Noch eine Bemerkung, weil mich diese Herumeierei auf Ihrer Seite mit der Frage der politischen Verantwortung ärgert. Auch hier müssen Sie nur Zeitung lesen. Das ist doch ganz einfach. Der Bürgermeister hat eben etwas Eindeutiges dazu gesagt. Ich habe es nicht mitgeschrieben, deshalb erlaube ich mir, ein Zitat aus der Zeitung vorzulesen:
„Ich hatte als Sozialsenator Jahr für Jahr die politische Verantwortung für das, was die Behörde geleistet hat.“
„Natürlich habe ich neben diesen Leistungen auch das zu verantworten, was nicht so gut gelaufen ist.“
Was wollen Sie eigentlich? Diese völlig klare Aussage gehört an diese Stelle. Das ist damit aber auch in Ordnung und abgearbeitet.
Dieser Untersuchungsausschuß hat wichtige Ergebnisse gebracht. Er hat dazu beigetragen, daß vieles transparenter ist. Er hat aber auch dazu beigetragen, daß vieles, was immer nur behauptet wurde, nicht mehr behauptet werden kann, wenn man diese Ergebnisse ernst nimmt.Wir sind jedenfalls entschlossen, die Ergebnisse ernst zu nehmen. Wir haben als große Regierungsfraktion ein besonderes Wächteramt, und diese Funktion werden wir auch wahrnehmen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Untersuchungsausschuß hatte immer ein Problem, und dieses Problem hat jetzt in weiten Teilen auch diese Debatte.
Es ist viel kleinteilige Arbeit geleistet worden, es gab viel differenzierte Erkenntnisse, aber in der öffentlichen Wahr
Schade, Herr Christier, schade, Herr von Beust, daß auch Sie jetzt so viel nichtig Blendwerk verbreiten, anstatt sich mit den Ergebnissen zu beschäftigen.
Wohlgemerkt, angreifbar ist nicht, daß parteipolitische Ziele durch Verwaltungshandeln umgesetzt werden sollen.
Deswegen sitzen wir hier, weil wir das wollen. Deswegen möchte die CDU gerne, daß Herr von Beust Bürgermeister wird, damit auch sie endlich einmal ihre parteipolitischen Ziele umsetzen kann.
Dafür braucht es selbstverständlich Beamte, das ist ebenso selbstverständlich.Im übrigen fragen Sie in Schleswig-Holstein, was da los war, nachdem Herr Barschel nicht mehr da war. Fragen Sie, wie dort die Behörden aussahen, welche Parteibücher dort die Beamten hatten. Auch die Tatsache, daß in einer Behörde, wie der BAGS, nur überwiegend SPD-Parteibücher vorhanden sind, garantiert nicht einen reibungslosen Ablauf des Verwaltungshandelns.
Eine Zeugin hat es so treffend mit den Worten beschrieben: Dort fand der Kampf SPD Altona gegen SPD Nord statt. Auch das ist nicht das Problem. Angreifbar ist vor diesem Hintergrund absolut nicht, daß das von der Sozialdemokratie für wichtig erachtete Ziel, junge Menschen in Arbeit zu bringen, in behördliches Handeln umgesetzt werden sollte.
Problematisch ist aber – das haben die Untersuchungen deutlich ergeben –, daß die Distanz verlorenging, die zwischen dem parteipolitischen Handeln und dem staatlichbehördlichen Handeln bestehen muß.
Das parteipolitische Ziel, junge Menschen in Arbeit zu bringen und dafür Beschäftigungsträger zu gründen – das war es, womit wir im Fall der AJa und der HAB zu tun hatten –, wurde für so wichtig erachtet, daß bei der Umsetzung im Bereich des staatlich-behördlichen Handelns nach dem Motto verfahren wurde:Der Zweck heiligt die Mittel.Es fand überhaupt keine kritische Reflexion mehr darüber statt, ob die Maßnahmen eigentlich sinnvoll waren, die man dort gemacht hat. Wir waren jedenfalls der Meinung, daß man trefflich darüber streiten kann, ob es Sinn hat, Langzeitarbeitslose, die erst einmal lernen müssen, morgens um 8 Uhr pünktlich irgendwo zur Arbeit zu erscheinen, mit historischem Schiffbau zu beschäftigen, was selbst für ausgebildete Tischler eine ziemlich schwierige Aufgabe ist.
Es fand keine vernünftige Evaluation statt, wie viele der Betroffenen eigentlich tatsächlich in den Ersten Arbeitsmarkt vermittelt wurden. Geltende Gesetze wurden nicht eingehalten, und es fanden auch keine geordneten Vergabeverfahren der Zuwendungen statt.
In weiten Teilen war die Kontrolle darüber verlorengegangen, welches Geld eigentlich wohin ging.Noch nicht einmal der Arbeitsstab mit seinen elf hochqualifizierten Juristen war in der Lage, in bezug auf die HAB im nachhinein detailliert darzulegen, welche Gelder wohin und warum gegangen sind. Probleme wurden einfach ignoriert oder erst angegangen, als es schon viel zu spät war.
Das alles hätte so nicht stattfinden dürfen trotz oder gerade wegen der Wichtigkeit dieser Ziele.Der Bürgermeister hätte den erheblichen strukturellen Mängeln bei der Zuwendungsvergabe, die er kannte, abhelfen müssen. Das wäre seine Pflicht gewesen.So steht es auch auf Seite 1787 des Berichts.
All diese Mängel wurden sicherlich dadurch begünstigt, daß in der Behörde nicht nur, aber doch überproportional häufig Beamte mit SPD-Parteibuch saßen. Wenn man das feststellt, ist das keine Diskriminierung von Beamten, die der SPD angehören, sondern es ist eine Kritik an Leuten, die schlecht gearbeitet haben und die außerdem in der SPD waren.
Wir von der GAL waren immer der Meinung, daß es in dem Untersuchungsausschuß deshalb in erster Linie nicht um die Feststellung individueller Schuld ging, sondern um die Analyse von Strukturen. Das jedenfalls war unser Verständnis, und das halte ich nach wie vor für richtig.
Wesentlich interessanter als die Fragen „War es Filz?“, „War es keiner?“, „Wann ist der Bürgermeister in die SPD eingetreten?“, „Wer hat noch ein SPD-Parteibuch?“ erscheint uns die Frage, was wir tun können, um zukünftig eine derartig außer Kontrolle geratene Verwaltung, wie wir sie in dem Untersuchungszeitraum analysiert haben, besser zu kontrollieren.Wir meinen, es gilt dafür in erster Linie die Rechte und das Selbstbewußtsein des Parlaments zu stärken, damit diese verbesserte Kontrolle stattfinden kann.
Es ist schade, daß die CDU oder überhaupt die Opposition diesen Schritt nicht mit nachvollzogen hat. Ich muß lachen, wenn Norbert Hackbusch die HAB als die Inkarnation des Filzes bezeichnet. In Koalitionsverhandlungen hast du selber mit Herrn Scheele, dem Geschäftsführer der HAB, dafür gesorgt, daß diese noch zusätzlich mit Geld gemästet wird. Und nun ist sie die Inkarnation des Filzes.
Aufgrund der Erfahrung in dem Untersuchungsausschuß würde uns so etwas wie diese Koalitionsverhandlung zu diesem Punkt sicherlich nicht wieder passieren.
Weiterhin findet sich in den REGENBOGEN-Konsequenzen außer der Forderung, daß Herr Riez weg muß, der Griff in die Mottenkiste des Zuwendungsberichts.Was dazu gesagt werden mußte, ist schon gesagt.
Bei der CDU steht die Einhaltung des geltenden Rechts in den Konsequenzen ganz oben. Ich gebe zu, man könnte auf solche Ideen kommen, nachdem man den Bericht gelesen hat.
Das aber als Konsequenz zu fordern, ist geradeso, als wenn ich einem Ladendieb sage, er solle nicht stehlen, und ihn dann laufen lasse. Es muß schon etwas mehr folgen.
Besonders witzig ist es, wenn die CDU sagt, die Reform des Status der Abgeordneten ergibt sich nicht aus den Untersuchungsergebnissen. Ich habe noch ziemlich gut das Lamento von Frau Blumenthal im Ohr, daß sie all diese vielen, vielen Papiere gar nicht lesen kann, weil sie bis 17 Uhr berufstätig sein muß.
Selbst wenn ich vermute, daß die schwachen Konsequenzen der Opposition in erster Linie auf mangelnde politische Phantasie zurückzuführen sind, habe ich aber in dem Untersuchungsausschuß doch die Bestätigung gefunden, daß dieses mit dem Status der Abgeordneten zu tun hat. Es ist eine schlichte Rechnung. Wer viel Zeit hat und viel Zeit investieren kann, kann fundierter arbeiten. Nur wer wirklich viel Zeit hat, hat eine realistische Chance, einer machtbewußten Verwaltung, die immer einen Wissens-und einen Informationsvorsprung hat, und zwar einen riesig großen, eine eigene Vorstellung entgegensetzen oder auch konstruktiv mit ihr zusammenarbeiten. Das kann ja auch vorkommen.