Protocol of the Session on June 13, 2001

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(Dr. Martin Schmidt GAL: Ja, ja!)

Sie teilen nur mit, was gefälligst nachzuvollziehen ist. Wir werden ein System finden, das zu mehr Beitragsgerechtigkeit, wie es in anderen Städten ist, führen wird.

Wir werden dafür sorgen, daß die Qualitätsstandards sicher sind. Das geht nur in Absprache mit den Betroffenen,

(Zurufe: Toll! Toll!)

das heißt mit denen, die auf Kindertagesbetreuung angewiesen sind.

(Thomas Böwer SPD begibt sich für eine Zwi- schenfrage ans Mikrofon – Glocke)

Herr Harlinghausen...

Ich mußte Herrn Böwer schon so oft ertragen. Ersparen Sie mir das hier ein paar Minuten.

Ich kann Ihnen versichern, daß wir mit den Fachleuten sprechen werden, die Sie immer erst hören, wenn Sie Ihre Konzepte beschlossen haben. Ich weise nur auf Ihre hochgelobte Kita-Card hin. Dieses Modell, das keine schlechte Idee ist, wurde in der Ausgangslage von uns mitgetragen. Aber, was Sie daraus gemacht haben, hat zu einem Aufschrei in allen Fachbereichen geführt. Sie fragen die Beteiligten immer erst hinterher. Wenn überhaupt, laufen Sie mit der Fragedose herum und nehmen noch irgend etwas auf, weil Sie Angst haben, daß die Beschwerden zu groß werden. Gehen Sie in die Kindertageseinrichtungen und fragen Sie die Eltern, wie sehr sie belastet sind. Abmeldungen werden Ihnen von den Bezirksämtern bestätigt. Ich habe sie Ihnen gezeigt, Herr Böwer, Sie wollten darauf gar nicht eingehen.

Um darauf zurückzukommen, was werden wir tun? Wir werden dann, wenn wir die Verantwortung tragen, nicht 40 Jahre lang darüber reden, sondern wir werden uns mit den Betroffenen zusammensetzen und auf einer soliden finanziellen Grundlage umgehend die Kindertagesbetreuung, die die Eltern und Kinder in dieser Stadt verdient haben, gewährleisten. Darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich lasse über den Antrag aus der Drucksache 16/6038 abstimmen. Wer stimmt dem Antrag zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Mit großer Mehrheit ist dieser Antrag abgelehnt worden.

Als nächstes rufe ich Tagesordnungspunkt 33 auf: Mitteilung des Senats über Maßnahmen gegen häusliche Gewalt. Es ist die Drucksache 16/6048.

[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 13./14./15. Dezember 1999 (Drucksache 16/3546) – Maßnahmen gegen häusliche Gewalt – – Drucksache 16/6048 –]

Die GAL möchte diese Drucksache zur federführenden Beratung an den Innenausschuß und zur Mitberatung an den Gleichstellungsausschuß überweisen. Von wem wird das Wort gewünscht? – Frau Ernst, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Seit einigen Jahren ist die Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen auf der politischen Agenda weiter nach oben gerückt. Der Grund ist eindeutig: Die Mehrheit der Gesellschaft will sich mit dem nach wie vor großen Ausmaß der Gewalt gegen Frauen nicht abfinden. Diese Gewalt soll endlich nicht mehr als private Bagatelle abgetan werden, gegen die angeblich sowieso nichts getan werden kann.

Nicht mehr akzeptabel ist, daß die Opfer durch eine Flucht in ein Frauenhaus ihren Lebensmittelpunkt verlieren und so weitere Nachteile haben. Daher ist der Grundsatz „Das Opfer bleibt, der Täter geht“ formuliert worden, der jetzt umgesetzt wird.

Die Bundesregierung hat im Rahmen ihres Aktionsplans zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen nunmehr einen Gesetzentwurf für ein Gewaltschutzgesetz vorgelegt, das voraussichtlich am 1. Januar 2002 in Kraft treten wird. Durch dieses Gesetz wird es Opfern von Gewalt im häuslichen Bereich leichter gemacht, die gemeinsame Wohnung überlassen zu bekommen.

Im Dezember 1999 hat diese Bürgerschaft den Senat aufgefordert, der Gewalt im häuslichen Bereich in Paarbeziehungen entgegenzutreten, und wir haben ein ganzes Bündel von Maßnahmen beschlossen. Die Ergebnisse liegen nun vor und werden in der vorliegenden Drucksache eindrucksvoll beschrieben.

Erstes wichtiges Ergebnis: Die Gewalt gegen Frauen wird nicht länger bagatellisiert und endlich bei der Polizei zahlenmäßig erfaßt, so daß wir künftig ein genaueres Bild über die Situation in Hamburg bekommen. Das war bisher nicht der Fall. Das Ergebnis der Großen Anfrage der SPD-Fraktion von 1998 zeigte diesen Mangel deutlich auf. Aus der Polizeistatistik in Hamburg ergaben sich keine verläßlichen Angaben darüber – weder in Hamburg noch in der Bundesstatistik. Die Statistik in Hamburg ist geändert worden, und auch die Bundesstatistik wird noch verändert.

Herr von Beust hat uns kürzlich mitgeteilt – auch in der Presse waren ähnliche Äußerungen zu lesen –, daß er die Bekämpfung der Gewalt von Männern gegen Frauen – in der Regel sind es Männer – nicht so wichtig findet.

(Dr. Roland Salchow CDU: Das ist Quatsch! – Heino Vahldieck CDU: Das wird durch Wiederholung nicht richtiger! – Jürgen Klimke CDU: Quelle nennen!)

Quelle: Herr von Beust, in diesem Parlament. Viele haben es gehört.

Nichtwissen über die Situation kann durch Fakten begegnet werden. Ignoranz natürlich nicht, und wir werden sehen, welche Bedeutung dieses Thema für die CDU künftig haben wird.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ein weiterer Punkt ist wichtig. Was passiert, wenn die Gewalt gegen Frauen bei der Polizei bekannt wird? Hier beschreibt die Drucksache, daß im Oktober 1999 eine Stichprobe durchgeführt wurde. Ergebnis ist, was wir auch immer wahrgenommen haben, für einen ganz großen Teil der männlichen Täter bleibt die Gewalt gegen Frauen absolut folgenlos. Die Stichprobe zeigt, daß weniger als die Hälfte

(Rolf Harlinghausen CDU)

der Fälle von der Polizei als Ermittlungsverfahren an die Staatsanwaltschaft weitergegeben wurde. Doch selbst das führte nicht unbedingt dazu, daß etwas passiert. Eine Überprüfung durch die Generalstaatsanwaltschaft hat ergeben, daß zwei Drittel aller Fälle erneut überprüft und zurücküberwiesen wurden. Diese Fälle wurden ursprünglich „mangels öffentlichen Interesses“ eingestellt. Hier hat eine Nachprüfung ergeben, daß sehr wohl ein öffentliches Interesse bestehen könnte, um diese Gewalt zu verfolgen.

Aber es gibt auch Fälle, in denen eingestellt wurde, weil kein Strafantrag der Frauen vorlag. Auch hier ist in dieser Stichprobe herausgekommen, daß eine ganze Reihe von Fällen erneut überprüft wurde und daß das öffentliche Interesse bejaht werden kann, so daß die Täter zur Verantwortung gezogen werden.

Das zeigt, daß der Prozentsatz der Täter, für die Gewalt gegen Frauen folgenlos bleibt, in Hamburg zu hoch gewesen ist und verändert werden muß. Opfern blieb es überlassen, den Privatklageweg zu beschreiten. Wir wissen doch erstens, daß die Dunkelziffer sehr hoch ist und daß es gerade bei Gewalt in Paarbeziehungen sehr schwerfällt, diese Schritte zu gehen.

Die oben beschriebenen Verfahren wurden zugunsten der Opfer verändert. Bei Körperverletzung, Beleidigung und Drohung, bei Gewalt im häuslichen Bereich stellt die Polizei ab April 2000 unabhängig vom Verhalten des Opfers Strafanzeige und leitet dadurch ein Ermittlungsverfahren ein, das in jedem Fall der Staatsanwaltschaft zur Entscheidung vorgelegt wird.

Seit April 2000 wird aufgrund der geänderten Dienstanweisung an die Staatsanwaltschaft auch häufiger aus öffentlichem Interesse von Amts wegen eingeschritten. Dieses ist ein riesiger Schritt für die betroffenen Frauen. Damit wird Gewalt im häuslichen Bereich und in der Paarbeziehung genau so verfolgt wie Gewalt in anderen Bereichen.

Die Frauen haben aber auch in der akuten Gewaltsituation jetzt besseren Schutz. Durch die vom Senat beschlossene Änderung des Polizeigesetzes, des SOG, das der Bürgerschaft vorliegt und bei dem ich davon ausgehe, daß wir es auch beschließen, ist es der Polizei möglich, die Täter in einer Situation der akuten Gewalt sofort aus der Wohnung zu weisen. Mit der sogenannten Wegweisung können die Männer für zehn Tage aus der Wohnung entfernt werden. Durch dieses veränderte Polizeigesetz ist es auch möglich, diese Frist um zehn Tage zu verlängern, wenn innerhalb dieser Zeit vom Zivilgericht noch keine Entscheidung erreicht wurde.

All dies sind entscheidende Verbesserungen für Opfer von Gewalt. Allen wird klar, hier geht es nicht um Kavaliersdelikte. Gewaltsausübung, auch im Privaten, hat Folgen. Die Opfer müssen keine Angst haben, daß die Täter nach wenigen Stunden wieder auftauchen und sich die Gewaltspirale weiter dreht. Wir wissen nicht, ob es eintritt, aber wir hoffen, daß bei den Tätern ein Umdenken einsetzen kann, weil sehr schnell auf Gewalt reagiert wird. Die Täter sind es, die sich eine neue Unterkunft suchen müssen, und sie müssen auch ihrem Bekanntenkreis erklären, was mit ihnen passiert ist.

Einen weiteren wichtigen Punkt möchte ich erwähnen. Seit 1999 arbeitet in Hamburg der von der Opferhilfe initiierte Runde Tisch zur Bekämpfung von Männergewalt. Auch dieser Schritt der Zusammenarbeit war überfällig. Endlich arbeiten in Hamburg die Frauenhäuser, die Beratungsein

richtungen, die Polizei und die Justiz zusammen. Dort wurden auch die Stellungnahme Hamburgs zum Gewaltschutzgesetz genau so wie die veränderten Polizeidienstvorschriften beraten.

(Beifall bei der SPD und bei Heide Simon GAL)

Für die öffentliche Debatte ist ein anderer Punk sehr wichtig. Die Initiative des Notrufs in Hamburg, die Kampagne „Zweitausend und ein Mann gegen Vergewaltigung“ ist ein sehr guter Anknüpfungspunkt. Viele Männer werden sehr nachdenklich, wenn sie aufgefordert werden, diese Kampagne durch die Unterschrift zu unterstützen. Bürgerschaft und Senat haben die Kampagne finanziell unterstützt und eine Reihe von Abgeordneten – allerdings überwiegend der rotgrünen Regierungsfraktionen – haben das unterschrieben. Das wäre auch eine Möglichkeit für die männlichen Abgeordneten der CDU, ihren Worten Taten folgen zu lassen und gegen Gewalt gegen Frauen einzutreten.

(Beifall bei der SPD – Uwe Grund SPD: Genau!)

Ich komme zu einem letzten Punkt. Es geht nicht nur um den konkret verbesserten Umgang bei Gewalt gegen Frauen. Entscheidend ist auch, daß sich die Gesellschaft im Umgang mit Männergewalt anders verhält. Niemand soll mehr wegschauen oder weghören, der mit dieser Gewalt konfrontiert wird. In keinem Freundeskreis soll es unwidersprochen bleiben, wenn bekannt wird, daß es in einer Partnerschaft zu Gewalt kommt. Es sollten auch keine lockeren Sprüche darüber, daß ein Mann seiner Frau mit Schlägen wieder einmal zeigen mußte, wer das Sagen hat, unkommentiert bleiben.

Sehr geehrte Damen und Herren, das Bundesgesetz und das Hamburger Polizeigesetz, die vielen Veränderungen sind ein Durchbruch für konkreten Opferschutz im Bereich der innersten Sicherheit. Darüber sind wir froh.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Frau Spethmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Veränderungen des SOG mit dem sogenannten Wegweisungsrecht werden auch von der CDU unterstützt. Warum hier andere Aussagen getätigt worden sind, verstehe ich gar nicht.

(Günter Frank und Jürgen Schmidt, beide SPD: Wir auch nicht!)

Das wissen Sie aus den Ausschüssen in den letzten drei Jahren, in denen wir umfangreich über dieses Thema debattiert haben; daher verstehen wir diese Äußerung nun gar nicht.