Dann kommen wir zum Abschied. Wir wünschen Ihnen für den beginnenden Unruhestand, dass Sie mehr Zeit für Ihren Rock ’n’ Roll haben. In diesem Sinne unser Abschied mit dem Song der Spencer Davis Group: „Keep on Running“, Mr. Ronellenfitsch. – Vielen Dank für Ihre Arbeit.
Vielen Dank, Herr Felstehausen. Sie waren nicht der letzte, sondern der vorletzte Redner. – Jetzt kommt noch Dr. JörgUwe Hahn für die Fraktion der Freien Demokraten. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Prof. Ronellenfitsch, auch wenn Sie zu Recht darauf hinweisen, dass wir gerade in Zeiten leben, in denen es zum Lachen wenig Zeit und insbesondere wenig Muße gibt, finde ich, dass der Hessische Landtag heute bei Ihrer Verabschiedung noch einmal ein bisschen lachen darf – nicht, weil Sie uns als Datenschutzbeauftragter nach 17 Jahren und fünf Monaten verlassen, sondern weil Sie sehr viel Lachen und Freude in dieses Haus gebracht haben.
Gemeinsam mit meinem Kollegen Kosmehl habe ich mir die Mühe gemacht, herauszusuchen, womit Sie uns zum Lachen gebracht haben. Aber alle die Kolleginnen und
Kollegen, die erst kürzer im Landtag sind, möchte ich noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass Herr Ronellenfitsch das nicht gemacht hat, damit wir lachen, sondern er hat es gemacht, damit viele von uns, die Datenschutz als ein sehr sprödes, teilweise sehr verhinderndes Instrument erachten, sich einmal etwas anders damit beschäftigen und vielleicht auch intellektueller damit auseinandersetzen. Ich habe mir erlaubt, einige Ihrer von diesem Pult aus gesprochenen Zitate aufzuschreiben, um sie uns allen zu verlesen:
Wenn alte Probleme gelöst sind, tauchen immer wieder neue auf. Jeder für den Datenschutz Verantwortliche kann einerseits alte Mauern schleifen, muss andererseits aber auch neue Mauern gegenüber neuen Angriffen errichten.
Genau das haben Sie in den letzten 17 Jahren immer wieder getan. Es war insbesondere im Rahmen der europäischen Diskussion und der Unabhängigkeit der Datenschutzbeauftragten Ihr persönliches Ziel gewesen, hier Mauern zu errichten, dass nicht alles zentralistisch aus Brüssel, Luxemburg, Straßburg oder von sonst wo heraus regiert wird.
Ferner leuchtet mir nicht ein, warum Journalisten datenschutzrechtlich eine Sonderstellung eingeräumt werden sollte, die über die Vergünstigungen der Strafprozessordnung hinausgeht. Das sind keine Priester und keine Anwälte. Das sind Journalisten.
Aber ich gehe davon aus, dass die Journalisten diesen Satz vielleicht auch noch einmal wiederholen werden, jedenfalls, wenn sie heute Abend bei einem guten Glas Wein über ihre Arbeit nachdenken.
um den Wolf im Menschen zu zähmen. Dadurch wurde der Staat zum Wolf. Er bleibt dies, auch wenn er Kreide frisst. Zu seiner Domestizierung dienen Instrumentarien der Gewaltenteilung, in die auch der öffentliche Datenschutz eingebunden ist.
Das ist eine vollkommen andere Herangehensweise als beim eben erwähnten Thema, vielmehr es ist sehr tiefgründig, das einzuordnen, was Datenschutz in unserer Gesellschaft ist. Einer der Vorredner hat es vorhin gesagt: Letztlich schützen Sie nicht die Daten, sondern den jeweiligen Menschen. Das sagt dieses Wort hervorragend aus.
Auch die Errungenschaften des Datenschutzrechtes werden vielfach als lästiges Hindernis technischer Entwicklungen betrachtet. Dann besteht hierzulande die Neigung, das Recht der technischen Entwicklung anzupassen. Ich warne davor, sich das Recht passend zu frisieren und diesen Neigungen nachzugehen.
Das ist ein Appell an uns, die erste Gewalt, immer wieder aufzupassen, sich nicht zum Sklaven der technischen Entwicklung zu machen, sondern das zu machen, wofür wir in Hessen schon seit über 50 Jahren stehen, nämlich immer wieder abzuwägen zwischen den Interessen. Ja, es gibt eine neue Technik. Ja, die Ideologie, die meine Partei bis vor mehreren Jahren hatte, man müsse, koste es, was es wolle, verhindern, dass Daten gesammelt werden, ist vom letzten Jahrhundert. Wir können es ja noch wollen – aber wir können es nicht mehr. Also müssen wir ein anderes System finden, wir müssen Recht anpassen.
Ich habe gestern mit Ihrem künftigen Nachfolger darüber debattiert, ob es ein Eigentumsrecht an den eigenen Daten gibt. Wir beide haben darüber auch schon sehr häufig diskutiert. Das gibt es so wohl nicht, wir müssen uns eben mit neuen rechtlichen Systemen an die Herausforderungen machen; aber wir dürfen diese Systeme nicht machen, damit die Technik auf alle Fälle bestimmt.
Ich könnte Ihnen jetzt noch viele dieser Zitate von Ihnen, Herr Ronellenfitsch, nicht nur vortragen, sondern mich auch noch positiv darüber auslassen. Das möchte ich nicht tun, da ich als Vizepräsident dort oben manchmal das Gefühl habe, dass wenige auf die Uhr schauen – ich möchte auf die Uhr schauen und Ihnen sagen: vielen herzlichen Dank.
Ich kann mich daran erinnern, es war im September des Jahres 2003, als Sie sich bei der FDP-Landtagsfraktion vorgestellt haben. Das war im Hotel Oranien, Sie haben es vielleicht nicht mehr präsent. Das war ein etwas anderes Verfahren, als es diesmal der Fall ist; die Kollegin der Sozialdemokraten hat darauf hingewiesen. Aber wir können stolz darauf sein, dass wir in Hessen nicht nur 50 Jahre Datenschutzrecht und -gesetz haben, sondern dass wir auch 17 Jahre und fünf Monate Herrn Ronellenfitsch als dessen Beauftragten hatten. Ich wünsche Ihnen alles Gute. An jedem 21. September werde ich an Sie denken, wenn ich auf mich und meinen Geburtstag anstoße; dann stoße ich auch auf Ihren Geburtstag an, wir haben nämlich am selben Tag Geburtstag. – Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Hahn. – Für die Landesregierung spricht der Innenminister, Herr Staatsminister Beuth.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Prof. Ronellenfitsch, der 48. Tätigkeitsbericht zum Datenschutz ist der 16. und vermutlich der letzte Bericht, den Sie als hessischer Datenschutzbeauftragter vorgelegt haben – eine beeindruckende Zahl. Noch beeindruckender ist die Zahl der Amtsjahre. 17 Amtsjahre, das ist die Rekordmarke bei uns im Lande. Kein anderer war so lange als hessischer Datenschutzbeauftragter im Amt wie Prof. Ronellenfitsch, nicht einmal der sicher allen wenigstens dem Namen nach noch bekannte Prof. Simitis. Man wird daher – da bin ich mir ziemlich sicher, und die wertschätzenden Worte der Kolleginnen und Kollegen in der Debatte haben das ein Stückchen mit zum Ausdruck ge
bracht – zukünftig sicher von der „Ära Ronellenfitsch“ sprechen, wenn es um den Datenschutz in Hessen mindestens in den Jahren 2003 bis 2020 geht.
Der 48. Tätigkeitsbericht verzeichnet für den Datenschutz im öffentlichen Bereich, wie auch in den Jahren zuvor, keine schwerwiegenden Verstöße. Das ist eigentlich die wichtigste Botschaft und die wichtigste Nachricht aus diesem Bericht. Gleichwohl ist an einigen Stellen im Tätigkeitsbericht mit der sachlichen Kritik, die Sie und Ihre Behörde dort aufweisen, wiederum deutlich geworden, wie sachbezogen Sie selbst als Datenschutzbeauftragter Ihre Arbeit in der Behörde verstanden haben.
Seitens der Landesregierung haben wir uns immer darum bemüht, Sie rechtzeitig einzubinden. Klar, das war für uns auch ein Stückchen Lebensversicherung, damit nicht hinterher der Datenschutzbeauftragte kommt und sagt: Da habt ihr einen Fehler gemacht. – Jörg-Uwe, ganz kurz: Du hast eben das Stichwort vom „Sklaven der technischen Entwicklung“ gebracht. Dann darf aber auch nicht der Reflex kommen: Bei den heutigen technischen Möglichkeiten müsste dies und jenes aber schneller gehen. – Daran muss man sich dann sozusagen auch messen lassen.
Aber wir sind immer frühzeitig auf den Datenschutzbeauftragten zugegangen, jedenfalls immer dann, wenn uns irgendwie bewusst war, dass es eine Bewandtnis auch mit Datenschutz hat bei dem, was wir gerade so anstellen. Da möchte ich mich sehr herzlich bei Ihnen persönlich, aber auch bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, sowohl für die Beratungsleistung als auch für das Ermöglichen – für das Ermöglichen von vielen Fragen, die nicht selbstverständlich sind und bei denen ein anderer Datenschutzbeauftragter vielleicht zu Recht gesagt hätte: Nein, das geht nicht. – Sie aber haben Ihre Beratungsleistung immer so verstanden, dass Sie gesagt haben: Wenn man es aber vielleicht so oder so macht, kommt man zu einem ähnlichen Ziel. – Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar.
Am Ende sind wir uns einig – das haben Sie gerade in Ihrem Redebeitrag deutlich gemacht –, dass wir in der Bevölkerung eine große Akzeptanz für Verwaltungshandeln erreichen müssen, insbesondere für die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Pandemiefrage.
Ihnen war – zumindest nach meinem Eindruck – immer bewusst, dass Sie eine große Verantwortung haben. Natürlich, eine große Verantwortung für den Datenschutz. Klar, der Datenschutzbeauftragte hat für den Datenschutz Verantwortung. Aber Sie haben – zumindest habe ich den Eindruck gehabt – immer die Verantwortung gespürt, die Akzeptanz für den Datenschutz in unserem Lande hochzuhalten. Auch dafür möchte ich Ihnen sehr herzlich Danke schön sagen.
Sie haben nicht zugelassen, dass der Datenschutz als Argument für politische Zwecke, zur Verhinderung vielleicht ungewollter politischer Entscheidungen missbraucht wurde, sondern immer streng an der Sache argumentiert. Das hat dem Datenschutz in Hessen sehr gutgetan. Vielen Dank dafür, Herr Prof. Ronellenfitsch.
Das hat sich ausgezahlt. Die Zusammenarbeit der Landesregierung mit dem Datenschutzbeauftragten hat am Ende
zu einem guten und hohen Datenschutzniveau auch bei uns geführt. Auch darauf können wir insgesamt stolz sein.
Wenn ich sage, die „Ära Ronellenfitsch“, dann fallen zwei besondere Ereignisse in diese Ära, die von außen auf uns oder über uns gekommen sind: zum einen die DatenschutzGrundverordnung; es ist schon angesprochen worden. Die Anwendung dieses neuen Rechts war sozusagen eine der großen Herausforderungen, die Ihre Behörde und Sie zu bewältigen hatten.
Das zweite große Ereignis will ich nicht vergessen, es war schon im Jahr 2011. Wir haben uns früher, in den 2000erJahren, Jörg-Uwe, im Hessischen Landtag immer über die Frage des Datenschutzes im privatrechtlichen Bereich unterhalten. Das Regierungspräsidium mit dem ehemaligen Innenminister Volker Bouffier war damals die zuständige Behörde für die Fragen des privaten Datenschutzes. Das ist sozusagen auch auf Sie und Ihre Behörde übergegangen. Dort haben wir an vielen Stellen immer mal wieder diskutiert, ob das Datenschutzniveau gerade im nicht öffentlichen Bereich so erreicht wird, wie wir uns das vorstellen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einen letzten Punkt wenigstens kurz ansprechen: Die Landesregierung hat Kenntnis genommen. Sie haben sich damit auseinandergesetzt, und 20 Ziffern des Tätigkeitsberichts hat die Landesregierung zustimmend zur Kenntnis genommen. Ja, zustimmend zur Kenntnis genommen deswegen, weil wir das, was Sie dort im Tätigkeitsbericht ausgeführt haben, nicht ignorieren dürfen, auch nicht ignorieren wollen, aber weil es eben nicht in unsere Zuständigkeit fällt und sich daraus keine originäre Handlungspflicht für den Staat ergibt.
Insofern bitte ich, die Kenntnisnahme als eigenständige Kategorie des Tätigkeitsberichts zu akzeptieren. Das ist keine Respektlosigkeit, sondern schlicht und ergreifend unseren eigenen Zuständigkeiten folgend.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben in den letzten 17 Jahren mit Ihnen über den Datenschutz an vielen Stellen diskutiert, nicht nur, wenn Sie Ihren Bericht gegeben haben, sondern auch in den Ausschüssen. Bei vielen Anhörungen, die wir gemeinsam miterlebt haben, wenn der Datenschutz in irgendeiner Form in einem Gesetzgebungsverfahren betroffen war, haben wir miteinander diskutiert und miteinander gerungen.
Am Ende hat es sich, glaube ich, für den Datenschutz ausgezahlt. Da will ich bei den Kollegen bleiben, die eben gesagt haben: Wozu dient der Datenschutz? Er ist auch für die Bürgerinnen und Bürger da. – Dafür will ich Ihnen herzlich danken. Sie haben sich um den Datenschutz in unserem Lande sehr verdient gemacht. Dafür sind wir, die Hessische Landesregierung, Ihnen dankbar. Die Kollegen haben sich für den Landtag bedankt. Aber ich bin mir sicher, dass die Bürgerinnen und Bürger Ihnen ebenfalls für Ihre Amtszeit, für das, was Sie geleistet haben, sehr dankbar sein können und dürfen. – Vielen Dank, alles Gute.
Vielen Dank, Herr Staatsminister Beuth. – Wir sind damit am Ende der Aussprache. Wir haben den Bericht entgegengenommen und besprochen.
Lieber Herr Prof. Ronellenfitsch, das ist eben mehrfach angeklungen, wir haben auch vorhin schon darüber gesprochen: Heute ist nicht der Tag des Abschieds. Sie sind – das durfte man eben auch wieder erleben – mit Elan, mit Engagement, mit Humor, aber auch mit Herzblut mitten und ganz in Ihrem Amt, das, wie Sie eben auch selbst gesagt haben, erst Ende Februar ausläuft. Der Hessische Landtag wird Sie dann noch ganz offiziell verabschieden. Dennoch war das heute Ihr letzter Bericht in dieser Funktion in der Plenarsitzung des Landtages. Ich möchte diesen Anlass nutzen, Ihnen für Ihre großartige Arbeit im Namen des gesamten Hauses Dank zu sagen, lieber Herr Prof. Ronellenfitsch.
Bleiben Sie noch einen kurzen Moment bei uns, Herr Prof. Ronellenfitsch, ich komme nämlich noch auf Ihren Namen zu sprechen. Die Daten sind genannt worden: Am 18. September 2003 sind Sie erstmals in das Amt eingeführt, gewählt worden. Am 28. August 2008 und erneut am 31. August 2009 hat der Landtag Sie im Amt bestätigt. Ein viertes Mal sind Sie am 12. März 2014 in das Amt berufen worden. Die Redner haben darauf hingewiesen: Das ist eine außergewöhnliche Amtszeit, die Sie absolviert haben. Sie haben ein Amt übernommen, das seit der Verabschiedung des weltweit ersten Datenschutzgesetzes 1970 und der Wahl des ersten Beauftragten 1971 – ja, man kann das schon so sagen – zu den anerkanntesten und respektiertesten Einrichtungen unseres Landes zählt.