Protokoll der Sitzung vom 05.09.2001

(Beifall bei Antje Möller GAL und vereinzelt bei der SPD)

Wir werden uns zweitens – und das ist wichtig – ein neues Ziel setzen: Das Bremsen der Neuverschuldung.

Wir machen das wie geplant in 50-Millionen-Euro-Schritten. Es ist wieder Ihre Vollmundigkeit, daß Sie in Ihrem der Presse präsentierten Programm ungestraft schreiben lassen können, bis 2005 keine neuen Kredite aufzunehmen. Das ist Blödsinn, Quatsch und eine Vollmundigkeit, die Sie noch nicht einmal theoretisch einhalten könnten. Herr Freytag, die Benutzung solcher Worte und Punkte hätten Sie finanzpolitisch eigentlich nicht nötig.

(Uwe Grund SPD: Das ist unseriös! – Dr. Michael Freytag CDU: Gut, daß wir Sie haben!)

Ich möchte noch kurz auf die grünen Schwerpunkte eingehen, die sich auch im vom Senat vorgelegten Haushaltsplan finden, von dem wir noch nicht wissen, welche Realität er erfahren wird.

In diesem Haushaltsplan sind deutliche Akzente für zukunftsträchtige Ausgaben gesetzt. Wir sind damit einverstanden und auch zufrieden, daß im Bereich Bildung und Wissenschaft eine weit überdurchschnittliche Etatsteigerung vorgesehen ist. Aber es reicht uns noch nicht, wie das Programm für Arbeit- und Klimaschutz weiter ausgebaut wird. Ich will auch nicht verhehlen, daß wir solche Projekte wie die Aufpflasterung des Spielbudenplatzes als einen zwar kleinen Punkt, aber wichtigen und schnellen Entschluß ansehen.

Das Konsolidierungsprogramm 2001 ist beendet, aber die finanzielle Situation – das sagte ich schon – der öffentlichen Hand erfordert in der Zukunft zwingend eine solide und sparsame Haushaltsführung, sonst wären die Bemühungen der vergangenen Jahre schnell vertan. Die Grünen setzen weiter auf die Zukunftsinitiative Wissen

schaft, auf eine Offensive im Ökolandbau, auf den Ausbau der Effizienztechnologie Arbeits- und Klimaschutz, und – das werden wir auch durchsetzen – mit uns kommt auch die Straßenbahn. Ich glaube allerdings, daß sie nur mit uns kommt.

Ich möchte im zweiten Teil meiner Rede auf die Wechselperspektive und auf Ihre Darlegungen eingehen, Herr Dr. Freytag. Vielleicht kann ich noch einmal Ihre Aufmerksamkeit gewinnen.

Sie haben über die Entwicklungen der öffentlichen Unternehmen gesprochen; das wäre eine Debatte wert. Sie haben zur Kenntnis genommen, daß die HGV einen positiven Abschluß vorzeigen konnte. Wenn Sie aber die Verluste der anderen öffentlichen Unternehmen anprangern, dann bilden Sie in Ihrer Fraktion eine Mehrheitsmeinung, die dazu führt, daß die 140 Millionen DM, die die drei Staatstheater bekommen, für Sie nur ein negatives Verlustgeschäft sind. Das müssen Sie dann auch so sagen. Ich glaube das zwar nicht, aber dann führen Sie dies nicht als Belastung an, wenn wir Zuwendungen an öffentliche, privatrechtlich organisierte Staatstheater zahlen. Bitte bringen Sie dann diesen gar nicht so geringen Anteil des sogenannten Verlustgeschäfts nicht als Argument gegen die öffentlichen Unternehmen an. Das ist billig. Ihr kulturpolitischer Sprecher, Herr Mares, müßte sagen: Formuliere es nicht so „negativ“.

Wichtig ist eine Stellungnahme zu Ihrer 10-Milliarden-DMInitiative. Wir haben zwar einen heißen Wahlkampf, aber wenn es eintritt, daß die CDU etwas zu sagen, die FDP mitzureden und die Schill-Partei zu gestalten hat, dann bekommen wir in Hamburg eine äußerst bedenkliche und katastrophale Entwicklung.

Ich will das einmal durchrechnen. Ich glaube Ihnen – dazu kann man unterschiedliche politische Entscheidungen treffen –, daß Sie Unternehmen verkaufen wollen. Wir nehmen einmal die Hamburgische Landesbank, die sich – das kann man nicht von allen öffentlichen Unternehmen sagen – gut verkaufen läßt. Nach unserer Erinnerung hat der Verkauf der einen Hälfte damals 1,3 Milliarden DM eingebracht. Ich lege noch etwas drauf: Sagen wir 1,8 Milliarden DM.

(Dr. Michael Freytag CDU: Das ist schon mal falsch, wenn Sie so rechnen!)

Sie arbeiten mit Zahlen, auf die ich nur zurückkomme.

Sie schätzen das positiv. Rechnen Sie mal die Zinserleichterung aus, ziehen Sie vorher die Gewinnausschüttung ab. Dann kommen Sie auf nicht viel mehr als auf 40 bis 60 Millionen DM.

Sie können das auch für den Flughafen machen. Hier wissen wir die Zahlen ziemlich genau. Wir haben einen sechsunddreißigprozentigen Anteil für 540 Millionen DM verkauft.

(Dr. Michael Freytag CDU: Sie kennen den Kauf- preis doch noch gar nicht! Sie wissen doch nicht, was Sie bekommen!)

Auf die nächsten 13 Prozent gibt es schon eine Option. Legen Sie von mir aus wieder etwas drauf. Sie haben damals die Verkäufe der Finanzbehörde aufgrund ihrer Qualität und ihrer Preise positiv gewürdigt.

Legen Sie noch einen richtigen Schaumschlägerpreis drauf, und ziehen Sie von der Zinsersparnis die Gewinnausschüttung ab. Sie erhalten nicht viel mehr als 20 Millionen DM. Das heißt, wenn Sie eine Summe aus der Hamburgischen Landesbank und dem restlichen Anteil am

(Anja Hajduk GAL)

Flughafen bilden und wir alles so machen, wie Sie es wollen, nämlich die Rückführung der Hamburger Schulden und die Gewinnerwartung abziehen, dann schauen Sie einmal, welche Summe das ergibt. Sie wird unter 100 Millionen DM liegen. Wissen Sie, was das ist? Das ist die Gegenfinanzierung für den Erlaß der Gewerbesteuer, die nicht nur bei der FDP, sondern auch mit 20 Punkten im CDUWahlprogramm steht.

(Barbara Ahrons CDU: Das ist auch gut so!)

Man muß einmal überlegen, was Sie da machen. Sie verschleudern und verkloppen das öffentliche Vermögen aller, um eine bestimmte Klientel zu bedienen. Sie werden Ihre Wahlversprechen halten müssen. Wenn die FDP sagt, daß die Gewerbesteuerfrage für sie so wichtig sei, daß sie bis zu 400 Millionen DM von den 2,5 Milliarden DM Einnahmen wegnehmen will, dann müssen Sie überlegen, welche unsoziale und kurzsichtige Politik Sie betreiben.

(Dr. Michael Freytag CDU: Das machen wir später bestimmt nicht!)

Für die gesamte Gewerbesteuerangelegenheit wäre ein CDU/FDP-Senat eine Gefährdung für die Kommune Hamburg,

(Dr. Michael Freytag CDU: Wer hat denn die Lan- desbank verkauft?)

weil Sie nicht wissen, welche kritische Diskussion mit der Gewerbesteuer noch auf uns zukommt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es kommt noch viel schlimmer. Betrachten wir es einmal positiv: Sie verschleudern zwei Perlen und können die Gewerbesteuer finanzieren. Mir fällt ein, Sie haben noch gar nicht die zusätzlichen Lehrer und Polizisten bezahlt. Sie versprechen den Bürgern, für Personalkosten 100 Millionen DM zusätzlich auszuweisen. Im übrigen sind Ihre Kumpane oder diese anderen Parteien mit ähnlichen Zahlen unterwegs, tun dies eher mit noch mehr Power.

Wenn Sie diese Summe auch noch gegenfinanzieren wollen, dann müssen Sie Werte in Höhe von wieder circa 3 Milliarden DM verkaufen. Sie lassen uns mit Ihrem WennKonzept aber im unklaren: Wenn sich zeigt, dann halten wir den Mehrheitsanteil. Dafür bekommt man bei einem Verkauf noch unheimlich viel Geld. Wenn sich zeigt, daß wir das mit einer Public-private-partnership machen können, bekommen wir auch unglaublich schnell viel Geld.

(Dr. Michael Freitag CDU: Wie gut, daß Sie das nicht verkaufen müssen!)

Nein, es geht darum, daß Sie schon Versprechungen machen. Sie geben 10 Milliarden DM an, aber kneifen, diese richtig aufzuführen. Ich habe Ihnen, um zu zeigen, wo Sie landen, zwei von Ihnen genannte Beispiele vorgeführt.

(Dr. Michael Freytag CDU: Ihre Beispiele sind doch irrelevant!)

Sie werden weder bei Ihrem Investitionsprogramm von 2,6 Milliarden DM noch bei den Personalkostensteigerungen von 110 Millionen DM landen.

Bei Ihnen findet etwas statt, das Sie heute im „Tagesspiegel“ hätten nachlesen können, der über eine Erkenntnis der Berliner Finanzsenatorin geschrieben hat. Darin wurde heute öffentlich gemacht: Das Berliner Haushaltsrisiko beträgt 10 Milliarden DM. Daraus folgt die unstrittige Analyse, daß die größten Probleme des Berliner Haushalts aufgrund

der gescheiterten Verkäufe von Landesvermögen bestehen.

(Dr. Michael Freytag CDU: Wenn man es falsch macht, passiert so etwas!)

Sie basieren auf totalen Überschätzungen der Verkaufbarkeit von Berliner Landesvermögen. Sie machen den Wählern Versprechungen und begeben sich in die Reuse, Personal einzustellen. Ich weiß heute schon, daß wir dann bei den Berliner Finanzverhältnissen landen werden, weil uns eine Koalition, die auch noch von einer finanzpolitisch desaströsen FDP sekundiert wird, in eine wirklich dramatische Haushaltslage bringt,

(Dr. Michael Freytag CDU: Für die dramatische Haushaltslage brauchen Sie uns nicht!)

die wir schon ein Stück weit gemeistert hatten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich habe den Anteil, den man aus qualitativen Gesichtspunkten und Verbraucherorientierung bei öffentlichen Unternehmen – ob man es will oder nicht – mit ins Feld führen müßte, beiseite gelassen. Hier haben Sie in Ihrer Rede schon deutlich geschwankt, was Sie wirklich verkaufen wollen.

Eines ist aber klar: Diese Finanzpolitiker und deren Konzepte, die auch von Herrn von Beust unterstützt werden, kann sich Hamburg nicht leisten.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wir werden die schwierige, aber solide Finanzpolitik auch gegen Widerstände von gewissen Interessen verteidigen müssen. Ich will aber auch noch etwas zu zwei Punkten sagen, die mir heute klargeworden sind.

Sie versprechen nicht nur mehr Lehrer, Polizisten oder andere schöne Dinge. Sie haben auch versprochen, die 16 Milliarden DM der zusätzlichen Kita-Einnahmen wieder zu kassieren.

(Heino Vahldieck CDU: Brutto-netto, alles egal!)

Entschuldigung, 16 Millionen DM.

Dahinter zeigt sich Ihre soziale Schlagseite. Sie verringern lieber das Platzangebot in der Kinderbetreuung, weil Sie den Menschen sagen wollen: Wir machen alles billiger. Die FDP macht es noch drastischer. Sie sagt, daß sie das umsonst macht.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Das ist auch richtig so!)

Politisch brauchen wir in diesem Bereich einen Ausbau des Kinderbetreuungsangebots. Sie werfen hier Steine in den Weg. Das stellt sich auch in dem gesellschaftspolitischen Verständnis Ihres Programms dar.