Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

Ich könnte hier noch weiter vortragen. Unsere Forderung ist es, dass Sie von diesem 2-%-Ziel endlich runterkommen und sagen: Ich habe erkannt, dass der Ausbau von Windkraft nicht zur Reduzierung von CO2 in unserem Land beiträgt. – Warum nicht? Wenn ich sehe, dass von dem Gesamtenergieverbrauch, dem Primärenergieverbrauch in Hessen nur 1,3 % von Windkraftanlagen bestritten wird, ist ja auch klar, das ist ein gigantischer Aufwand, der Eingriff in unsere Landschaft. Der EZB-Turm ist 185 m hoch. Eine moderne Windkraftanlage ist fast 100 m höher als der EZB-Turm. Solche Betonungetüme stellen Sie in die Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete in Hessen. Das muss doch einen Grund, das muss doch eine Rechtfertigung haben – und die CO2-Einsparung kann es nicht sein. Das habe ich Ihnen gesagt.

(Beifall Freie Demokraten)

Nehmen Sie die Bürger ernst. Nehmen Sie deren politische Vertreter ernst. Weichen Sie vom 2-%-Ziel ab.

Sie haben immer gefragt: Herr Rock, wie würden Sie es denn machen? – Ich will es Ihnen einmal sagen. Warum bauen wir nicht einfach ein oder zwei Gaskraftwerke, betreiben sie 30 Jahre, erfinden ein paar vernünftige Speicher und haben vielleicht technologieoffen Ideen, wie wir intensiver CO2 sparen können. Warum sage ich „Gaskraftwerke“?

(Der Redner hält eine Grafik hoch.)

Sehen Sie diese Tabelle? Ich versuche immer, es zu visualisieren. Der große Balken zeigt die Kohle, die Braunkohle. Der kleine Balken zeigt das Gas. Das ist fast nur ein Drittel des CO2-Ausstoßes von Kohle. Wenn wir in einem Übergangszeitraum von 30 Jahren auf Gas setzen würden, könnten wir – im Gegensatz zu der Politik, die Sie betreiben, die kein CO2 einspart – absolut nachvollziehbar fast zwei Drittel CO2 einsparen, zu deutlich geringeren Kosten. Warum machen Sie das nicht? Warum machen wir das nicht?

(Beifall Freie Demokraten)

Das Verhältnis zwischen Braunkohle und Gas ist fast das gleiche Verhältnis wie der CO2-Ausstoß von Gas zu Fotovoltaik. Wir könnten in wenigen Jahrzehnten gigantische Einsparungen beim CO2-Verbrauch erreichen.

Herr Al-Wazir, ich möchte Ihnen auch noch einmal eines mitgeben.

(Zurufe)

Ich meine, Informationen mitgeben.

(Robert Lambrou (AfD): Gerade noch die Kurve gekriegt!)

In Ihrer CO2-Bilanz werden 50 % der Energieerzeugung gar nicht aufgeführt. Ich weiß nicht, ob das hier jedem klar ist: Hessen importiert die Energie. 50 % des von Hessen verbrauchten Stroms tauchen in der Erzeugung in unserer Energiebilanz nicht auf. Der kommt zum Großteil aus NRW. Im Endeffekt kommt er aus der Braunkohle aus NRW. Die versorgt Hessen mit Strom. Wenn wir hier also Gaskraftwerke zu unserer eigenen Stromerzeugung errichten würden, würden Sie gar nicht diese Braunkohledebatte führen müssen.

Herr Rock, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Würden wir hier sauberen Gasstrom produzieren, hätten wir kein Problem mit der Grundlast, wir müssten keine Leitungen bauen, wir könnten den Anteil von synthetisch erzeugtem Gas regelmäßig erhöhen, dann würden wir noch dafür sorgen, dass die Energiebilanz besser ist. Herr AlWazir, Sie wollten wissen, was unser Vorschlag ist: Für die Übergangszeit bauen wir ein oder zwei Gaskraftwerke in Hessen, und all die Probleme, die Sie nicht in den Griff bekommen, wären gelöst. – Vielen Dank.

(Beifall Freie Demokraten)

Vielen Dank. – Als nächster Redner hat sich Herr Lichert von der AfD-Fraktion zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Mit großer Begeisterung habe ich gestern vernommen, dass Frau Kollegin Arnoldt hier ein höheres intellektuelles Niveau der Debatten angemahnt hat. Ebenso begeistert war ich bei Frau Kollegin Gnadl, die meine Begeisterung jetzt nicht vernehmen kann, aber sie hatte angemahnt, dass wir hier nicht unterkomplexe Herangehensweisen betreiben dürften. Das geht natürlich nicht, das ist diesem Hohen Haus nicht angemessen. Wenn es ein Politikfeld verdient hat, von Unterkomplexität befreit zu werden, dann ganz sicher die Energiepolitik – also frisch ans Werk.

(Beifall AfD)

Werte Kollegen, die FDP hat schlicht recht: Die Energiepolitik muss ganz dringend neu gedacht werden. Da könnte man trotzdem noch ein bisschen mehr erwarten; denn ich habe so das Gefühl, dass Sie selbst auf der Zielgeraden so etwas wie die Angst vor der eigenen Courage befallen hat. Wie sonst ist es zu erklären, dass sich der entscheidende Satz Ihres Antrags erst am Schluss des fünften Absatzes verbirgt? Ich zitiere:

Die Landesregierung wird aufgefordert, auf eine Abschaffung des EEG und ein Ende der Subventionen im Strommarkt hinzuwirken.

(Zuruf Freie Demokraten)

Lassen Sie diesen Satz einfach einmal einwirken. Es ist ein Satz mit Sprengraft; denn das EEG und die ausufernden Steuersubventionen sind die tragenden Pfeiler der Energie

wende. Das Ende des EEG wäre auch ein Ende der Wende – und das wäre sehr gut.

(Beifall AfD)

Das heißt, wir müssen an dieser Stelle einmal sehr grundsätzlich werden. Ich möchte aber meine Bemerkung zu Umweltschutz und Versorgungssicherheit ausdrücklich nicht wiederholen, und ich möchte auch nicht an den zentralen Glaubenssätzen der Klimareligion rütteln;

(Beifall AfD)

denn dann würde wahrscheinlich die Hälfte dieses Hohen Hauses getriggert werden, und das könnte Unterkomplexität erzeugen, das wollen wir natürlich nicht.

(Heiterkeit AfD – Stephan Grüger (SPD): Die haben wir schon da vorne stehen!)

Ich lade Sie zu einem Gedankenexperiment ein. Tun wir einmal so, als wären wir nicht in Deutschland, sondern einem anderen Land, einem Land mit einer rationalen Energie- und Wirtschaftspolitik – ja, ich weiß, das ist für viele ein bisschen weit hergeholt, versuchen wir es dennoch –, und wir stünden vor der Entscheidung, ob wir Deutschlands Energiewende übernehmen sollen oder nicht. Was würden wir tun? Meine naive Hoffnung ist, dass wir zunächst schauen würden, was denn die Ziele der Energiewende waren, ob sie erreicht worden sind und was der ganze Spaß gekostet hat.

Die intellektuellen Höhenflüge – jetzt kann Frau Arnoldt leider nicht bewerten, ob es gelingt – wurden angemahnt, und dazu gehört natürlich auch, dass wir elaborierte Managementtechniken im Plenum wirksam werden lassen. Im richtigen Leben ist es eine gängige Praxis, dass man, bevor man quadratmetergroße Excel-Tabellen produziert, beispielsweise für Investitionsrechnungen zunächst einmal vereinfachte Rechnungen anstellt, um die Plausibilität eines Vorhabens und der zugrunde liegenden Annahme zu überprüfen. Das nennt man eine Bierdeckelrechnung.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Daran sind schon andere gescheitert!)

Also lassen Sie uns diese Bierdeckelrechnung zu Kosten und Nutzen der Energiewende einfach einmal machen.

Die Jubelarien auf die Energiewende drehen sich nämlich zumeist um den Anteil der Erneuerbaren am Strommix. Ein Beweisstück haben wir in Form von Tagesordnungspunkt 50 vorliegen; denn darin kommt auch wieder der Verweis auf den hohen bzw. steigenden Anteil der Erneuerbaren im Strommix.

Das aber geht am eigentlichen Thema vorbei; denn ein zentrales Axiom der Klimareligion ist ja, dass wir CO2 vermeiden müssen. Also schauen wir auf die CO2-Emissionen. Auf die hessischen CO2-Emissionen ist ja bereits verwiesen worden, aber weil Hessen so stark importabhängig ist, bevorzugen wir dann doch die Sicht auf die deutschen Emissionen. Aber, Herr Kollege Rock, ich verstehe das schon: Diesen Elfmeter hätte ich natürlich auch nicht liegen gelassen, das ist klar.

Deutschland wird sein Klimaziel 2020 um Lichtjahre verfehlen. Schauen wir uns einfach einmal die CO2-Emissionen Deutschlands seit der Energiewende an, also von 2011 bis 2017. Die Klimaapostel hier im Saal haben übrigens Glück; denn es gibt seit relativ kurzer Zeit einen Bericht

des Umweltbundesamts, der auch die Emissionen 2017 enthält.

Schauen wir doch einmal darauf. 2011 betrugen die Emissionen des Energiesektors, also de facto der Stromerzeugung, 354 Millionen t CO2-Äquivalente. 2017 waren das nur noch marginale 313 Millionen t, also ein Minus von 41 Millionen t oder minus 11,4 %. Ist das ein spektakulärer Erfolg? – Spektakulär sind auf jeden Fall die Kosten, die damit verbunden sind,

(Beifall AfD)

nämlich allein in diesem Zeitraum trotz EEG-Umlage in Höhe von 151,5 Milliarden € – autsch. Die Kosten dieser CO2-Vermeidung – das soll ja dieser Bierdeckel jetzt zeigen – wollen wir einmal ganz einfach darstellen. Wir nehmen jetzt einmal nur die EEG-Kosten, das ist ja nur ein kleiner Teil, und vergleichen diese mit den Kosten der CO2-Vermeidung im Zeitverlauf: 2006 kostete 1 t CO2Vermeidung in der Stromproduktion 105 €. 2016, also zehn Jahre später, waren es schon 207 €, und 2017 – wie gesagt, ein gutes Jahr für die Erneuerbaren – sanken sie leicht auf 193 €.

Lassen Sie uns einmal mit dickem Daumen von aktuellen Kosten in Höhe von ca. 200 € pro Tonne ausgehen. Diese Zahl, für sich genommen, sagt noch nicht viel aus. Aber – auch wieder Pech für die Klimaapostel –: Es gibt im europäischen Emissionsrechtehandel ein theoretisch sehr gut funktionierendes System zur Preisfindung für CO2-Vermeidung. Was sagt uns dieses System? – 20 € pro Tonne CO2. Die deutschen Kosten liegen also um das Zehnfache höher. Und – da haben die Klimaapostel wieder Glück –: Seit 2017 ist der Preis nämlich deutlich gestiegen. Zuvor lag er jahrelang bei nur 5 €. Das hätte bedeutet, dass die deutschen Kosten das 40-Fache betragen.

Meine Damen und Herren, dieser Bierdeckel ist, wie bereits gesagt, viel zu positiv für die Energiewende. Im Netzentwicklungsplan 2030 werden die mindestens notwendigen Investitionen in die Stromnetze mit 52 Milliarden € beziffert. Die Zückerlis und Trostpflaster im Rahmen des Kohlekompromisses werden auch mindestens mit den viel genannten 40 Milliarden € zu Buche schlagen, und die unbestrittene Notwendigkeit des Baus neuer Gaskraftwerke wird auch Milliarden verschlingen. So wird es weitergehen und immer teurer werden.

Das Einzige, was das beenden kann, ist vielleicht ein großflächiger Blackout im Netz, der den Blackout der politischen Entscheidungsträger endlich offenlegt.

(Beifall AfD)

Vielleicht wird aber auch der nächste Wirtschaftsabschwung diesem Umverteilungsprojekt von unten nach oben endlich den Stecker ziehen.

Werte Kollegen, wir haben gerade gestern bei den Debatten zu den Kosten des Wohnens und den Steuern viel über soziale Gerechtigkeit gehört. Gerade eben ging es um die notwendigen Investitionen in die Bildungsinfrastruktur. Dort sind die Steuergelder sehr viel besser aufgehoben als in einem ideologisch getriebenen Elitenprojekt wie der Energiewende.

(Beifall AfD)

Genau weil die Faktenlage so desaströs ist, kommt der geschätzte Herr Minister gerne um die Ecke und fragt: Wie werden wir wohl in 100 Jahren unseren Strom erzeugen? –

Er sagt, die Energierohstoffe seien endlich, und vermutlich hat er auch recht damit. Er verschweigt jedoch, dass sich die Reichweite der globalen Lagerstätten von vielen Rohstoffen vergrößert hat. Das heißt, die Reserven, die mit heutiger Technologie und zu heutigen Kosten abgebaut und gewonnen werden können, haben sich bei vielen Rohstoffen sogar erhöht. Herr Minister, wenn Sie wirklich so in Sorge um die Rohstoffe sind: Woher soll dann in 100 Jahren der Stahl für die Windräder kommen? Oder der Kupfer für die Stromkabel?

(Heiterkeit und Beifall AfD)

Wenn Sie das beantwortet haben, dann zeigen Sie mir doch bitte noch den Betreiber eines Stahlwerks mit einem Elektrohochofen – ja, so etwas gibt es – und erklären ihm, dass er seine Produktion allerdings auf den Wetterbericht abstimmen muss;