Protocol of the Session on July 12, 2001

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(Der Senatsvertreter gibt seine Zustimmung zu er- kennen.)

Das tut er. Gibt es Widerspruch aus dem Haus? – Das ist nicht der Fall.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Ja!)

Es gibt Widerspruch, aber der reicht nicht aus.

Wer will den soeben in erster Lesung gefaßten Beschluß in zweiter Lesung fassen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist damit auch in zweiter Lesung mit sehr großer Mehrheit und somit endgültig beschlossen worden.

Wer nimmt, wie vom Ausschuß empfohlen, Ziffer 3 des Senatsantrags an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das mit sehr großer Mehrheit beschlossen worden.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu? –

(Der Senatsvertreter gibt seine Zustimmung zu er- kennen.)

Das tut er. Gibt es Widerspruch aus dem Haus? – Das ist nicht der Fall. Wer will den soeben in erster Lesung gefaßten Beschluß in zweiter Lesung fassen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist damit auch in zweiter Lesung mit sehr großer Mehrheit und somit endgültig beschlossen worden.

Im übrigen hat die Bürgerschaft Kenntnis genommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf, Drucksache 16/6110, Mitteilung des Senats zum Thema Aktionsprogramm zur Integration von Menschen mit Behinderungen in den Ersten Arbeitsmarkt.

[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 15./16. September 1999 (Drucksache 16/2965) – Aktionsprogramm zur Integration von Menschen mit Behinderungen in den Ersten Arbeitsmarkt – Drucksache 16/6110 –]

Von wem wird das Wort begehrt? – Herr Witte.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses wird heute meine letzte Rede in diesem Parlament sein, und ich bin froh, daß ich noch einmal über ein Thema reden darf, welches mir persönlich sehr am Herzen liegt.

Wir alle wissen, daß die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit die große Herausforderung unserer Gesellschaft ist. Dieses gilt im ganz besonderen Maße für die Arbeitslosigkeit bei Behinderten. Dieses hat auch die Bundesregierung sehr schnell erkannt und hat mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch die Veränderung im SGB IX gemeinsam mit der Bundesanstalt für Arbeit erste Schritte unternommen und in einer Kampagne 50 000 neue Jobs für Schwerbehinderte geschaffen, um dagegenzusteuern.

In Hamburg war man etwas schneller – wir sind es ja schon gewohnt – und hat schon 1999 im Rahmen des Hamburger Dialogs ein Aktionsprogramm beschlossen. Erarbeitet

wurde dieses Programm von Vertretern der BAGS, den Wohlfahrts- und Wirtschaftsverbänden, den Gewerkschaften und von Vertretern der Arbeitsgemeinschaft Schwerbehindertenvertretung sowie zehn kleineren Behindertenverbänden und der Organisation der Behindertenhilfe, die sonst nicht Mitglied im Hamburger Dialog für Arbeit und Soziales sind. Das Aktionsprogramm gliedert sich in drei Aktionsfelder, wie auch aus der Senatsmitteilung ersichtlich ist.

Zunächst geht es um die Erschließung neuer Beschäftigungsfelder, um Informationen und die Verbesserung der Vermittlung sowie der vielfältigen finanziellen Anreize bei der Einstellung.

Der zweite Bereich umfaßt den gesamten Komplex Qualifizierung, Bildung und Weiterbildung.

Der dritte und letzte Bereich zielt besonders auf die Förderung der Integration von Menschen mit Behinderungen und deren Ansprüche auf Eingliederungshilfe nach BSHG. Er weist aber auch auf die vielfältigen Hilfen durch die Hauptfürsorgestelle, die Beratungsstellen der BAGS und des Arbeitsamtes hin sowie auf deren Vernetzung mit den Partnern des Hamburger Dialogs.

Erfreulich ist, daß zeitnah durch die BAGS, das Arbeitsamt und das BMA sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds 8,5 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden konnten. Weitere Mittel sind oder sollen bewilligt werden. Wie wir aus der Stellungnahme des Senats ersehen können, hat es in den drei Bereichen bereits eine Reihe von Aktionen gegeben, wofür ich mich von dieser Stelle aus bei allen beteiligten Akteuren bedanken möchte.

(Beifall bei Wolf-Dieter Scheurell SPD)

Besonders erfreulich ist aus meiner Sicht, daß innerhalb des Programms für die unterschiedlichen Gruppen der behinderten Menschen Projekte, auch auf die unterschiedlichen Behinderungen bezogen, durchgeführt werden.

(Erhard Pumm SPD: Super!)

Nun stellt sich natürlich schnell die Frage, inwieweit das Projekt bisher erfolgreich gewesen ist. Auch wenn die Umsetzungsphase noch anhält, kann man schon erste Erfolge verbuchen. Zu Beginn der Aktion waren in Hamburg knapp 3900 schwerbehinderte Männer und Frauen arbeitslos gemeldet. Das Ziel, konkurrierend mit dem 50 000-Programm, ist es, diese Zahl bis Ende 2002 um 1000 Personen zu verringern. Bis Ende Mai 2001 waren wir bei 3360 arbeitslosen Schwerbehinderten, also zwar noch 486 über dem gesetzten Ziel bis Ende 2002, aber wie Sie sehen, ist die Entwicklung erfreulich und hat auch eine gewisse Kontinuität gewonnen.

Dennoch glaube ich, daß es immer noch zu viele mentale Barrieren gibt. Viele glauben immer noch, einen behinderten Menschen einzustellen wäre unheimlich kostenintensiv. Allein der Aufwand, den Arbeitsplatz behindertengerecht zu gestalten, hält viele Arbeitsgeber davon ab, Behinderte einzustellen. Ich füge noch an, was der Preisträger des im Bericht erwähnten Integrationspreises, Herr Dr. Kretschmer, Geschäftsführer der Firma Manfred Schwab, Maschinenbau – das ist übrigens eine Firma mit elf Angestellten, wovon sechs Schwerbehinderte sind –, bei seiner Dankesrede sagte: Er höre immer wieder von Unternehmerkollegen, daß sie auch gern einen Behinderten einstellen würden, aber nicht wüßten, wie sie ihn wieder loswerden. Jetzt frage ich einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wenn ich jemanden einstellen will, stelle ich ihn dann ein, um gleich wieder zu fragen, wie ich ihn wieder loswerde?

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

(Barbara Ahrons CDU: Sie müssen das auch nicht bezahlen!)

Aber genau auf diesen Aspekt zielt unser Aktionsprogramm, aufzuklären und das Denken in den Köpfen zu verändern. Dieses ist meiner Meinung nach vielleicht der wichtigste Schritt, um die Integration weiter voranzutreiben. Ich hoffe und glaube, daß wir dem Ziel mit diesem Programm etwas näherkommen werden, allein schon im Interesse der betroffenen Menschen.

Ich habe gesagt, daß dieses meine letzte Rede ist. Ich möchte alle Kolleginnen und Kollegen bitten, sich in der Zukunft intensiv um die behinderten Menschen zu kümmern, denn sie haben leider keine große Lobby in dieser Gesellschaft. Denken Sie immer daran, nicht behindert zu sein, ist ein Geschenk, das uns jederzeit wieder genommen wird. Diesen Satz sagte einmal Richard von Weizsäcker in einer seiner Reden. Ich halte das für einen sehr klugen Ausspruch.

Ich habe noch zwei Sätze in eigener Sache. In den zehn Jahren meines Wirkens hier bin ich vielen Menschen begegnet. Ich habe nicht immer alle heiß geliebt, und ich glaube, das muß man auch nicht. Ich hoffe aber, daß ich zu allen fair gewesen bin. Wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, bitte ich hiermit nachträglich um Entschuldigung. Im übrigen wünsche ich Ihnen auch weiterhin alles Gute für die Zukunft.

(Langanhaltender Beifall bei allen Fraktionen und der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke – Erhard Pumm SPD: Willi, das hast du gut gemacht!)

Das Wort hat Herr Schira.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter lieber Herr Witte! Auch im Namen der CDU-Fraktion möchte ich vor Beginn meiner Rede etwas Persönliches sagen. Ich bin zwar neu in diesem Parlament, gehöre erst seit vier Jahren dazu, aber ich habe Sie im Sozialausschuß als einen sehr kompetenten, engagierten und sehr sachlichen, vor allem aber als sehr fairen Gesprächspartner auf der Seite der Sozialdemokraten kennengelernt. Wir als CDU-Fraktion wünschen Ihnen alles Gute und bedanken uns für die faire Zusammenarbeit. – Vielen Dank.

(Beifall im ganzen Hause)

Vor fast genau zwei Jahren haben wir hier in der Bürgerschaft über die Integration von Menschen mit Behinderung in den Ersten Arbeitsmarkt diskutiert. Die Debatte von damals war – wenn ich mich recht erinnere – sehr sachlich und von großer Einmütigkeit geprägt. Wir haben damals einstimmig beschlossen, uns über die Bemühungen der Integration vom Senat berichten zu lassen.

Der Senat berichtet jetzt über das bisher Geschehene, und es wurden tatsächlich von allen Seiten Anstrengungen sichtbar, die Situation von arbeitslosen Behinderten zu ändern. Die Anforderungen im Berufsleben sind für die meisten nicht behinderten Menschen schon sehr groß, aber für die Behinderten sind sie ungleich größer. Ende 2000 hatten wir in Hamburg circa 3500 Schwerbehinderte ohne einen Arbeitsplatz. Das ist eine Zahl – und da denke ich, sind wir uns alle einig –, die trotz Rückgang immer noch hoch genug ist. Etwa 26 000 Behinderte arbeiten im Ersten Arbeitsmarkt, und circa 2000 sind im Berufsförderungswerk beschäftigt.

Die Bundesanstalt für Arbeit will bis 2003 50 000 Schwerbehinderten eine Arbeitsstelle vermitteln. Ich glaube, daß die individuelle Ansprache von Unternehmen und die individuelle Betreuung von arbeitslosen Behinderten die erfolgreichsten Maßnahmen für die Arbeitsvermittlung sind. Hier gab es – das sei hinzugefügt – in der Anfangszeit gewisse Schwierigkeiten, so war beispielsweise eine vom Arbeitsamt angegebene Service-Telefonnummer nur unzureichend zu erreichen. Ich denke aber, daß dieses Problem inzwischen überwunden ist, so daß auch die interessierten Unternehmen schnell über die aktuellen Sachstände seitens des Arbeitsamtes informiert werden.

Von einer Sache haben wir jedoch nicht viel gehört, obwohl wir sie vor zwei Jahren hier im Parlament mit angesprochen hatten. Es ist die gezielte Unterstützung von Behinderten, die sich selbständig machen wollen. Wir fragen uns, wer diesen Menschen mit Beratungen und Informationen hilft. Im Bericht des Senats konnte ich dazu leider nichts finden. Ich glaube aber, daß dies mehr denn je ein Thema ist. Wir werden es sicherlich demnächst wieder hier im Parlament beleuchten.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Einstellung gegenüber behinderten Menschen in der Arbeitswelt hat sich gewandelt. Trotzdem gibt es noch eine Menge zu tun. Die Debatten und der Stil, wie wir bisher mit diesen Problemen in diesem Hause umgegangen sind, war meiner Ansicht nach angemessen und in der Sache richtig. Wir haben vielleicht Ende des Jahres die Möglichkeit, uns die bis dahin vorliegenden Erfolgszahlen des Hamburger Arbeitsamtes hinsichtlich der Vermittlung genauer anzuschauen, und sollten sie dann auch hier im Parlament bewerten und besprechen. Wir hoffen, daß wir dann über eine positive Entwicklung reden können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat Frau Dr. Freudenberg.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen ist ein ungelöstes Problem. Nach jahrelanger Stagnation in der Ära Kohl hat die rotgrüne Bundesregierung nun endlich neue Gesetze gemacht, und die Sache geht jetzt voran.

Sie wissen, daß wir seit dem 1. Juli 2001 das neue Leistungsrecht für behinderte Menschen haben, das SGB IX, wie auch ein neues Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen.

Die vorliegende Drucksache über das Aktionsprogramm, das seit 1999 hier in Hamburg durchgeführt wird, ist wenig konkret in bezug auf die neuen Gesetze. Sie ist vor allem eine Darstellung von Planungen, in welchen Gremien man diese neuen Gesetze mit welchen Methoden umsetzen wird. Wir gehen davon aus, daß sich diese Dinge bald konkretisieren lassen, denn so sind sie nach unserer Meinung nicht besonders aussagekräftig.

Eine besonders wichtige und gute Sache, die in Hamburg jetzt schon anläuft und in der Drucksache noch gar nicht enthalten sein konnte, ist die Auswirkung der Möglichkeit der besseren Hilfe durch Integrationsfachdienste. Meines Wissens gibt es jetzt schon eine zusätzliche Förderung von 360 schwerbehinderten Menschen durch diese Integrationsdienste über das Arbeitsamt. Das ist besonders wichtig, weil sie eine individuelle Begleitung und Integration in den Ersten Arbeitsmarkt ermöglicht.