Protokoll der Sitzung vom 05.09.2001

Sie können sich darauf verlassen, daß wir die öffentlichen Unternehmen genauso durchleuchten werden, wie es Herrn Elste bei der Hamburger Hochbahn gelungen ist. Wir müssen es schaffen, diese Unternehmensverluste aus dem Haushalt herauszubekommen, damit die öffentlichen Unternehmen insgesamt eine Erfolgsstory sind.

(Beifall bei der CDU)

Ich finde es im übrigen ein starkes Stück, Frau Senatorin, was Sie sich hier eben geleistet haben. Sie haben so getan, als hätten Sie den Haushalt dadurch ausgeglichen, daß Sie besonders viele Eigenbeiträge geleistet hätten; das haben Sie nicht. Sie haben seit 1992 8 Milliarden DM Tafelsilber verscherbelt und das Geld in die Haushaltslöcher gesteckt und nicht etwa in die Reduzierung der

Staatsschulden oder, wie wir es wollen, für Investitionen genommen, damit man keine Neukredite aufnehmen muß. Sie haben das Geld in den Haushaltslöchern versenkt. Sie haben die gewinnbringenden Unternehmen – Ihr Stichwort ist ja immer, nur die böse CDU würde gewinnbringende Unternehmen verkaufen wollen –, die beiden Top-Unternehmen Hamburgs, die HEW und die Hamburgische Landesbank, auch was die Gewinnabführung angeht, in größeren Teilen verkauft. Sie haben 46 Prozent der HEW – Hamburg hatte einmal 71 Prozent – und 49,5 Prozent der Hamburgischen Landesbank für über 4 Milliarden DM verkauft. Der Effekt im Haushalt ist, daß dadurch Gewinne entgehen, seit 1997 500 Millionen DM. Durch Ihre Politik fehlen die im Haushalt, weil der Gegenwert für die 4 Milliarden DM nicht mehr vorhanden ist, da Sie damit Haushaltslöcher gestopft haben.

Wir machen es umgekehrt. Wir verkaufen gewinnbringende Unternehmen nur dann, wenn die Zinsentlastung den bisherigen Gewinnanteil übersteigt; das unterscheidet uns fundamental. Unsere Verkäufe führen zu einer Vermögensumschichtung, Ihre Verkäufe sind Vermögensvernichtung.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt viel zu tun, und da fängt man nicht nur bei den öffentlichen Unternehmen oder in den Behörden an, umzustrukurieren, da kann man auch bei sich selber anfangen. Der Fisch stinkt vom Kopf her, und beim Senat stinkt es gewaltig. Wir haben mit zwölf Mitgliedern immer noch die zahlenmäßig größte Landesregierung aller 16 Bundesländer. Bayern kommt mit neun Ministern aus, NordrheinWestfalen mit acht, Bremen mit sieben, aber Sie müssen zwölf haben. Sie haben auch eine entsprechende Anzahl von Behörden, einen entsprechenden Unterbau. Man kann nur glaubhaft mit dem Sparen anfangen, wenn man bei sich selber beginnt, und es nicht nur von den unteren und mittleren Diensträngen der Beamten erwarten.

(Beifall bei der CDU)

Die Finanzpolitik, wie wir sie uns vorstellen, hat fünf Eckpunkte.

Erstens: Wir müssen endlich die Verschuldensspirale, die Sie immer weiter in die Höhe schrauben, stoppen. Das heißt, keine Neukredite und die Reduzierung der Altschulden. Wir müssen einen ausgeglichenen Haushalt haben, der dieses Prädikat verdient, und ausgeglichen heißt, daß man ebensoviel Einnahmen wie Ausgaben haben muß.

Zweitens: Es darf keine weitere Kreditfinanzierung geben. Das heißt, daß auch der Vermögenshaushalt ausgeglichen sein muß.

Drittens: Wir brauchen eine Aufgabenneuordnung und eine Verschlankung von Regierung, Behörden sowie öffentlichen Unternehmen.

Viertens: Ein sehr wichtiger Punkt sind die von mir geschilderten Vermögensumschichtungen durch Teilprivatisierung. Mit diesen Veräußerungserlösen, die wir dadurch gewinnen, wollen wir bleibende Werte schaffen. Das muß sich rechnen.

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeld übernimmt den Vorsitz.)

Wir werden dafür sorgen, daß es sich rechnet.

Fünftens: Wir wollen den Haushalt mit den Erlösen so entlasten, daß auch noch Gestaltung stattfinden kann und

(Dr. Michael Freytag CDU)

daß in sensiblen Bereichen kein Personalabbau vorgenommen wird. Im Gegenteil. Wir wollen die entscheidenden Bereiche für die Zukunft, Bildung und Polizei, in der Weise mit dem nötigen Personal ausstatten, daß wir künftig keine geschlossenen Polizeiwachen mehr haben, künftig effektive Bekämpfung von Kriminalität möglich ist und die Leistungsfähigkeit unserer Schulen ausgeweitet wird. Man kann viel fordern, man muß es bezahlen. Wir werden es tun.

Wie werden wir das konkret umsetzen? Das ist der entscheidende Punkt. Da unterscheiden wir uns von dem, was Sie uns im Haushaltsplan-Entwurf vorgelegt haben. Am Anfang aller Überlegungen muß eine Kosten-NutzenAnalyse stehen, verbunden mit einem Kassensturz. Da wird überlegt, wie künftig staatliche Tätigkeit organisiert wird und welche Dienstleistungen der Bürger von wem bekommen soll.

Es gibt zwei Eckpole: Erstens erledigt der Staat eine Aufgabe durch seine Behörden komplett selber, oder zweitens wird komplett eine bestimmte Dienstleistung durch Private gemacht, ohne daß der Staat etwas dazugibt. Und dann gibt es Zwischenstufen. Wir werden öffentliche Unternehmen haben, auch unter einer CDU-Regierung, an denen die Stadt die Mehrheit hält. Es ist sehr wichtig, daß die Stadt im eigenen Interesse öffentliche Unternehmen hält, die für das Dasein der Stadt elementar sind. Wir werden aber auch Unternehmen haben, an denen die Stadt eine Minderheitsbeteiligung haben wird. Wir werden unser Interesse auch durch Sperrminoritäten wahrnehmen können sowie durch Private, die entweder im Auftrag des Staates oder als Zuwendungsempfänger für den Bürger Dienstleistungen erledigen. Das gesamte Aufgabensystem muß durchleuchtet werden, und es muß eine Zuordnung aller Aufgaben auf diese Bereiche stattfinden.

Die Einleitung der Neuordnung würden wir mit einer Verkleinerung des Senats beginnen – das wäre eine glaubhafte Umsetzung dessen, was wir immer fordern –, mit einer Reduzierung der Behörden sowie einer Identifizierung der Vermögensteile der Stadt, die sich zum Schuldenabbau und für Zukunftsinvestitionen anbieten. Da werden wir sehr genau differenzieren, mit einem spitzen Stift, Teil für Teil, Unternehmen für Unternehmen durchleuchten. Nur dann, wenn es sich rechnet und die Marktlage eine vernünftige Ertragssituation garantiert, wird eine Veräußerung in Erwägung gezogen.

(Anja Hajduk GAL: Wenn, wenn, wenn!)

Es gibt weiterhin Möglichkeiten, bei Veräußerungen durch vertragliche Abreden mit den Übernehmern die Interessen der Stadt zu sichern. Es ist natürlich entscheidend – so haben das übrigens viele andere Städte und Bundesländer gemacht –, in Kooperation mit den Gewerkschaften und mit den Arbeitnehmern gemeinsam die Besitzstände zu wahren. Es ist das Ziel, die Besten aus dem öffentlichen Bereich mit den Besten aus dem privaten Bereich zu koppeln. Das ist Public-private-partnership.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Sie sind ja mittlerweile sozialdemokratisch!)

Wir müssen beide Bereiche zusammenführen, um mehr zu erreichen.

Maßstab jeder Vermögensumschichtung wird für uns der Nutzen für den Bürger sein. Sie muß zu einer Verbesserung des Leistungsangebots führen, und es muß eine Verbesserung der Preis- oder Gebührenqualität möglich sein. Die

Entschuldung und die Investitionen einer neuen Finanzpolitik können den Haushalt nachhaltig entlasten. Wir haben aus dem Gesamtportfolio der öffentlichen Unternehmen sukzessive einen Betrag von 10 Milliarden DM ins Auge gefaßt. Hinzu kommen wird natürlich erhebliches Einsparpotential aus der Umstrukturierung von Behörden und aus der Verkleinerung des Senats. Wir werden natürlich – wie der Senat es auch macht – die Prozeßabläufe in den Behörden auf den Prüfstand stellen. Konsolidierung ist keine abschließende Aufgabe, sondern Einsparen wird weiterhin ein wichtiger Punkt sein, aber nicht in den Bereichen, die für die Zukunft der Stadt wichtig sind. Deshalb werden wir – im Gegensatz zu Ihnen – nicht mit dem Rasenmäher durch die Gegend gehen. Wir werden bei Verwaltungswasserköpfen sparen, aber nicht bei der Polizei und schon gar nicht bei den Lehrern, denn ich möchte nicht, daß Hamburg weiterhin die Hauptstadt des Unterrichtsaufalls ist.

(Beifall bei der CDU – Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Sparen Sie doch bei der CDU!)

Das Entlastungspotential läßt sich sehr gut berechnen.

(Anja Hajduk GAL: Das haben Sie aber noch nicht vorgerechnet!)

Wir gehen von einer Entlastung aus der Umschichtung von 1 Milliarde DM aus.

(Anja Hajduk GAL: Das hat aber jemand gut ge- rechnet!)

Ich gehe dabei von den Zahlen aus, die die Senatorin im Finanzbericht genannt hat. Wenn es uns gelingt, die Neuverschuldung einzudämmen, werden wir bis zum Jahre 2005 an Zinsen zwischen 5,3 Prozent und 7 Prozent – das wären kumuliert 700 Millionen DM – einsparen können. Durch die weitere Rückführung von Altschulden sind weitere 300 Millionen DM zu realisieren, so daß wir aus Vermögensumschichtungen ein Verfügungspotential von 1 Milliarde DM haben. Das kann man sehr leicht ausrechnen, natürlich nicht mit dem Instrument, mit dem Sie arbeiten. Herr Christier hat nach unserer Presseerklärung eine eigene Presseerklärung verfaßt, in der er sagte, daß bei uns wohl ein Knoten im Rechenschieber sei. Einen Rechenschieber habe ich nicht. Ich bin auch davon überzeugt, daß man mit Recheninstrumenten der fünfziger Jahre nicht die Politik des 21. Jahrhunderts gestalten kann. Wir machen das anders, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden die Maßnahmen, die wir vorschlagen, sauber gegenfinanzieren, ähnlich wie dies andere Bundesländer tun. In Bayern hat man in den letzten Jahren beispielsweise aus Umschichtungen und Veräußerungserlösen 8,8 Milliarden DM in die Zukunftsbereiche Infrastruktur, Verkehr, Technologie, Bildung und Hochschule investiert. Genauso werden wir das Stück für Stück tun, auch wenn die SPD meint, uns durch ihre Berechnungen widerlegen zu können. Neuerdings antwortet sie auf jede unserer Erklärung mit drei oder vier Presseerklärungen. Die Senatorin sagt, wir hätten Torschlußpanik. Warum sollten wir in der Opposition Torschlußpanik haben? Gucken Sie sich einmal um. Wir freuen uns alle. Torschlußpanik kann nur der haben, der etwas zu verlieren hat. Das sind Sie.

(Beifall bei der CDU)

Weiterhin erklärten die Herren Zuckerer und Ehlers gestern, unser ganzes Programm könne sich nicht rechnen.

(Dr. Michael Freytag CDU)

Woher wissen Sie das? Sie haben doch gar keine Ahnung, welche Unternehmen überhaupt verkauft werden sollen.

(Dr. Monika Schaal SPD: Aber Sie! Die Wohnungen als erstes!)

Sie haben weder den Marktwert noch den Substanzwert, noch den Ertragswert, noch die stillen Reserven. Aber Sie haben eine genaue Rechnung, wie die CDU-Ergebnisse aussehen sollen. Diese können Sie gar nicht haben, weil das, was veräußert werden soll, im Detail noch gar nicht feststeht. Sie machen fiktive Rechnungen, und deshalb ist Ihr Versuch, hier eine Widerlegungsrechnung zu machen, schlichtweg nur drollig. Und dann prügeln Sie auch ständig auf den Bundeskanzler ein. Das verstehe ich überhaupt nicht. Sie greifen sich ein Beispiel heraus, obwohl wir noch gar nicht gesagt haben, welche Veräußerungen wir umsetzen. Zu Nordwest Lotto und Toto Hamburg sagen Sie, man dürfe sie auf keinen Fall verkaufen. Die letzte Amtshandlung von Gerhard Schröder als Ministerpräsident in Niedersachsen war der Verkauf von Niedersachsen Lotto und Toto. Wenn Sie so auftreten, meine Damen und Herren, beeindrucken Sie uns überhaupt nicht.

(Beifall bei der CDU)

Wir sagen das, was wir denken,

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Das ist auch manchmal ganz schlimm!)

und wir werden auch das tun, was wir sagen. Wir haben Ihnen in vier Jahren eine klare Linie vorgelegt. Wenn nun die Möglichkeit besteht, diese umzusetzen, werden wir dies mit Augenmaß, mit Konsequenz, mit Beharrlichkeit tun, und es wird sich auch rechnen. Wir werden nur da die Umschichtungen machen, wo für den Haushalt etwas herauskommt und wo wir für die Menschen Zukunftsinvestitionen tätigen können.

Wir werden in diesen Forderungen von vielen maßgeblichen Institutionen der Stadt unterstützt. So fordert beispielsweise die Handelskammer in ihrem Katalog an Bürgerschaft und Senat 2001/2005

(Dr. Monika Schaal SPD: Da haben Sie es noch gar nicht erklärt!)

die energische Bekämpfung der Kriminalität, die Beseitigung von Verkehrsengpässen, die Betonung von Leistung und Qualität im Bildungswesen. Dies, sagt die Handelskammer, sei möglich mit einer Finanzpolitik, die den Schuldenstand reduziert, die kommunale Aufgaben privatisiert, die öffentliche Unternehmen verkauft und Investitionspotentiale und -quoten deutlich steigert. Das werden wir Punkt für Punkt tun. Wir werden diese Stadt aus dem Würgegriff Ihrer Schuldenpolitik befreien.

(Beifall bei der CDU – Dr. Monika Schaal SPD: Die CDU konnte keine Prioritäten gegenüber der Han- delskammer nennen!)