Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

Dann lassen Sie ein Banner entfernen, das wahrscheinlich einen beleidigenden Tatbestand enthält – das müssen die zuständigen Strafverfolgungsbehörden prüfen. Herr Innenminister, ich frage Sie: Sagen Sie dem Landtag – Beleidigung ist ja ein Antragsdelikt –, ob Sie schon Strafanzeige gestellt haben? Das wäre die logische Konsequenz. Die Frage der Beweissicherung geht auch anders als mit einem Polizeieinsatz, nämlich indem ich dieses Banner fotografiere und den Inhalt sicherstelle; denn es geht auch darum, dass der Rechtsstaat – das ist ein Kernelement – immer die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu beachten hat.

(Beifall SPD, Freie Demokraten und DIE LINKE)

Im Übrigen erinnere ich Sie daran, dass es auch Demonstrationen und Veranstaltungen in Hessen gab, bei denen Banner mit strafrelevanten Inhalten getragen wurden. Dort ist die Polizei aus Abwägungsgründen nicht eingeschritten. Ich könnte Ihnen die Fälle nennen. Entweder waren nicht genügend Polizeibeamte da, oder das Risiko für Polizeibeamte, dort hineinzugehen, war zu hoch. Auch da gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Hier geht es nicht darum, ob ein Innenminister Privatfehden mit Fans und Eintracht Frankfurt auszutragen hat.

(Zurufe CDU)

Was wir jedenfalls nicht wollen, ist, dass solche Auseinandersetzungen auf dem Rücken von Polizeibeamten ausgetragen werden. Das wollen wir dezidiert nicht.

(Beifall SPD, Freie Demokraten und DIE LINKE)

Der grüne Abgeordnete im Römer, Herr Siefert, schreibt: „Peter Beuth hat offenkundig jedes Maß verloren. So löst man keine Schwierigkeiten.“ In Wiesbaden klingt das immer ein bisschen anders. Wenn man über Deeskalation redet, sagt der Kollege Frömmrich: Ja, Herr Innenminister, Ihr Job ist es, auch zu deeskalieren und nicht zu eskalieren. – Offensichtlich verfolgen Sie das Ziel, wenn es denn eine Strategie bei Ihnen ist, sich als Hardliner darzustellen.

Ja, augenscheinlich reden Sie gerne über Pyrotechnik, böse Fans und Funktionäre von Eintracht Frankfurt. Sie haben doch andere Baustellen und Probleme in Ihrem Ministerium:

(Janine Wissler (DIE LINKE): Sollte man meinen!)

Jeden Tag kommt ein neuer Einzelfall, dass es möglicherweise rechtsextreme Tendenzen bei der Polizei gibt. Sie haben andere Aufgaben, Herr Innenminister, denen Sie sich auch einmal mit der gleichen Verve und Energie zu widmen hätten.

(Beifall SPD, Freie Demokraten und DIE LINKE)

Herr Kollege Rudolph, nur der Hinweis, dass Sie schon in der Nachspielzeit sind.

Deswegen, Herr Innenminister: Ihr Job ist es, zur Deeskalation beizutragen. Ja, es sind Fehler auf allen Seiten gemacht worden, völlig klar. Wir erwarten, dass der Innenminister das heute auch einmal zugibt. Deswegen gibt es einen Antrag, den FDP, SPD und LINKE eingebracht haben. Das wird auch ein Lackmustest, ob es bei Sonntagsreden bleibt oder ob dieser Landtag in der Lage ist, klare Entscheidungen zu treffen. Deeskalation ist angesagt, Herr Innenminister. Sie dürfen dieses Thema nicht weiter befeuern. – Vielen Dank.

(Beifall SPD, Freie Demokraten und DIE LINKE)

Vielen Dank, Kollege Rudolph. – Das Wort hat der Abg. Kollege Bauer, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Fünf Minuten sind kurz, deshalb die für die CDU-Fraktion wichtigsten Feststellungen vorneweg.

Wir bedauern, dass Menschen im Rahmen des Fußballspiels der Eintracht gegen Donezk Verletzungen davongetragen haben, und wünschen allen Betroffenen vollständige Genesung.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt SPD und Freie Demokraten)

Zweitens. Natürlich freuen wir uns über den Erfolg der Frankfurter Eintracht, und wir wünschen uns auch zukünftig erfolgreichen Spitzenfußball am Main, keine Frage.

Drittens. Fußball fesselt, er entfacht Emotion und Leidenschaft. Wir wollen, dass Stadionbesuche für Fußballfans ein positives Erlebnis bleiben und dass diese Zusammenkünfte von mehreren Zehntausend Menschen sicher sind. Für uns sind Fußballfans nicht nur die, die auf den Stehplätzen jubeln und leiden, es sind auch Mütter und Väter mit Kindern, Rentner mit ihren Dauerkarten oder Familien mit Freunden. Sie alle sind Fans, und sie alle haben ein Recht darauf, Stunden auf den Tribünen in Sicherheit zu genießen. Das ist unsere Überzeugung.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Dirk Gaw (AfD))

Viertens. Für die Gewährleistung und Durchsetzung von Sicherheit und Ordnung sowie für die Abwehr von Gefahren ist der Staat bzw. die Polizei zuständig. Wir dulden nirgendwo rechtsfreie Räume. Strafrecht und Recht gelten auch im Stadion, das gilt überall.

(Beifall CDU)

Insofern war der Polizeieinsatz am vergangenen Donnerstag in der Frankfurter Commerzbank-Arena auch notwendig. Aber wie bei jeder polizeilichen Maßnahme werden die zuständigen Behörden natürlich auch diesen Einsatz unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nachbereiten. Die gerichtliche Überprüfung der Abläufe steht in einem Rechtsstaat jedem jederzeit zur Verfügung.

Darüber hinaus ist vor allem auch das Gesprächsangebot des Frankfurter Polizeipräsidenten an die Verantwortlichen von Eintracht Frankfurt richtig und wichtig und wird hoffentlich auch entsprechend aufgegriffen werden.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was aber hier gerade passiert, ist keine sachbezogene, abgewogene, besorgte Diskussion, sondern eine Instrumentalisierung, die parteipolitischen Zwecken dient. Das ist so unsäglich wie wenig überraschend; denn Herr Rudolph verwechselt hier ganz bewusst Ursache mit Wirkung. Hier geht es gerade nicht um Peter Beuth

(Günter Rudolph (SPD): Nein, aber natürlich nicht!)

und sein Verhältnis zur Eintracht – es geht um einen Polizeieinsatz vor dem Europa-League-Spiel, und es geht um polizeiliche Maßnahmen im Stadion am vergangenen Donnerstag.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen)

Die Fakten lassen sich mit wenigen Worten ohne Schaum vorm Mund darlegen. Der Präsident eines Bundesligavereins sagt – ich zitiere jetzt vollständig und wörtlich –:

Das Stadion muss brennen. Und wenn ich sage, dass das Stadion morgen brennt, dann brennt das morgen. Und zwar so, dass ihr kaputtgeht, weil ihr viel zu viel Licht habt – und deshalb wird das Spiel vielleicht ein bisschen neblig für euch.

Das ist auch eine der Ursachen; denn Gewalt beginnt bekanntlich auch mit Worten, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt AfD)

Wer die jüngere Geschichte der Eintracht und die Problematik von Pyrotechnik im Stadion kennt, der muss doch zustimmen, dass solche Äußerungen eines Präsidenten des betroffenen Vereins nicht irgendwie unglücklich sind, die wir „nicht teilen“, wie Sie das sagen – nein, sie sind in keiner Weise akzeptabel. Das muss man hier auch sagen.

Selbst wenn es anders gemeint war: Von einem Präsidenten eines Vereins kann man schon erwarten, dass er sich der Tragweite dessen, wie und wann er etwas formuliert, durchaus bewusst ist.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Bei einem Innenminister auch!)

Vor dem Europa-League-Spiel beantragte die hessische Polizei aufgrund der sorgfältigen Analyse der Gefahrenabwehr und der Hinweise szenekundiger Beamter einen Durchsuchungsbeschluss für den Fanbereich des Stadions. Sie durchsuchte anschließend die Bereiche, aber sie fand nichts.

(Günter Rudolph (SPD): Woher wissen Sie das?)

Meine Damen und Herren, das ist doch keine Provokation, das ist das Verhalten eines Rechtsstaats, und darüber diskutieren wir schon einmal gar nicht. So agiert ein Rechtsstaat.

(Beifall CDU, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und AfD)

Noch einmal, weil hier eine Legende gestrickt wird: Die Durchsuchungen sind auf der Grundlage eines Durchsuchungsbeschlusses erfolgt, und zwar des Amtsgerichts Frankfurt. Daraufhin sind sie durchgeführt worden. Nicht

Herr Beuth hat das angeordnet, sondern ein deutsches Gericht. Das sind die Fakten.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD)

Als Reaktion auf die Durchsuchung wurde dann bei dem Spiel ein Plakat ausgerollt, dessen Inhalt den hessischen Innenminister wüst beleidigt hat. Daraufhin entschied sich die Einsatzabteilung, das Plakat einzukassieren.

(Zuruf Günter Rudolph (SPD))

Wie die Polizei selbst auf ihrem Twitter-Account mitteilte: Bereits zwei Stunden vor Spielbeginn, kurz nach Stadioneröffnung, wurden die entsprechenden Personen, der Ordnungsdienst, darauf hingewiesen. Die Rückmeldung aus dem Block kam: Die Entfernung des Banners wird nicht ohne körperliche Gegenwehr gehen. – Das war die Rückmeldung an die Polizei.

(Günter Rudolph (SPD): Hat der Minister denn Strafanzeige gestellt?)

Es wurde offen mit Gewalt gegen Einsatzkräfte gedroht. Dann wurde die Polizei zusammengezogen und hat agiert. Ich wiederhole mich sehr gern: Wir dulden keine rechtsfreien Räume, auch nicht im Fußballstadion, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU und AfD)