Protocol of the Session on July 12, 2001

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Ich habe den Eindruck, daß Sie sich reflexhaft auf die falsche Schiene begeben und dabei schlecht beraten gewesen sind

(Wolfgang Beuß CDU: Sie haben uns nicht zu be- werten. Sie sollten mal etwas zum Gesetz sagen!)

und jetzt mit sehr dürftigen Argumenten auf dieser Schiene dahereiern.

Ich will Ihnen auch etwas dazu sagen, warum diese Strukturen in der Tat so wichtig sind. Es ist natürlich wichtig, daß das UKE aus kameralistischen Zwängen befreit wird. Es ist aber auch wichtig, daß es zu zeitgemäßen Strukturen in der Krankenversorgung kommt. Natürlich sind in einem Universitätsklinikum in der Praxis die Belange der Krankenversorgung und die Belange der Wissenschaftsseite von Forschung und Lehre untrennbar miteinander verbunden. Aber es ist deswegen natürlich auch besonders wichtig, daß es keine Unklarheiten in der Zuständigkeit und in der Verantwortung gibt. Wir müssen Strukturen haben, die beiden Seiten gerecht werden, der Wissenschaftsseite und der Krankenversorgung. Wir müssen den Interessen beider Seiten Geltung verschaffen und es auch ermöglichen, daß es im Konfliktfalle zu einem vernünftigen Ausgleich kommt. Dieses schafft das Gesetz. Ich will es Ihnen auch noch einmal an der Strukturfrage Ärztlicher Direktor verdeutlichen.

Der Ärztliche Direktor oder die Ärztliche Direktorin ist die verantwortliche Person im Vorstand und verantwortlich für die Krankenversorgung. Es ist wichtig, daß wir endlich davon loskommen, daß der Dekan und der Ärztliche Direktor ein und dieselbe Person sind.

(Beifall bei der GAL)

Bisher ist es doch immer so gewesen: Der Fachbereich wählt den Dekan und damit zugleich den Ärztlichen Direktor, und der wird dann vom Senat bestimmt. Das hat doch immer dazu geführt, daß die Kräfte im Fachbereich, die gleichzeitig zumeist auch die leitenden Personen der Abteilungen waren, dafür sorgen konnten, daß der Ärztliche Direktor gegenüber den anderen Einheiten der Krankenversorgung nicht zu stark ist. Frau Koppke, man muß wirklich nicht begriffen haben, was an diesem UKE los gewesen ist, wenn man behauptet, daß die Vorkommnisse in der Herzchirurgie ein Beweis dafür wären, daß der Ärztliche Direktor zu stark gewesen wäre. Dann hat man wirklich nichts verstanden.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es ist doch gerade wichtig, daß der Ärztliche Direktor nach dem neuen Gesetz und nach der neuen Satzung dann

auch in seinen Weisungsrechten gegenüber den unteren Einheiten der Krankenversorgung und auch in seinen Informations- und Eingriffsrechten gestärkt wird. Gleichzeitig ist es aber auch für die Interessen der Wissenschaftsseite wichtig, daß der Dekan eine eigenständige Position hat, von der aus er die Wissenschaftsinteressen gegenüber der Krankenversorgung eigenständig formulieren kann. Ebenso wichtig ist es, daß dieser Ärztliche Direktor jetzt von einem Kuratorium bestimmt wird und nicht mehr vom Fachbereich gewählt wird.

Es ist aber natürlich auch wichtig, daß wir hier eine klarere Definition der Betriebs- und der Trägerverantwortung haben, und wir haben mit dem Kuratorium, mit dem Aufsichtsorgan, eine Einheit der starken Kontrolle. Ich will aber auch deutlich sagen, daß die Rechtsaufsicht der Behörde bleibt.

(Dr. Roland Salchow CDU: Das ist ja doppelt!)

Herr Salchow, wenn es Ihnen gerade auch darum geht, daß das UKE in bezug auf die Rechtsaufsicht nicht einfach sich selbst überlassen bleibt, dann kann es doch aber nicht gleichzeitig richtig sein, daß Sie sagen, der Staat soll im Kuratorium einen möglichst geringen Einfluß haben.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Absurd ist das ge- radezu!)

Das paßt einfach nicht zusammen. Wenn Sie wollen, daß die Kontrolle des Aufsichtsorgans gegenüber dem starken Vorstand im Klinikum auch funktioniert, dann können Sie hier den Staat doch nicht aus der Verantwortung entlassen, und das ist doch das, was Sie hier vorgeschlagen haben.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Gleichzeitig – und das ist gerade im Ausschuß noch einmal stärker akzentuiert worden, als wir das in unserem Entwurf stehen hatten – ist doch vorgesehen, daß auf der Senatsseite auch externer Sachverstand sein soll. Das habe ich immerzu gesagt, und es ist jetzt durch den Ausschuß noch einmal stärker akzentuiert worden. Aber ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß auch in den CDU-regierten Ländern die Externen vom Ministerium benannt werden. Da sind wir also in Hamburg gar nicht anders als die anderen.

Es ist aber so, daß noch in anderen Bereichen einer gewissen Selbstherrlichkeit von Abteilungsleitern entgegengewirkt wird, nämlich einerseits durch die ausdrückliche Möglichkeit der Zentrenbildung, weil dort gerade dann auch der Weg vorgeschrieben ist, daß die Abteilungen in Zukunft stärker zusammenarbeiten und nicht nur ihr eigenes Urteil als maßgeblich ansehen. Es ist ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen, kollegiale Leitungen zu bilden, und ich hoffe auch, daß von dieser Möglichkeit ausgiebig Gebrauch gemacht wird.

Gleichzeitig haben wir aber auch solide materielle Grundlagen geschaffen.

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt übernimmt den Vorsitz.)

Es ist nicht so, daß der Generalplan Gegenstand dieser Verselbständigung und des Gesetzes ist, aber Gegenstand der Betrachtung, was die Zukunft angeht. Der Generalplan wird im Moment im UKE überhaupt erst noch einmal zu Ende erarbeitet, aber die Kapitalbasis, die Kapitalausstattung mit den Grundstücken und den Gebäuden als Eigentum, ist wirklich eine solide Basis. Die Probleme der

(Vizepräsident Berndt Röder)

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Altersversorgung werden gelöst. Durch die Umstellung der Altersversorgung wird es zunächst zu einer stärkeren Beanspruchung im Liquiditätsbereich kommen und zu der Notwendigkeit der Kreditaufnahme. In die Betrachtung der Liquiditätsentwicklung sind die Folgen des Strahlenskandals mit einbezogen. Das habe ich auch ganz deutlich im Ausschuß gesagt, und die Wirtschaftsprüfer haben sich diese Bewertung auch angeschaut. Es ist ganz klar, daß bei den Folgen des Strahlenskandals, die übrigens auch jetzt vom UKE getragen wurden – das ist nicht neu –, eine Maximalbetrachtung angestellt worden ist. Das ist nicht irgendwie schöngerechnet worden. Auch das habe ich im Ausschuß deutlich gesagt.

Frau Koppke, ich habe im Ausschuß gesagt, daß die Aufgabe der Bewältigung von Haftungsfragen natürlich mit der Verselbständigung an das UKE übergehen wird und auch übergehen muß. Ich habe im Ausschuß aber auch gesagt – das haben Sie offensichtlich nicht gehört –, daß es theoretisch nur noch die Möglichkeit gebe, daß das UKE diese Aufgabe, nachdem sie rechtlich auf das UKE übergegangen ist, dann wiederum an den Staat zurückdelegiert. Ich werde auf der nächsten Kuratoriumssitzung dem UKE diese Lösung vorschlagen. Ich werde dem UKE vorschlagen, die Haftungsfragen beim Strahlenskandal erst einmal wieder an uns zurückzuüberweisen.

(Wolfgang Beuß CDU: Sehr weise!)

Das heißt aber nicht, daß das, was ich über die rechtliche Situation gesagt habe, falsch ist.

(Wolfgang Beuß CDU: Hört, hört!)

Ich werde dem UKE das aber vorschlagen, weil ich glaube, daß es zu einer Beruhigung bei den Patientinnen und Patienten führen wird. Aber ich sage ausdrücklich, daß das kein Mißtrauensvotum gegen das UKE ist, und es bedeutet auch nicht, daß das, was ich über die rechtliche Situation gesagt habe, falsch ist.

(Dr. Roland Salchow CDU: Das ist ja ein hochinter- essanter Weg!)

Das hat aber mit diesem Gesetz nichts zu tun, und was ich über die rechtliche Situation im Ausschuß gesagt habe, ist richtig.

Wir haben die materiellen Grundlagen für diese Verselbständigung geschaffen, und wir werden sie weiter schaffen. Das haben wir auch in der Drucksache gesagt. Die weitere bauliche Umgestaltung ist notwendig. Der Staat wird dem UKE weiter zur Seite stehen, was die notwendigen Investitionen angeht, weil weitere Effizienzgewinne notwendig sind, damit das UKE überlebensfähig bleibt. Ich kann nur noch einmal sagen, daß, wenn man sich die Ereignisse in der Herzchirurgie noch einmal deutlich macht, man dann zu dem Ergebnis kommt, daß die Verselbständigung so schnell wie möglich passieren muß.

Noch ein letztes Wort zu den Personalräten. Wir haben dafür gesorgt, daß sich materiell für die Mitarbeiter weder aus der Verselbständigung noch aus der Altersversorgungsumstellung irgend etwas verschlechtert. Es gibt fünf Jahre lang die Garantie, daß es keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird. Aber eines können Sie mir nicht plausibel machen, nämlich daß eine Mitarbeiterschaft stärker zusammenwächst, wenn sie zwei Personalräte hat. Wenn in einem großen Verlag die Journalisten sagen, wir wollen einen eigenen Personalrat oder einen eigenen Betriebsrat haben, wir wollen doch nicht mit den Sekretärinnen in einem Betriebsrat sitzen,

(Erhard Pumm SPD: Dann ist das Rinderwahnsinn!)

dann glaube ich nicht, daß diese Belegschaft sich gemeinsam stärker und couragierter gegenüber der Leitung des Betriebes verhält. Ich glaube, daß sich die Journalisten eher darauf konzentrieren würden, zu gucken, wo ihre Interessen sind, und nicht, wo die Interessen der Sekretärinnen sind, daß sie sich aber nicht darauf konzentrieren würden, sich zusammenzutun und gemeinsam Courage gegenüber einer Leitung zu entwickeln. Es ist nicht so, daß wir den Personalrat oder die Mitbestimmung abschaffen, sondern wir sagen, es ist nicht zeitgerecht, daß Partikularinteressen in einem Unternehmen in einzelnen Personalvertretungen vertreten werden, sondern eine Personalvertretung gehört zusammen, gerade auch, damit sich so etwas wie eine Corporate identity in einer Belegschaft entwickelt.

Mein letztes Wort in dieser Sache. Wir schaffen hier Rahmenbedingungen, die überfällig sind, die auch geschaffen werden müssen, aber der Rahmen muß von Menschen gefüllt werden. Mein Appell geht an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des UKE: Nutzen Sie das als eine Basis, um gemeinsam in die Zukunft zu gehen, die sicher vor große Herausforderungen gestellt ist, aber wir werden sie dabei konstruktiv begleiten. Dessen können Sie gewiß sein.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Herr Marx.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Nach der bisherigen Debatte muß man feststellen, daß die CDU in Hamburg wirklich ein Verhinderer erster Ordnung ist. Sie verhindern einen personellen Neubeginn am UKE, weil Sie sagen, Sie wollen die zweite Lesung des Gesetzes heute nicht stattfinden lassen.

(Dr. Roland Salchow CDU: Wir behindern die Neu- regelung durch Verhinderung der zweiten Lesung?)

Dadurch wird es, Herr Salchow, auch wenn es Ihnen nicht gefällt, daß die Wahrheit so ist, in den nächsten acht Wochen nicht möglich sein, einen neuen Ärztlichen Direktor für das UKE zu finden. Dadurch wird das UKE länger als nötig führungslos sein, und das nur, weil die CDU hier mühsam einen Wahlkampfschlager sucht und auch schon in Ausschußberatungen große Schwierigkeiten hatte, sich die Fakten zum UKE-Gesetz genau anzugucken.

(Dr. Roland Salchow CDU: Was ist das, was Sie eben angesprochen haben?)

Ich will auf das eingehen, was Sie gesagt haben, Herr Salchow. Sie haben mit den Altlasten im Strahlenskandal begonnen. Es gibt auch bei Ihnen in der Fraktion Kolleginnen und Kollegen, die eine Bilanz lesen können. Wenn man in die Bilanz des UKE hineinguckt – und im Haushaltsplan ist die regelmäßig mit abgedruckt –, dann können Sie der entnehmen, daß es dafür Rückstellungen von 124 Millionen DM gibt. Herr Dr. Behrends hat dann im Wissenschaftsausschuß gesagt, daß diese mittlerweile auf 118 Millionen DM abgesenkt sind. Davon sind 43 Millionen DM ausgezahlt, und der Rest an Rückstellungen ist noch da. Das heißt, zusätzliche Belastungen gibt es da gar keine. Vielmehr war es möglich, sogar die Höhe der Rückstellungen abzusenken. Aber Sie wollen es nicht, es gefällt Ihnen nicht, und weil es Ihnen nicht gefällt, darf es nicht wahr sein. Aber das kann doch kein Grund sein, solch ein

(Zweite Bürgermeisterin Krista Sager )

Gesetz jetzt zu stoppen, sondern da sollten Sie sich vielleicht intern ein bißchen besser beraten.