Protocol of the Session on July 12, 2001

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Herr Mehlfeldt, es wird hier doch niemand sagen, daß es in dieser Stadt 24 Stunden am Tag reibungslosen Autoverkehr gibt. Es gibt keine Metropole – und wir sind stolz darauf, eine Metropole zu sein –, die von sich behaupten kann, sie habe keine Staus. Wenn der Verkehr so fließen würde wie in Hamburg, wären viele stolz darauf.

(Beifall bei der SPD)

Gucken Sie beispielsweise nach Paris und London. Selbst in Berlin

(Wolfgang Baar SPD: Trotz Stadtautobahn!)

mit dem wahnsinnigen Autobahnring, wie sie immer sagen, kann niemand behaupten, daß es dort einen durchgängigen fließenden Verkehr gibt, oder er war zu selten da. Das können wir in der Tat nicht.

(Bernd Reinert CDU)

Ich will noch ein paar Punkte benennen, beispielsweise das Parkleitsystem. Wer in dieser Stadt die neuen Parkleitsysteme gesehen hat, wird auch bemerkt haben, daß es bis auf wenige Tage vor Weihnachten, in denen alle dem Einkaufsrausch erliegen, in allen Parkhäusern in der Innenstadt immer noch freie Plätze gibt. Der Bedarf und das, was die Leute suchen, ist kein Platz in irgendeinem Parkhaus – machen wir uns doch nichts vor –, sondern ein Platz, an dem man stehen kann und möglichst nichts bezahlen muß.

(Elisabeth Schilling SPD: Genau!)

Das läßt mich zu dem Punkt der Verpollerung bringen.

Ich habe mit Vergnügen gelesen, daß Sie immer dort Stellplatzmöglichkeiten abschaffen wollen, soweit sie nicht aus Gründen der Verkehrssicherheit zwingend geboten sind. Wo bleibt denn das Herz des gesetzestreuen Staatsbürgers? „Zwingend notwendig“? Viele dieser Stellplätze, die in dieser Stadt von Autofahrern genutzt werden, sind halb legal, aber auch halb illegal. Daß das von Ihnen in irgendeiner Form als die Lösungsmöglichkeit propagiert wird, ist ein bißchen schwierig. Ich glaube nicht, daß wir in dieser Stadt – da sind Sie auch immer die Beispiele schuldig geblieben – wild irgendwelche Straßen verpollern. Das ist sowieso ein bescheuerter Begriff, um das deutlich zu sagen. Da müssen Sie uns sagen, wo Sie das als sehr belastend empfinden.

(Bernd Reinert CDU: Lesen Sie doch mal Zeitung!)

Ich lese Zeitungen.

(Jürgen Mehlfeldt CDU: Es gibt jede Woche Bei- spiele!)

Herr Mehlfeldt, Sie sollten die Zeitung wirklich einmal lesen.

Auch im Bereich der Quartiersgaragen können wir irgendwann einmal ehrlich werden. Natürlich bauen wir immer dort Quartiersgaragen, wenn wir jemanden finden, der uns bei den Investitionen hilft. Aber machen Sie sich doch nichts vor. Das ist nicht die Art von Garagen, die Leute in Eppendorf und wo auch immer in dieser Stadt suchen. Wenn wir diese Quartiersgaragen in großem Umfang haben, werden die nicht so genutzt werden, wie wir beide uns das vielleicht vorstellen.

(Wolfgang Baar SPD: Nee, genau. Die kosten näm- lich Geld!)

Wir sind dabei, vieles von dem, was wir heute diskutieren, immer absichtlich mißzuverstehen. Das nennt man dann Wahlkampf. Wir können in den engbesiedelten Stadtteilen – beispielsweise Eppendorf und Rotherbaum – doch nicht pro Wohneinheit, wenn dort Leute auf 100 Quadratmetern mit einer Katze und zwei Personen und drei Autos leben, versuchen, für diese drei Autos normale, preiswerte oder sogar

(Dr. Martin Schmidt GAL und Wolf-Dieter Scheurell SPD: Kostenlos!)

kostenlose Möglichkeiten unter irgendwelchen Laternen schaffen.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD:... und bezahlen!)

Für die Leute, die – womöglich mit ihrem Zweitwagen – abends nach dem Kino zweimal um den Block fahren müssen, habe ich leider nur begrenzt Mitleid. Wir können natürlich an Quartiersgaragen denken, aber dann müßte man die Leute richtig bitten, ihr Auto auch dort unterzustellen.

(Beifall bei der SPD)

Zur Finanzierung, die Sie gebracht haben – Herr Reinert hat sich da auch in Zahlen ergangen –: Daß das in Ihrem Antrag natürlich im wesentlichen Sachen sind – beispielsweise die Förderung des Radverkehrs, die zum Beispiel auch aus dem Punkt, den wir nachher noch diskutieren, Wohnwagengesetz, kommt –, hat mich nicht überrascht. Da kann man wieder sehen, wo die Schwerpunkte liegen.

Mich hat der Kollege Baar draufgebracht. Ich hatte nicht die Chance, am Dienstagabend „Schalthoff live“ zu sehen, aber die TED-Umfrage war sehr eindrucksvoll.

(Wolfgang Baar SPD: Betretenes Schweigen!)

Dann sind wir zur Zeit wahrscheinlich die 63 Prozent, auch wenn das zur Zeit nicht so aussieht, und Sie die 37 Prozent.

(Beifall bei der SPD – Bernd Reinert CDU: Sie ha- ben doch heute noch wunde Finger!)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Schmidt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muß zunächst einmal sagen, daß ich gerne getrennte Abstimmungen beantragt hätte, weil ich dem Punkt römisch zwei Absatz 3 zustimmen möchte. Da steht nämlich:

„... im Internet beziehungsweise RDS/TMC oder SMS aktuelle Verkehrslagehinweise zu veröffentlichen, dort auf „chronische“ Staus hinzuweisen und Routenempfehlungen für den öffentlichen Personennahverkehr als Alternativen anzubieten.“

Das sollten wir unbedingt beschließen.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das sollten Sie machen!)

Aber ansonsten, Herr Reinert, ist es nicht ganz seriös, was Sie machen. Besonders der Punkt zu dem Haushalt. Da haben Sie wieder einmal Ihre Lieblingsfeindtitel herausgesucht, um das Geld wegzunehmen. Ich wäre sehr interessiert zu erfahren, was die CDU-Bezirksabgeordneten dazu sagen, daß Sie ihnen das Geld für Radverkehr ganz wegnehmen wollen oder andere Dinge. Ich glaube nicht, daß man das so machen kann.

Dann muß ich Sie korrigieren. Sie haben vorhin in Ihrer Rede gesagt, durch die Staus wäre es in der Stadt besonders laut.

(Barbara Duden SPD: Nein, besonders leise!)

Nein, das Gegenteil ist richtig. Man muß das zwar nicht als Argument zur Schaffung von Staus verwenden, aber ich kenne viele Debatten und kann Ihnen sagen, die Anwohner der Autobahn A7 haben immer gesagt, Staus schaffen zwar – das war vor ein paar Jahren noch eindeutig – sehr schlechte Luft, aber wir können wenigstens ruhig in unseren Gärten sitzen, weil es leise ist.

Mittlerweile hat sich das verändert. Mit den Abgasen ist es etwas besser geworden, und insofern sind Staus vielleicht, jedenfalls für die direkten Anwohner, noch etwas positiver geworden. Ist ja egal.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Jetzt weiß ich, warum Sie dafür sind!)

Nein, Herr Ehlers, nichts da. Ich bin nur ein Freund von genauen Argumenten.

(Barbara Duden SPD)

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Gelegentlich! – Dr. Roland Salchow CDU: Das ist neu!)

Ja, ist ganz neu, klar.

Frau Duden hat schon auf die Staukosten hingewiesen. Das ist wirklich ein weites Feld. Unsere Sachverständigen bei den Anhörungen im Bau- und Verkehrsausschuß haben die Sache mit den allgemeinen Staukosten grundsätzlich in Zweifel gezogen und außerdem die Berechnungsmethode in Zweifel gezogen. Ich glaube, man muß da wirklich aufpassen. Wie wollen Sie denn umgekehrt rechnen? Wenn wir durch den Bau einer neuen Straße oder einer Autobahn dem Handwerker X ermöglichen, nunmehr sehr viel schneller von A nach B zu kommen und damit weniger Kosten zu haben, würde das denn gewissermaßen als Abgabe an den Staat fällig sein? – Nein. Aber in dem Augenblick, wo die Verbindung nicht funktioniert, weil da ein Stau ist, sagen Sie, jetzt sind Staukosten entstanden. Ich glaube nicht, daß man so seriös argumentieren kann. Der Staat schafft in diesem Lande – jedenfalls bislang – die Infrastruktur durch teure Investitionen. Damit ermöglicht er zahlreichen Firmen, billige Verkehrsmittel zu verwenden. Wenn das einmal nicht klappt, kann man nicht umgekehrt hergehen und sagen, jetzt kommt aber die Rechnung, ihr hättet das noch billiger machen müssen. Ich finde, das ist keine seriöse Argumentation. Deswegen kann ich mir nicht vorstellen, daß man mit den Staukosten ernsthaft argumentieren kann, es sei denn, es wird an einer Stelle der Verkehr wirklich beseitigt, also die Durchfahrmöglichkeit. Da gibt es auch in Deutschland Rechtsverhältnisse, die dann entstehen. Aber sonst würde ich mit den Staukosten vorsichtig sein.

Dann will ich noch etwas zu den Stellplatzabgaben sagen. Sie haben ganz feinsinnig formuliert, daß Sie die Abminderungsgebiete entfallen lassen und Stellplätze grundsätzlich erstellen wollen. Ihnen ist vielleicht entgangen, daß wir erst vor kurzem eine neue Globalrichtlinie vom Senat bekommen haben. Mit dieser Richtlinie sind zwei Dinge geschehen.