„vorgestellt, was man gegen die Drogenproblematik in Hamburg tun kann: Mehr Polizisten, Verschärfung des Polizeirechts und der Einsatz von Brechmitteln sollen es richten. Dann ist die Welt wieder in Ordnung, und Hamburg kann ruhig schlafen. Meine Damen und Herren, das ist Unsinn. Für wie blöd hält die CDU eigentlich die Menschen in dieser Stadt.“
Was glauben Sie, was man den Männern und Frauen in Hamburg eigentlich noch zumuten kann? Zehn Wochen vor der Wahl wird alles, was bisher da gewesen ist, in Frage gestellt. Das Ruder wird um 180 Grad herumgerissen, und es wird genau das, was jahrelang richtig war und leidenschaftlich und mit Inbrunst vertreten wurde, in Frage gestellt; und nun ist genau das Gegenteil richtig. Wer soll das eigentlich glauben?
Und wie lange soll diese harte Linie gelten? Ich wage einmal eine Prognose, die etwas anders ist als das, was Herr Kleist sagte. Ich sage Ihnen, diese harte Linie gilt im wesentlichen bis zum 23. September 2001, 18 Uhr, und dann wird alles vergessen sein. Das ist die Wahrheit.
Angenommen, die Wähler lassen sich wiederum täuschen, angenommen, die Wähler honorieren diesen Opportunismus, angenommen, die Wähler sorgen dafür, daß Rotgrün weiter regieren kann: Wer schützt uns eigentlich davor, daß nicht sofort wieder neue Erkenntnisse auf den Markt kommen, die einen dazu bringen, wieder 180 Prozent umzuschwenken und wieder das zu sagen, was noch bis zum letzten Monat galt?
Meine Damen und Herren! Neue Erkenntnisse sind im Moment sehr in Mode. Sogar der oberste Sozialdemokrat hatte am Wochenende neue Erkenntnisse. Er kam auf einmal zu der Überzeugung, daß man bestimmte Dinge mit Sexualstraftätern tun sollte. Er sprang sozusagen mit einem Hops auf den Stammtisch, stellte sich nach oben
Und was tut der sozialdemokratische Landesvorsitzende und Innensenator am Tag darauf? – Er ist sozusagen der erste Claqueur von allen.
Im NDR 4 erzählt er nahezu mit denselben Worten, wie großartig und wie toll und wie vernünftig das alles ist.
Meine Damen und Herren! Abgesehen davon, daß es schon auffällig ist, wenn man mit solchen Erkenntnissen genau an dem Wochenende aufwarten kann, an dem man kleinlaut verkünden muß, daß man seine Ziele in der Bekämpfung der Arbeitslosenreduzierung nicht erreichen wird, und man davon ablenken muß – dafür habe ich Verständnis –, ist das doch unglaubwürdig.
Wir hatten doch hier die Nagelprobe. Wir haben vor einigen Wochen einen Gesetzentwurf zur Verbesserung des Maßregelvollzugsgesetzes vorgelegt mit dem Ziel, die Sicherheit für die Bürger zu verbessern. Und was ist das Ergebnis? – Sie haben es in die Ausschüsse überwiesen, und dort wird es durch Filibuster bis zum Sankt-NimmerleinsTag dazu gebracht, daß es versandet, und wir werden es nicht mehr in dieser Legislaturperiode beschließen, und das ist Ihre Schuld, meine Damen und Herren.
Zwischen den Worten und Taten liegen hier Welten. Aber auch Hamburger, nicht nur Gerhard Schröder, haben zuweilen neue Erkenntnisse. Da erklärt Herr Scholz in der Pressekonferenz, es gebe ein neues Medikament, einen mexikanischen Sirup, der es jetzt ermöglichen würde, mit diesem Brechmittel zu arbeiten. Das heißt übrigens Ipecacuanha. Dann gebe es neuerdings Beweisschwierigkeiten, weil Schluckbewegungen nicht als Beweis anerkannt werden.
Meine Damen und Herren! Das ist absoluter Unsinn, das eine wie das andere. Erstens gibt es dieses Medikament seit Jahrhunderten, und es wird seit ungefähr zehn Jahren in Deutschland in Hunderten von Fällen erfolgreich ange
wandt, und zweitens hat es Beweisprobleme zu jedem Zeitpunkt gegeben. Natürlich sind die Gerichte nicht so, daß sie sagen, Schluckbewegungen werden akzeptiert. Schluckbewegungen sind zunächst einmal Schluckbewegungen und kein Beweis. Insofern war es schon immer notwendig, so etwas zu fordern.
Das einzige, was anders ist als früher, ist, daß es früher von Rotgrün bestritten wurde, jetzt wird es akzeptiert.
Jetzt zu Ihnen, Herr Dr. Schmidt. Ich lese in der Zeitung, daß Sie die Verabreichung von Brechmitteln nunmehr für vertretbar halten, weil es nicht mehr darum geht, Kochsalzlösung zu verabreichen, sondern dieses bewußte mexikanische Medikament, und dann sei das Ganze vertretbar.
und zwar mich selbst. Da habe ich nämlich den Chef der Rechtsmedizin der Frankfurter Johann-Wolfgang-vonGoethe-Universität mit folgenden Worten zitiert:
„Ich bin nach wie vor der Meinung, daß die Gabe von Ipecacuanha an Gesunde zu den harmlosesten ärztlichen Eingriffen gehört.“
Dann hat er noch mehr gesagt, und das wurde von Herrn Dr. Petersen – wie so oft – mit unqualifizierten Zwischenrufen bedacht.
Meine Damen und Herren! Es war also zu jedem Zeitpunkt klar, daß unser Ansinnen, Brechmittel an Dealer zu verabreichen, nie etwas mit Kochsalzlösungen zu tun hatte, sondern wir wollten natürlich dieses neuartige Medikament, das es jetzt seit einigen Wochen, aber in Wirklichkeit seit einigen hundert Jahren gibt. Meine Damen und Herren, wer soll das eigentlich alles noch glauben?
Wenn jetzt die Polizei ihre Energie insbesondere auf den Stadtteil St. Georg konzentriert, dann kann ich das gut verstehen. Die Situation in St. Georg ist katastrophal schlecht. Sie ist in der Tat unerträglich für die Bewohner, und das größte Problem ist – zumindest für die Regierenden –, daß es sichtbar ist. 400 000 Menschen gehen jeden Tag ein und aus und sehen, was dort geschieht, und das ist natürlich besonders spektakulär. Ich habe volles Verständnis dafür, wenn man sich dieses Themas annimmt. Nur, meine Damen und Herren, wenn man seine Energie auf diesen einen Stadtteil konzentriert, dann heißt es doch im Umkehrschluß, daß in anderen Bereichen entsprechend weniger geschieht.
Wenn eine Decke an einer Stelle zu kurz ist, zum Beispiel über den Füßen, und man zieht sie hoch, dann ist auch noch der Bauch frei.
Ohne eine adäquate Personalaufstockung, sowohl im Bereich der Polizei als auch im Bereich der Staatsanwaltschaft und der Gerichte, wird man diese Ziele nicht erreichen können.
Es gibt doch nicht nur die offene Drogenszene in St.Georg, meine Damen und Herren. Es gibt Drogenszenen in vielen Teilen der Stadt, insbesondere auch in Altona und St. Pauli.