Protokoll der Sitzung vom 09.12.2020

vieles überschattet, und auch das nächste Jahr wird, wenn auch unter anderen Vorzeichen – ich glaube, dafür gibt es wirklich Hoffnung –, wieder stark von Corona geprägt sein. Deshalb will ich eingangs den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Ministeriums von hier aus ausdrücklich Danke sagen. Neben vielen anderen tragen sie seit elf Monaten zusätzlich zu ihren sonstigen Aufgaben und weit über jedes Normalmaß hinaus zur Pandemiebekämpfung bei.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und Freie Demokraten)

Meine Damen und Herren, es ist schon oft geschrieben und gesagt worden – ich glaube, Frau Gnadl war es, die das Bild vorhin aufgegriffen hat –: Diese Pandemie wirkt wie ein Brennglas. Ich stimme dieser Diagnose völlig zu. Insbesondere soziale Probleme zeigen sich umso deutlicher. Dieser Effekt wird voraussichtlich auch im nächsten Jahr eintreten. Wir werden mit dem Haushalt 2021 deshalb vor allem diese Bereiche weiter stärken, die vor besonderen Herausforderungen stehen. Das sind die gesundheitliche Versorgung, die Unterstützung von Kindern und Familien, die Teilhabe benachteiligter Gruppen und der gesellschaftliche Zusammenhalt als solcher.

Ich will auf einzelne Felder besonders eingehen. Die gesundheitliche Versorgung der Hessinnen und Hessen ist völlig unzweifelhaft das Megathema in diesem Jahr. Im Mittelpunkt all unserer Anstrengungen stand von Beginn an immer, alle Patientinnen und Patienten bestmöglich zu versorgen, insbesondere wenn sie schwer und schwersterkrankt sind. Dafür braucht man genügend Betten, gesundes Personal, intensivmedizinische Ausstattungen und leistungsfähige Krankenhäuser.

Bereits in diesem Jahr haben wir die Krankenhäuser in Hessen massiv unterstützt: durch das 10-Millionen-€-Programm für die Beschaffung von Beatmungsgeräten, durch die 120-Millionen-€-Liquiditätsspritze aus den Investitionsmitteln als unterjährige Vorauszahlung des Landes. Im nächsten Jahr werden wir die Pauschalförderung für die hessischen Krankenhäuser um weitere 120 Millionen € erhöhen. So ermöglichen wir den Kliniken dann auch die notwendige Flexibilität, um die organisatorischen und finanziellen Herausforderungen der Pandemie zu bewältigen. Weitere 40 Millionen € werden über die nächsten Jahre zur Beteiligung Hessens am Krankenhauszukunftsfonds bereitgestellt, um die Mittel des Bundes für die hessischen Krankenhäuser kozufinanzieren.

Ich sage es gern noch einmal – man kann es offensichtlich nicht oft genug sagen, wie ich feststelle, wenn ich an die Vorredner denke, insbesondere an Frau Gnadl –: Hessen liegt im Ländervergleich laut Bestandsaufnahme der Deutschen Krankenhausgesellschaft von 2018 nicht nur bei den Fördermitteln pro Bett, pro Fall und insgesamt im oberen Drittel, sondern bei der Krankenhausinvestitionsquote für die Plan- und sonstigen Krankenhäuser auf dem ersten Platz.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann wirklich nur sagen: Bitte nehmen Sie die Realität zur Kenntnis.

(Zuruf Nancy Faeser (SPD))

Frau Böhm spricht wieder die Freihaltepauschalen an. Wissen Sie, was? Jeder weiß, dass das eine Leistung des Bundes war. Fragen Sie einmal Herrn Spahn, welches Bundes

land ihn am meisten damit genervt hat, dass die Freihaltepauschalen wieder eingeführt werden sollen. Das war das Land Hessen. Das war in jeder Gesundheitsministerkonferenz so und auch im Bundesrat, wo der Ministerpräsident in dieser Frage selbst noch einmal ausdrücklich in die Bütt gestiegen ist. Daher: Mit dieser Forderung an die Landesregierung rennen Sie offene Türen ein. Sie wissen auch ganz genau, wie wir uns da engagiert haben. Es war übrigens Anfang der Woche auch in einem Kommentar der „FAZ“ zu lesen.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Neben diesen enormen Summen für den stationären Bereich stärken wir zusätzlich den ambulanten Sektor und die sektorenübergreifende Versorgung im nächsten Jahr. Wir erwarten vom Bund knapp 15 Millionen €, um den öffentlichen Gesundheitsdienst zu stärken – für Personal, für Digitalisierung und für moderne Strukturen der Gesundheitsämter.

Ich habe es an dieser Stelle schon mehrfach gesagt: Wenn diese Pandemie etwas Gutes hat, dann, dass der öffentliche Gesundheitsdienst wieder stärker in den Fokus gerät. Genau das passiert hier mit dem Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst. Wir beraten bereits mit den Kommunalen Spitzenverbänden intensiv über die entsprechende Rahmenvereinbarung für Hessen.

Auch die weitere Sicherung der ambulanten Versorgung im ländlichen Raum findet im nächsten Jahr besonderes Augenmerk. Wir werden im Jahr 2021 zusätzliche 3,4 Millionen €, und damit insgesamt fast 17 Millionen €, in diesen Bereich hineingeben, beispielsweise indem wir den ärztlichen Fachkräftenachwuchs fördern, innovative Versorgungsformen initiieren, die Telemedizin weiter ausbauen, weitere medizinische Versorgungs- und Gesundheitszentren einrichten und die Gemeindepflegerinnen und -pfleger weiter fördern. Das gesunde Hessen bleibt ein zentraler Schwerpunkt unserer Arbeit – gerade jetzt.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich auf einen weiteren Bereich blicken, der besonders von der Pandemie betroffen ist: Kinder und Familie. Wir haben erlebt, wie stark Kinder von den bundesweiten Einschränkungen im Frühjahr 2020 betroffen waren, wie sehr das Familien herausgefordert hat. Auch aufgrund dieser Erfahrung haben wir uns bundesweit verständigt, dass Kitas und Schulen nach Möglichkeit geöffnet bleiben sollen. Auch das ist uns viel Geld wert. Wir werden alleine 40 Millionen € an die Kommunen zahlen, um für die Einnahmeausfälle aufgrund ausgefallener Elternbeiträge aufzukommen.

Mit weiteren 65 Millionen € finanzieren wir zusätzliche Schutz- und Hygienemaßnahmen in den Bildungseinrichtungen, damit die Kinder in Hessen sicher spielen und lernen können. Wir haben auch bei den Investitionskostenzuschüssen nochmals eine Schippe draufgelegt; denn gerade jetzt werden mehr Platz und mehr Räume benötigt.

2020 haben wir bereits die Rekordsumme von 92 Millionen € für Investitionen gewährt. Im bevorstehenden Jahr kommen weitere 77 Millionen € dazu. Damit legt Hessen zu jedem Euro des Bundes einen Euro dazu. Zeigen Sie mir ein Land, in dem es auch so läuft.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf Lisa Gnadl (SPD))

Wir geben aber auch den Fachkräften der Kitas Sicherheit. Sie können sich bereits seit August regelmäßig anlasslos auf eine Infektion mit dem Virus testen lassen, damit Infektionen frühzeitig erkannt werden. Auch das setzen wir fort, genauso, wie es Kollege Lorz vorhin für die Schulen gesagt hat. Hierfür wendet das Land in diesem Jahr 5 Millionen € und im nächsten Jahr weitere 6 Millionen € auf.

Meine Damen und Herren, eines der wichtigsten Ziele der Hessischen Landesregierung ist, Frauen und Kinder, die Opfer jeglicher Form von Gewalt geworden sind und traumatisierende Erfahrungen machen mussten, zu unterstützen und zu schützen. Wir statten deshalb den Kinder- und Frauenschutz finanziell besser aus. Wir wappnen diesen Bereich so auch für die besonderen Anforderungen der Pandemie. Für den Aus-, Um- und Neubau von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen stellt das Land deshalb ab dem kommenden Jahr bis 2023 jährlich 500.000 € bereit. Im Fokus steht dabei vor allem der barrierefreie Ausbau, um Frauen mit Behinderungen einen leichteren Zugang zu den Einrichtungen des Schutzsystems zu ermöglichen. Zusammen mit dem Bundesförderprogramm und den zusätzlichen Mitteln aus dem Sondervermögen stehen im kommenden Jahr in Hessen damit 5,8 Millionen € bereit, um Schutz vor Gewalt zu bieten.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um Kinder und Familien, gleich welcher Familienkonstellation, zu stärken, bauen wir weitere Bereiche aus. Mit dem Jahr der Kinderrechte setzen wir uns 2021 ganz besonders dafür ein, dass die Rechte von Kindern und Jugendlichen mehr Gehör finden. Dafür stehen zusätzliche 100.000 € bereit. Auch Familien profitieren von unserem Haushaltsplan; denn wir bauen die Familienzentren in Hessen aus und erhöhen die Förderung je Familienzentrum ab dem nächsten Jahr auf 18.000 € jährlich. Damit stehen 2021 3,4 Millionen € für die Familienzentren und die entsprechende Landesförderstelle zur Verfügung. Wir lösen so unseren Anspruch ein, starke Kinder und starke Familien in Hessen zu fördern.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, gerade Menschen in prekären Lebenssituationen und Menschen mit langfristigen Beeinträchtigungen sind durch die Corona-Pandemie vor besondere Herausforderungen gestellt. Am Arbeitsmarkt waren am ehesten diejenigen von drohendem Jobverlust betroffen, die ohnehin gering bezahlt oder nur kurzfristig beschäftigt sind. Menschen mit Behinderungen waren beispielsweise durch die Schließung von Werkstätten finanziell besonders betroffen, zusätzlich zu einem erhöhten Risiko eines schweren Verlaufs im Fall einer Infektion mit SARS-CoV-2.

Daher werden wir im kommenden Haushaltsjahr unsere Arbeit auch in diesen Bereichen weiter ausbauen. Mit 7,2 Millionen € führen wir das erfolgreiche Programm „Sozialwirtschaft integriert“ fort, um jungen Geflüchteten den Einstieg in einen sozialen Beruf zu erleichtern. Weitere 14 Millionen € stehen bereit, um arbeitssuchende Frauen und junge Ausbildungssuchende beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Für Menschen mit Sinnesbehinderungen legen wir in diesem Jahr einen Gesetzentwurf vor, der in Hessen erstmals ein Taubblinden- und Gehörlosengeld vorsieht. Auch dafür sind 6 Millionen € in diesem Haushalt veranschlagt.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Jahr in besonderem Maße erlebt, was gesellschaftlicher Zusammenhalt bedeutet und wie wichtig es ist, füreinander einzustehen und Verantwortung zu übernehmen. Diese Landesregierung macht sich seit Jahren für den gesellschaftlichen Zusammenhalt stark und setzt das auch fort – gerade angesichts der Spalter, die überall, und leider auch hier, unterwegs sind.

Daher werden wir im kommenden Jahr mit einer 200.000 € starken Kampagne unserer Antidiskriminierungsstelle für Akzeptanz, Vielfalt und Zusammenhalt werben. Ich glaube, das ist genau die richtige Antwort auf das, was Kollege Richter gerade vorgetragen hat.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir stärken Integrationsarbeit vor Ort weiter, indem wir landesweit Vielfaltszentren einrichten. Hierfür und für weitere wichtige integrationspolitische Maßnahmen stellt dieser Haushalt zusätzliche 500.000 € bereit.

Meine Damen und Herren, ich will diese Gelegenheit nutzen, um Ihnen einen weiteren wichtigen Baustein unserer Pandemiebekämpfung vorzustellen. Er betrifft die Altenund Pflegeheime, die Orte, an denen besonders vulnerable Menschen leben, die wir gleichzeitig nicht sozial isolieren wollen. Hier sind wir in Hessen schon besonders aktiv. Wir sprechen seit März wöchentlich mit den Einrichtungsträgern und mit den Pflegekassen. Wir entwickeln gemeinsam mit ihnen Handlungsempfehlungen und Schutzkonzepte. Alles, was Herr Pürsün an dieser Stelle gesagt hat, ist schlicht und einfach unwahr.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf Yanki Pürsün (Freie Demokraten))

Jeder Schritt wurde mit den Heimbetreibern gemeinsam gegangen. Ich persönlich habe gerade am vergangenen Freitag nochmals mit der Liga und mit dem bpa gesprochen.

(Oliver Stirböck (Freie Demokraten): Erfolglos! – Zurufe – Glockenzeichen)

Das Gleiche gilt übrigens auch für das, was Sie in Richtung des öffentlichen Gesundheitsdienstes gesagt haben, den wir angeblich alleine lassen.

(Yanki Pürsün (Freie Demokraten): Tun Sie doch!)

Ach, Herr Pürsün, wissen Sie – – Hören Sie Radio? Wahrscheinlich. hr-iNFO ist hier im Hause bestimmt ein beliebter Sender. Vor wenigen Tagen konnten Sie dort den Leiter des Offenbacher Gesundheitsamts hören. Es ist ja nun wirklich ein Gesundheitsamt, das besonders im Fokus steht. Er wurde auch kritisch gefragt, ob er sich vom Land eigentlich hinreichend unterstützt fühlte. Herr Dr. Bornhofen antwortete wörtlich:

Die Landesregierung unterstützt die Gesundheitsämter wirklich hervorragend.

Herr Pürsün: keine Einschränkungen. Genau das war der Satz von Herrn Dr. Bornhofen.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf Yanki Pürsün (Freie Demokraten))

Ja, Sie können hier alle Behauptungen aufstellen. Ich konfrontiere Sie schlicht mit Fakten.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf Yanki Pürsün (Freie Demokraten) – Glockenzeichen)

Ich komme zurück zu den Heimen. Seit dem 1. Oktober können sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Heime regelmäßig anlasslos und auf Kosten des Landes testen lassen.

(Yanki Pürsün (Freie Demokraten): Und die Bewohner?)

Nennen Sie mir bitte ein anderes Land, das den Dialog so engmaschig führt und ein so großzügiges Testangebot gemacht hat.

Jetzt hat der Bund seine Testverordnung so geändert, dass Krankenhäuser, aber auch Alten- und Pflegeheime Antigentests selbst beziehen können. Das ist grundsätzlich ein guter Schritt. Es hat sich aber herausgestellt, dass der Markt für diese Tests doch deutlich enger ist, als der Bund es angenommen hat. Das hat insbesondere kleinen Abnehmern im stationären und ambulanten Pflegebereich, die einen überschaubaren Mengenbedarf haben, die Beschaffung dieser Tests schwer gemacht – übrigens: in der ganzen Republik. Wir reden beinahe in jeder Gesundheitsministerschalte darüber.

Was uns aber von Ihnen unterscheidet, ist: Wir bleiben nicht dabei stehen, die Misere lautstark zu beklagen, sondern wir kümmern uns. Wir sorgen für eine echte Lösung. Deshalb kooperieren wir mit einem Dienstleister, der in Kürze jede Woche 500.000 Antigentests zur Verfügung stellen wird. Die ambulanten und stationären Einrichtungen der Pflege und für Menschen mit Behinderungen, aber auch die ambulanten Hospizdienste können dort bestellen – auf Wunsch sogar inklusive Schulung – und werden zeitnah beliefert.

Dieses Verfahren entlastet die Einrichtungen davon, den Markt der Testangebote zu durchforsten, Preise zu vergleichen und sich um die Logistik zu kümmern. Sie können sich auf ihre wichtige Arbeit konzentrieren. Und: Der Preis wird nie höher sein als das, was die Testverordnung erstattet. Dieser Service des HMSI entlastet damit gerade die vielen kleineren Einrichtungen mit geringeren Bedarfen, und es ist einmal mehr eine typisch hessische Lösung. Meine Damen und Herren, wir packen die Dinge an.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf Yanki Pürsün (Freie Demokraten))