Protocol of the Session on December 13, 2000

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Ich möchte noch einmal auf das Problem des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes von Autos zurückkommen, von dem Martin Schmidt, die SPD und die CDU sowieso meinen, daß es durch neue Regelungen nicht zu lösen sei.

Ich gebe Ihnen recht, daß man wahrscheinlich keine schnellen Regelungen finden wird, die es verbieten, solche Autos zu produzieren. Aber man leistet dem klimaschädlichen CO2-Ausstoß natürlich Vorschub, wenn man in Hamburg weiterhin neue Straßen baut. Ich möchte Ihnen als Beispiel den Friedrich-Ebert-Damm nennen, dessen Bau völlig überflüssig ist.

(Barbara Duden SPD: Der ist nicht überflüssig! Überhaupt nicht!)

Er ist überflüssig.

Ich möchte gern die Erklärung hören, wie es verkehrspolitisch sinnvoll sein soll, parallel zu der Linie U 1 der U-Bahn in unmittelbarem Abstand eine Straße zu bauen. Das haben Ihnen vor zehn Jahren schon alle Verkehrsexpertinnen und -experten gesagt, und sie sagen es Ihnen heute noch: Wenn Sie parallel zum ÖPNV Straßen bauen, wird der ÖPNV verlieren. Das ist eine unsinnige Geldausgabe, es ist Geldverschwendung.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Dieses Geld könnte man im Sinne des Antrages von Martin Schmidt nutzen, nämlich für den Fahrradfrühling. Leider ist dieser Antrag ein reines Ersuchen: Der Senat möge bitte sagen, wie er denn, wenn er ein wenig umschichtet, vielleicht die eine oder andere Veloroute eher bauen kann. In der besagten Anhörung des Verkehrausschusses wurde immer deutlich gesagt, daß das dauert, es könne nicht so schnell gemacht werden, denn es fehle das Geld.

Das Geld, was man im Straßenbau sparen kann, könnte wunderbar für den Fahrradverkehr genutzt werden. Dann haben wir keinen Fahrradfrühling, sondern ein tolles Fahrradjahr und viele folgende tolle Fahrradjahre.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Kommen wir zu einem Antrag, den wir für sehr wichtig halten, weil er in der frühesten Kindheit ansetzt.

Viele werden sicherlich gemerkt haben, daß viele Kinder lernen, sich nur in der Form fortzubewegen, indem sie von ihren Eltern mit dem Auto durch die Gegend kutschiert werden. Die Windschutzscheibenperspektive ist die Perspektive, die ihnen vertraut ist. Dies geschieht teilweise mit der wirklich unsinnigen Begründung, es sei besonders vor den Schulen gefährlich, wenn die Kinder dort mit dem Bus, der Bahn oder mit dem Fahrrad fahren. Dabei wissen wir alle, daß es deshalb gefährlich ist, weil die meisten Eltern morgens in Hetze die Kinder mit Tempo 60 zur Schule kutschieren.

Deswegen wollen wir, daß Eltern, die eine HVV-Monatskarte besitzen, ihre Kinder unter zwölf Jahren kostenlos ohne Zeiteinschränkung mitnehmen können. Es ist zwar heute schon so, daß sie diese Möglichkeit bei bestimmten Fahrkarten haben, aber in der Zeit von 6 Uhr bis 9 Uhr – dann müssen fast alle Kinder in der Schule sein – und von 16 Uhr bis 18 Uhr, in der sie die Kinder wieder von ihren vielfältigen Freizeitaktivitäten abholen, geht das nicht.

(Erhard Pumm SPD: Das ist wie bei den Senioren- karten!)

Deswegen wollen wir erreichen, daß der HVV familienfreundlicher wird und die sogenannte Familycard endlich eingeführt wird.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Zu einem Punkt haben Sie – weder Rot noch Grün – nichts gesagt. Das mag daran liegen, daß dieses Thema für Sie

(Dr. Martin Schmidt GAL)

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sehr heikel ist. Es geht um die Entfernungspauschale, das nämlich ein Bundesthema ist, bei dem Hamburg eine entscheidende Stimme hat.

Ich gebe zu, daß der Senat gesagt hat: Irgendwie ist das alles nicht ganz glorreich, das sei für Hamburg eigentlich nicht so gut. Wenn Sie aber genauer hinsehen, dann ist es nicht nur für Hamburg schlecht, daß die Zersiedlung gefördert wird. Es ist auch aus anderer Sicht unsinnig.

Es ist insofern unsinnig, die ersten Kilometer geringer zu bezahlen als die folgenden, weil die ersten gefahrenen Kilometer immer am teuersten sind. Das haben selbst die Verkehrsexperten gesagt, die Sie nach Hamburg eingeladen haben. Herr Schallerböck war immer Ihr Kronzeuge für alle möglichen Verkehrsregelungen.

Deswegen wollen wir von Ihnen heute klare Worte hören, daß Sie im Bundesrat diese Entfernungspauschale ablehnen.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort erhält Herr Polle.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir hören hier die gegensätzlichsten Ansichten zum Straßenbau. Für die CDU ist der Straßenbau das allein Seligmachende und wird über alles gestellt.

Gerade haben wir einen Beitrag gehört, als ob Straßenbau ein Teufelswerk sei; man darf überhaupt keine Straßen bauen, und wenn, dann nur für Radfahrer.

Für die SPD liegt das Gute in der Mitte zwischen beiden Extremen.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Ausgerechnet Sie!)

Wir treten für alle Verkehrsteilnehmer und ihre berechtigten Interessen an und versuchen, einen ausgewogenen Kompromiß zu erzielen. Das mag natürlich die Einseitigkeit nicht befriedigen.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe mich gewundert, weil Herr Reinert auf den CDUAntrag eigentlich nur vermittelnd einging und nicht irgendwelche Forderungen aus der ganzen Wunschliste begründete oder näher erläuterte. Hier handelt es sich zum Teil um wünschenswerte, aber nicht finanzierbare Projekte, zum Teil um Projekte, die im Verkehrsentwicklungsplan erfüllt werden, und teilweise um Unsinniges, nämlich um Projekte, die nicht stattfinden.

Zum Beispiel wird der Rückbau von Busbuchten abgelehnt. Mir ist keine Busbucht bekannt, die im letzten oder im nächsten Jahr zurückgebaut wurde oder wird. Warum schießt man diesen Popanz ab?

(Dietrich Ellger SPD: Mangel an Argumenten!)

Weil man denkt, daß man irgendwelche Leute auf seine Seite ziehen kann?

Es werden Stellplätze in Wohnquartieren verlangt. Genau das können Sie im Verkehrsentwicklungsplan nachlesen. Wir haben erkannt, daß von den Autos in den Stadtteilen übermäßig Flächen belegt werden. Das hat auch Frau Sudmann in ihrer Diagnose festgestellt.

Daß diese Autos in Garagen gehören, sei es in Tief- oder Hochgaragen, wird genau im Verkehrsentwicklungsplan angekündigt. Wir werden uns darum bemühen. Das geht allerdings nur, wenn wir Flächen dafür finden, die gerade

in diesen Gebieten sehr knapp sind. Wir können doch für die Autos keine Luftschlösser bauen.

Von der CDU wird auch wieder einmal ein Straßenschadensbericht gefordert. Sie wissen doch genau, wie viele Straßen kaputt sind. Sie schreiben sogar die Zahl: 432. Warum wollen Sie denn noch einen Schadensbericht, wenn Sie schon so schlau sind?

(Beifall bei der SPD)

Allerdings stehen diese 432 Straßen auf der Wunschliste der Bezirke. Wir wissen, es ist bald Weihnachten. Nicht alle Wünsche können erfüllt werden und sind auch nicht sinnvoll. Manchmal gibt es Luxuswünsche, die im betreffenden Jahr nicht erfüllt werden müssen und somit zurückstehen können.

Verräterisch ist allerdings, daß Sie bestimmte Verkehrsteilnehmer nicht auf Ihrer Rechnung haben. Sie haben insgesamt – habe ich ausgezählt – 133 Zeilen verfaßt, davon befassen sich zweieinhalb Zeilen mit dem Fahrradverkehr, so daß die Fahrradfahrer erheblich an den Rand gedrängt werden, die übrigens zweieinviertel Prozent ihres Antrages betragen. Der Straßenverkehr wird von Fahrradfahrern allerdings von 11 Prozent bewältigt.

Insofern wäre es proportional angemessen gewesen, wenn Sie sich darüber etwas mehr Gedanken gemacht hätten.

(Beifall bei der SPD)

Auch auf den ÖPNV sind Sie nur insofern eingegangen, daß eine Taktverdichtung hergestellt werden müsse. Mit diesem Wunsch kann man einverstanden sein, aber wir müssen auch den Kostendeckungsgrad beachten. Wir müssen darauf achten, daß der ÖPNV wirtschaftlich ist, das heißt, daß Kosten und Leistungen in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Wir können nicht überall die Takte verdichten, wenn die Menschen sie nicht ausreichend nutzen.

Der HVV leistet einen erheblichen Beitrag zur Abwicklung des Hamburger Verkehrs. Wir werden den HVV beim SBahn-Bau nach Buxtehude, beim zweigleisigen Ausbau der AKN, beim behindertengerechten Ausbau von Haltestellen schwerpunktmäßig unterstützen. Diese Maßnahmen erhöhen die Zufriedenheit der Fahrgäste und die Attraktivität der Schnellbahnen.

Wir haben einen Fahrradantrag eingereicht: Fahrradfrühling im Jahr 2001.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Laue Lüftchen!)