimmt ihn runter, schafft eine eigene neue Stelle mit einer Besoldung, die dort früher nicht vorgesehen war. Das kostet auch viele Zehntausende Euro im Jahr. Das ist Regierungshandeln, was Sie hier verwirklichen wollen?

(Zuruf Lisa Gnadl (SPD))

Ich muss Ihnen an dieser Stelle sagen: Ich glaube, so können Sie Hessen nicht führen. Wir wollen es weiter mit Ruhe, Zuversicht und Zukunftsfreude führen. – In diesem Sinne: vielen Dank.

(Beifall CDU und Rolf Kahnt (fraktionslos))

Vielen Dank, Herr Abg. Müller. – Für die Fraktion der AfD hat jetzt der Abg. Herrmann das Wort.