Protocol of the Session on June 14, 2001

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Bleiben wir einmal bei diesem neuen Service. Es wird dort angegeben – das ist wirklich sehenswert –, an welchen Stellen Staugefahr besteht. Entgegen den Wahrnehmungen des Hamburger Durchschnittsbürgers gibt es, wenn er sich mit dem Auto durch den Bereich Wandsbek-Markt hindurchbewegen möchte, offenbar keinen Stau in dem Bereich. Sie können morgens, nachmittags oder abends den Verkehrsfunk anschalten: Zu jeder Stunde wird vor einem Stau im Bereich Wandsbek-Markt gewarnt; nur die Baubehörde weiß nichts davon. Typisch!

Ein weiteres Problem besteht darin, daß die vorhandenen Baustellen dann auch noch miserabel koordiniert sind. Jeder, die Baubehörde, die Wirtschaftsbehörde, die Bezirksämter, die Bundesautobahnauftragsverwaltung, buddelt für sich. So kommt es zu Staus, die absolut vermeidbar wären.

Bis vor kurzem war in diesem Jahr der Süderelberaum dran, im vergangenen Jahr war es der Raum Bergedorf, als gleichzeitig mehrere Hauptverbindungsstraßen lahmgelegt wurden. So kann es nicht weitergehen. Wir brauchen ein modernes, behördenübergreifendes Baustellen- und Verkehrsmanagement, um vermeidbare Behinderungen auszuschließen. Dazu zähle ich auch die schlafenden Baustellen, auf denen tagelang überhaupt nichts passiert, die nur den Verkehr behindern.

(Bernd Reinert CDU)

Unser Bausenator hat nochmals zusätzlich 10 Millionen DM zur Beseitigung von Straßenschäden bereitgestellt. Dadurch wird nicht alles besser, Herr Senator, sondern das ist alles Augenwischerei. Wenn wir uns die Haushaltszahlen anschauen, dann haben Sie im Jahre 2000 42,1 Millionen DM für Unterhaltung, Instandsetzung und Grundinstandsetzung von Straßen ausgegeben. Im jetzt laufenden Jahr haben Sie zunächst nur 28,1 Millionen DM bereitgestellt, jetzt packen Sie 10 Millionen DM drauf. Netto geben Sie für die Beseitigung von Straßenschäden in diesem Jahr 4 Millionen DM weniger aus als im vergangenen. Das ist unerträglich.

Es kommt hinzu, daß dieses Geld überhaupt nicht nach objektiven Kriterien eingesetzt wird. Es gibt keine systematische Erfassung des Straßenzustandes, mit der man die Mittel wirtschaftlicher einsetzen könnte.

Es gibt ein nicht ganz dünnes Gutachten der Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen, welches zu dem Ergebnis kommt, daß man mit einer Straßendatenbank Millionen DM sparen kann. Der Bundesminister für Verkehr hat eine entsprechende Anweisung herausgegeben. In Bremen wird seit Jahren daran gearbeitet. In Hamburg baut Strom- und Hafenbau ein solches System auf. Schauen Sie in den letzten Rechnungshofsbericht: Genau das wird von der Baubehörde gefordert.

Herr Senator, Sie sagen immer, Sie seien Spitze. In der Spitze der Baubehörde finden wir die Spitze der Ignoranz und der Unbelehrbarkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wenn es dann noch heißt, Baustellen bedeuteten Arbeitsplätze – das haben Sie im „Hamburger Abendblatt“ gesagt –:

„Baustellen bedeuten auch Straßen- und Infrastrukturverbesserung und Arbeitsplätze“,

dann gebe ich Ihnen recht. Aber, wer die Mittel so, wie Sie, kürzt, der vernichtet Arbeitsplätze. Sie geben in diesem Jahr 4 Millionen DM weniger aus, so daß die Arbeitsplätze wegfallen. Im Tiefbaugewerbe besteht ein Auftragsrückgang von 20,5 Prozent! Das sind die Tatsachen. Sie machen dies auch noch vorsätzlich und aus wahltaktischen Gründen.

Es gibt ein Schreiben der Baubehörde an einen Verteiler, an alle Leitungsbehörden, Bezirksämter und so weiter. In diesem Schreiben steht ganz klar: Aufgrund der angespannten Situation sind alle verkehrsbehindernden Baumaßnahmen vorerst zu unterlassen. Wenn Sie dann einmal nachfragen – wie es gelegentlich Bauunternehmer tun –, wann der Auftrag endlich ausgeführt werden könne, dann heißt es, daß das wohl noch bis Ende September dauern würde. Herr Senator, das bedeutet, daß diese Aussage etwas mit einem gewissen Datum Ende September zu tun hat. Deshalb bleibt schlicht und ergreifend festzuhalten: Wenn der Herr Senator ebenfalls bei „Radio Hamburg“ sagt,

„So langsam müssen Sie auch anerkennen, daß in Hamburg alles getan wird, um auch für den Autofahrer etwas zu tun“,

dann stimmt es schlicht und ergreifend nicht. Der Öffentlichkeit wird hier etwas vorgegaukelt. Tatsächlich verhindert die Baubehörde die nötigen Arbeiten. Sie wollen die Hamburger für dumm verkaufen. Ich bin sicher, die Hamburger werden das nicht mit sich machen lassen. Die Hamburger sind nicht so dumm, wie Sie denken.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Polle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Reinert hat ins Internet geschaut, ich auch. Ich habe es vor zwei Wochen getan, weil wir uns da auf die Debatte vorbereitet haben. Gestern habe ich wieder hineingeschaut.

Gestern wurden 33, vor zwei Wochen 32 Baustellen angezeigt. Das waren aber zum Teil andere als damals. Das ist völlig klar. Die sogenannten Leitungsbehörden wie Sielbau und so weiter brauchen lange, wenn sie buddeln. Bevor sie etwas verändern können, müssen sie tief in die Erde. Das Loch wird dementsprechend spät wieder zugeschüttet.

Die Menschen, die die Straßen reparieren, benötigen nur wenige Tage. Insofern ist es doch völlig klar, daß es nur wenige Baustellen gibt, die im Internet angezeigt werden, denn sie wechseln ständig. Sie müssen dann schon so fleißig sein und das ganze Jahr über ins Internet schauen, dann können Sie uns im nächsten Jahr eine gute Statistik vorlegen, die wirklich sagt, wie viele Straßen repariert werden.

(Beifall bei der SPD)

Sie beklagen die mangelnde Koordinierung. Wenn Sie ins Internet geschaut haben, dann haben Sie gesehen, daß es die KOST – die Koordinierungsstelle für das Straßenwesen – gibt, die auch die Baustellen hineinstellt. Ich habe mich auch schlau gemacht. Die koordinieren wohl.

Wenn dringende Arbeiten anstehen, dann müssen die Menschen ran, dann muß aufgebuddelt werden. Wenn langjährige Bauarbeiten wie am Dammtor durchgeführt werden müssen – darüber ärgere ich mich auch –, dann liegt es daran, daß die Arbeiter tief buddeln müssen. Das dauert lange, ehe sie das Loch wieder geschlossen haben. Natürlich ärgert sich darüber jeder Autofahrer auch lange. Aber wir können nur an das Verständnis der Hamburgerinnen und Hamburger appellieren, daß die Siele erneuert werden müssen, denn sie sind zum Teil 100 bis 150 Jahre alt.

Ich selbst wohne in Eimsbüttel. Ich habe in der Aufzählung, in denen sich Menschen über Baumaßnahmen ärgern, weil sie besonders schlimm sind, Eimsbüttel vermißt. Ich wohne in der Nähe der Methfesselstraße, wo gebuddelt und gebuddelt wird. Ich habe jetzt die Nachricht erhalten, daß die Lappenbergsallee – wo ich wohne – aufgebuddelt werden soll. Also auch anderswo in Hamburg wird im Moment aufgegraben. Dabei wird sich leider nicht nach dem Wahltermin gerichtet. Das würde mich freuen, denn dann hätte ich im Sommer meine Ruhe.

(Bernd Reinert CDU: Es steht aber ganz anders in dem Schreiben drin!)

Das ist nett. Ich habe offensichtlich nicht die Zugänge zur Verwaltung wie Sie, der das wohl immer gesteckt kriegt.

Man muß hier auch grundsätzlich ran. Warum hat die öffentliche Hand im Moment Probleme, den Straßenzustand zu erhalten und die Substanz zu sichern, damit es für uns alle so bleibt, wie wir es seit Jahrzehnten gewohnt waren? Das liegt zum einen daran, daß ein von der EU zugelassener Lastwagen mit 40 Tonnen Gesamtgewicht – das hat übrigens die „Bild“-Zeitung vor einem Jahr treffend beschrieben – die Straße so kaputtmacht wie sonst 50 000

(Bernd Reinert CDU)

Pkws. Das heißt, je mehr schwere Laster fahren, desto mehr geht die Straße kaputt.

(Bernd Reinert CDU: Ich denke, Sie wollen etwas für den Wirtschaftsverkehr tun?)

Da schrieb auch die „Bild“-Zeitung, die ich sonst gar nicht so schätze, aber hier hatte sie wirklich einmal recht, daß früher eine Straße 22 Jahre hielt. Jetzt werden die Zeiten sichtlich kürzer. Es muß immer wieder repariert werden.

(Helga Christel Röder CDU: Weil alles kaputt ist!)

Die EU strebt an, das zulässige Gesamtgewicht für Lkws auf 60 Tonnen zu erhöhen. Mir schwant da hinsichtlich der deutschen Straßen Schlimmes. Ich kann nur hoffen, daß auch die anderen Länder, die ähnliche Probleme haben, dieses zu verhindern wissen. Die betriebswirtschaftliche Seite von Spediteuren wird das sicher gutheißen, aber wir, die für das Straßenwesen zuständig sind, können nicht zustimmen.

Der zweite Punkt, warum unsere Straßen in Schwierigkeiten geraten, ist die öffentliche Armut. Ich habe Ihnen das anläßlich unserer vielen Debatten vor einiger Zeit gezeigt, wie die Schere zwischen dem Steueraufkommen und dem Reichtum der sogenannten Besserverdienenden auseinandergeht. Das heißt, der schlanke Staat, den wir alle wollen, und Steuersenkungen, die jetzt auch von Berlin gemacht werden, führen dazu, daß die öffentliche Hand immer mehr sparen muß. Da sind die 4 Millionen DM, die Sie anführen – ich habe nicht nachgerechnet, sie mögen stimmen –, sicher nur ein kleiner Beitrag, wenn Sie bedenken, wo Sie sonst noch überall höhere Ausgaben fordern. Stichworte: Richter, Innere Sicherheit, mehr Lehrer, wie Herr von Beust bei der letzten Wahl sagte, in jedem Stadtteil eine Polizeiwache. Das sind Kosten, die Sie überhaupt nicht finanzieren können. Da sind die 4 Millionen DM wirklich wenig.

Die Schlaglöcher in den Hauptstraßen werden weitgehend ausgebessert. Ich habe von der Baubehörde – Sie vielleicht auch – eine Aufstellung bekommen, wo im Jahre 2000 aus diesem Programm saniert wurde. Wie Sie darin sehen können, liegen ein roter Punkt und eine Baustelle beziehungsweise Straßenausbesserung neben der anderen.

(Bernd Reinert CDU: Jetzt zeigen Sie mal eine Schlaglochkarte hoch!)

Es waren insgesamt 204 Maßnahmen. Es ist – wie in jedem Jahr – hier natürlich viel repariert worden. Für das Jahr 1999 gibt es eine Karte, und für das nächste Jahr wird es wieder eine solche Karte geben. Denn nicht immer ist die ganze Straße kaputt. Es genügt, wenn da einer durchgeht, dem die Löcher auffallen, und diese dann repariert werden.

Im übrigen möchte ich sagen: Wenn Leitungsbehörden buddeln, wird die Straße auch erneuert. Es ist ja nicht so, daß diese Straße danach eine Schlaglochpiste bleibt, sondern die Straße ist glatt. Insofern müssen Sie jede dieser Maßnahmen auch gleichzeitig als Reparaturmaßnahme bewerten.

Zum Thema Internet – das ist heute das Leitmotiv – habe ich mich schlau gemacht. Wenn Sie einmal die Suchmaschinen durchgehen, so gibt es über einhundert Links zum Thema Straßenschäden.

(Holger Kahlbohm SPD: Die kennen das nicht so richtig! Zeig es Ihnen!)

Das ist sagenhaft. Berlin ist in diesem Frühjahr bei diesen Meldungen der Spitzenreiter. Ich lese einmal vor, was ich gefunden habe: „Berliner Kurier“:

„Loch an Loch“, „Berlins Straßen – eine Mondlandschaft“, „Tiefe Risse, scharfe Kanten“, „Autofahrer müssen Slalom fahren, aber die Stadt hat kein Geld“.

Die „Berliner Morgenpost“ schreibt:

„Wie ein mottenzerfressener Schal“, „Loch an Loch“, „Tempo 30 auf Berliner Hauptstraßen“, „Wegen der Schlaglöcher wurden 100 Hauptstraßen von Tempo 50 auf Tempo 30 herabgestuft“.