Protocol of the Session on July 11, 2001

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(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Dr. Rolf Lange SPD: Jo-Becker-Verschnitt!)

Deswegen wäre es eigentlich auch ausreichend, meine Rede hier zu beenden. Ich will aber trotzdem auf eine paar inhaltliche Dinge eingehen, denn, was Sie in Ihrer bekannten Art aufgezählt haben, sind Ihre Standardthemen, das ist Ihre kaiserliche Werft, und das kennen wir im Grunde alles, so daß ich mich mit den üblichen Sachen, mit denen Sie Ihre Reden schmücken, auch gar nicht befassen muß.

Kommen wir aber zu dem Antrag und dem, was Sie hier zum Abschied Ihrer Bürgerschaftskarriere abgeliefert haben. Das ist schon mal wieder ein dreistes Stück. Das muß man sagen. Wenn Sie hier von einem unrühmlichen Ende sprechen, dann fällt das aber durchaus auf Ihre Füße zurück.

Sie haben säuberlich Presseerklärungen beschrieben, Sie haben die Justizsenatorin zitiert, eine Stellenstatistik nachgelegt und kommen dann zum Schluß – wer hätte das gedacht? – zu einer pauschalen Stellenerhöhungsforderung von 10 Prozent für die sogenannten betroffenen Bereiche der jeweiligen Gerichte.

Daß Sie hier so etwas zur Abstimmung stellen, zeigt, daß man bei Ihnen offenbar auch gestrichen hat, nämlich den finanz- und justizpolitischen Verstand.

(Beifall bei der SPD und bei Farid Müller GAL)

Wo bleibt die Gegenfinanzierung? – Fehlanzeige.

Wir haben heute in der Aktuellen Stunde darüber gesprochen. Ihr Konzept besteht darin, öffentliche Unternehmen und Beteiligungen zu veräußern. Das haut nicht hin. Wir brauchen die öffentlichen Unternehmen, und auch sonst geht Ihre Rechnung da nicht auf.

Wo bleibt das differenzierte Eingehen auf die verschiedenen Gerichtsbereiche? – Auch das Fehlanzeige.

Sie hätten einmal mit den Gerichtsvertreterinnen und -vertretern selbst sprechen sollen, anstatt nur ihre Presseerklärungen zu zitieren.

Unsere Justizsenatorin hat das Gespräch gesucht, und es sind mittlerweile sehr akzeptable Ergebnisse herausgekommen. Dabei haben die Gerichtspräsidenten und -präsidentinnen der Senatorin deutlich gemacht, daß die Probleme der Gerichte sehr unterschiedlich sind und dementsprechend auch Lösungen an unterschiedlichen Punkten ansetzen müssen. So hängt die Konsolidierung des Amtsgerichts im Servicebereich von den Fortschritten der dort begonnenen Reformen ab, während das Oberlandesgericht durch geringe Stellenfluktuation gekennzeichnet ist.

Pauschale und undifferenzierte Stellenerhöhungsforderungen sind von den Gerichten nicht gekommen, da diese sich mit den Bereichen, in denen es zur Zeit eng ist, sehr konstruktiv und detailliert auseinandergesetzt haben, im Gegensatz zu Ihnen.

Die Präsidentin des Landgerichts hat außerdem in dem Gespräch klargestellt, daß die Richterinnen und Richter des Landgerichts – entgegen dem Wortlaut Ihrer Pressemitteilung – keine Rücknahme der Streichpolitik verlangen, sondern eine Beendigung der Streichpolitik für die Zukunft und für die Hilfe in einzelnen Bereichen.

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

(Dr. Ulrich Karpen CDU: Deswegen geht sie nach Schleswig!)

Dieses Maß an Differenziertheit paßt nicht zu Ihnen, zur CDU-Opposition, der es mehr um das wahlkampfmäßige Ausschlachten des Themas als um sachgerechte Problemlösungen geht.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL)

In einem Punkt hat der Antrag recht, nämlich in bezug auf die Justizsenatorin und ihre Stellung zu diesem Thema. Das ist nicht Larmoyanz, wie Sie behaupten, sondern das ist ein Zeichen, daß sie die Befürchtungen der Richterinnen und Richter sehr ernst nimmt. Sie hat reagiert und gehandelt und den Spardruck gezielt gelockert und ist nicht mit der undifferenzierten und finanziell verantwortungslosen Gießkanne losmarschiert. Auch wenn es Ihnen nicht paßt, Herr Professor Karpen, dieses Signal ist bei den Richterinnen und Richtern gut angekommen. Nachdem bereits dem Landgericht die Möglichkeit eröffnet worden war, Wiederbesetzungen im richterlichen Bereich in einem Gegenwert von rund 0,6 Millionen DM vorzunehmen, kann die Justiz jetzt weitere 22 Stellen mit einem Wert von 1,6 Millionen DM nachbesetzen. Die Mittel sollen gezielt in den Bereichen eingesetzt werden, die der Justizsenatorin von den Spitzen der ordentlichen Gerichte und der Staatsanwaltschaft als besonders stützungsbedürftig genannt wurden. Hierzu zählen vor allem die sogenannten nichtrichterlichen Tätigkeitsbereiche, also der Unterstützungsbereich der Staatsanwaltschaft Hamburg, die Servicebereiche der vormundschaftsgerichtlichen und familiengerichtlichen Abteilung des Amtsgerichts Hamburg sowie der strafgerichtliche Bereich des Amtsgerichts Hamburg, der Bereich der Gerichtsvollzieher und die Servicebereiche des Landes- und Oberlandesgerichtes. Darüber hinaus können das Oberlandesgericht zur Komplettierung des neu geschaffenen Senats zwei weitere Richterstellen und das Amtsgericht im Strafbereich eine weitere Richterstelle wiederbesetzen. Das ist nicht Täuschen und Tarnen, verehrter Professor Karpen, das ist Handeln.

(Dr. Ulrich Karpen CDU: Tarnen und täuschen!)

Sicher löst diese weitere Marscherleichterung jetzt nicht alle Probleme der Gerichte und Staatsanwaltschaften, aber sie macht deutlich, daß die Justiz im Senat auch in schwierigen Zeiten ein hohes Maß an Unterstützung gefunden hat.

Die SPD-Fraktion unterstützt dieses deutliche Signal, das sich einreiht in die allgemein abgesenkte Sparquote der Justiz gegenüber anderen Bereichen im Rahmen der notwendigen Haushaltskonsolidierung und die erheblichen Zukunftsinvestitionen in die Justiz, unter anderem im Rahmen von Justiz 2000.

Wer hier ein Urteil über die Justizpolitik fällt, sollte sich das ganze Bild machen. Ihr Sichtfeld, meine Damen und Herren von der Opposition, ist allerdings diesbezüglich reichlich getrübt. An die Richter hingegen möchte ich appellieren: Wir sind im letzten Jahr der Konsolidierung, und damit ist Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Durch die neuerliche Marscherleichterung ist das Licht am Ende des Tunnels sogar noch ein wenig heller geworden.

Alle Bereiche der Hansestadt sind von der unbedingt notwendigen Sparpolitik betroffen gewesen. Das kann nicht anders sein, wenn wir in Hamburg keine Berliner Verhältnisse haben wollen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Auch die Justiz kann dabei nicht ausgeschlossen bleiben. Ihre besondere Stellung als Garant der Rechtsgewährung und des Rechtsfriedens haben Senat und Bürgerschaft jedoch seit Beginn der Konsolidierung mit beachtet und berücksichtigt. Alle Statistiken und Ländervergleiche zeigen, daß Hamburg nicht nur gut mithält, sondern in manchen Bereichen vorn ist. Die Hamburger Justiz erfüllt ihre Aufgaben. Das ist die Wahrheit.

Mein Appell an alle Beteiligten: Kurs halten und die Konsolidierung verantwortbar gestalten, und dafür stehen wir im Dialog mit den Gerichten. Ihre Forderung dagegen, verehrte Kollegen von der CDU, das Personal an den Gerichten und bei der Staatsanwaltschaft um 10 Prozent aufzustocken, ist nur eines, nämlich in höchstem Maße unseriös. Sie stellen hier einen ungedeckten Scheck aus. Ihre Parteikollegen in Berlin haben gerade vorexerziert, daß ohne verantwortliches Wirtschaften eine Stadt in schwerstes Fahrwasser kommt. Mit uns gibt es keine ungedeckten Schecks. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Weitere Wortmeldungen gibt es nicht. Wer stimmt dem Antrag aus der Drucksache 16/6327 zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 64, Drucksache 16/6281: Zwischenbericht des Bau- und Verkehrsausschusses zum Thema Unfallschwerpunkte in Hamburg.

[Zwischenbericht des Bau- und Verkehrsausschusses über die Drucksache 16/5600: Unfallschwerpunkte in Hamburg (CDU-Antrag) – Drucksache 16/6281 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Dr. Schmidt, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese Debatte ist gewissermaßen der Dank dafür, daß die CDU heute einen Regierungsantrag zur Debatte angemeldet hat. Also melden wir heute einen CDUAntrag zur Debatte an.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL und der CDU)

Dieser CDU-Antrag ist im Bau- und Verkehrsausschuß diskutiert worden, und Sie haben den Bericht vorliegen. Interessant an dem Bericht ist nicht, was die Fraktionen oder die Abgeordneten gesagt haben, sondern was die Senatsvertreter vorgetragen haben. Daraus haben wir alle – und ich vermute, auch die CDU-Abgeordneten – einiges gelernt. Wir wissen jetzt, daß es auch in Hamburg eine sogenannte Unfallkommission gibt, in der alle wichtigen Informationen über das Verkehrsunfallgeschehen zusammenfließen und in der über die geeigneten Maßnahmen beraten wird, und zwar auch so, daß die Ergebnisse der Unfallkommission bis nach unten durchkommen und es auch von unten nach oben genügend Informationen gibt. Also gehe ich davon aus, daß hier weiter auf einem hohen Niveau gearbeitet wird. Das ist auch nötig, denn die Ergebnisse des letzten Verkehrsberichtes über das Jahr 2000 liegen jetzt vor, und die sind wichtig. Deswegen muß an dieser Stelle ein bißchen über die Unfallgeschehen des letzten Jahres geredet werden.

Die allerbeste Nachricht ist die, daß Hamburg bei der Zahl der Verkehrstoten den niedrigsten Stand erreicht hat, seitdem diese Zahlen erhoben werden. Wir haben im vorigen

Jahr nur noch 41 Verkehrstote gehabt. Zum Vergleich: 1950 waren es 138 und 1970 waren es 379. Hamburg liegt damit einerseits im Trend, denn bundesweit gehen die schweren Verkehrsunfälle auch zurück, aber Hamburg liegt auch in diesem Trend mit seinen sehr niedrigen Zahlen vorne oder, besser gesagt, glücklicherweise weit hinten.

Noch ein Hamburger Vergleich: Die Zahl der Drogentoten in Hamburg ist mehr als doppelt so hoch im Jahr. Die Zahl der mit einiger Plausibilität zu berechnenden Toten, die durch Rauchen ums Leben kommen, ist ein mehrfaches dieser Zahl. Auch die, die durch Mord und Totschlag in dieser Stadt ums Leben kommen, sind mindestens mehr als doppelt soviel wie die Verkehrstoten.

Die Ursachen der Reduzierung der Verkehrstoten sind vielfältig und nicht nur positiv. Eine der Ursachen ist die Reduktion der innerstädtischen Geschwindigkeit durch die Anordnung von Tempo 30 in vielen Straßen seit 1982 und die seit 1993 erfolgte Rücknahme der Geschwindigkeit auf vielen Ausfallstraßen von Tempo 60 oder 70 auf Tempo 50, die von der Opposition immer wieder heftig angegriffen wird.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Von der CDU!)

Ein weiterer Grund ist zweifellos die Zunahme des Autoverkehrs, die den Autoverkehr insgesamt auch in Hamburg etwas verlangsamt hat, denn Hamburg war vor 20 Jahren eine sehr viel schnellere Autostadt als heute. Damals wurde man, wenn man mit Tempo 50 über die Elbbrücken fuhr, von der Polizei angehalten, doch bitte etwas schneller zu fahren. Das ist heute vorbei. Eine weitere Ursache ist die Verbesserung, aber gleichzeitig drastische Reduzierung der Überquerungsmöglichkeiten von Fußgängern an Straßen. Eine weitere Ursache ist die Verbesserung der medizinischen Versorgung von Opfern von Verkehrsunfällen, und gleichzeitig ist damit die Lebensdauer von Schwerverletzten oft so verlängert worden, daß sie nicht mehr, wenn sie dann doch noch sterben, in der Statistik für Verkehrsunfälle auftauchen.

Schließlich gibt es zahlreiche technische Verbesserungen an den Autos, und schließlich haben sich alle Menschen an die Autogesellschaft soweit gewöhnt, daß Alte und Kinder etwas besser dressiert sind als früher.

Aber die vorgelegte Statistik zeigt uns auch, daß es nach wie vor Unfallschwerpunkte gibt, wo viel zu tun ist. Ich greife zunächst Personengruppen heraus und dann geographische Dinge. Die Daten zeigen, daß Fußgänger und Radfahrer – und unter denen besonders Kinder und Alte, die freilich nur als Fußgänger – nach wie vor gefährlich leben, und zwar einerseits, weil sie noch nicht autogerecht dressiert oder dressierbar sind, und andererseits, weil Autofahrer oder -fahrerinnen immer wieder zuwenig Rücksicht auf Fußgänger und Radfahrer nehmen. Das können Sie sehr genau in dem Verkehrsbericht des Jahres 2000 nachlesen. Die Fußgängerunfälle haben sich im vergangenen Jahr vermehrt. Auch die Zahl der getöteten Fußgänger ist gestiegen. Betroffen von den Fußgängerunfällen sind hauptsächlich Kinder.

Der Bericht macht auch deutlich, daß es nicht ausreicht, die Schulwege der Kinder zu sichern. Kinder gibt es auch außerhalb der Schulwege. Wörtlich heißt es dort: Verkehrssicherheit darf sich also nicht auf den Schulweg beschränken. Daraus müßten eigentlich Schlußfolgerungen gezogen werden, die Mobilität von Kindern muß gefördert werden.

Die Zahl der verunglückten Radfahrer ist fast gleich geblieben mit weit überwiegendem Anteil von Kindern als Betroffene und Autofahrern als Verursacher. Was wir leider nicht haben, sind Daten zu der alten Streitfrage, ob Radfahrer auf Radwegen oder auf der Straße sicherer fahren.