Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Daß die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer in allen ihren Ausbildungsphasen reformbedürftig ist, ist bundesweit unumstritten.
Möglicherweise auch europaweit, aber das kann ich nicht beurteilen. Es ist auch klar, daß es ganz stark um das Verhältnis zwischen Theorie und Praxis und das Verhältnis der Phasen zueinander geht. Es geht um die stärkere Berufsfeldorientierung, gerade auch in der ersten Phase, es geht aber auch um die Neugestaltung der Berufseingangsphase, auch gerade in der dritten Phase.
Es hat dazu eine Expertenkommission bei der Kultusministerkonferenz gegeben, und man muß sagen, daß gerade die Schulseite Hamburgs in dieser Kommission ganz aktiv mitgewirkt hat. Der Bericht liegt jetzt vor.
Das Ziel, Reform der Lehrerausbildung, ist auch ausdrücklich im Koalitionsvertrag vereinbart.Ich will eines ganz deutlich sagen: Es war sinnvoll, den Bericht der Kultusministerkommission, unter Mitwirkung Hamburgs erstellt, erst einmal abzuwarten, weil nicht von vornherein klar war, ob an der Mehrphasigkeit in der jetzigen Form festgehalten wird. Es hätte keinen Sinn gemacht, einen Hamburger Sonderweg zu beschreiten und hinterher festzustellen, daß wir etwas völlig anderes machen, als nachher bundesweit der Mainstream ist. Dann hätten wir nämlich wieder Anerkennungsprobleme der Lehrerausbildung in den Ländern gehabt.
Man muß aber auch sagen, daß Hamburg das erste Bundesland gewesen ist, das sofort, nachdem der Bericht vorlag, eine Landeskommission eingerichtet hat, von Wissenschafts- und Schulbehörde gemeinsam veranlaßt. Da sind wir wirklich bundesweit die Allerschnellsten. Es ist auch nicht richtig, daß der Bericht dieser Kommission nicht wie geplant vorliegen soll. Er soll – wie geplant – im September 2000 vorliegen. Was Sie erwähnt haben, Herr Beuß, daß der Termin im Frühjahr 2001 ist, bezieht sich offensichtlich auf den Bericht des Senats, aber nicht auf den Bericht der Kommission.
Es wurde bereits gesagt, daß der Vorsitz bei Professor Dr. Jürgen Oelkers liegt. Ich möchte hier hervorheben, daß Herr Oelkers von der Universität Zürich kommt. Auch das ist ein wichtiges Signal dafür, daß wir keinesfalls im Hamburger Topf bleiben und sagen, alle, die in Hamburg Lehrerausbildung machen, kommen mal zusammen und bestätigen sich gegenseitig, daß sie schon auf dem richtigen
Weg sind, sondern man hat auch Wert darauf gelegt, Experten von außerhalb zu holen, sogar aus dem Ausland.
Wichtig für diese Kommission ist natürlich, daß alle Institutionen, die sich mit der Lehrerausbildung befassen, in allen drei Phasen der Lehrerausbildung hier zusammenwirken. Aber richtig ist auch – und jetzt komme ich auf Ihre Anregung, Frau Brüning, zurück –, daß wir Experten haben, die sich speziell befassen mit den Themen: Neue Medien, interkulturelles Lernen, Schulforschung, aber zum Beispiel auch Personalentwicklung, Organisationsentwicklung, was auch eine zunehmende Rolle im Schulalltag spielt.
Die Empfehlungen sollen sich auf einige Schwerpunkte konzentrieren. Ich will hier herausgehoben nennen: Das Studium muß sich stärker am Berufsfeld orientieren. Es ist ganz klar – Herr de Lorent hat es auch schon erwähnt –, daß es etwas völlig anderes ist, ob ich Biologe an einer Schule oder im Forschungsbereich oder in der Wirtschaft bin, und das muß sich auch in der Ausbildung niederschlagen.Es muß eine stärkere Kooperation der drei Phasen geben, aber auch die Berufseingangsphase muß neu gestaltet werden. Es muß sich eine Evaluationskultur in der Lehrerausbildung und in der Lehrerbildung entwickeln.
Die Fachbereiche Erziehungswissenschaften und die beteiligten Fachwissenschaften werden in der Kommission im Mai und im Juni Perspektiven für die universitäre Ausbildung vorlegen und ihre Vorstellung über die Weiterentwicklung der universitären Lehrerausbildung in der Kommission vortragen. Ergebnisse sollen, wie gesagt, im Herbst vorliegen, und wir werden dann das erste Bundesland sein, das eigene Ergebnisse hat.
Ich finde aber, daß Sie in Ihrer Debatte in einer Beziehung gegenüber der Antwort des Senats nicht ganz gerecht sind. Die Antwort des Senats hat aus meiner Sicht sehr deutlich gezeigt, daß sowohl die Universität als auch der Fachbereich Erziehungswissenschaften nun keinesfalls die Hände in den Schoß legt und wartet, was von der Kommission kommt, sondern daß der Fachbereich schon seit geraumer Zeit dabei ist, die Lehrerausbildung im universitären Bereich kritisch zu hinterfragen. Sonst würde man auch gar keine Absolventenbefragung machen. Das Bequemste ist doch, man fragt die Absolventen gar nicht, wie sie mit ihrer Ausbildung zufrieden sind. Dann muß man sich auch nicht kritisch überprüfen.
Man hat sie aber doch gerade befragt, um zu hören, ob das eigentlich gut genug ist, was wir hier machen.
Es hat eine ganze Reihe sowohl struktureller, organisatorischer als auch inhaltlicher Überprüfungen gegeben. Ich nenne 1997 die Überprüfung durch die Grotemeyer-Kommission, 1998 die Überprüfung durch die Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaften und 1999 die Evaluation im Rahmen des Norddeutschen Evaluationsverbundes.Man hat dort auch großen Wert auf die Beteiligung der Studierenden gelegt. Es wird auch immer mehr der Normalzustand, daß die Studierenden nicht nur gefragt werden, wie sie mit ihrem Studium zufrieden sind, sondern auch gefragt werden, wie sie mit einzelnen Veranstaltungen zufrieden waren.
Es ist ebenfalls das Thema Praxisbezug angegangen worden.Es findet heute schon mindestens ein Praktikum als integriertes Praktikum statt. Auch das zweite Praktikum ist jetzt in den Fokus der Betrachtungen genommen worden. Es finden immer mehr Veranstaltungen mit Unterrichtsver
suchen statt, also auch dort der Versuch, theoretische Fragestellungen mit praktischer Erprobung zu verbinden. Es gibt schon jetzt die Entwicklung von Kerncurricula. Es gibt Bemühungen, die Beziehungen zwischen Fachwissenschaften und Fachdidaktiken zu verbessern. Es gibt Bemühungen der Fachwissenschaften, ihre Lernangebote stärker auf Lehramtsstudierende abzustellen. Alle diese Fragen werden in Strategietagen weiterentwickelt. Es wird ein Studierendenzentrum geben.
Herr de Lorent, Sie sind offensichtlich über eine bestimmte Antwort gestolpert. Völlig unstrittig ist, daß die Ausbildung berufsfeldorientierter und auch praxisbezogener werden muß. Auch darauf kommt es an. Ob es so ist, daß ein Referendar, der mit einem Anleiter unterrichtet, eine völlig andere Ausbildung an der Universität braucht als jemand, der alleine unterrichtet, ist, finde ich, eine Expertenfrage.Wenn das Grundthema klar ist, daß die Ausbildung in jedem Fall mit Blick auf die zweite und dritte Phase praxisorientierter und berufsfeldorientierter werden muß, auch von den Fachwissenschaften her, dann, glaube ich, ist auch klar, daß die Gesamtrichtung der Reform stimmt.
Ich will mit diesen Ausführungen jetzt nicht den Eindruck erwecken, als wäre die Kommission überflüssig und als hätte die Universität ihre Hausaufgaben schon gemacht, aber ich will ganz klar sagen, daß die Universität auch in dieser Kommission sehr aktiv mitarbeitet und sehr interessiert ist, ihre Überlegungen auch mit externen Experten noch einmal zu reflektieren, um dann ihre Überlegungen weiterzuentwickeln.Insofern kann ich aber sagen, daß auf Basis der Arbeit, die jetzt schon an der Universität stattfindet, und auf Basis der Arbeit der Kommission wir mit Sicherheit Anfang nächsten Jahres vom Senat eine Bewertung vorlegen können, die auch konkrete praktische Schritte für die Umsetzung beinhaltet.
Ich stelle zunächst fest, daß die Besprechung der Großen Anfrage 16/3900 erfolgt ist. Dann kommen wir zur Abstimmung.
Wer will den Antrag 16/4084 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist der Antrag somit einstimmig angenommen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 42 auf: Drucksache 16/4088: Antrag der Gruppe REGENBOGEN zur Abschiebung von Flüchtlingen in das Kosovo.
[Antrag der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke: Keine Abschiebung von Flüchtlingen in das Kosovo – Drucksache 16/4088 –]
Sehr geehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Kosovo kostet die gesamte UN-Mission im Jahr soviel wie ein halber Tag der Bombardierungen.Derjenige, der das zu Recht als töricht und fahrlässig konstatiert hat, ist der Leiter der UN-Zivilverwaltung, Tom Königs. In seinen weiteren Ausführungen, die er zur Situation im Kosovo gemacht hat, bestätigt er in allen Facetten die Position, die von nahezu allen internationalen humanitären Organisationen im Kosovo getroffen wird, nämlich die der UNHCR-Sprecherin Paula
Ghedini in Priština, die gesagt hat, daß sich insbesondere durch die angekündigten Abschiebungen aus Deutschland die Lebenssituation im Kosovo drastisch verschärfen würde mit verheerenden Folgen. Schon jetzt herrscht dort akute Wohnungsnot und eine Arbeitslosigkeit von mehr als 70 Prozent.Wiederaufbauprogramme kommen nur schleppend voran, und Baumaterial ist Mangelware.
(Beifall bei Lutz Jobs REGENBOGEN – für eine neue Linke – Antje Blumenthal CDU: Sie können ja gerne mal bei anderen Themen ruhig sein!)
Danke. Was relativ abstrakt klingt, wenn man das zitiert, ist aber ganz konkret für Flüchtlinge: Häuser, die vollständig zerstört sind oder abgebrannt wurden, Häuser, in denen notdürftig gerade andere Flüchtlinge untergebracht sind und die bei Rückkehr zuerst geräumt werden müßten, ohne daß diejenigen, die gerade darin leben, wüßten, wohin sie gehen sollen.
Ein Hamburger Fotograf war im Februar im Kosovo unterwegs mit dem Auftrag, Häuser von Familien anzugucken, die in Hamburg sind. Ein Foto, das er dabei von einer Familie gemacht hat, die in Hamburg ist, sieht so aus.
(Die Rednerin zeigt ein Foto. – Wolf-Dieter Scheu- rell SPD:Und die Häuser stellen sich von allein wie- der auf! – Jürgen Klimke CDU: Ich sehe nichts!)
Der Senat geht jedoch davon aus, daß die Rückkehr von Kosovo-Albanerinnen ungeachtet der konkreten Situation am Zielort möglich sei.
Der Innensenator wird auch nicht müde – das lesen wir fast jeden Tag in der Presse –, die zwangsweisen Rückführungen, also Abschiebungen, anzukündigen, wenn die gesetzte Ausreisefrist nicht genutzt wird. Auch daß im gesamten Kriegsgebiet von seiten der NATO rund 31000 angereicherte Urangeschosse verfeuert wurden, ist dem Senat kein Nachdenken wert.Er weigert sich, wie ich finde, auf unverantwortliche Weise, die Warnungen und konkreten Anhaltspunkte für die Gefährdung der Menschen ernst zu nehmen und daraus Konsequenzen zu ziehen.
Die konkreten Gefährdungen sind beispielsweise ein erhöhtes Krebsrisiko, vor allem für Knochen und Lunge, und Nierenschädigungen.