Protocol of the Session on July 12, 2001

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(Willi Witte SPD)

Der Senat hat in der vorliegenden Drucksache einen Schwerpunkt auf die Förderung der behinderten Menschen gesetzt, die Leistungen nach dem BSHG, also aus der Eingliederungshilfe, beanspruchen können. Er geht auf Planungen ein, den Bereich der Werkstätten für Behinderte umzustrukturieren. Hier soll eine Öffnung vorgenommen werden, und wir wollen Dezentralisierungen erreichen, um Menschen aus diesen WfBs – die in gewisser Weise fast einen Gettocharakter haben – in Außengruppen in die Firmen zu integrieren. Wir hoffen, daß wir hierüber bald Konkreteres hören. Ich denke, daß es durch die neuen Gesetze und auch dadurch vorangeht, daß es mehr Möglichkeiten gibt, Mittel umzuschichten, weil die Förderungen durch Bundesmittel deutlich besser werden.

Ich möchte noch auf eine Gruppe eingehen, nämlich die Menschen, die besonders stark in ihrer Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt sind und die nicht mehr als 15 Wochenstunden arbeiten können. Für diese Menschen hat sich die Situation leider verschlechtert, weil nach dem neuen SBG IX die Förderungen durch diese Integrationsfachdienste nur bei Arbeitsplätzen greifen, die ab 15 Wochenstunden eingehalten werden können. Das betrifft vor allem die Gruppe der chronisch psychisch schwerkranken Menschen, für die die Möglichkeit, einen Arbeitsplatz zu haben, besonders wichtig ist, um eine sinnvolle Tagesstruktur und Kontakte zu haben und um auch eine Bestätigung zu finden, auch wenn sie nur wenige Stunden am Tage arbeiten können.

Es ist bedauerlich, daß für diese Menschen die Zuverdienstmöglichkeiten jetzt sogar weggefallen sind und auch einige EU-Förderungen kürzlich beendet wurden. Ich appelliere an den Senat, daß für diese Menschen besonders etwas getan wird. Es wäre sehr schade, wenn sich Dinge, die gerade in Hamburg besonders gut laufen – eben die Förderung von Arbeit psychisch Kranker – in einer Zeit, in der wir alle optimistischer werden, in diesem Bereich verschlechtern würden. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat Frau Senatorin Roth.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Aktionsprogramm für Behinderte ist in der Tat nicht nur ein Aktionsprogramm für Schwerbehinderte, sondern auch für Behinderte im Rahmen des Bundessozialhilfegesetzes. Das ist auch der große Unterschied zu den Aktivitäten, die die Bundesregierung zur Zeit macht. Die konzentriert sich auf das Thema „Integration von Schwerbehinderten“. Ich denke, daß die Maßnahmen, die wir gemeinsam – Herr Witte, Sie haben das ausgeführt – mit den Unternehmen, mit den Gewerkschaften, mit den Behindertenverbänden und den Wohlfahrtsverbänden geplant und auf sieben Jahre ausgelegt haben, auch mittelfristig wirken. Es kann nicht kurzfristig erwartet werden, daß Wunder geschehen, aber eines ist klar: Wir haben schon im ersten Halbjahr die Zahl der arbeitslosen Schwerbehinderten reduzieren können. Sie haben die Zahl genannt, Herr Witte, fast 480, obwohl wir 500 für das ganze Jahr brauchen. Ich bin optimistisch, daß wir in diesem Jahr sogar ein paar mehr integrieren können. Das würde bedeuten, daß wir auch im Jahr 2001 die Zahl 500 überschreiten. Wir wollen das insbesondere durch unsere Kontakte mit den Unternehmen erreichen,

die auch aufgefordert worden sind, Schwerbehindertenarbeitsplätze zur Verfügung zu stellen.

Die Entwicklung ist also positiv. Das neue SGB IX bietet weitere Möglichkeiten – Frau Freudenberg, Sie haben das gesagt – der Integration von behinderten Menschen und diesen systematisch zum Durchbruch zu verhelfen. Hamburg war daran beteiligt, daß es solche Integrationsfachdienste gibt. Es war ein Vorschlag Hamburgs, solche Integrationsfachdienste einzurichten. Insofern wußten wir, daß diese Integrationsfachdienste auf Bundesebene vorgeschlagen werden. Deshalb haben wir sie in unser Aktionsprogramm nicht aufnehmen müssen.

Auch ich bin davon überzeugt, daß diese Integrationsfachdienste vor allen Dingen die Stärken der Behinderten ausloten können und zum Beispiel gemeinsam mit Unternehmen organisieren können, welche Fortbildungsmaßnahmen noch notwendig sind. Insbesondere aber haben die Fachdienste die Aufgabe, am Ersten Arbeitsmarkt Arbeitsplätze für Schwerbehinderte zu akquirieren. Da gibt es in Hamburg sehr viele Beispiele. Ich will die einzelnen Unternehmen gar nicht nennen, weil das eine ganze Liste ist, die gerade in den vergangenen Monaten hier besonders aktiv wurden.

(Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vor- sitz.)

Im Rahmen des Integrationspreises für Schwerbehinderte, die Unternehmen auszeichnen, die sich hier besonders hervortun, gab es interessante Ergebnisse. Es war nämlich nicht so, daß nur große Unternehmen integrationsfähig sind, sondern auch kleinere und mittlere Unternehmen sind in der Lage, Integrationsleistungen zu vollbringen und Menschen mit schwerer Behinderung in ihre Arbeit einzubeziehen. Das ist besonders gewürdigt worden. Sie haben gehört, daß ein kleines Unternehmen ausgezeichnet worden ist. Das sollte ein Signal sein, um deutlich zu machen, daß auch kleine Unternehmen erstens durch ihre Arbeitsorganisation und zweitens durch die Unterstützung der Hauptfürsorgestelle, die jetzt auch Integrationsstelle heißt, dazu in der Lage sind.

Wir wollen mit dem Aktionsprogramm in den nächsten sieben Jahren sehr viel erreichen, insbesondere auch das Thema „Neue Medien“ und „Neue Berufsfelder“ öffnen. Auch das gehört dazu, denn es kommt ja darauf an, gerade die Behinderten mit einzubeziehen, die durch diese Neuen Medien zum ersten Mal eine Möglichkeit haben, zu arbeiten. Denken Sie an Menschen mit schwerer Behinderung, zum Beispiel, daß sie keinen Arbeitsplatz erreichen, aber durchaus einen Telearbeitsplatz zu Hause wahrnehmen können.

Ich habe festgestellt, daß es bei dem Thema „Integration von behinderten Menschen“ einen großen Konsens in diesem Parlament gibt. Das freut mich sehr, weil das auch dazu beiträgt, daß sich die Menschen in dieser Stadt darauf verlassen können, daß dieses Thema in allen Fraktionen wichtig genommen wird, daß Sie alle sich dafür engagieren, besonders Herr Witte, der sich in den letzten Jahren ganz besonders für diese Menschen eingesetzt hat. Das wissen wir alle, und wir können ihm versprechen, daß wir diese Arbeit weiter so durchführen werden, daß er am Ende auch außerhalb des Parlaments sagen wird, daß die Bürgerschaft und der Senat noch einen guten Job machen, so wie das Aktionsprogramm auch heißt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

(Dr. Dorothee Freudenberg GAL)

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B

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D

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Die Bürgerschaft soll Kenntnis nehmen. Das hat sie getan.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 81 auf, Drucksache 16/6324.

[Antrag der Fraktion der CDU: Vermeidung von Unterrichtsausfall – 100 Prozent Start zum Schuljahresbeginn – Drucksache 16/6324 –]

Hier besteht Einvernehmen, daß dieser Punkt nicht debattiert werden soll.

Wer möchte den CDU-Antrag aus der Drucksache 16/6324 annehmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf, Drucksache 16/6114, Große Anfrage der GAL-Fraktion.

[Große Anfrage der Fraktion der GAL: Umsetzung des Wohnwagengesetzes – Drucksache 16/6114 –]

Hier besteht Einvernehmen, daß die angemeldete Debatte nicht mehr stattfindet. Damit ist die Große Anfrage besprochen worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf, Drucksache 16/6003, Große Anfrage der SPD-Fraktion.

[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Naturschutzgebiet Höltigbaum – Drucksache 16/6003 –]

Es besteht Einvernehmen, daß auch diese angemeldete Debatte nicht mehr stattfinden soll. Damit ist die Große Anfrage 16/6003 besprochen worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 85 auf, Drucksache 16/6328, Antrag der CDU-Fraktion zur Kindertagesbetreuung in Hamburg.

[Antrag der Fraktion der CDU: Kindertagesbetreuung in Hamburg – Drucksache 16/6328 –]

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Die Abgeordnete Röder bekommt es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn ich auf die Uhr schaue und sehe, daß noch so viele da sind, werde ich die Zeit exzessiv nutzen und da wir viel, viel Zeit hinterher haben.

(Dr. Leonhard Hajen SPD: Wir haben auch viel Zeit gewonnen! – Barbara Duden SPD: Sie wollen doch, daß wir Sie lieb haben!)

Hamburger Familien mit Kindertagesheimkindern, meine Damen und Herren, werden von der SPD und der GAL abgezockt. Eltern in Hamburg zahlen bundesweit die höchsten Beiträge, um einen Platz in einer Kindertagesstätte für ihre Kinder zu bekommen. Als wäre das nicht schon traurig genug, nein, die Behörde und der Senat scheinen sich noch nicht einmal mit der selbstinitiierten Änderung der Beitragsbemessungsgrundlage auszukennen.

In der Broschüre der BSJB zur Neuregelung der Beteiligung der Eltern an den Kosten der Kinderbetreuung ab dem Jahr 2000 heißt es – und, Herr Böwer, darauf können sie dann gleich einmal eingehen, weil Sie sich schon gemeldet haben –:

„Insgesamt werden mit der Neuregelung keine Mehreinnahmen erzielt.“

Die Senatsmitteilung vom 19. Februar dieses Jahres weist aus, daß in diesem Jahr mit circa 16 Millionen DM mehr an Elternbeiträgen zu rechnen ist. Im Vergleich zu 1999 – die Große Anfrage, Drucksache 16/6040, von REGENBOGEN sagt uns das – bedeutet dies eine Zunahme des Elternbeitragsvolumens um 20,8 Prozent und dies, obwohl die tatsächliche Zahl der unter Sechsjährigen sowie die Zahl der angebotenen Kinderbetreuungsplätze in den letzten Jahren relativ konstant geblieben sind respektive teilweise sogar etwas rückläufig waren.

Woran liegt es also, daß die Stadt nun diese unerwarteten Mehreinnahmen hat? Hat sich die Behörde einfach nur geirrt und, wenn ja, weshalb und wieso so gründlich? Der Senat nennt für die Zunahme des Elternbeitragsvolumens in seiner Mitteilung vom Februar zwei Gründe: Die allgemeine Einkommenssituation habe sich gebessert und die fehlerhafte Selbsteinschätzung der Eltern.

Meine Damen und Herren! Wenn sich die Einkommenssituation in Hamburg tatsächlich innerhalb eines Jahres so rapide gebessert hätte

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Hat sie nicht!)

immerhin sprechen wir hier von einer Steigerung von 20,8 Prozent –, dann würde ich dem Senat Beifall spenden.

(Petra Brinkmann SPD: Dann man los!)

Der marode Haushalt dürfte demnach aufgrund der finanzstarken Familien mit kleinen Kindern und der steigenden Steuereinnahmen bis zur Wahl dann auch gleich saniert sein.

Zur zweiten Begründung möchte ich folgendes anmerken: Der Senat spricht lapidar von fehlerhafter Selbsteinschätzung der Eltern und versucht damit, die Verantwortung für mehr, vielleicht sogar zuviel Zahlungen auf die Eltern zu schieben. Ein Hinweis auf die Umstellung der Beitragsbemessungsgrundlage erfolgte jedoch nicht. Unserer Meinung nach kann da von Bürgerfreundlichkeit nicht die Rede sein.

(Petra Brinkmann SPD: Das mach mal!)