Ich würde mich deshalb auch gerne auf Ihre Diskussion einlassen wollen. Natürlich trifft es zu, daß die Relation 70 Prozent, 80 Prozent nichts zu absoluten Zahlen sagt. Also, sprechen wir über absolute Zahlen.
Die Mineralölsteuer beträgt zur Zeit ungefähr 1,10 DM. Davon sind von der rotgrünen Bundesregierung 12 Pfennig festgelegt.Diese 12 Pfennig werden dafür genutzt, die Rentenkassen zu entlasten.Ich möchte da noch einmal klar sagen, auch wenn Herr Salchow hier versucht, ein bißchen Sand in die Augen zu streuen, es ist so, daß ohne diese Entlastung die Rentenbeiträge von 20,3 auf 21 Prozent gestiegen wären,
und mit der Ökosteuer sinken sie auf 19,1 Prozent. Diese Beträge entsprechen sich, und das ist das, was die Refinanzierung der Absenkung der Rentenversicherung durch die Ökosteuer bedeutet. Das zu den Zahlen.
Jetzt komme ich zur Frage, wie die 1,10 DM Mineralölsteuer zustande kommt. Wir hatten schon mal eine Bundesregierung,
die von der CDU gestellt war und die die Mineralölsteuer um 48 Pfennig erhöht und keinen Pfennig an die Bürger zurückgegeben, sondern die Sozialabgaben auch noch um 10 Prozent erhöht hat; das nenne ich unsozial.
Ich würde mir wünschen, auf die Ebene der Sachlichkeit zurückzukehren, dann kann man nämlich erkennen, wer in
Wirklichkeit versucht hat, Lasten umzuverteilen, die Kosten der Arbeit zu senken, und wer die Sozialabgaben in die Höhe getrieben hat, ohne die Umwelt zu entlasten.
Jetzt komme ich zu dem Argument von Herrn Reinert, zu dem ich etwas sagen möchte, allerdings nicht, ohne meinem Freund Martin Schmidt ein wenig zu widersprechen. Die Belastung der Deutschen durch die Kraftstoffpreise ist nicht besonders hoch. Ich möchte Ihnen eine Grafik zeigen – ich weiß nicht, ob Sie sie lesen können –, auf der Norwegen mit 2,51 DM pro Liter angegeben ist. Als die Grafik erstellt wurde, war Deutschland noch bei 1,95 DM je Liter, das war aber schon nach der zweiten Stufe. Das heißt, Sie können die Kurven einfach ein paar Zentimeter nach rechts verschieben, nämlich um die Werte, um die sich die Rohstoffpreise und der EURO entwickelt haben. Dann sehen Sie, wo Deutschland im europäischen Vergleich der Preise steht, nämlich ziemlich am Ende. Das ist im übrigen auch der Grund dafür,
Sie können das im Fernsehen verfolgen – ich weiß nicht, ob Sie Ihre Informationen nur aus deutschen Nachrichten haben –; ich habe Brummiblockaden auch in anderen Ländern der Europäischen Union gesehen. Das Grundproblem, das alle an der Tankstelle merken, ist das schlechte EURO-Dollar-Verhältnis und daß die Rohölpreise auf den Kraftstoffpreis durchschlagen. Natürlich ist die erste Reaktion eine Belastung für denjenigen, der an der Tankstelle steht, und daß es eine zusätzliche Belastung ist, will niemand abstreiten. Wenn Sie, die Sie in der politischen Sphäre Verantwortung übernehmen wollen, aber so tun, als habe diese Belastung etwas mit der Ökosteuer zu tun, dann halte ich das für einen Fehler.Herr Reinert hat einen Betrag angesprochen, der wirklich der Windfall-profit ist. Es gibt eine kleine Marge, die durch die zusätzlichen Rohölpreise an Mehrwertsteuereinnahmen entstehen. Ich glaube, daß die Betroffenheit der sozial Schwächeren durch die Preiserhöhung, bei der die Mineralölkonzerne abzocken, viel größer ist und daß diese durch die Heizölkosten belastet werden, da sie nicht viele Möglichkeiten haben, sich andere Lieferanten zu suchen.
Im Kraftfahrzeugverkehr ist das nicht so.Wenn Sie sich einmal die Entscheidungskriterien beim Autokauf ansehen, können Sie erkennen, daß es nach wie vor die Drei-LiterAutos sind, die am Rande der Lieferpalette stehen; sie werden kaum nachgefragt. Heute sind immer noch der elektrische Fensterheber, die vielen PS, die aktive Überholsicherheit und was es sonst noch alles für Dinge gibt, die das Leben schön machen, aber die Umwelt belasten, gefragt.
Solange das die entscheidenden Kriterien sind und von Ihnen politisch mit vertreten werden, erreichen wir das Ziel, das wir uns gemeinsam gesetzt haben, nämlich die Klimabelastung zu verringern, nicht. Daher appelliere ich an Sie in aller Ernsthaftigkeit: Machen Sie mit, helfen Sie mit beim Steuersparen durch Energiesparen.
Motivieren Sie die Menschen, kleinere Autos zu kaufen, und motivieren Sie die Autoindustrie, nicht immer größere, schwerere und aufgemotztere Fahrzeuge zu bauen, sondern ihre Intelligenz dafür einzusetzen, das Drei-Liter-Auto endlich vernünftig auf den Markt zu bringen.
Ich habe jetzt eine Wortmeldung von Herrn Professor Salchow.Herr Professor Salchow, Sie haben das Wort.
Ich habe bisher noch nicht von irgend jemandem gehört, die Ökosteuersystematik dafür nutzen zu wollen, das generelle Problem der Finanzierung des Rentensystems durch die Ökosteuer zu lösen. Es ging doch darum, die Lohnnebenkosten zu verbilligen.Wenn die Zuschüsse, die der Bund in das Rentensystem hineingegeben hat, nunmehr durch das Aufkommen der Ökosteuer reduziert werden sollen, hat das nichts mit der Reduzierung von Lohnnebenkosten und der Verbilligung von Arbeit zu tun.
Darum dient das Herausnehmen von Geld aus dem Aufkommen der zweiten und dritten Tranche der Ökosteuer weder „Öko“ noch der Senkung der Lohnnebenkosten, sondern nur der Sanierung des Bundeshaushalts. Daran können Sie nicht vorbei.
Die Erstattung für Kosten der Arbeitslosenhilfeempfänger, der Zivildienstleistenden, der Wehrpflichtigen, des Rentenkorrekturgesetzes 1999, des allgemeinen Bundeszuschusses hat nichts mit Verbilligung der Arbeit zu tun, sondern nur mit der Sanierung der Bundeskasse.
Wenn jetzt nach dem Zusammenhang mit den Scheichs – der OPEC – gefragt wird: Es wird geschätzt, daß die hohen Energiepreise das Bruttosozialprodukt vielleicht um ein halbes Prozent verringern. Das entspricht ungefähr 200 000 Arbeitsplätzen.
Die OPEC-Leute sagen auf die Klagen der Westeuropäer, die hohen Spritpreise würden die Konjunktur drosseln und den sozialen Frieden gefährden, diese sollten doch da eingreifen, wo der größte Teil der Kosten entstehe – und zwar 70 Prozent, die doch der Staat erhebe – und nicht die ungefähr 20 Prozent, die die OPEC erhalte. Das ist doch die Logik. Das hat doch der Sozialdemokrat Vahrenholt schon vor einem Jahr gesagt.Wenn wir die Preise durch das Aufsatteln auf das Grundprodukt mit Steuern – Rolf Kruse hat es eben beschrieben – weiter erhöhen, dann ist das eine ideale Verlockung für die OPEC, die Kosten mit der Begründung zu erhöhen, das sei ja nur ein marginaler Teil.Die Ökosteuer ermuntert die OPEC geradezu – das können Sie in allen Erklärungen der OPEC nachlesen –, die Preise weiter zu erhöhen.
Die gesamte Ökosteuerproblematik liegt an folgendem:Sie verbindet zwei ganz verschiedene Finanzierungskreise. Dabei geht es um die Ökosteuer, deren Erhebung nicht an das Einkommen gekoppelt ist, also nicht die soziale Klassifizierung des Zahlenden beachtet. Die Ökosteuer wird über das Benzin erhoben, egal wieviel der Mensch ver
dient. Das heißt, das ist eine „un-soziale“ Angelegenheit. Und diese wird mit dem Rentenproblem verknüpft.
Das Rentenproblem ist aber sehr wohl sozial geknüpft; darin liegt die ganze grundsätzliche Problematik. Sie verknüpfen zwei Finanzsysteme. Das eine ist an soziale Stärke und Schwäche gebunden und das andere nicht. Dieses intellektuelle Grundproblem der Ökosteuer haben Sie hier noch gar nicht diskutiert. Aber die Folgen dieses Problems sehen Sie jetzt schon. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich zum Schluß noch einmal gemeldet, weil einiges, was Sie eben gesagt haben, Herr Salchow, doch ausgesprochen zum Widerspruch reizt.
Wenn wir so sachlich diskutieren wollen, wie Herr Kruse es versucht hat, dann kommen wir doch noch einmal auf den sachlichen Kern. Der sachliche Kern gestiegener Mineralöl-, Benzin- und sonstiger Preise in diesem Bereich ist erstens die Preispolitik der OPEC und zweitens das EURODollar-Verhältnis.
Dabei ist die interessante Frage, wie ein Staat mit seiner Steuerpolitik auf die auf dem Weltmarkt gestiegenen Preise reagieren soll. Jetzt muß ich Sie mit einem leisen Hauch von Polemik fragen, Herr Kruse und auch die CDU: Ist die Antwort des Staates auf die Globalisierung im 21. Jahrhundert, daß er seine Steuerpolitik jeweils von der Preispolitik der internationalen Rohstoffkartelle und den Zuständen auf den Devisenmärkten abhängig macht,
Nein, wir haben nur noch wenige Minuten, aber wir können das gern hinterher privat diskutieren, Herr Kruse.
Damals, bei der ersten Ölkrise, wurde Helmut Schmidt angetragen, daß er die Steuern senkt. Er hat es nicht getan. Es ist eine Einladung an die Kartelle, Herr Salchow, die Steuern zu senken, wenn dort die Preise heraufgesetzt werden. Ich kann Ihnen auch schöne Zitate aus dem OPEC-Bereich nennen. Da heißt es: „Jeder Preis, der die Menschen veranlaßt, verstärkt nach alternativen Energiequellen zu suchen, ist aus unserer Sicht zu hoch.“ Der Generalsekretär der OPEC sagte: „Wir haben den Preis über Steuern mit administriert.“ Dabei waren alle Parteien in der Bundesrepublik bis vor wenigen Jahren immer der Meinung, daß der Preis für Öl eigentlich zu gering ist, um vernünftige Energiepolitik zu machen.