Protokoll der Sitzung vom 11.12.2000

Und damit schmückt sich dieser Bürgermeister! Da sieht man, daß nichts dahinter steht.

(Beifall bei der CDU und bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

(Erster Bürgermeister Ortwin Runde)

Sicher hat diese Stadt und dieser Senat auch Erfolge, das will ich nicht bestreiten.

(Dr. Holger Christier SPD: Was wollen Sie eigent- lich! – Erster Bürgermeister Ortwin Runde: Man kann alles schlechtreden!)

Ja, aber dann muß man sich die richtigen suchen.

Es wird von weniger Arbeitslosen gesprochen. Das erkenne ich an, ich erkenne vieles an.

(Dr. Holger Christier SPD: Wo kommen die denn her?)

Aber diese Erfolge, mit denen Sie sich schmücken, sind zum großen Teil nicht ihre.Den Airbus haben doch nicht Sie nach Hamburg geholt, sondern – wenn ich mich nicht irre – Airbus Industries ihn hier angesiedelt.

Sie haben NIT erwähnt. Diese Firma haben Sie nicht hierhergeholt, das waren andere; Sie haben dies genehmigt. Die Law School haben nicht Sie, sondern eine Stiftung nach Hamburg geholt. Warum schmücken Sie sich immer mit fremden Federn, Herr Bürgermeister? Vielleicht haben Sie keine eigenen Federn.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben über die Arbeitslosen gesprochen.Es ist gut und beachtlich, wie in dieser Stadt die Arbeitslosenzahl heruntergegangen ist; das ist keine Frage. Das ist aber auch parallel zur Konjunktur in Deutschland, Europa und in der Welt geschehen.

Der Bürgermeister schreibt vor einigen Tagen in der „Welt“:

„Statt Depression ist die Stimmung jetzt von Aufbruch geprägt. Das ist eine Leistung verschiedener Personen, wobei ich“

Ortwin Runde –

„sicher die entscheidende Rolle dabei gespielt habe.“

(Heiterkeit bei der CDU und Beifall bei Luisa Fied- ler und Tanja Bestmann, beide SPD)

Wir haben einen Bürgermeister, der permanent am Rande der Lächerlichkeit entlangsegelt.

(Beifall bei der CDU)

Ich, Ortwin Runde, habe eine entscheidende Rolle bei der Konjunktur in Europa.

Nun gut, sprechen wir einmal über die anderen Erfolge, beispielsweise über die Green Card. Wissen Sie eigentlich, wie viele Green Cards überhaupt in Hamburg ausgestellt wurden? – 80. Das ist auch einer der Erfolge des Bürgermeisters.

Mit dem Bündnis für Arbeit wurde unter Beteiligung der Gewerkschaften und des Senats zunächst ein großer Popanz aufgebaut. Was ist daraus geworden? Es ist entschlafen.

Wieso ist eigentlich das Verkehrskonzept ein Erfolg? Der Erfolg ist der Umfang dieses Werkes mit 130 Seiten. Ich ziehe meinen Hut. Aber: Das Konzept ist unverbindlich; es ist in dieser Stadt nämlich das Planungswerk, so Nummer 113.

Ich erinnere ein anderes, das genauso aussieht: Der Abwasserentsorgungsplan Hamburgs ist im Jahre 1983 beschlossen und bis heute nicht endgültig umgesetzt worden. So wird es mit Ihrem Verkehrskonzept auch sein.

(Beifall bei der CDU)

Damit es keiner merkt, haben Sie – um die Handelskammer zu begöschen, die auch nicht immer die Wachste ist –

(Oh-Rufe bei der SPD und der GAL)

zu einigen Punkten Prüfaufträge vergeben, die sich über elf Monate hinziehen, um damit bis zur Wahl Dynamik vorzugaukeln. In dieser Zeit werden Sie nichts weiter tun. Das sind Ihre Erfolge.

Zu den Erfolgen beim Haushalt und bei den Schulden: Ich beglückwünsche Sie dazu, daß Sie Ausgaben reduziert haben. Aber die Verschuldung hat in den letzten Jahrzehnten in keinem Jahr abgenommen.

(Zuruf von der SPD)

Weil das eine klare Sachlage ist, müssen Sie hier weg vom Amt.

Soviel ich weiß, hat die SPD seit vielen Jahrzehnten der Bürgerschaft keinen Haushalt ohne Neuverschuldung vorgelegt. Ich glaube, seit 15 Jahren. Michael Freytag, wie lange ist das her?

(Dr. Michael Freytag CDU: Seit 23 Jahren! und Wal- ter Zuckerer SPD: Trotzdem wurden wir gewählt!)

Seit 23 Jahren. Hören Sie sich das mal an. Seit 23 Jahren hat die SPD keinen Haushalt ohne Neuverschuldung vorgelegt. Das bedeutet, daß Sie wegmüssen aus diesem Hause.

(Beifall bei der CDU)

Auch im Jahre 2001 wird die Verschuldung wieder um 1 bis 2 Milliarden DM zunehmen. Wenn Finanzsenatorin Nümann-Seidewinkel sagt, wir nähern uns dem ausgeglichenen Haushalt, dann erinnert mich das an das Einmaleins des Johann Wolfgang von Goethe im Faust. Dort steht zum Einmaleins im Hexensabbat geschrieben:

„Du mußt verstehen! Aus Eins mach Zehn, und Zwei laß gehen, und Drei mach gleich, so bist du reich.Verlier die Vier! Aus Fünf und Sechs, so sagt die Hex’, mach Sieben und Acht, so ist´s vollbracht. Und Neun ist Eins, und Zehn ist keins, das ist das ,Nümann‘-Einmaleins.“

So steht es bei Goethe.

(Beifall bei der CDU – Dr. Andrea Hilgers SPD: Von Konstantin Wecker fand ich das besser!)

Wir haben einige Anmerkungen zum Filz gehört. Herr Runde hat es wieder abgelehnt, sich in diesen Kreis zu stellen. Sie haben ihn in der Filzdebatte in den letzten Wochen reingewaschen, wie man eben mit allen Wassern gelegentlich wäscht. Das sind die üblichen Wege. Andere Parteien – ich räume das ein – schlagen diese Wege gelegentlich auch ein, augenzwinkernd die Dinge andere machen zu lassen. Die Handschuhe bleiben dann, Herr Bürgermeister, weiß; die Hände aber nicht.

Von 1988 bis 1993 war der Bürgermeister Senator dieser Behörde, und in diesen Jahren hat sich die Sozialdemokratisierungsrate in Leitungspositionen immer höher geschraubt, in seinen Jahren. Ich erinnere sehr wohl das aufschlußreiche Bonmot, die Mittagessenkantine seiner Behörde sei wie ein Parteitag der SPD-Nord.

Als Landesvorsitzender der SPD will Herr Runde nicht mitbekommen haben, wie Ämter verteilt wurden: Chef vom Friedhof, Gas, Hochbahn, Krankenhäuser. Die Redezeit begrenzt die Auflistung.

(Dr. Roland Salchow CDU)

(Luisa Fiedler SPD: Kommen Sie zur Sache!)

Will er das nicht mitbekommen haben, wie Aufträge, juristische und andere Vertretungen Hamburgs draußen, in diversen Fällen Ex-Senatoren gegeben wurden? Immer wurden die Aufträge an die Parteikollegen gegeben, bis heute hin, von Herrn Schulz bis Herrn Curilla, und ich könnte noch andere Senatoren nennen.

(Dr. Monika Schaal SPD: Sind eben gut die Leute!)

Auch bei Nicht-Ex-Senatoren. Ich denke an Herrn Grambow, an Bodo Fischer. Wir haben das alles gelesen. Es ist ja nicht nur der direkte Filz, es ist auch dieser indirekte Auftragsvergabefilz. Darüber müssen wir auch einmal reden.

Es ist doch eigenartig, daß Herr Runde auch als Landesvorsitzender nicht gewußt haben will, wie all diese Staatsaufträge ihre richtige Adresse fanden.

Die SPD hat aber irgendwie Glück, denn all diese Dinge erreichen nur sehr selten die ersten Seiten der Medien. Für mich ist es eine spannende Frage, ob die demokratische Substanz in dieser Stadt ausreicht, einen Wandel zu ermöglichen, ein Sweep out der verbundenen Hände.