Michael Freytag

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Senatorin, Sie sagen, der Bürger habe das durchschaut. Wenn alles wirklich so toll ist, wie Sie hier vorgetragen haben, dann frage ich mich, warum Sie da stehen, wo Sie stehen,
denn wenn der Bürger alles durchschaut hat, müßten Sie nach Ihrer Logik ganz woanders stehen.
Die Wahrheit ist natürlich eine andere. Ich fürchte, das Büfett, zu dem Sie uns hier einladen, fällt aus.
Wenn der Wähler es will, werden Sie mit diesem Haushaltsplan ein Schicksal erleiden, das in den USA „dead on arrival“, tot bei Ankunft, genannt wird. Was Sie hier dokumentiert haben, Frau Senatorin Nümann-Seidewinkel, erinnert mich sehr stark an historische Figuren. Man hat gelegentlich den Eindruck, daß Sie sich einen berühmten Quasi-Ministerkollegen zum Vorbild genommen haben, nämlich Grigorij Potemkin. Der hat vor 200 Jahren Katharina der Großen gedient und sich dadurch ausgezeichnet, weil er dasselbe Problem hatte wie Sie, übersichtliche Leistungen in große Erfolge aufzubauschen.
Er hat seine sogenannten Potemkinschen Dörfer gebaut, hübsche, bunte Kulissen, hinter denen aber nichts war. Genauso ist es mit dem Hamburger Haushalt.
Dieser Haushalt ist die hamburgische Ausgabe der Potemkinschen Dörfer, und warum ist das so? Hamburg ist wirklich Spitze, allerdings da, wo es den Bürgern weh tut, nämlich in der Verschuldung dieser Stadt. Sie haben es geschafft, diese Stadt aus einem geordneten Gemeinwesen nach 44 Jahren sozialdemokratischer Regierung in die höchste Verschuldung der Geschichte zu führen.
35,8 Milliarden DM umfaßt ja nur die offizielle Verschuldung im Haupthaushalt, zu den Nebenhaushalten, in denen die versteckte Verschuldung enthalten ist, kommen wir später. Diese Verschuldungsspirale setzen Sie ungemindert bis zum Jahre 2005 auf 39 Milliarden DM fort. Die Pro-KopfVerschuldung in Hamburg ist auch bundesweit Spitze. Sie steigt von 21 000 DM auf 23 000 DM. Hamburg hat im Vergleich zum Durchschnitt aller anderen Länder dramatische Zahlen. Die Schulden pro Einwohner, die Zinsbelastung
pro Einwohner sind mehr als doppelt so hoch als die der anderen Länder, die Personalkosten pro Einwohner mehr als 50 Prozent höher. Da ist Hamburg wirklich Spitze, aber das ist eine Spitze, auf die wir verzichten wollen.
Seit 1977, seit 25 Jahren, gibt es keinen ausgeglichenen Gesamthaushalt mehr. Der Haushalt ist nur dann ausgeglichen, wenn Vermögenshaushalt und Betriebshaushalt ausgeglichen sind, sonst nicht.
Wie sieht es denn im laufenden Haushaltsjahr 2001 aus? Sie versprechen, zumindest den Betriebshaushalt auszugleichen. 1999 und 2000 hatten wir das Glück als Stadt – das begrüße ich auch –, per anno insgesamt 2 Milliarden DM zusätzliche Steuereinnahmen zu haben. Dadurch ist der Betriebshaushalt ausgeglichen worden, aber doch nicht durch Ihr Verdienst, sondern durch den Verdienst und die Leistungskraft der Wirtschaft und der Bürger dieser Stadt. Und für das Jahr 2001 haben Sie versprochen, den Haushalt auszugleichen. Im Finanzbericht 2002, Seite 14, wird ein Verlust im Vermögenshaushalt von 1,4 Milliarden DM und im Betriebshaushalt von 600 Millionen DM ausgewiesen. Das heißt, Sie haben Ihr Versprechen gebrochen; nicht einmal der Betriebshaushalt 2001 ist ausgeglichen.
Personalkosten, Zinsen und Sozialhilfeausgaben fressen 80 Prozent aller Steuereinnahmen auf. Sie frisieren die Bilanzen; die hier eben genannte Verschuldung ist wesentlich höher. Sie haben große Teile der Hamburger Verwaltung in Anstalten des öffentlichen Rechts ausgegliedert und die Schulden und Personalkosten mitgenommen. Über 11 Milliarden DM Schulden, die eigentlich im Staatshaushalt ausgewiesen wären, sind in den Anstalten des öffentlichen Rechts versteckt. Über 3,2 Milliarden DM zusätzliche Personalkosten, die eigentlich im Haupthaushalt ausgewiesen werden müßten, sind in den Nebenhaushalten versteckt. Sie haben das Finanzfundament dieser Stadt marode gemacht.
Ich finde es schon ein starkes Stück, wenn Sie sagen, Hamburg sei Spitze bei der Kriminalitätsbekämpfung und der Justiz. Das sieht die Polizei völlig anders, das sehen die Richter völlig anders, und das sehen die Menschen in dieser Stadt völlig anders. Sie haben 800 Polizisten, 40 Richter und 30 Staatsanwälte eingespart, Sie haben das Funktionssystem der Justiz an den Rand des Bankrotts gebracht. Das sagen Richter und nicht die CDU, und dafür ist Ihre Finanzpolitik verantwortlich.
Ist Ihnen entgangen, wie die Parteienlandschaft in Hamburg aussieht? Ist Ihnen entgangen, wer sich alles um die Wahl in Hamburg bewirbt? Ist Ihnen entgangen, wie sich bestimmte Gruppierungen kometenhaft nach oben entwickeln und welche Prozentzahlen die haben? Das ist die Verantwortung Ihres Senats und das Ergebnis dieser Finanzpolitik.
Meine Damen und Herren! Wir werden von Ihnen immer wieder mit der Frage der öffentlichen Unternehmen konfrontiert. Wir haben eine Reihe von öffentlichen Unternehmen, die gut sind, darauf sind wir auch stolz, das ist auch gut so. Wir haben auch eine ganze Reihe von Unternehmen, die negative Zahlen ausweisen, wo man dran arbei
ten muß. Darüber reden Sie nicht so gerne, ich komme aber gleich noch darauf zurück. Wir haben jedenfalls eine ständige Ausweitung von öffentlichen Unternehmensbeteiligungen. Innerhalb von zehn Jahren sind diese von 200 auf 400 angestiegen, und die öffentlichen Unternehmen Hamburgs belasten den Haushalt insgesamt mit 582 Millionen DM.
Sie haben eben nur die halbe Wahrheit erzählt, als Sie von der HGV geredet haben. Das ist auch schön und gut, die HGV ist ein Teil der öffentlichen Unternehmen. Es gibt in einigen Unternehmen eine positive Entwicklung, die wir begrüßen. Aber die Gesamtentwicklung ist so, daß im Finanzplan, Seite 94, deutlich ausgewiesen ist, daß 548 Millionen DM an Verlustübernahme übernommen werden müssen. Das sind sogar 24 Millionen DM mehr als im Jahr 2001.
Zum Teil sind die öffentlichen Unternehmen eine Erfolgsstory, zum Teil aber auch nicht, und deshalb müssen wir uns ganz sorgfältig überlegen, was man machen kann, um das zu ändern. Es gibt ein öffentliches Unternehmen, das in der Tat den Haushalt deutlich weniger belastet als früher, die Hamburger Hochbahn Aktiengesellschaft. Die Hamburger Hochbahn Aktiengesellschaft hat noch Mitte der neunziger Jahre den Haushalt jährlich mit über 300 Millionen DM belastet; dies ist jetzt halbiert worden. Das ist ja großartig, Frau Senatorin,
denn es dokumentiert eindeutig, daß, wenn man eine ernsthafte Konsolidierung in defizitären öffentlichen Unternehmen betreibt, viel Geld eingespart wird und man nicht zu Lasten des Steuerzahlers lebt. Der Umkehrschluß ist, daß sich das Management der Hamburger Hochbahn jahrelang in Kumpanei mit dem Senat zu Lasten des Hamburger Haushalts kräftig bedient hat. Wer innerhalb von wenigen Jahren die Verlustzuweisung halbieren kann, der zeigt, welche Potentiale ungenutzt geblieben sind. Und warum sind diese Potentiale jetzt genutzt worden? Weil Wettbewerb droht, Frau Senatorin, das wissen Sie ganz genau. In Brüssel ist die Liberalisierung des ÖPNV eingeleitet worden. Um sich für den Markt, für den Wettbewerb fit zu machen, hat man rationalisiert, hat sich auf das Wesentliche konzentriert und dabei Erfolg gehabt. Ich finde es gut, daß Herr Elste diese Sanierung vorangetrieben hat. Ich würde mir wünschen, in allen öffentlichen Unternehmen, insbesondere auch in den verlustreichen öffentlichen Unternehmen, viele Günter Elstes zu haben, viele Ver.di-Kollegen, die das mittragen.
Sie können sich darauf verlassen, daß wir die öffentlichen Unternehmen genauso durchleuchten werden, wie es Herrn Elste bei der Hamburger Hochbahn gelungen ist. Wir müssen es schaffen, diese Unternehmensverluste aus dem Haushalt herauszubekommen, damit die öffentlichen Unternehmen insgesamt eine Erfolgsstory sind.
Ich finde es im übrigen ein starkes Stück, Frau Senatorin, was Sie sich hier eben geleistet haben. Sie haben so getan, als hätten Sie den Haushalt dadurch ausgeglichen, daß Sie besonders viele Eigenbeiträge geleistet hätten; das haben Sie nicht. Sie haben seit 1992 8 Milliarden DM Tafelsilber verscherbelt und das Geld in die Haushaltslöcher gesteckt und nicht etwa in die Reduzierung der
Staatsschulden oder, wie wir es wollen, für Investitionen genommen, damit man keine Neukredite aufnehmen muß. Sie haben das Geld in den Haushaltslöchern versenkt. Sie haben die gewinnbringenden Unternehmen – Ihr Stichwort ist ja immer, nur die böse CDU würde gewinnbringende Unternehmen verkaufen wollen –, die beiden Top-Unternehmen Hamburgs, die HEW und die Hamburgische Landesbank, auch was die Gewinnabführung angeht, in größeren Teilen verkauft. Sie haben 46 Prozent der HEW – Hamburg hatte einmal 71 Prozent – und 49,5 Prozent der Hamburgischen Landesbank für über 4 Milliarden DM verkauft. Der Effekt im Haushalt ist, daß dadurch Gewinne entgehen, seit 1997 500 Millionen DM. Durch Ihre Politik fehlen die im Haushalt, weil der Gegenwert für die 4 Milliarden DM nicht mehr vorhanden ist, da Sie damit Haushaltslöcher gestopft haben.
Wir machen es umgekehrt. Wir verkaufen gewinnbringende Unternehmen nur dann, wenn die Zinsentlastung den bisherigen Gewinnanteil übersteigt; das unterscheidet uns fundamental. Unsere Verkäufe führen zu einer Vermögensumschichtung, Ihre Verkäufe sind Vermögensvernichtung.
Es gibt viel zu tun, und da fängt man nicht nur bei den öffentlichen Unternehmen oder in den Behörden an, umzustrukurieren, da kann man auch bei sich selber anfangen. Der Fisch stinkt vom Kopf her, und beim Senat stinkt es gewaltig. Wir haben mit zwölf Mitgliedern immer noch die zahlenmäßig größte Landesregierung aller 16 Bundesländer. Bayern kommt mit neun Ministern aus, NordrheinWestfalen mit acht, Bremen mit sieben, aber Sie müssen zwölf haben. Sie haben auch eine entsprechende Anzahl von Behörden, einen entsprechenden Unterbau. Man kann nur glaubhaft mit dem Sparen anfangen, wenn man bei sich selber beginnt, und es nicht nur von den unteren und mittleren Diensträngen der Beamten erwarten.
Die Finanzpolitik, wie wir sie uns vorstellen, hat fünf Eckpunkte.
Erstens: Wir müssen endlich die Verschuldensspirale, die Sie immer weiter in die Höhe schrauben, stoppen. Das heißt, keine Neukredite und die Reduzierung der Altschulden. Wir müssen einen ausgeglichenen Haushalt haben, der dieses Prädikat verdient, und ausgeglichen heißt, daß man ebensoviel Einnahmen wie Ausgaben haben muß.
Zweitens: Es darf keine weitere Kreditfinanzierung geben. Das heißt, daß auch der Vermögenshaushalt ausgeglichen sein muß.
Drittens: Wir brauchen eine Aufgabenneuordnung und eine Verschlankung von Regierung, Behörden sowie öffentlichen Unternehmen.
Viertens: Ein sehr wichtiger Punkt sind die von mir geschilderten Vermögensumschichtungen durch Teilprivatisierung. Mit diesen Veräußerungserlösen, die wir dadurch gewinnen, wollen wir bleibende Werte schaffen. Das muß sich rechnen.
Wir werden dafür sorgen, daß es sich rechnet.
Fünftens: Wir wollen den Haushalt mit den Erlösen so entlasten, daß auch noch Gestaltung stattfinden kann und
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daß in sensiblen Bereichen kein Personalabbau vorgenommen wird. Im Gegenteil. Wir wollen die entscheidenden Bereiche für die Zukunft, Bildung und Polizei, in der Weise mit dem nötigen Personal ausstatten, daß wir künftig keine geschlossenen Polizeiwachen mehr haben, künftig effektive Bekämpfung von Kriminalität möglich ist und die Leistungsfähigkeit unserer Schulen ausgeweitet wird. Man kann viel fordern, man muß es bezahlen. Wir werden es tun.
Wie werden wir das konkret umsetzen? Das ist der entscheidende Punkt. Da unterscheiden wir uns von dem, was Sie uns im Haushaltsplan-Entwurf vorgelegt haben. Am Anfang aller Überlegungen muß eine Kosten-NutzenAnalyse stehen, verbunden mit einem Kassensturz. Da wird überlegt, wie künftig staatliche Tätigkeit organisiert wird und welche Dienstleistungen der Bürger von wem bekommen soll.
Es gibt zwei Eckpole: Erstens erledigt der Staat eine Aufgabe durch seine Behörden komplett selber, oder zweitens wird komplett eine bestimmte Dienstleistung durch Private gemacht, ohne daß der Staat etwas dazugibt. Und dann gibt es Zwischenstufen. Wir werden öffentliche Unternehmen haben, auch unter einer CDU-Regierung, an denen die Stadt die Mehrheit hält. Es ist sehr wichtig, daß die Stadt im eigenen Interesse öffentliche Unternehmen hält, die für das Dasein der Stadt elementar sind. Wir werden aber auch Unternehmen haben, an denen die Stadt eine Minderheitsbeteiligung haben wird. Wir werden unser Interesse auch durch Sperrminoritäten wahrnehmen können sowie durch Private, die entweder im Auftrag des Staates oder als Zuwendungsempfänger für den Bürger Dienstleistungen erledigen. Das gesamte Aufgabensystem muß durchleuchtet werden, und es muß eine Zuordnung aller Aufgaben auf diese Bereiche stattfinden.
Die Einleitung der Neuordnung würden wir mit einer Verkleinerung des Senats beginnen – das wäre eine glaubhafte Umsetzung dessen, was wir immer fordern –, mit einer Reduzierung der Behörden sowie einer Identifizierung der Vermögensteile der Stadt, die sich zum Schuldenabbau und für Zukunftsinvestitionen anbieten. Da werden wir sehr genau differenzieren, mit einem spitzen Stift, Teil für Teil, Unternehmen für Unternehmen durchleuchten. Nur dann, wenn es sich rechnet und die Marktlage eine vernünftige Ertragssituation garantiert, wird eine Veräußerung in Erwägung gezogen.
Es gibt weiterhin Möglichkeiten, bei Veräußerungen durch vertragliche Abreden mit den Übernehmern die Interessen der Stadt zu sichern. Es ist natürlich entscheidend – so haben das übrigens viele andere Städte und Bundesländer gemacht –, in Kooperation mit den Gewerkschaften und mit den Arbeitnehmern gemeinsam die Besitzstände zu wahren. Es ist das Ziel, die Besten aus dem öffentlichen Bereich mit den Besten aus dem privaten Bereich zu koppeln. Das ist Public-private-partnership.
Wir müssen beide Bereiche zusammenführen, um mehr zu erreichen.
Maßstab jeder Vermögensumschichtung wird für uns der Nutzen für den Bürger sein. Sie muß zu einer Verbesserung des Leistungsangebots führen, und es muß eine Verbesserung der Preis- oder Gebührenqualität möglich sein. Die
Entschuldung und die Investitionen einer neuen Finanzpolitik können den Haushalt nachhaltig entlasten. Wir haben aus dem Gesamtportfolio der öffentlichen Unternehmen sukzessive einen Betrag von 10 Milliarden DM ins Auge gefaßt. Hinzu kommen wird natürlich erhebliches Einsparpotential aus der Umstrukturierung von Behörden und aus der Verkleinerung des Senats. Wir werden natürlich – wie der Senat es auch macht – die Prozeßabläufe in den Behörden auf den Prüfstand stellen. Konsolidierung ist keine abschließende Aufgabe, sondern Einsparen wird weiterhin ein wichtiger Punkt sein, aber nicht in den Bereichen, die für die Zukunft der Stadt wichtig sind. Deshalb werden wir – im Gegensatz zu Ihnen – nicht mit dem Rasenmäher durch die Gegend gehen. Wir werden bei Verwaltungswasserköpfen sparen, aber nicht bei der Polizei und schon gar nicht bei den Lehrern, denn ich möchte nicht, daß Hamburg weiterhin die Hauptstadt des Unterrichtsaufalls ist.
Das Entlastungspotential läßt sich sehr gut berechnen.
Wir gehen von einer Entlastung aus der Umschichtung von 1 Milliarde DM aus.
Ich gehe dabei von den Zahlen aus, die die Senatorin im Finanzbericht genannt hat. Wenn es uns gelingt, die Neuverschuldung einzudämmen, werden wir bis zum Jahre 2005 an Zinsen zwischen 5,3 Prozent und 7 Prozent – das wären kumuliert 700 Millionen DM – einsparen können. Durch die weitere Rückführung von Altschulden sind weitere 300 Millionen DM zu realisieren, so daß wir aus Vermögensumschichtungen ein Verfügungspotential von 1 Milliarde DM haben. Das kann man sehr leicht ausrechnen, natürlich nicht mit dem Instrument, mit dem Sie arbeiten. Herr Christier hat nach unserer Presseerklärung eine eigene Presseerklärung verfaßt, in der er sagte, daß bei uns wohl ein Knoten im Rechenschieber sei. Einen Rechenschieber habe ich nicht. Ich bin auch davon überzeugt, daß man mit Recheninstrumenten der fünfziger Jahre nicht die Politik des 21. Jahrhunderts gestalten kann. Wir machen das anders, meine Damen und Herren.
Wir werden die Maßnahmen, die wir vorschlagen, sauber gegenfinanzieren, ähnlich wie dies andere Bundesländer tun. In Bayern hat man in den letzten Jahren beispielsweise aus Umschichtungen und Veräußerungserlösen 8,8 Milliarden DM in die Zukunftsbereiche Infrastruktur, Verkehr, Technologie, Bildung und Hochschule investiert. Genauso werden wir das Stück für Stück tun, auch wenn die SPD meint, uns durch ihre Berechnungen widerlegen zu können. Neuerdings antwortet sie auf jede unserer Erklärung mit drei oder vier Presseerklärungen. Die Senatorin sagt, wir hätten Torschlußpanik. Warum sollten wir in der Opposition Torschlußpanik haben? Gucken Sie sich einmal um. Wir freuen uns alle. Torschlußpanik kann nur der haben, der etwas zu verlieren hat. Das sind Sie.
Weiterhin erklärten die Herren Zuckerer und Ehlers gestern, unser ganzes Programm könne sich nicht rechnen.
Woher wissen Sie das? Sie haben doch gar keine Ahnung, welche Unternehmen überhaupt verkauft werden sollen.
Sie haben weder den Marktwert noch den Substanzwert, noch den Ertragswert, noch die stillen Reserven. Aber Sie haben eine genaue Rechnung, wie die CDU-Ergebnisse aussehen sollen. Diese können Sie gar nicht haben, weil das, was veräußert werden soll, im Detail noch gar nicht feststeht. Sie machen fiktive Rechnungen, und deshalb ist Ihr Versuch, hier eine Widerlegungsrechnung zu machen, schlichtweg nur drollig. Und dann prügeln Sie auch ständig auf den Bundeskanzler ein. Das verstehe ich überhaupt nicht. Sie greifen sich ein Beispiel heraus, obwohl wir noch gar nicht gesagt haben, welche Veräußerungen wir umsetzen. Zu Nordwest Lotto und Toto Hamburg sagen Sie, man dürfe sie auf keinen Fall verkaufen. Die letzte Amtshandlung von Gerhard Schröder als Ministerpräsident in Niedersachsen war der Verkauf von Niedersachsen Lotto und Toto. Wenn Sie so auftreten, meine Damen und Herren, beeindrucken Sie uns überhaupt nicht.
Wir sagen das, was wir denken,
und wir werden auch das tun, was wir sagen. Wir haben Ihnen in vier Jahren eine klare Linie vorgelegt. Wenn nun die Möglichkeit besteht, diese umzusetzen, werden wir dies mit Augenmaß, mit Konsequenz, mit Beharrlichkeit tun, und es wird sich auch rechnen. Wir werden nur da die Umschichtungen machen, wo für den Haushalt etwas herauskommt und wo wir für die Menschen Zukunftsinvestitionen tätigen können.
Wir werden in diesen Forderungen von vielen maßgeblichen Institutionen der Stadt unterstützt. So fordert beispielsweise die Handelskammer in ihrem Katalog an Bürgerschaft und Senat 2001/2005
die energische Bekämpfung der Kriminalität, die Beseitigung von Verkehrsengpässen, die Betonung von Leistung und Qualität im Bildungswesen. Dies, sagt die Handelskammer, sei möglich mit einer Finanzpolitik, die den Schuldenstand reduziert, die kommunale Aufgaben privatisiert, die öffentliche Unternehmen verkauft und Investitionspotentiale und -quoten deutlich steigert. Das werden wir Punkt für Punkt tun. Wir werden diese Stadt aus dem Würgegriff Ihrer Schuldenpolitik befreien.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man Sie so reden hört, meine Damen und Herren von der SPD,
dann müssen Sie jetzt mit Feuer und Flamme fordern, daß der Lebensmittelhandel verstaatlicht wird. Nur so kann die Bevölkerung vor dem Verhungern bewahrt werden.
Ich finde, es ist wirklich ein starkes Stück, Herr Senator, was Sie sich hier leisten.
Der Senat hat von 1992 bis 2000 städtisches Tafelsilber im Volumen von 8 Milliarden DM verkauft. Das prominenteste ist das von der HEW, an der die Stadt früher mit 71 Prozent beteiligt war, jetzt noch mit 25 Prozent beteiligt ist. Sie haben staatliches Tafelsilber verkauft, auch Unternehmensanteile, aus denen anschließend weniger Gewinne in den Haushalt fließen. Aber wenn die CDU so etwas vorschlägt, dann ist das Piraterie, wenn Sie das tun, ist es gut für die kleinen Leute. Das ist lächerlich und unredlich, was Sie hier machen, meine Damen und Herren.
Ich möchte eines klar sagen: Es ist falsch, wenn hier behauptet wird, wir würden sagen, Privat ist immer besser, Staat ist immer schlecht.
Niemand sagt das. Ich kann hier ganz klar sagen, daß es sehr viele gute Mitarbeiter in den öffentlichen Unternehmen gibt und wir froh sein können, daß wir sie haben.
Natürlich gibt es auch gute öffentliche Unternehmen in dieser Stadt.
Wir haben auch nicht gesagt, daß wir verramschen wollen und daß alle Unternehmen sofort verkauft werden sollen, sondern wir wollen überlegen, mit dem städtischen Tafelsilber noch Besseres machen zu können, weil es dem Haushalt schlechtgeht. Wir wollen mit dem Kapital der Stadt Umschichtungen vornehmen. Hamburg muß nicht einen Mehrheitsanteil am Flughafen haben, Hamburg muß nicht einen Mehrheitsanteil an einer staatlichen Bank haben.
Glauben Sie im Ernst, ein privater Investor beim Flughafen würde anschließend den Flughafen dichtmachen? Glauben Sie im Ernst, der Hafen würde zugeschüttet werden, wenn wir Anteile der HHLA verkaufen würden? Glauben Sie im Ernst, die Alster würde zugeschüttet werden, wenn wir die Alster-Touristik verkaufen würden? Das ist Unsinn. Das wissen Sie auch genau. Wir wollen aber Geld akquirieren, um mit diesem Geld für diesen Haushalt etwas zu tun, nämlich für die schwachen Menschen dieser Stadt. Die brauchen mehr Polizei und mehr Innere Sicherheit, und die wollen wir finanzieren.
Ich finde es wirklich absurd, wenn von Ihnen diese Schwarzweiß-Positionen aufgestellt werden. Wir haben gesagt, daß wir eine ganz differenzierte Politik machen. Nichts wird verramscht, nichts wird verschleudert, sondern es wird sehr systematisch überlegt, was staatlich bleiben muß. Und wenn etwas staatlich bleiben muß, dann wird gefragt, mit welchem Anteil, in welcher Höhe, zu wieviel Prozent. Nur wenn wir uns ganz trennen wollen, können auch Komplettverkäufe in Frage kommen. Mit den Mehrerlösen würden wir zum einen Teil die Staatsverschuldung zurückschrauben, um mit den Zinsersparnissen effektive Spielräume für den Haushalt zu gewinnen und für die Menschen etwas zu tun, auch für die Verkehrsinfrastruktur, auch für die Bildung. Für die Zukunftsbereiche wollen wir den Bürgern keine Sparmaßnahmen aufzwingen, sondern aktive Gestaltung anbieten. Das können wir nur machen, indem wir den Haushalt umschichten. Wir wollen, daß die öffentlichen Unternehmen entflochten werden, und wir wollen vor allen Dingen, Herr Bausenator, daß sich nicht der SAGA-Aufsichtsratsvorsitzende hier hinstellt und Reden in eigener Sache hält. Wir wollen auch den Postenverschiebebahnhof in öffentlichen Unternehmen beenden.
Das heißt, wir werden es so praktizieren wie andere Bundesländer, übrigens auch Bremen und Berlin, wo sozialdemokratische Senatoren beispielsweise im Abwasser- und Wasserbereich mitbeschlossen haben, daß dort 49 Prozent Staatsanteile verkauft werden. Ich wiederhole: In Bremen ist der Abwasserbereich zu 49 Prozent verkauft worden. In Berlin Wasser und Abwasser zu 49 Prozent mit sozialdemokratischer Zustimmung. Dort ist es richtig, hier soll es falsch sein. Das ist unredlich, meine Damen und Herren. Wir werden das tun, was andere Bundesländer mit Erfolg praktizieren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ehlers, Sie haben gerade versucht, auf Berlin auszuweichen
und damit den Versuch zu starten, vom eigenen finanzpolitischen Versagen dieses Senats abzulenken. Aber das ist Ihnen noch nicht einmal ansatzweise gelungen, denn, meine Damen und Herren, für wie dumm halten Sie die Menschen eigentlich in Hamburg? Seit 44 Jahren regieren Sie als SPD in Hamburg, und die finanzpolitischen Fehlleistungen haben Sie zu vertreten und niemand anderes.
Ich halte es für einen Witz, wenn Sie hier ein Thema anmelden „Solide Finanzpolitik statt Ausverkauf der Stadt“. Solide Finanzpolitik, da verwechseln Sie wahrscheinlich Ihre Wunschvorstellungen mit der Realität. Wie sieht die Realität dieses Haushaltes denn aus, meine Damen und Herren? Hamburg hat die höchste Staatsverschuldung aller Zeiten. Mit 35 Milliarden DM zehnmal soviel wie 1970,
doppelt soviel wie 1990. Das ist keine solide Finanzpolitik, meine Damen und Herren.
Hamburg zahlt am Tag allein für Zinsen über 5 Millionen DM. Auch das ist keine solide Finanzpolitik. Hamburg muß in diesem Jahr für die Investitionen neue Schulden von 1,4 Milliarden DM aufnehmen. Keine einzige Mark für die Investitionen der Stadt werden erwirtschaftet, sondern die Staatsverschuldung wird immer weiter hochgeschraubt. Auch das ist keine solide Finanzpolitik. Der Haushalt 2001 hat eine Einnahmelücke im Betriebshaushalt von 460 Millionen DM. Das hat mit solider Finanzpolitik überhaupt nichts zu tun, meine Damen und Herren!
Hamburg leistet sich immer mehr staatseigene, volkseigene Betriebe,
mittlerweile zehnmal soviel wie vor zehn Jahren. Das sind 400 Unternehmensbeteiligungen, die den Haushalt insgesamt mit 562 Millionen DM belasten. Das sind die Verluste, die vom Haushalt übernommen werden müssen. Zudem werden Mittelstand und Handwerk in Hamburg, dem Rückgrat unserer Wirtschaft, auch noch Konkurrenz gemacht durch Staatsunternehmen. Das ist auch keine solide Finanzpolitik, meine Damen und Herren!
Ihre großartigen Sparleistungen, die Sie hier erwähnt haben, Herr Ehlers, tragen Sie auf dem Rücken der Schwachen in dieser Stadt aus,
nämlich insbesondere in der Innenpolitik und in der Justizpolitik. Seit Mitte der neunziger Jahre haben Sie es geschafft, 800 Polizisten einzusparen. Sie haben 39 Richterstellen eingespart, Sie haben 27 Staatsanwaltstellen eingespart. Das ist keine solide Finanzpolitik, sondern das ist Politik zu Lasten der Schwachen in dieser Stadt.
Täuschen Sie sich nicht, meine Damen und Herren von der SPD, Ihre panikartigen Reaktionen, jetzt auf einmal mehr Geld für Innere Sicherheit und Justiz zu versprechen, ist Kosmetik. Dies ist doch nicht Ausdruck Ihrer inneren Überzeugung, sondern Ausdruck Ihrer nackten Angst vor dem Wahltermin 23. September, meine Damen und Herren.
Sie sparen überall da, wo es dem Bürger weh tut, aber nicht bei sich selbst. Sie haben zwölf Senatsmitglieder. Hamburg hat nach Kopfzahl die stärkste Landesregierung aller 16 Bundesländer. Bayern braucht neun, NordrheinWestfalen als größtes Bundesland braucht acht Minister, wir haben zwölf. Sie sparen nicht bei sich, Sie sparen bei den kleinen Leuten, und das ist keine solide Finanzpolitik.
Hamburg braucht eine neue Finanzpolitik, die die Schulden und Zinsen nachhaltig abbaut, die neue Spielräume für den Haushalt gewinnt, die die volkseigenen Betriebe in Wettbewerb überführt, die der folgenden Generation keinen Scherbenhaufen hinterläßt, denn unsere Kinder müssen das sonst bezahlen. Ihre Finanzpolitik hat folgende Ergebnisse: Sie haben Hamburgs Haushalt abgewirtschaftet, Sie haben Innere Sicherheit und Justiz abgetakelt, und dafür gehören Sie abgewählt.
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist interessant, daß Sie immer CDU-Anträge zitieren, die Sie offenbar gar nicht richtig gelesen haben. Niemand in dieser Stadt und keine Partei hat vor, Hamburg auszuverkaufen. Sie müssen uns schon abnehmen, daß wir und auch viele Menschen in dieser Stadt, zum Beispiel in den Kammern, in den Verbänden, die unsere Meinung teilen, nicht blöd sind, sondern darunter leiden, wie der Haushalt jetzt ausgestaltet ist. Wir werden selbstverständlich keinen Ausverkauf Hamburgs betreiben, sondern das Vermögen Hamburgs für die Menschen nutzbar machen. Wir halten es für unsinnig, auf großen Vermögenspositionen zu sitzen, daß der Staat es sich leistet, eine Staatsbank zu haben, daß man staatliche Hafenrundfahrten organisiert, daß staatliche Restaurants betrieben werden, daß staatliche Lagergesellschaften betrieben werden.
Wir brauchen das nicht, wenn wir mit dem Geld Besseres machen können.
Wir werden dabei natürlich optimale Marktpreise erwirtschaften und nichts verramschen. Warum sollte man das machen? Es gibt viele Assets in Hamburg, beispielsweise der Flughafen, den Sie wesentlich besser hätten veräußern können, wenn Sie Mehrheitsanteile verkauft hätten. Dann hätten Sie über den Paketzuschlag so viel Geld eingenommen, daß mit den Mehrerlösen die Staatsverschuldung hätte zurückgeführt und aus den ersparten Zinsen neue Polizisten, neue Richter, neue Staatsanwälte, neue Lehrer hätten eingestellt werden können. Das werden wir
machen, denn es ist Sinn einer Vermögenspolitik, sich konkret für die Menschen einzusetzen und nicht nur haushaltspolitische Verschiebebahnhöfe zu erzeugen.
Wirklich heuchlerisch finde ich – entschuldigen Sie diese Formulierung –, daß Sie als Senat von 1992 bis 2000 Hamburger Unternehmensbeteiligungen in großem Stil in Höhe von 8 Milliarden DM verkauft haben. Das, was Sie uns jetzt vorwerfen, haben Sie selber betrieben, aber mit dem Unterschied, damit Löcher im Haushalt gestopft zu haben. Damit haben Sie das wertvolle Tafelsilber für alle Ewigkeiten versenkt. Wir wollen etwas verkaufen, um Neues zu schaffen, um Investitionen zu finanzieren.
Die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg haben es vorgemacht. Die haben Unternehmensbeteiligungen veräußert und damit beispielsweise Hochschul- und Schulbau ausgeweitet, ohne neue Kredite aufzunehmen. Aber das sind Länder mit einer Finanzpolitik, von der Sie noch weit entfernt sind. Seien Sie sicher, daß wir in einem vernünftigen Verfahren das Kapital dieser Stadt so einsetzen werden, daß es nicht vernichtet wird, sondern für die Bürger nutzbarer gemacht wird als bisher; totes Kapital nützt den Bürgern nichts.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mittelstand und Handwerk sind das Rückgrat der hamburgischen Wirtschaft. Sie stellen die meisten Unternehmen und Arbeitsplätze, sie haben den größten Anteil an der Bruttowertschöpfung der Unternehmen und stellen immerhin die Hälfte der Bruttoinvestitionen.
Die Stadt Hamburg begeht leider den Fehler, diese wichtigen Bereiche der Wirtschaft nicht immer adäquat zu behandeln, und zwar in zwei wesentlichen Bereichen. Erstens: Die Stadt Hamburg gründet immer mehr staatliche Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen – mittlerweile 400 –; in den letzten zehn Jahren haben sich diese Beteiligungen glatt verdoppelt. Die Verlustbringer dieser Staatsunternehmen belasten insgesamt mit einem dreistelligen Millionenbetrag den Haushalt massiv. Öffentliche Unternehmen machen ohne eigenes Risiko, unter dem Schutz der Stadt, der Privatwirtschaft, die dieses Privileg nicht hat, Konkurrenz.
Zweitens: Im Hamburger Handwerk häufen sich in letzter Zeit die Klagen über unkorrekte oder unterbliebene Vergaben öffentlicher Aufträge. Privatwirtschaftliche Betriebe geraten aber in Gefahr, wenn seitens der hamburgischen Verwaltung oder der öffentlichen Unternehmen eine mittelstandsfeindliche Vergabepraxis vorherrscht. Sollte die öffentliche Verwaltung gegen Regelungen des Vergaberechts verstoßen, handelt sie rechtswidrig und macht sich unter Umständen schadensersatzpflichtig.
Wenn allerdings öffentliche Unternehmen, die in Hamburg einen immer größeren Umfang annehmen, gegen das Vergaberecht verstoßen, bleibt dies rechtlich ohne Folgen. Hier ist eine Grauzone entstanden, die auch zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit bei vielen Betrieben in Hamburg geführt hat. Hier wollen wir mit unserem Antrag ansetzen.
Die öffentlichen Unternehmen sind gemäß ihrem öffentlichen Auftrag gefordert, bei Auftragsvergaben mittelständische Belange angemessen zu berücksichtigen. Das Hamburger Mittelstandsförderungsgesetz formuliert ganz klar; dort heißt es in Paragraph 15:
„Die Verdingungsunterlagen für Ausschreibungen und freihändige Vergaben sollen so gestaltet werden, daß kleine und mittlere Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen und beim Zuschlag berücksichtigt werden.“
Da sich die Rahmenbedingungen der staatlichen Aufgabenwahrnehmung geändert haben, muß dieser Grundsatz aus unserer Sicht auch auf die öffentlichen Unternehmen der Stadt in strengerer Form zur Übertragung gebracht werden.
Worum geht es im einzelnen? Das Vergaberecht in Deutschland ist im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, dem sogenannten Kartellgesetz, und in den Verdingungsordnungen, VOB für Bauleistungen, VOL für sonstige Leistungen und VOF für freiberufliche Leistungen, geregelt. Ziel des Vergaberechts ist es, für ein möglichst wirtschaftliches Beschaffungswesen der öffentlichen Hand zu sorgen. Der Gesetzgeber hat in dem vergaberechtlichen Regelwerk bewußt auf eine angemessene Berücksichtigung gerade mittelständischer Unternehmen Wert gelegt. Dies aus gutem Grund, weil diese das Rückgrat der Wirtschaft bilden.
Anders als die meisten Großunternehmen sind viele mittelständische Betriebe unmittelbar auf die öffentlichen Aufträge angewiesen. Die Nichtbeachtung oder die Verletzung von Regelwerken kann schnell zum Ruin der Betriebe führen. Der Weg, viele kleine oder mittlere Betriebe auch an größeren Auftragsvolumina zu beteiligen, ist die Aufteilung von Aufträgen in Fach- und Teil-Lose. Dieses ist auch in Paragraph 97 Absatz 3 des Kartellgesetzes und in den Normen der VOB und VOL ausdrücklich vorgesehen. Eine strikte Anwendung dieser Verdingungsordnungen führt also dazu, daß sich mittelständische Betriebe um Aufträge bewerben können, die in Teil-Losen unterteilt werden müssen.
Während die öffentliche Verwaltung nach Paragraph 55 Landeshaushaltsordnung an diese Verdingungsordnung gebunden ist, gilt dies für öffentliche Unternehmen nur dann, wenn das Auftragsvolumen über den Schwellenwerten des europäischen Vergaberechts liegt. Das sind bei Bauaufträgen 5 Millionen Euro und 200 000 Euro bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen.
Zwar gibt es für öffentliche Unternehmen der Stadt die Maßgabe eines Senatsbeschlusses von 1995, wonach Aufträge für Lieferungen und Leistungen grundsätzlich auch dann unter Beachtung der Verdingungsordnungen verteilt werden sollen, wenn dies nicht zwingend vorgeschrieben ist. Dieser Grundsatz wird jedoch im gleichen Beschluß wieder eingeschränkt, indem das Vergaberecht nur dann gelten soll, soweit die öffentlichen Unternehmen dieses für wirtschaftlich vertretbar halten. Genau da liegt die Crux. Den jeweiligen öffentlichen Unternehmen wird hier die zweifelhafte Freiheit gegeben, selbst zu entscheiden, ob die Anwendung des Vergaberechts aus ihrer Sicht wirtschaftlich ist oder nicht. Dabei enthält das Vergaberecht selbst doch gerade die gesetzlichen Konkretisierungen für das Wirtschaftlichkeitsprinzip. Erst im Rahmen der Anwendung von Gesetz und Verdingungsordnung wird die Wirtschaftlichkeit geprüft, und zwar an Hand der dort enthaltenen Regelungen. Die Entscheidung muß also lauten: ob eine Auftragsvergabe insgesamt wirtschaftlich ist, nicht ob die Anwendung des Vergaberechts wirtschaftlich ist.
Die Frage der Anwendbarkeit des Vergaberechts darf schon gar nicht den öffentlichen Unternehmen im Einzel
fall selbst überlassen werden. Dieses führt dann wiederum genau zu der Situation, daß die Ausnahmemöglichkeit praktisch die Regel und nicht die Ausnahme bildet, also weil es angeblich nicht wirtschaftlich ist, die mittelständischen Betriebe nicht beteiligt werden. Daß aber gerade auch freihändige Vergaben, wie sie vorherrschen, ohne Ausschreibung nicht ungedingt immer zum besseren Ergebnis führen, ist längst nachgewiesen und gehört zu den Erkenntnissen der Wirtschafts-, Rechts- und Organisationswissenschaften.
Wir fordern daher in unserem Antrag, daß die öffentlichen Unternehmen verpflichtend an die Verdingungsordnungen VOB, VOL und VOF auch unterhalb der EU-Schwellenwerte gebunden sind. Wir fordern den Senat in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der Staatsunternehmen auf, darauf hinzuwirken, daß die mittelstandsfördernden Grundwerte des Vergaberechts, insbesondere der Aufteilung in Teil- und Fach-Lose, in den öffentlichen Unternehmen konsequent eingehalten werden.
Mit unserem Vorschlag werden somit zwei wirtschaftspolitische Kernanliegen miteinander verbunden: Die konsequente, kostensparende und transparente Ausschreibung von Leistungen und die bessere Berücksichtigung von mittelständischen Betrieben. Damit wäre Hamburg, nach Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg, ein weiteres Bundesland, das den Anwendungsbereich der Verdingungsordnungen auf privatwirtschaftlich organisierte öffentliche Unternehmen ausdehnt. Es kommt also nicht auf die politische Couleur an, wie wir an diesen Beispielen sehen, sondern auf die Einsicht, den Mittelstand zu fördern. Mittelstandspolitik, meine Damen und Herren, ist Kern der Wirtschafts- und Finanzpolitik, denn Mittelstandspolitik ist auch immer Beschäftigungspolitik, und dafür sind nur die gefüllten Auftragsbücher der mittelständischen Betriebe relevant, und dies wollen wir fördern.
Ich habe zwei Nachfragen. Frau Staatsrätin, Sie sagten, Sie messen dem Ausschuß der Regionen in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung zu. Können Sie einmal darlegen, welche Initiativen in bezug auf das zugrundeliegende Thema die Freie und Hansestadt Hamburg durch den Senat im Ausschuß der Regionen ergriffen hat?
Zweitens: Hat der Senat, ausgehend von unserer Themenstellung, einen Überblick über sämtliche auf Europa bezogenen Kommissionen, Kooperationen et cetera mit der Maßgabe, zu prüfen, wo die Freie und Hansestadt Hamburg Mitglied oder Nicht-Mitglied ist? Welches Gremium fällt am Ende die Entscheidung über eine Mitgliedschaft?
Herr Staatsrat, stimmen Sie mit mir überein, daß es nicht angemessen ist, wenn ein Spitzenmitglied der Exekutive wie Sie hier in einer öffentlichen
Fragestunde der Bürgerschaft eine bewertende Äußerung abgibt, und zwar in bezug auf die Quantität der Arbeit des hier in Rede stehenden Richters, zumal sich derjenige hier nicht wehren kann? Es hat eine Bewertung stattgefunden, und das finde ich nicht angemessen. Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Einschätzung teilen.
Ich möchte Sie noch einmal fragen, ob Sie es für angemessen halten, als Staatsrat in einer öffentlichen Fragestunde über einen Richter der Freien und Hansestadt Hamburg, also einen Angehörigen einer anderen Gewalt, der sich hier nicht wehren kann, eine Äußerung abgegeben zu haben in bezug auf die Quantität seiner Urteile und damit eine Äußerung zu seiner Arbeit, die zu seiner Herabwürdigung geeignet ist?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Verfahrensweise von SPD und GAL, hier ohne Beratungen im parlamentarisch zuständigen Haushaltsausschuß einen Nachtrag von 2,5 Millionen DM durchzupeitschen, ist einmal mehr ein trauriges Dokument, daß sich die Mehrheit dieser Bürgerschaft auch dann dem Senat beugt, wenn er Rechte dieses Parlaments eklatant mißachtet.
Das mit Abstand wichtigste Recht des Parlaments ist das Etatrecht, und der Senat hat nach Verfassung und Landeshaushaltsordnung zu akzeptieren, daß wir hier im Parlament die Haushaltsregelungen bestimmen und den Haushalt festsetzen; der Senat führt ihn aus – und nicht umgekehrt.
Nur in engen Ausnahmetatbeständen darf die Exekutive von dem sogenannten Notausgaberecht Gebrauch machen. Das steht in der Landeshaushaltsordnung. Es muß eine unvorhergesehene Maßnahme sein und ein unabweisbares Bedürfnis für diese Ausgaben bestehen, und vor allen Dingen bestehen diese Voraussetzungen nur dann, wenn die ordnungsgemäßen parlamentarischen Gremien nicht mehr rechtzeitig eingeschaltet werden können.
Die hier zugrunde liegenden Mehrbedarfe, die wir in der Sache gar nicht bestreiten, weil sich Mängel offenbart haben, sind bereits seit Mitte 2000 bekannt. Die Haushaltsberatungen waren bis Ende 2000. Das heißt, der Senat hätte unverzüglich bei dem erkennbar werdenden Bedarf den Haushaltsausschuß einschalten müssen und uns um eine parlamentarische Entscheidung im Rahmen der Haushaltsberatungen 2001 bitten müssen. Hier ist der Senator sogar Wiederholungstäter, denn dies ist jetzt schon die zweite Nachforderung. Wir hatten bereits vor einem Jahr eine ähnliche Nachforderung über 2 Millionen DM, wobei der Senator im Haushaltsausschuß von allen Fraktionen verwarnt worden war, nicht rechtzeitig berichtet zu haben, und wir auch damals noch die Chance gehabt hätten, in die parlamentarischen Beratungen einzutreten.
Wiederholungstäter werden normalerweise bestraft. Von SPD und GAL offenbar nicht.
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Das finde ich schlimm genug. Noch schlimmer ist es, wenn Sie die Minderheitenrechte der Opposition mit Füßen treten und uns sogar verwehren, daß wir überhaupt im Ausschuß darüber sprechen können. Das ist, meine Damen und Herren, eine Art und Weise, wie das Parlament nicht mit Minderheiten umgehen sollte.
Ein Parlament, das es duldet, daß die Regierung in seine ureigensten Rechte eingreift, schießt sich selber ins Knie. Sie erwarten nicht, daß wir uns daran beteiligen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was wir hier eben von den sozialdemokratischen Rednern einschließlich des Bürgermeisters gehört haben, ist ein beklemmendes Dokument sozialdemokratischer Arroganz.
Es ist erstaunlich, daß es auch dem Fraktionsvorsitzenden der SPD in der Debatte gelingt, statt Inhalte vorzutragen, von Sonnenbänken und Guildo Horn zu reden,
anstatt auf das einzugehen, was Sie hier angerichtet haben, nämlich einen finanzpolitischen Scherbenhaufen. Neuerdings wollen Sie uns auch noch daran hindern, den Menschen dieses mitzuteilen.Sie pflegen Ihre Beiträge einzuleiten mit: „Jetzt sagt die CDU wieder, wie im vergangenen Jahr, die Staatsverschuldung hat sich noch weiter nach oben geschraubt“, so als sei diese Kritik etwas Schlimmes und als wenn es nicht unsere Aufgabe wäre, darauf hinzuweisen, daß Sie die Zukunft der jungen Generation verfrühstücken.
Frau Hajduk, Sie haben in Ihrer Anmoderation auch noch versucht zu vermitteln, daß man es nicht sagen dürfe, wenn es im Hamburger Haushalt schlechte Zahlen gibt. Möglicherweise gebe es irgendwelche Gegner der Freien und Hansestadt Hamburg, die das aufnehmen würden, und wir müßten die Stadt Hamburg schützen.
Ja, wir wollen die Stadt Hamburg schützen, wir wollen einen gerechten Länderfinanzausgleich. Wir wollen aber die Stadt Hamburg in erster Linie vor diesem Senat und seiner Finanzpolitik schützen, und da werden wir uns nicht mundtot machen lassen.
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Sie legen wieder einen Haushalt der roten Zahlen vor, in dem die Staatsverschuldung auf den höchsten Stand aller Zeiten hochgetrieben wird. Wir werden Ihnen dieses Fehlverhalten, das mit Ihrer Finanzpolitik zusammenhängt, auch weiterhin vorhalten.Was erwarten Sie denn von einer Oppositionsfinanzpolitik, daß wir Ihnen jedes Jahr einen Kessel Buntes bieten, um die Spaßgesellschaft der SPDFraktion zu befriedigen? Das werden wir nicht. Wenn Sie den Haushalt nicht ändern, werden wir ihn weiter kritisieren.
Finanzpolitik, meine Damen und Herren, ist doch kein Wiener Walzer, mal links herum und im nächsten Jahr rechts herum. Wir fahren nicht Karussell, sondern haben eine klare Linie, eine klare mittelfristige Finanzplanung, und die werden wir Ihnen jedes Mal unter die Nase reiben, ob es Ihnen paßt oder nicht.
Den Scherbenhaufen, die Haushaltsschieflage, hat doch nicht die Opposition angerichtet, sondern das waren Sie, sozialdemokratisch geführte Regierungen. Wer hat denn die Rekordstaatsverschuldung eingeleitet? Das waren Sie. Seit 1970 haben wir eine Verzehnfachung und seit 1990 eine Verdoppelung der Staatsverschuldung.Die Zinsen gehen immer weiter nach oben, das ist doch keine Erfindung der Opposition. Das war letztes Jahr Ihr Fehler und ist dieses Jahr wieder falsch,
und Sie machen es noch schlimmer. Wir werden die von Ihnen verursachte hausgemachte Krise im Parlament ansprechen und unsere Vorschläge machen. Wir haben unsere Vorschläge in den Haushalt eingebracht, und es wäre in der Tat schön, wenn die Redner so sachlich wären, auf die einzelnen Argumente einzugehen.Ich habe jedoch den Eindruck, daß hier viele vorbereitete Reden gehalten werden, ohne daß man dem Vorredner zugehört hat.
Zur Parlamentsreform und zur besseren Akzeptanz gehört auch, daß man aufeinander eingeht.
Wir haben ein 10 Milliarden-DM-Programm vorgelegt, und ich habe in dem Leitantrag auch gesagt, wie wir das umsetzen wollen. Wir wollen ganz konsequent folgendes: Wir wollen Schluß machen mit dem Spuk der Staatsverschuldung.
Wir müssen aufhören mit der Staatsverschuldung und wir haben dazu ganz konkrete Vorschlage gemacht.
Wir wollen einen Haushalt ohne Neuverschuldung.Wir haben Ihnen für die nächsten fünf Jahre eine klare Perspektive aufgezeigt und gesagt, wie wir das finanzieren wollen. Wir wollen keine Neukredite. Wir wollen den Abbau der Staatsverschuldung und die Reduzierung der uns mittlerweile erdrosselnden Zinslasten.Wir wollen weniger Zinslasten für den Haushalt und neben der Rückführung der Staatsverschuldung auch neue Investitionen tätigen. Wir wollen Personalkosten auch da erhöhen, wo wir es für erforderlich halten.Herr Christier, ich halte es für unerträglich, wenn Sie sagen, daß wir hier einem Rechtsruck ausgesetzt
sind, weil die CDU dem Wunsch der Menschen nach mehr Innerer Sicherheit entspricht und 400 neue Polizisten einstellen will. Wir vertreten hier den Willen der Bevölkerung, und der entspricht offen nicht der SPD, das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen.
Wir haben Ihnen ganz klar gesagt, im Bildungsbereich mehr Lehrer einzustellen. Sie kennen die Situation um den Unterricht und den Unterrichtsausfall.Wir als Haushaltspolitiker müssen aber die Mittel freischaufeln, um hier auch gezielt eingreifen zu können. Mittel freizuschaufeln ist die Aufgabe von Finanzpolitik, und wir haben auch konkret gesagt, wie wir es machen wollen, auch für die Infrastrukturinvestitionen, die diese Stadt braucht. Wir haben klar gesagt, daß wir die Hafenquerspange brauchen, aber nicht irgendwann, nicht im Jahr 2010 und später, sondern vorher. Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, wie man eine Maßnahme vorfinanzieren kann, die der Bund erst ab 2010 an Hamburg zurückerstatten wird. Dazu haben wir konkrete Vorschläge unterbreitet. Hamburgs Vermögenspositionen bilden überwiegend öffentliche Unternehmen und Immobilienbestände. Aus diesen Vermögenspositionen muß man, wie jeder Privatmann auch, seinen Konsum und Haushalt bestreiten. Anders geht es nicht, das war vor fünf Jahren so wie im letzten Jahr, und es ist auch in diesem Jahr so. Wir halten es nicht für erforderlich, daß der Staat zum Beispiel Hafenrundfahrten organisiert, Lotto spielen läßt und Autos repariert. Es gibt viele Bereiche, bei denen wir den Wettbewerb suchen und öffnen müssen, um Sparpotentiale noch weiter zu erschließen, die Leistungen zu steigern und die Preise zu senken.
Es gibt ein gutes Beispiel, bei dem auch Hamburg profitiert: Die Liberalisierung des Strommarktes hat unter anderem dazu geführt, daß die Freie und Hansestadt Hamburg jedes Jahr 17 Millionen DM an Energiekosten spart. Als die HEW noch ein Staatsmonopolunternehmen waren und es keine Liberalisierung gab, wurden solche Preisnachlässe nicht zugestanden; auf einmal ist das möglich. Warum ist das möglich? Weil es Wettbewerb gibt. Warum ist der Zuschußbedarf der Hamburger Hochbahn, der vor einigen Jahren bei 350 Millionen DM im Jahr lag, auf die Hälfte reduziert worden? Nicht nur weil der ehemalige Fraktionsvorsitzende der SPD so ein genialer Kaufmann ist, sondern weil der Wettbewerb es gesichert hat.Wettbewerb bedroht Monopole. Wir müssen die Monopole knacken. Nur wer Monopole knackt, kann mehr erwirtschaften.
Meine Damen und Herren, der Senat wird unsere volle Solidarität haben, wenn es darum geht, im Länderfinanzausgleich in der Allianz für Hamburg, Seite an Seite für die Interessen der Stadt zu kämpfen.Wir lassen Ihnen aber nicht durchgehen, daß Sie die Zahlungen in den Länderfinanzausgleich als Ausrede für das Versagen in der eigenen Haushaltspolitik benutzen.
Wir haben uns die Zahlen einmal angeguckt. In den letzten 20 Jahren hat Hamburg in den Länderfinanzausgleich etwa 5,9 Milliarden DM eingezahlt.
345 Millionen DM hat Hamburg übrigens empfangen, weil die Stadt auch mehrfach Empfängerland war, aber insgesamt sind unter dem Strich 5,6 Milliarden DM eingezahlt worden.Wissen Sie, wieviel Steuereinnahmen Hamburg in der Zeit hatte? Etwa 207 Milliarden DM, das heißt in der Re
lation, der Länderfinanzausgleich beträgt 5,6 Milliarden DM gegenüber 207 Milliarden DM Steuereinnahmen. Wir hatten in den letzten zwei Jahrzehnten eine Neuverschuldung von über 25 Milliarden DM und eine Zinsbelastung von 30 Milliarden DM.
Der Länderfinanzausgleich ist eine starke Belastung für die Stadt, und wir müssen hier für mehr Gerechtigkeit sorgen, aber der Länderfinanzausgleich ist nicht die Ursache der Haushaltsmisere, die Haushaltsmisere haben Sie als SPD-geführte Regierung verursacht und sonst niemand.
Frau Hajduk, Sie haben mich gefragt, warum wir bestimmte Unternehmen gerne einer Public-private-partnership öffnen wollten. Wir wollen keinen Ausverkauf der Stadt betreiben, wie der Bürgermeister das gesagt hat, das ist Unsinn, niemand will einen Ausverkauf. Wir lieben die Stadt genauso wie andere, das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen. Wir wollen das städtische Eigentum aber besser nutzen als Sie. Und was spricht dagegen, daß aus einem Wasserhahn Wasser kommt, an dem zum Teil auch Private beteiligt sind. Es gibt genügend Beispiele in Deutschland, auch in den anderen Stadtstaaten, wo dies bestens funktioniert.Der Staat hat, was die Qualität von Trinkwasser angeht, eine sehr starke Rolle, er kann nämlich die Qualitätsstandards als Gesetz- und Verordnungsgeber vorgeben. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, den ich auch aufrechterhalten will.
Im Rahmen einer so vom Staat kontrollierten, mit Mindestqualitätsstandards versehenen Privatisierung kann man sehr viel für den Haushalt erreichen, wie dies auch international praktiziert wird. Denken Sie daran, daß in Frankreich seit 100 Jahren Abwasser und Wasser überwiegend privat organisiert ist. Sie können doch nicht behaupten, daß dies dort nicht funktioniere und andauernd Gesundheitsepidemien herrschten. Der Staat gibt den Qualitätsstandard vor, der eingehalten werden muß, und gemeinsam mit Privaten kann der Staat intelligente Public-private-partnership-Modelle entwickeln, die sehr viel Geld in den Haushalt bringen. Und mit diesem Geld können wir die Zukunftsinvestitionen tätigen, die wir uns sonst nicht leisten können. Das nenne ich intelligente Haushaltspolitik durch Umschichtung von Vermögen von einer Seite auf die andere, im Gegensatz zur Vernichtung von Staatsvermögen in Haushaltslöchern, wie Sie dies betreiben.
Meine Damen und Herren! Es gibt eine interessante Erkenntnis: Beim Griff in die eigene Tasche stellt man immer wieder fest, daß die öffentliche Hand schon vorher drin war. Das gilt für viele Bereiche, auch für die Steuern. Die Ökosteuer – mein Kollege Salchow ist darauf eingegangen – hat für Hamburg und für die Bürger schädliche Auswirkungen insbesondere deshalb, weil ein großer Teil dieser Ökosteuer nicht für die Rentensicherung verwandt wird, sondern im Haushalt des Bundes versickert. Von den insgesamt 110 Milliarden DM Ökosteuern bis 2003 wird ein Großteil in die Rentenkasse fließen, das andere Geld wird für andere Ausgaben im Haushalt verwandt. Da hat man den Bürgern im Grunde keinen reinen Wein eingeschenkt.
Noch schlimmer ist es mit der Entfernungspauschale, die Hamburg – ich kann es konkretisieren – wohl 16 Millionen DM im Jahr kosten wird.Wir werden also mit 16 Millionen DM aus unserem Haushalt die Pendler finanzieren, die zu unseren Lasten in den Umlandgemeinden ihren Wohnsitz nehmen und eine Prämie dafür bekommen, daß sie in
Hamburg keine Steuern zahlen.Und Sie haben das als Senat nicht verhindert.
Wir brauchen eine Politik, die es ermöglicht, den Haushalt so zu konsolidieren, vom hohen Verschuldungssockel herunterzukommen, mehr Investitionsspielräume zu schaffen, und dies funktioniert nur, wenn man die vorhandenen Vermögenswerte intelligent umschichtet.
Sie werden sich gleich wieder beklagen, meine Damen und Herren von der SPD, daß die CDU diese klare Linie seit Jahren verfolgt und daß dies alles ganz furchtbar sei, aber ich kann Sie trösten.Erstens kommt Hochmut vor dem Fall, und Sie stehen vor dem Fall, und zweitens werden künftig die Haushaltsdebatten noch viel interessanter werden. Ab dem nächsten Haushalt wird alles anders, viel spannender, viel interessanter, denn Sie dürfen dann anfangen, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ihr Problem ist, daß Sie vorgefaßte Reden halten, die nicht auf unsere Anträge eingehen.Wir haben hier ganz klar unser Fünfjahresprogramm über 10 Milliarden DM vorgestellt; diese 10 Milliarden DM werden wir auch erlösen können. Ich darf Sie an Beispiele anderer Stadtstaaten erinnern: Allein in Berlin, wo Wasser und Abwasser zu 49 Prozent privatisiert wurden, sind hierfür über 3 Milliarden DM realisiert worden, in Bremen mit einer Teilprivatisierung des Abwassersektors zu 49 Prozent 1,2 Milliarden DM.Wenn man es intelligent anstellt und sukzessive in einem Fünfjahreszeitraum nach Marktlage Staatsvermögen veräußert, kann man mindestens 10 Milliarden DM erlösen, und diese 10 Milliarden DM würden wie folgt verwandt:5,2 Milliarden DM in den nächsten fünf Jahren für Investitionen, für die Sie wieder Neukredite aufnehmen wollen. Wir brauchen das nicht, wir sparen die Zinsen für 5,2 Milliarden DM. Für weitere 4 Milliarden DM werden wir ein Sonderinvestitionsprogramm auflegen, was effektive Werte für die Hansestadt Hamburg schafft.
Die Hafenquerspange, nun lachen Sie, aber Sie sind ja nicht in der Lage, diese Maßnahmen zu realisieren.Sie sind ein Ankündigungsbürgermeister, wir dagegen werden es tun.
Diese Werte für die Stadt können wir durch eine Umschichtung realisieren und haben dann noch Geld für die Rückführung der Staatsverschuldung, die wir je nach Kapitalmarktlage umsetzen; auch dies wird erhebliche Einsparungen erbringen.
Intelligente Finanzpolitik betreibt man nicht durch Verscherbelung von Staatsvermögen, sondern durch Umschichtung, indem man Neues schafft, das für die zukünftige Generation erhalten bleibt. Aber Sie haben genau das Gegenteil gemacht. Sie haben von 1992 bis heute 8 Milliarden DM öffentliche Unternehmensbeteiligungen verkauft und überhaupt nichts Neues geschaffen, sondern nur Löcher im Haushalt gestopft, und aus diesem Versagen Ihrer Finanzpolitik werden wir Sie nicht entlassen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In Anbetracht der tatsächlichen Haushaltskrise unserer Stadt waren Ihre Worte, Frau Senatorin,
ein wahrlich beklemmendes Dokument einer an Peinlichkeit kaum noch zu überbietenden Selbstgefälligkeit.
Wie sieht der Haushalt aus? Wir haben im Kernhaushalt einen neuen Rekord der Staatsverschuldung von 34,6 Milliarden DM. Das ist die höchste Staatsverschuldung, die diese Stadt jemals hatte. Tatsächlich ist sie noch wesentlich höher, weil durch die ausgegliederten Bereiche der Anstalten des öffentlichen Rechts die dort mitgenommene Verschuldung letztlich den Bürger auch belastet. Aber gehen wir nur vom Kernhaushalt aus: Er weist die höchste Verschuldung aus, die diese Stadt jemals hatte und die dieser Senat zu verantworten hat.
Es müssen jährlich 2 Milliarden DM für Zinsen und 1,6 Milliarden DM für neue Kredite gezahlt werden.
Täglich müssen in dieser Stadt für neue Schulden und alte Zinsen 10 Millionen DM aufgewandt werden. Der Betriebshaushalt ist im Jahr 2000 nicht ausgeglichen. Im Jahr 2001 wird dies auch nicht der Fall sein. Zusätzlich zu den Investitionen, für die 1,6 Milliarden DM neue Kredite aufgenommen werden müssen, ist auch der Betriebshaushalt mit 380 Millionen DM defizitär.
Ich wäre, Frau Senatorin, auf einen solchen Haushalt nicht stolz; mir wäre ein solcher Haushalt peinlich.
Daß dieser Senat in weiten Teilen nach wie vor eine verfehlte Finanzpolitik betreibt, ist nicht nur die Auffassung der CDU-Fraktion: Es gibt unabhängige Institutionen, die sich das Haushaltsgebaren der einzelnen Bundesländer angesehen und dazu Analysen angestellt haben.
Das Institut der deutschen Wirtschaft hat den Stand und die Entwicklung von Staatsausgaben, Netto-Kreditaufnahme, Schuldenstand und Personalinvestitionsausgaben für alle 16 Bundesländer analysiert und ihnen eine Gesamtnote gegeben.Danach rangiert Hamburg auf dem 13.Platz.Das ist im Gegensatz zu Ihren Wunschvorstellungen die Realität dieses Haushaltes.
Hamburg ging es haushaltspolitisch einmal ganz anders. Es gab Zeiten, da hatten wir einen ausgeglichenen Gesamt-, Betriebs- und Investitionshaushalt und keine einzige Mark Neuverschuldung. Das ist lange her. Ich weiß nicht,
ob sich die Mitglieder des Senats daran erinnern, wann das zuletzt der Fall war.
Ich habe mir einmal angesehen, was in diesem Jahr an Besonderem passiert ist.In diesem Jahr – dazu möchte ich Ihnen einige Eckdaten nennen, die vielleicht helfen, sich zu erinnern – hat der SPD-Bundesparteitag in Hamburg Willy Brandt als SPD-Bundesvorsitzenden und Bundeskanzler Helmut Schmidt als seinen Stellvertreter bestätigt, war Eugen Wagner Bezirksabgeordneter in Hamburg-Mitte, Krista Sager studierte Deutsch und Geschichte an der Universität Hamburg, hat Franz Josef Strauß seine Kandidatur zum bayerischen Ministerpräsidenten angekündigt,
wurde Heiner Geißler neuer Generalsekretär der CDU, sang ABBA: Take a chance on me, starb Elvis Presley, stürmte die GSG 9 den Lufthansa-Jet „Landshut“ und befreite die Geiseln. Es war ein Jahr, in dem Hamburg zuletzt einen ausgeglichenen Gesamthaushalt hatte und keine einzige Mark neue Schulden machte: Es war das Jahr 1977. In den Jahren danach haben Sie es bis heute geschafft, den Haushalt in eine derartige Krise zu stürzen, wie sie die Stadt noch nie erlebt hat.
Lassen Sie mich auf einige Daten eingehen. 1977 war die Welt noch in Ordnung, danach ging es bergab. Auch 2001 ist der Haushalt weit davon entfernt, ausgeglichen zu sein. Ich darf daran erinnern, daß sich die Gesamtausgaben auf circa 18 Milliarden DM belaufen, denen Gesamteinnahmen von circa 16 Milliarden DM gegenüberstehen.Das heißt, es ist eine Deckungslücke in Höhe von 2 Milliarden DM entstanden, die die Todesspirale der Staatsverschuldung für die Folgegenerationen weiter hochschraubt. Es wird aber auch die Deckungslücke im Betriebshaushalt nicht bereinigt, obwohl sich ein wahres Füllhorn von Steuermehreinahmen über Hamburg ergossen hat.
Frau Senatorin, Sie haben in den letzten Jahren viel versprochen. Auch heute haben Sie wieder Versprechungen gemacht, daß der Haushalt vielleicht noch im Jahre 2000 oder 2001 ausgeglichen werden könne. Vor zwei Jahren haben Sie hier schon gestanden und sich zum Haushalt 2001, über den wir heute sprechen, prophetisch geäußert. Damals sagten Sie, daß nach Ihren Berechnungen der Betriebshaushalt 2001 Überschüsse abliefern würde. Die Realität ist aber ein Defizit von 380 Millionen DM, obwohl es erhebliche Steuermehreinnahmen gibt. Das ist Ihrer Politik zuzuschreiben und niemandem sonst.
Die Finanzpolitik des Senats besteht aus leeren Worten und leeren Versprechungen. Die Steuermehreinnahmen sind wirklich gewaltig. Wir haben die Mehreinnahmen aus den Jahren 1998 bis 2001 zusammengerechnet und kommen dabei auf 2,5 Milliarden DM. Noch einmal: In die Kassen der Stadt sind 2568 Millionen DM an Mehreinnahmen geflossen. Die Reduzierung der bereinigten Gesamtausgaben von 1997 bis heute beträgt 155 Millionen DM. Den Löwenanteil der vorgenannten Mehreinnahmen machen die Steuermehreinnahmen aus, wofür nicht Sie, sondern die Wirtschaft und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieser Stadt die Verantwortung tragen. Denn wir verdanken es ihnen, daß die Steuerquellen gegenwärtig glücklicherweise so sprudeln.
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Tatsächlich befinden Sie sich, was die Wirtschaft angeht, eher in einer Dunkelzone. Es gibt eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung, der Essener RWE AG und des Wirtschaftsmagazins „Impulse“. Das sind Organisationen, die die unternehmerfreundlichste Stadt in Deutschland gesucht haben. Es wurden dafür Kriterien aufgestellt, die kommunale Wirtschaftsförderung, Stadtverwaltung und Stadtregierung zu durchleuchten und am Ende eine Rangordnung der wirtschafts- und unternehmerfreundlichsten Städte zu ermitteln. 25 Städte sind getestet worden; Hamburg kam dabei auf Platz 17.
Das bedeutet die zweite Liga.
Wir müssen uns bei der Wirtschaft, der wir die Steuermehreinnahmen zu verdanken haben, und den Arbeitnehmern, die mit dazu beitragen, daß es diese Steuermehreinnahmen gibt, und nicht bei Ihnen vom Senat bedanken. Es gibt diese Steuermehreinnahmen nicht wegen, sondern trotz dieses Senats.
Zu allem Überfluß hat die Finanzbehörde eine von Steuerzahlern finanzierte Jubelbroschüre über das Steuerentlastungsgesetz von 1999 herausgegeben.
Darin wird zum Ausdruck gebracht, wie toll die rotgrüne Bundesregierung seit dem Regierungswechsel in 1998 das Ganze auf den Weg gebracht hat. Es ist verblüffend, Frau Senatorin, daß Sie solche Broschüren auflegen. Ich möchte einmal zitieren, was Sie vor zwei Jahren in der Haushaltsdebatte 1998 als Voraussetzung zur Zustimmung zu der von Theo Waigel vorgelegten Steuerreform genannt haben:
„Aufkommensneutralität bei den Steuerumgestaltungen. Es ist unstrittig, daß wir eine Reform des Steuersystems brauchen. Ebenso klar ist aber auch, daß es besonders aus Sicht der Länder und Gemeinden Steuersenkungen nur bei einer seriösen und ausreichenden Gegenfinanzierung geben kann.“
Jetzt haben wir die Steuerreform, aber sie ist nicht von Herrn Waigel, sondern von Rotgrün. Sie ist überhaupt nicht gegenfinanziert, sondern belastet die Hansestadt Hamburg in diesem Jahr mit 700, in 2002 mit 290, in 2003 mit 480, in 2004 mit 480 und in 2005 mit 1000 Millionen DM. Nichts ist gegenfinanziert. Sie haben die Steuerreform damals abgelehnt, weil sie von einer anderen Partei kam. Jetzt tun Sie genau das Gegenteil von dem, was Sie vor zwei Jahren versprochen haben.
Es ist gelegentlich interessant, was Finanzpolitiker vor zwei Jahren gesagt haben und was die rotgrüne Bundespolitik an „Segnungen“ für den Hamburger Haushalt bereithält. Der Hamburger Haushalt leidet durch Beschlüsse der rotgrünen Bundespolitik. Es gibt eine Reihe von Maßnahmen im Bereich des Wohngeldes, des Unterhaltsvorschusses, der Arbeitslosenhilfe, der Mittel der Kürzungen für die Bereitschaftspolizei, die auch die Hansestadt treffen. Es gibt zudem Reduzierungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen von Arbeitslosen und Streichungen beim Straßenbau, bei den Schienenwegen, bei der Agrarstruktur und beim
Küstenschutz sowie massive Streichungen bei Zivildienstleistenden, die wiederum auf den Hamburger Haushalt durchschlagen.Viele dieser Maßnahmen treffen den Hamburger Haushalt direkt. Rotgrün in Berlin greift in unsere Kasse.
Auch das widerspricht dem, was Sie uns vor zwei Jahren versprochen haben, daß nämlich eine andere Bundesregierung die Hamburger Haushaltslage verbessern würde. Das Gegenteil ist der Fall. Tatsächlich wird der Hamburger Haushalt in dem von mir genannten Umfang massiv durch Rotgrün belastet.
Die Kerndaten dieses Haushalts sind ernüchternd. Die Rekordstaatsverschuldung in Höhe von 34,6 Milliarden DM ist eine Summe, die sich ein Normalbürger nicht vorstellen kann.Ich möchte darauf hinweisen, daß dies 34,6 Millionen Tausendmarkscheine bedeuten.Wenn man diese Scheine aneinanderlegen würde, ergäbe sich daraus eine Strecke von 6124 Kilometern.
Das sage ich, um einmal die Dimension bildlich zu machen. Die Zinsen betragen 2 Milliarden DM und sind damit deutlich höher als die Investitionen. Diese Schieflage ist nur bei wenigen Bundesländern zu beklagen; Hamburg liegt auch hier an der negativen Spitze.
Pro Einwohner wurden im Jahr 1999, in dem ein Vergleich unter den Bundesländern durchgeführt wurde, 1124 DM an Zinsen pro Kopf ausgegeben. Hier liegt Hamburg hinter Bremen bundesweit an der Spitze.
Nur Bremen zahlt mehr Zinsen.
Die Personalausgaben sind aber weitgehend nicht durch echte Einsparungen reduziert worden, sondern dadurch, daß Sie ganze Verwaltungsbereiche, ob Stadtentwässerung, Stadtreinigung, Krankenhäuser, pflegen & wohnen, in Nebenhaushalte ausgegliedert haben. Die Personalkosten bilden sich nicht mehr im Kernhaushalt ab, sondern werden in den Nebenhaushalten der Anstalten des öffentlichen Rechts versteckt. Diese Ausgaben belasten die steuerzahlenden Bürger bei den Nebenhaushalten genauso wie im Kernhaushalt; sie sind nur versteckt.
Auch der Rechnungshof hat Ihnen im Bericht 2000 deutliche Worte eingestellt.Ich zitiere aus Seite 11 des Berichts:
„Trotz erheblicher Konsolidierungsleistungen hat sich der finanzielle Handlungsspielraum Hamburgs im Vergleich zu 1993 nicht verbessert. Insbesondere Höhe und der weitere Anstieg der Verschuldung sowie die damit einhergehende Zinsbelastung drohen die Stadt in ihrer Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit zu lähmen.“
Das sagen nicht wir, sondern der Rechnungshof. Dies zum Stolz auf Ihren Haushalt. Zeit für Entwarnung gibt es nicht, zumal sie die Deckungslücken der vergangenen Jahre ausschließlich aus sogenannten Mobilisierungserlösen der Veräußerung von Staatseigentum realisieren konnten. Über 8 Milliarden DM aus Verkaufserlösen sind nicht etwa für Zukunftsinvestitionen genutzt worden oder um die Staatsverschuldung zurückzuführen, sondern um die Lö
cher im Betriebshaushalt zu stopfen. Damit ist dieses wertvolle Vermögen für die Stadt unwiderruflich verloren.
Wir haben eine ganze Reihe von Finanz-Benchmarks – die ich jetzt nicht im einzelnen aufführen will –, bei denen Hamburg deutlich schlechter abschneidet als andere Bundesländer und Kommunen. Die Kreditfinanzierungsquote ist deutlich angestiegen und viel schlechter als der Durchschnitt der anderen Länder und Kommunen. Das gleiche gilt auch für die Staatsverschuldung und die Finanzierungsdefizitquote. Auch hier ist Hamburg um ein Mehrfaches schlechter als die anderen Bundesländer.
Die Pensionslasten sind nach wie vor eine tickende Zeitbombe. Sie haben diese Bombe nicht entschärft. Sie stellen nach den Zinsen einen erheblichen Ausgabenblock dar. Im Jahr 1999 betrugen diese Ausgaben 1,5 und heute bereits 1,73 Milliarden DM. Jährliche Zuwachsraten bei den Pensionslasten von etwa 5 Prozent führen dazu – wenn nichts geschieht –, daß der Haushalt an den Rand seiner Möglichkeiten gedrängt wird.Auch dies hat Ihnen der Rechnungshof konstatiert; dennoch ist nichts Wesentliches geschehen. Beim vorzeitigen Ruhestand wird im großen Stil so weitergemacht wie bisher; zwei Drittel aller Hamburger Staatsdiener werden vorzeitig pensioniert. Auch das erhöht die Versorgungslasten immens. Es wurde von Ihnen kein Mittel gefunden, diese Entwicklung zu stoppen.
Auch die Anstalten des öffentlichen Rechts haben Pensionsrückstellungen zu bilden. Das ist aber nur in sehr unzureichender Form geschehen. Etwa 1,5 Milliarden DM notwendiger Pensionsrückstellungen erscheinen mangels Masse überhaupt nicht auf den Passivseiten der Bilanzen bestimmter ausgegliederter Anstalten des öffentlichen Rechts. Wenn nichts geschieht, sehe ich hier erhebliche Risiken für diesen Haushalt. Die Zeche hierfür wird am Ende die Stadt zahlen müssen.
Ihre Beweihräucherung, wieviel Sie an Personal abgebaut haben, kann ich nicht teilen. Der Rechnungshof hat Ihnen in seinem letztjährigen Bericht doch deutlich ins Stammbuch geschrieben, daß bereinigt um die Ausgliederungen seit 1980 tatsächlich nur etwa 2700 Stellen eingespart worden sind, also 10 Prozent von dem, was im Haushaltsplan als eingespart ausgewiesen worden ist. Der Rest ist versteckt in den ausgegliederten Nebenhaushalten; das ist keine nachhaltige Konsolidierung.
Wir reden hier häufig über Finanz-Benchmarks, über mehr oder weniger trockene Zahlen. Ich möchte aber deutlich machen, daß Finanzpolitik nicht irgendeine abstrakte Mathematik ist, die von wenigen als ein von ihnen auserkorenes Hobby betrieben wird. Ohne finanzielle Ausstattung ist der Staat in seinen wesentlichen Handlungsbereichen nicht lieferfähig, kann nicht agieren. Er setzt sich auch erheblichen Gefahren aus, über die wir vorhin gesprochen haben.
Hamburg hat für viele wichtige Bereiche kein oder nicht ausreichend Geld. Ich halte es für außerordentlich problematisch, daß im Bereich der Inneren Sicherheit erhebliche Sparmaßnahmen zu Lasten von Bereichen realisiert worden sind, in denen der Bürger direkt betroffen ist.Von 1994 bis 2000 wurden durch erhebliche Einsparungen die Stellen im Polizeivollzugsdienst von 8863 auf 7996 reduziert. Allein im Jahr 2000 sind 93 Polizeimeister und -hauptmeister und 13 Brandmeister und -hauptbrandmeister eingespart worden.Im Jahr 2001 sollen in diesen Bereichen weitere 84 Stellen gestrichen werden.
Man darf nicht, so wie Sie es tun, bei der Bekämpfung der Kriminalität, bei der Steigerung der Sicherheit der Bevöl
kerung, die ihnen das Gefühl gibt, daß sie in einem Rechtsstaat leben, der jederzeit in der Lage ist, das Recht auch durchzusetzen, im Polizeivollzug sparen. Sie versündigen sich am Rechtsstaat, wenn Sie nicht nur ein subjektives Sicherheitsgefühl reduzieren, sondern der Bevölkerung auch objektiv nicht ausreichend Polizei zur Seite stellen. Dies zählt auch zur Schattenseite Ihrer Einsparungs- und verfehlten Haushaltspolitik, bei der Inneren Sicherheit massiv zu sparen, obwohl wir es dort genau nicht dürfen.
Hamburg hat auch zu wenig Geld im Bereich der Justiz. Wenn Sie sich ansehen, was in diesem Bereich passiert, werden Sie bei vielen Bürgern, die nicht nur mit der Strafjustiz in Berührung kommen, sondern auch Rechtsschutz an unseren Gerichten suchen, Frustrationen erleben. Ich spreche hier nicht über irgendein Gut, sondern über einen Kernbestand des Rechtsstaates. Allein die Dauer der Verfahren in den einzelnen Gerichtszweigen hat wegen der Sparmaßnahmen und der unzureichenden Ausstattung mit Richtern und anderem Personal teilweise Ausmaße erreicht, die nicht erträglich sind.
Wenn die Bürger beim Finanzgericht im Jahre 1999 für die Abwicklung eines Verfahrens durchschnittlich 20 Monate, beim Sozialgericht über zwei Jahre – nämlich zwei Jahre und zwei Monate – und beim Landessozialgericht über zwei Jahre brauchen, bis sie Rechtsschutz erhalten haben, dann ist dies unerträglich. Auch dies ist eine Schattenseite der verfehlten Haushaltspolitik, die für wichtige Servicebereiche der Bürger kein Geld mehr hat.
Die Einsparungen im Justizbereich sind bedauerlich. Insbesondere sind sie dort erheblich, wo Richter Dienstleistungen für die Bürger erbringen. Allein im Jahr 2000 – daran möchte ich Sie noch einmal erinnern – haben Sie 14 Richter und vier Staatsanwälte eingespart.Das ist in der Tat der falsche Weg.
Mein Kollege Karpen hat eine Kleine Anfrage gestellt, um zu erfahren, wie viele Untersuchungshäftlinge, die teilweise schwerster Verbrechen wie Mord, Totschlag oder Vergewaltigung verdächtigt sind, in den letzten Jahren entlassen werden mußten, weil man das Verfahren nicht hinbekommen hat. Es waren in den letzten zehn Jahren immerhin bedauerliche 31 Fälle. Auch dies ist unerträglich und den Bürgern in einem Rechtsstaat nicht mehr zu vermitteln. Ein Staat, der es sich leistet, nicht einmal eine Untersuchungshaft ordnungsgemäß durchzuführen, ist ein Staat, der sich in Richtung Nachtwächterstaat bewegt. Frau Senatorin, es ist jedenfalls kein Staat, auf dessen Haushaltsgebaren man stolz sein kann. Das ist peinlich.
Auch im Bildungsbereich sind alles andere als Erfolge zu vermelden. Sie müssen Hamburg einmal mit anderen Metropolen, anderen Bundesländern vergleichen und sich die Zahlen vor Augen führen. Das ist nicht berauschend. Es ist schon beklemmend, wenn der Bürgermeister große Sonntagsreden hält, welche Aufbrüche er bei der Wissensgesellschaft für richtig hält.Zwar sind Passagen enthalten, die ich durchaus mittragen kann. Nur halte ich es für unerträglich – ich weiß, wovon ich spreche, denn ich habe drei schulpflichtige Kinder –, wenn ich sehe, was an den Schulen passiert, wieviel dort noch getan werden müßte, aber kein Geld vorhanden ist. Im Gegenteil, es werden im Jahr 2000 noch zwölf Lehrer an den Schulen eingespart.Das ist
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kein Aufbruch in die Wissensgesellschaft, sondern das Gegenteil.Man kann den Aufbruch in die Wissensgesellschaft nicht mit einem Abbruch von Lehrerstellen beginnen.
Auch im Bereich der High-Tech-Wirtschaft gibt es erhebliche Defizite; auch hier können Sie sich einmal mit anderen Metropolen vergleichen. Es gibt hierzu eine aktuelle Studie der Zeitschrift „Wirtschaftswoche“, die eine Bestenliste der Technologiestandorte in Deutschland veröffentlicht hat. Hamburg ist darin weit abgeschlagen und auf Platz 11 abgerutscht. Unsere Stadt wird nicht nur von großen Städten, sondern auch von Städten wie Regensburg und Augsburg haushoch geschlagen. Das ist nicht Weltklasse, auch nicht Bundesliga, sondern – wie dieser Senat – Regionalliga.
Problematisch ist, daß Hamburg auch zu wenig Geld für die Menschen aufwendet, für die ein SPD-geführter Senat so viel tun will. Wenn ich mir den normalen Sozialmieter der großen städtischen Wohnungsgesellschaft SAGA ansehe, die von sich selbst sagt, daß sie seit 76 Jahren für breite Schichten der Bevölkerung – insgesamt 250 000 Menschen – für eine sozial ausgewogene Wohnungssicherung sorgt, so daß jeder achte Hamburger in einer der fast 100 000 Wohnungen der SAGA wohnt, dann frage ich:Was tut denn der Senat für diese Menschen?
Im Jahre 1998 standen 3 Millionen DM an Zuschüssen zur Verfügung; die SAGA selbst hat 75 Millionen DM beigesteuert, was insgesamt 312 DM pro Mieter der SAGA bedeutet.Für alternative Wohnprojekte, ob in der Hafenstraße oder in der Ludwigstraße 8, hat man viel Geld investiert.Für das Projekt in der Ludwigstraße 8 hat der Senat für ein Wohnprojekt 2,8 Millionen DM vorgesehen. Im Gegensatz zu den 312 DM für SAGA-Mieter werden für ein alternatives Wohnprojekt pro Frau und Mann 63 477 DM aufwendet. Auch das ist eine unausgewogene Politik zu Lasten der Allgemeinheit.